Читать книгу Kommissar "Anders" & das Haus der weißen Katze - R. S. Volant - Страница 3

Prolog

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Romy verbeugte sich nochmals tief und dabei fiel ihre lange, wallendrote Lockenmähne wie ein dichter Vorhang vor ihr Gesicht. Als sie sich wiederaufrichtete, schleuderte sie ihr Haar mit einer gekonnt schwungvollen Kopfbewegung zurück und warf dem Publikum mit beiden Händen Küsse zu, was dazu führte, dass der Beifall erneut aufbrandete. Wieder wurden die Zugabe Ausrufe laut und sie quittierte es mit einem glücklichen Lachen. Sie war der heimliche Star des kleinen Varietés und sie liebte es, hier zu stehen und Abend für Abend zu singen. Nichts anderes, hatte sie je gewollt, nur auf einer Bühne zu stehen und zu singen, so wie Milva, diese italienische Sängerin aus den Siebzigern, die ihre Großmutter so verehrt hatte und schon ihr großes Vorbild gewesen war, als sie noch ganz klein war und sie oft stundenlang mit Oma die alten Platten angehört hatte. Genau so wollte sie aussehen und singen, doch es war ein sehr harter und steiniger Weg gewesen, bis hier hin, denn sie war einmal jemand ganz anderer. Sie wusste noch zu gut, wie ihre Eltern darauf reagiert hatten und es zunächst als pubertäre `Spinnerei´ abgetan hatten, als sie sich plötzlich mit vierzehn Jahren die Haare hatte wachsen und schließlich sogar noch kupferrot hatte färben lassen.

Nun war sie gerademal neunzehn und ihr Traum schien tatsächlich wahrgeworden zu sein. „Ich liebe euch, ihr seid die besten“, hauchte Romy mit ihrer samtig-rauchigen Stimme ins Mikrofon, „aber leider muss ich euch enttäuschen, meine lieben Kolleginnen fressen mich sonst!“

Gelächter machte sich im Publikum breit, auch einige empörte Pfiffe waren zu hören und gerade als sie winkend die Bühne verlassen wollte, gab ihr Paul, der Direktor des Theaters, ein Zeichen und gab ihr damit zu verstehen, doch noch eine Nummer zu bringen. „Ok, ok, ihr habt gewonnen!“, rief sie in die johlende Menge hinab und trat erneut vor das Mikrofon.

Wie erwartet, hatte sie danach die ärgerlichen und auch eifersüchtigen Blicke ihrer `lieben Kolleginnen´ zu spüren bekommen und auch den einen oder anderen hämischen Kommentar, natürlich hinter ihrem Rücken, hatte sie vernommen. Nun saß sie in der Künstlergarderobe und begann gerade damit, sich abzuschminken, als Valerie auf sie zugestürmt kam. „Oooooh Süße! Das war wieder mal hammergeil, was du da abgeliefert hast!“, kreischte sie überdreht und hing auch schon um ihren Hals. Mit einem leisen Lachen befreite sich Romy aus der Umklammerung ihrer einzigen und besten Freundin, die sie hier hatte und schob sie sanft, aber bestimmt, von sich.

„Sind wohl nicht alle, deiner Meinung“, gab sie zur Antwort und Valerie ließ sich mit einem lässigen Abwinken auf den Nebenstuhl fallen.

„Ach, lass diese Zicken doch reden! Hör einfach nicht hin, die sind doch nur neidisch, weil keine von den Tussen an dich rankommt! Paul hatte vollkommen recht, als er dich zurück auf die Bühne geschickt hat. Du bist hier nun mal der neue Star, Schätzchen.

„Ach Blödsinn“, erwiderte Romy leicht verlegen und wandte sich erneut ihrem Spiegelbild zu, um sich die falschen Wimpern zu entfernen.

„Du bist so wunderschön“, hörte sie mit geschlossenen Augen Valerie leise und beinahe verklärt murmeln, während sie sich den üppigen Lidschatten mit einem Pad abwischte.

„Jetzt hör aber auf, sonst werde ich doch noch Größenwahnsinnig“, sagte Romy flapsig dazu und zwinkerte ihrer Freundin zu.

„Doch, das bist du! Wunderschön und erst dein Haar! Ich kann kaum glauben, dass die wirklich deine eigenen sind“, antwortete Valerie beeindruckt und berührte fast ehrfürchtig die weichen Locken.

„Sind sie aber, immerhin habe ich sie auch über Jahre hinweg rangezüchtet“, meinte Romy nur und verteilte die Abschminkcreme großzügig auf ihrem Gesicht.

