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Die Wette
ОглавлениеR. S. Volant
Der Tänzer
Eine etwas andere Liebesgeschichte
Roman
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Die Musik dröhnte dermaßen laut, dass Viktor kurz genervt das Gesicht verzog. Sein Blick glitt eher gelangweilt über die vielen Tanzenden, deren verschwitzte Leiber wie ekstatisch zum Rhythmus zuckten. Einen Augenblick blieb er an einem auffälligen Blondschopf hängen, der gerade ausgelassen beide Arme über den Kopf hob und johlend auf und absprang. Dabei schob sich immer wieder sein Tank-Top nach oben und ließ seinen nackten Bauch aufblitzen. „Frischfleisch“, brüllte Hellen und Viktor sah sie an. „Hm?“ „Der Kleine da! Den würde ich gerne zu meinem neuen Spielzeug machen! Sieht echt schnuckelig aus!“ Sie nickte in die Richtung des Blonden. „Bisschen jung, findest du nicht?“ Viktor nippte an seinem Glas. „Wieso? So sind sie noch am leichtesten zu erziehen! Außerdem müsste er mindestens achtzehn sein, sonst käme er hier nicht rein.“ „Bei dem hättest du eh keine Chance, der ist schwul, hundert Pro!“ Viktor grinste sie an. „Woher willst ´n das wissen?“ Hellen nahm überrascht ihren Kopf zurück und Viktor lachte kurz auf. „Das sieht man doch!“ „Ach! Woran denn?“ „Na, wie er sich bewegt, die auffällige Kleidung, geradezu aufreizend! Welcher Junge zieht schon ein hellblaues Trägershirt an, das so knapp ist, dass man seine Brustwarzen sehen kann! Bei dem hätte wohl eher ich Chancen.“ „Na du hast ja genau hingeschaut, ist mir glatt entgangen! Hast du denn Interesse?“ Vincent, der neben Hellen saß, beugte sich zu ihnen. „Über was unterhaltet ihr beiden euch denn?“, fragte er neugierig. „Über die kleine Hupfdohle da“, gab Viktor zurück und deutete auf die Tanzfläche. „Weißt du was über ihn?“ „Vik meint, dass er schwul wäre“, warf Hellen ein. Vincent zuckte mit den Schultern. „Er ist neu, hier. War erst ein paarmal hier. Das erste Mal, war er mit ein paar Freunden hier, waren auch Mädchen dabei. Keine Ahnung, ob er schwul ist, aber er ist ein richtiger Magnet! Sobald er tanzt, ist die Tanzfläche voll und es geht der Punk ab! Hab´ mir echt schon überlegt, ob ich ihn nicht frage, ob er für mich arbeiten möchte. Kein Schwein achtet mehr auf die Go-Go´s, wenn er loslegt! Dann ist er stets der Mittelpunkt, so wie jetzt“, meinte er und machte eine Kopfbewegung zu den Tanzenden hin. Tatsächlich hatten die einen Kreis um den Blonden gebildet und feuerten ihn begeistert klatschend an. Alle drei beobachteten die Szene eine Zeitlang interessiert. Der Junge tanzte, als wäre er eins mit der Musik. Sein Körper bewegte sich stets im Rhythmus, wobei er verschiedene Tanzelemente bunt miteinander mischte. Mal bewegte er sich schlängelnd, fast wie beim orientalischen Bauchtanz, dann sprang er in die Luft und kam im Spagat
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wieder auf dem Boden auf, nur um wie an einem unsichtbaren Seil in die Höhe gezogen, erneut auf die Beine zu kommen und sich ein Mädchen greifend, plötzlich Salsa tanzte. „Wirklich gut, der Kleine“, murmelte Viktor und die Beiden sahen ihn an. „Was sagtest du?“, fragte Vincent. „Nichts“, Viktor schüttelte kurz mit seinem Kopf. „Oh, ich kenne dich, mein Freund, besonders diesen Blick! Hast du etwa ein Auge auf ihn geworfen? Mensch, Vik! Was ist los mit dir? Versuchst du´s doch noch mal, mit `nem Kerl?“ „Quatsch!“, winkte Viktor ab, „ich meinte nur vorhin zu Hellen, dass ich bei dem wohl die größeren Chancen hätte, als sie!“ Vincent lehnte sich zurück und sah sie beide überrascht an. „Hellen! Der Junge ist gerademal achtzehn! Schreckst du denn wirklich, vor nichts zurück?“, sagte er übertrieben empört und sie lachten. „Sie nannte ihn „Frischfleisch“!