„Du weißt, dass Paul in dich verliebt ist, oder?“

Romys Kopf ruckte herum und sie starrte Valerie überrascht an. „Blödsinn, totaler Quatsch!“

„Ach Süße, jeder, der zwei Augen im Kopf hat, sieht das! Alle, wissen darüber Bescheid, glaube mir! Paulchen ist total verknallt in dich und mich würde es nicht wundern, wenn du schon bald ein paar mehr Auftritte bekommst. Ich habe da sowas gehört, also, es ist nur ein Gerücht, aber anscheinend plant er sogar schon einen ganzen Abend, mit dir“, erzählte Valerie weiter und Romys Gesicht nahm nun einen völlig verblüfften Ausdruck an. „Warum, denkst du, sind die anderen Mädels wohl so stinksauer auf dich, hm? Weil der süße Paul nur noch für dich Augen hat und vorhat, dich ganz groß rauszubringen!“, fuhr Valerie ein wenig zynisch fort, zog ihre Perücke vom Kopf und warf sie vor sich auf den Tisch. „Ich gönne es dir, echt“, meinte sie achselzuckend, „aber von den anderen, wirst du sicher noch was zu hören bekommen und das werden keine Liebesbekundungen sein, glaube mir, Schätzchen!“

„Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was ich jetzt darauf sagen soll“, kam es stammelnd aus Romys Mund, „aber wenn du wirklich recht hast und Paul mir tatsächlich dieses Angebot machen sollte, dann werde ich es annehmen.“

„Und da hast du, vollkommen recht! Scheiß auf die anderen!“, antwortete Valerie spöttisch grinsend und griff nach Romys Hand. „Scheiß drauf, scheiß, auf sie alle!“

„Scheiß drauf!“, wiederholte Romy ernst nickend und beide fielen sich lachend in die Arme. „Und jetzt, meine Süße, machen wir einen drauf!“, rief Valerie vergnügt und machte sich ebenfalls daran, ihr übertriebenes Makeup zu entfernen.

*

Völlig verkatert erschien Romy am späten Nachmittag im Theater, weil Paul ihr eine Nachricht gesendet hatte. `Komm bitte so schnell du kannst, her´, war alles gewesen und Romy war sich sicher, dass es mit dem heutigen Abend zu tun hatte. Was sonst? Dachte sie unbekümmert und blieb überrascht stehen, als sie die beiden Polizisten vor Pauls Büro stehen sah.

Nach einem kurzen Zaudern ging sie einfach weiter, lächelte den zwei Beamten spitzbübisch zu und trat ein. Paul saß auf seinem Bürostuhl und sprang sofort auf, als er sie hereinkommen sah. „Romy! Endlich!“, rief er erleichtert, doch irgendetwas in seinem Gesicht stimmte nicht.

„Was, was ist hier los?“, fragte Romy verwirrt und ihr Blick fiel auf die zwei fremden Männer, die vor dem Schreibtisch saßen.

„Romy, etwas Schreckliches, ist passiert“, antwortete Paul leise und erschüttert, „Valerie…ist, tot, ermordet“, stammelte er dann nur noch und schluckte unwillkürlich.

Romys Hände wanderten wie von selbst nach oben und legten sich auf ihre Wangen. „Wie, was? Nein, das kann nicht sein, wir waren doch heute Morgen noch zusammen“, begann sie fassungslos zu murmeln, während einer von den Männern aufstand.

„Sind Sie, Romy Anders?“, fragte er und streckte ihr seine Hand entgegen. „Man sagte uns bereits, dass Sie und Herr Valerian Koschnik befreundet waren und Sie wohl die letzte waren, mit denen er zusammen war. Stimmt das? Und wann, haben Sie sich getrennt, also wann, haben Sie Herrn Koschnik zuletzt gesehen?“, prasselte es sofort auf Romy nieder und sie begann verstört zu blinzeln.

„Wie? Ja“, antwortete Romy, „ich weiß nicht, wir waren noch im Club, tanzen, bis so um fünf Uhr.“

„Komm, Kleines, setz dich erstmal“, mischte sich Paul ein, kam zu ihr, legte den Arm um sie und führte sie nun zu dem freien Stuhl. Sanft drückte er sie nieder und Romy ließ sich einfach darauf fallen.

„Das kann nicht sein“, kam es leise über ihre zittrigen Lippen, bevor sie schluchzend die Hände vor ihr hübsches Gesicht schlug. „Warum? Wer, macht sowas?“

„Genau deshalb, sind wir da“, sagte der andere Kriminalpolizist.

Alles andere, bekam Romy kaum noch mit und nur noch Wortfetzen drangen zu ihr vor, wie durch Watte. Zusammengeschlagen, erschlagen, mit Benzin übergossen und angezündet, damit hätte der Täter auch alle Beweise vernichtet, hörte sie wie von Fern her. Irgendwer legte ihr eine Hand auf die Schulter, drückte sachte zu, ließ wieder los.

„Wir melden uns dann noch mal, bei Ihnen“, hörte sie noch.

*

Wochen vergingen, ohne dass Romy auf der Bühne stand. Sie konnte es einfach nicht mehr, seit Valeries grausamen Tod. Sie konnte nicht mehr mit dem Publikum flirten und lachen und singen. Schon gar nicht mehr singen, sie hatte einfach ihre Stimme verloren, die nun nur noch rau und kratzig klang.

„Nimm dir Zeit“, hatte Paul gesagt, bis seine Geduld mit dem Satz „So geht das nicht weiter, mit dir“, endete.

Ja, er hatte recht, so ging es nicht weiter. Nicht mit diesem Leben und Romy spürte, dass ihr bisheriges Leben nun endete. Enden musste, für Valerie.

Irgendwann hatte man ihr mitgeteilt, dass die Ermittlungen wohl eingestellt werden würden, wegen Mangel an Beweisen.

Romy stand einfach auf, lächelte Paul an und kündigte. Dann fuhr sie nach Hause, nahm eine Schere und ging ins Badezimmer. Als die ersten Strähnen ihres wundervollen Haares auf den Boden und ins Waschbecken fielen, begann sie zu weinen.











Kommissar

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