“, meinte Viktor Entsetzen heuchelnd und nickte. „Dabei hat sie eh keine Chance!“ „Na danke!“, schmollte Hellen, „Immerhin bin ich fünf Jahre jünger, als du, Opa! Und ich habe noch jeden bekommen, den ich wollte!“ „Aber den nicht! Sieh es doch ein! Und von wegen, Opa! Frechheit!“, empörte sich Viktor erneut. „Na los, lass uns jetzt beide rausgehen und tanzen! Wir baggern ihn beide an und dann werden wir schon sehen, bei wem er anspringt! Ich wette, bei mir!“, sagte er herausfordernd. „Eine Wette! Klasse!“, rief Vincent. „Aber nicht nur tanzen! Wenn schon, denn schon! Ihr müsst ihn schon abschleppen, mit allem Drum und Dran! Und natürlich mit Beweisfoto, hinterher! Und um was, wettet ihr?“ „Gut, Wette angenommen!“, antwortete Hellen überzeugt. „Wie wäre es mit drei Flaschen Moet, aber der Teure, der aus deinem Privatschatz!“ „Nun mal langsam!“, nahm sich Viktor plötzlich zurück. „Ach, machst du jetzt einen Rückzieher? Kriegst du kalte Füße, Opa?“ „Jetzt reicht`s aber, du Biest! Erstens sieht man mir mein Alter nicht an und überhaupt, dreiunddreißig ist nicht alt! Und zweitens…“ Er kam nicht weiter, weil die beiden vergnügt lachten. „Deppen!“ „Hast du gehört? Hat er Deppen gesagt? Meint er uns?“, keuchte Vincent und wischte sich die Augen. „Ja, Deppen! Da kommt wohl wieder mal der Bayer in ihm durch!“, kicherte Hellen und stieß Viktor an. „Sei nicht beleidigt, Vik!“ „Ich bin nicht beleidigt, ich wollte nur sagen, dass ich nichts mehr mit Kerlen am Hut habe, jedenfalls nicht so! Ich geh halt lieber mit Frauen ins Bett, dass wisst ihr genau!“ „Ach und was war mit Leon?“, fragte Vincent und grinste süffisant. „War wohl `ne Ausnahme, ein bisschen experimentieren, halt! Und Jahre her“, verteidigte Viktor sich, doch sie lachten schon wieder. „Eben, Jahre“, feixte Hellen, „aber mach dir nichts draus! Jeder kommt mal in ein Alter, in dem man ruhiger wird!“ „Jetzt reicht`s! Wette angenommen! Na los, auf was wartest du?“, rief Viktor, stand auf und machte eine auffordernde Geste mit seiner Hand. „Ok, ok! Aber wirklich, bis zum Letzten! Nicht nur mit ihm abhauen, das könnte ja jeder und dann behaupten, es wäre was gelaufen!“, erwiderte Hellen und zwinkerte Vincent zu. „Und, wie stellst du dir das vor? Soll ich vielleicht ein Selfie mit ihm im Bett machen?“ „So ähnlich, also ich hab` damit keine Probleme!“ „Dann wäre die Sache wohl entschieden“, sagte Vincent, „und ich mache den Schiedsrichter! Ein Foto
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von ihm unter der Dusche danach, reicht auch! Wirst du wohl hinkriegen“, nickte er Viktor zu und grinste. Viktor verzog mürrisch seinen Mund und warf ihm einen missbilligenden Blick zu. „Nun kneif nicht! Vielleicht wird es ja sogar ein unvergessliches Erlebnis? Vielleicht bist du ja sogar sein Erster?“ „Bloß nicht!“, keuchte Viktor entsetzt auf und Vincent schlug ihm lachend auf die Schulter. „Auf in den Kampf, ihr Beiden! Die Wette gilt!“ „Kannst du vielleicht andere Musik auflegen? Und `n bisschen leiser?“, fragte Viktor und erntete erneut hämisches Gelächter. „Ja, wie wär`s mit Walzer oder Foxtrott, für unser Opilein! Dann haut der Kleine gleich ab und ich hab` gewonnen!“, rief Hellen. „He! Hier ist kein Tanztee!“, meinte Vincent. „Idiot! Ich meinte einfach `was Anderes! Nicht diesen Techno-scheiß! Du weißt, dass ich nicht darauf stehe! Vielleicht Relax? Und danach `was Ruhigeres, zum Ansprechen? Hellen kann sich ja auch einen Titel aussuchen!“ Er sah sie fragend an und Hellen zuckte die Schultern. „Ist mir egal, ich gewinne sowieso! Der Kleine gehört quasi schon mir! Du kannst eigentlich schon nach Hause fahren und den Schampus aus dem Keller holen!“ Viktor schüttelte nur seinen Kopf und marschierte los, Richtung Tanzfläche, während Hellen Vincent noch einen siegessicheren Blick zu warf und ihm lässig folgte.
Auf der Tanzfläche war es rappelvoll und beide hatten sichtliche Mühe, bis zur Mitte vorzudringen, in der ihr Opfer noch immer ausgelassen tanzte. Bereits das zweite Lied war Relax und Viktor hatte ihr Ziel als erster erreicht, allerdings nur im Rücken des Blonden. Hellen kämpfte sich auf der anderen Seite durch und schaffte es tatsächlich, direkt vor ihm aus der Menge heraus auf ihn zu zutanzen, mit ihrem schönsten Lächeln auf den rotgeschminkten Lippen. Der Blonde schien tatsächlich darauf einzugehen und näherte sich ihr wie von einem Magneten angezogen, während Hellen ihm nun kokett den Rücken zu drehte, den Kopf in den Nacken legte und lasziv mit ihrem Hintern hin und her wackelte. Kurz entschlossen trat Viktor von hinten an den Jungen heran und stieß ihn etwas unsanft mit der Hüfte an, woraufhin sich dieser leicht irritiert zu ihm umwandte und ihn kurz fragend ansah. Viktor lächelte ihn verschmitzt an und der Blonde wirkte nun definitiv verunsichert, senkte sogar kurz seinen Blick und lächelte schüchtern zurück. Dadurch war er für einen Moment aus dem Rhythmus geraten und hielt kurz in seinen Bewegungen inne. Diesen Augenblick nutzte Viktor um noch näher an ihn heran zu rücken und ihn erneut mit seiner Hüfte anzustoßen, allerdings sehr gefühlvoller. Wieder lächelte der junge Mann und dieses Mal wirkte es viel selbstsicherer. Er hatte sich wieder gefangen und ging sogleich auf Viktors Spielchen ein, indem er ebenfalls seine Hüfte gegen ihn stieß und lachend seine Arme hochhob. Doch noch hatte Hellen nicht aufgegeben und bedrängte ihn nun von der anderen Seite. Der Blonde drehte sich zu ihr um und tanzte erneut mit ihr. Viktor stieß ein verärgertes Knurren aus, legte kurzerhand beide Hände an dessen Taille und schmiegte sich eng an seinen Rücken. Mittlerweile war das Lied zu Ende und `In the air tonight´ erklang aus den Boxen. Sofort wurden die Bewegungen des Jungen fließend weich und er lehnte sich tatsächlich gegen ihn. „Du tanzt wirklich gut“, raunte Viktor ihm ins Ohr. „Und du gehst ganz schön ran“, erwiderte der junge Mann. „Naja, du scheinst ziemlich begehrt zu sein, besonders von diesem aufdringlichen Weibsstück, da! Die scheint es auf dich abgesehen zu haben. Da musste ich eben handeln.“ Der Junge lachte kurz auf. „Und was gibt dir die Gewissheit, dass ich das möchte?“ „Immerhin tanzt du nun mit mir und es scheint dir nicht zu missfallen! Wie wäre es mit einem Drink, darf ich dich einladen?“ Viktors Lippen berührten bei seinen Worten das Ohr des Blonden und der
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erschauerte leicht dabei, was Viktor natürlich nicht entging und ihn dazu ermutigte, sogar noch einen sanften Kuss darauf zu hauchen. Sein Blick ging dabei zu seiner Rivalin, die ihn geradezu fassungslos anstarrte. Viktor legte kurz seinen Kopf etwas schief und zwinkerte ihr triumphierend grinsend zu, löste sich dabei von seinem Tanzpartner, nahm ihn wie selbstverständlich bei der Hand und zog ihn hinter sich her, Richtung Bar, in einen etwas ruhigeren Bereich des Clubs. „Also ganz ehrlich“, meinte der Junge kopfschüttelnd, „so einer wie du, ist mir echt noch nicht begegnet! Gehst du immer so ran?“ „Nur, wenn ich etwas möchte und es sich auch lohnt! Und wenn ich mir dich so anschaue, denke ich, dass es sich ganz sicher rentieren wird! Du bist wirklich süß und siehst verdammt hübsch aus, mit deinen blonden Locken und deinen großen, blauen Augen. Und wenn ich mir den Rest von dir ansehe“, Viktors Blick glitt über dessen Körper und er fuhr mit seinem Zeigefinger den Träger des Tank-Tops entlang, „wirklich eine Augenweide!“ Dabei berührte er ganz leicht mit seinem Fingerrücken die kleine, harte Brustwarze des jungen Mannes und der sog augenblicklich die Luft ein. „He! Also ich bin bestimmt nicht prüde, aber das geht mir doch ein wenig zu schnell! Finger weg!“, rief der Junge und ruckte etwas weiter zurück. Allerdings stieß er dabei mit dem Rücken gegen den Tresen und Viktor rückte einfach nach. „Was möchtest du trinken?“, fragte er um die Situation etwas zu entschärfen, „und übrigens, mein Name ist Viktor.“ Er konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen, als er die Unsicherheit des Anderen spürte und trat ein wenig zurück. „Vielleicht ein Glas Sekt oder einen Cocktail? Die mixen hier verdammt gute!“ „Chris.“ „Chris?“ „Ähm, mein Name, ich heiße Chris. Und `ne Cola.“ „Ach so! Einfach nur Chris? Und nur Cola?“ Viktors Lächeln wurde breiter. „Light, wenn`s geht und eigentlich heiße ich Christian, aber alle nennen mich Chris.“ Der junge Mann atmete hörbar aus und entspannte sich endlich wieder. „Ok!“ Viktor winkte den Barkeeper heran und bestellte die Getränke, eine Cola light und für sich ein alkoholfreies Bier. „Komischer Cocktail“, meinte Chris und deutete auf die Bierflasche. Dabei umspielte ein zauberhaftes Lächeln seinen sinnlichen Mund und dieses Mal war es Viktor, der leicht irritiert auf diese wunderschönen, vollen Lippen blickte. Ein heißer Schauer fuhr dabei durch seinen Leib und endete in einer gewissen Region, die Viktor normalerweise sehr gut unter Kontrolle hatte. Doch dieser Junge hatte etwas an sich, dass ihn zusehends verwirrte. „Ja, tja, ähm, ja“, stammelte er und räusperte sich. ´ Was ist los mit dir? `, fragte er sich in Gedanken selbst und fuhr sich verlegen durch die kurzen, dunklen Haare. Irgendetwas lief hier plötzlich schief und er trank erst einmal einen großen Schluck. „Bin mit dem Auto da. Und du? Bist du mit jemanden hier?“ „Mit meiner Schwester. Ich hab` keinen Führerschein, also hat sie mich mitgenommen und noch zwei ihrer Freundinnen.“, antwortete Chris und trank ebenfalls. Viktor nickte wissend. „Ah ja, das Mädchen, mit dem du Salsa getanzt hast, nehme ich an. Hast `nen richtigen, kleinen Fanclub, hm?“ Chris lachte herzlich auf und legte seinen Kopf schief. „Kann man so sagen“, antwortete er schmunzelnd und sah Viktor herausfordernd an. „Sieht so aus, als hätte ich heute einen neuen Fan dazu bekommen.“ Viktor stieß ein leises Schnauben aus und nickte leicht. „Sieht so aus“, raunte er leise, beugte sich vor und versuchte ihn zu küssen, doch Chris drehte seinen Kopf zur Seite. „He, ich sagte doch, nicht so schnell und außerdem ist das hier kein Schwulenclub! Muss ja nicht
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jeder mitkriegen, was mit uns los ist!“ „Was ist denn, mit uns los?“, fragte Viktor amüsiert. „Na, dass wir eben vom anderen Ufer sind!“, antwortete Chris und blickte sich unbehaglich um. „Nicht, dass die uns hier noch rauswerfen“, meinte er und hielt sich mit beiden Händen an seiner Cola fest. „Keine Angst, ganz gewiss nicht! Und, ich bin nicht schwul, naja, vielleicht ein bisschen, jedenfalls bei dir!“, meinte Viktor gelassen und strich ihm mit den Fingerspitzen über den Oberarm. „Ein bisschen schwul? Wie geht das denn?“, lachte Chris auf, „entweder oder! Oder bist du bi?“ „Ok, dann halt bi! Ich habe mir bisher noch nie wirklich Gedanken darüber gemacht! Wie wäre es, wenn wir es herausfinden? Hilfst du mir dabei? Hast du heute noch was vor?“ Chris konnte nur erneut seinen Kopf schütteln. „Mann, du bist echt der Hammer! Da komme ich hierher, nur um zu tanzen und werde prompt von einem Typen angemacht! Was hat dich eigentlich dazu veranlasst? Bist du notgeil? Und wieso ich? Du konntest doch nicht wissen, dass ich auf Kerle stehe!“ Viktor lachte empört auf. „Du bist ganz schön frech, für dein Alter! Notgeil!“ Er schüttelte den Kopf. „Wie alt bist du eigentlich?“ „Alt genug, wieso? Bin ich dir vielleicht schon zu alt?“, fragte Chris und sah ihn herausfordernd an. „Vielleicht eher zu jung! Ich meine nur, weil du vorhin gesagt hast, dass du noch keinen Führerschein hast. Achtzehn musst du schon sein, sonst wärst du hier nicht reingekommen. Hoffe ich wenigstens!“ Chris nickte und nippte an seinem Glas. „Achtzehn, seit drei Monaten! Und der Führerschein muss noch warten, ich bin Schüler, letzte Klasse Gymmi, bald jedenfalls. Nach den Sommerferien. Und du? Wie alt bist du denn?“ Viktor hob seine Augenbrauen. ´Eigentlich zu alt, für dich`, schoss es ihm durch den Kopf und er räusperte sich verlegen. „Wie alt schätzt du mich denn?“ „Keine Ahnung, ziemlich alt, dreißig?“, antwortete Chris nachdenklich. Viktor hätte sich beinahe verschluckt und hustete pikiert. „Heilige Scheiße!“, rutschte es ihm heraus und er sah ihn beleidigt an. „Du findest mich zu alt?“ „Das habe ich nicht gesagt, ich meinte halt nur. Jedenfalls hat mich noch keiner in deinem Alter angemacht. Entschuldige, wenn ich dich irgendwie gekränkt habe, war keine Absicht, Alter! Oh, Mist! Das war nicht so gemeint, das sagt man nur so“, beeilte Chris sich zu sagen und wurde rot. Viktor lachte schallend und Chris fiel nach kurzem Zögern mit ein. „Du bist wirklich süß“, keuchte Viktor, nach Atem ringend, „besonders, wenn du verlegen bist! Und? Wie geht es jetzt weiter? Lust auf eine neue Erfahrung? Jungfrau scheinst du mir keine mehr zu sein, hab` ich recht?“ „Schon lange nicht mehr“, winkte Chris lässig ab und sah ihn abschätzend an. „Naja, wie ein Psychopath wirkst du nicht, aber wer weiß das schon? Und wo willst du hin? Oder willst du`s gleich hier auf `m Klo machen?“ Mit allem hatte Viktor gerechnet, nur damit nicht und das sah man ihm auch an. Sämtliche Gesichtszüge schienen ihm zu entgleisen und er schnappte erstmal entsetzt nach Luft. Dann setzte er seine Bierflasche an die Lippen und leerte sie auf einen Zug. „Eigentlich bräuchte ich jetzt erst mal einen Schnaps, nach dem Spruch! War das dein Ernst?“ „Klar“, antwortete Chris achselzuckend, „sag bloß, du hast es noch nie auf dem Klo getrieben! Oh“, meinte er dann, als er Viktors erneutes Entsetzen sah. „Konnte ich ja nicht ahnen! Also ganz ehrlich, langsam frage ich mich ernstlich, ob vielleicht du nicht eher die Jungfrau hier bist, so wie du dich anstellst!“ „Entschuldige bitte, wenn ich nicht so einen reichen Erfahrungsschatz habe, was gewisse Örtlichkeiten anbelangt, wie du! Ich lege eben Wert auf eine gepflegte Umgebung und vor allem, auf
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eine entspannte Atmosphäre! Was ist gegen ein nettes Schlafzimmer einzuwenden?“ „Nichts! Aber manchmal ist halt grad keins da und was machst du dann?“, fragte Chris wie selbstverständlich. „Sagst du dann: Sorry, Schätzchen, das war`s, hier treibe ich es nicht?“ „Gott sei Dank, war ich noch nicht in so einer Lage, oder wie du vorhin sagtest, notgeil! Es gibt ja auch noch Hotelzimmer…“ „Und wenn du kein Geld hast?“ „Auto!“ „Wenn du keins hast?“, erwiderte Chris herausfordernd und legte den Kopf schief. „Ich zum Beispiel!“ „Heilige Maria, du hörst wohl nie auf! Schon gut! Fahren wir nun zu mir?“, fuhr Viktor hoch und Chris nahm seinen Kopf zurück. „Klar! Wieso sagst du das nicht gleich? Ich sag` bloß meiner Schwester Bescheid und hol` meine Jacke“, antwortete Chris seelenruhig und schlenderte los.
Sie trafen sich am Ausgang und noch bevor sie den passiert hatten, steckte sich Chris eine Zigarette in den Mund. Viktor runzelte die Stirn und räusperte sich. „Du rauchst?“ „Klar! Willste auch eine?“ Chris zündete die Zigarette an und machte einen langen Zug. „Aah!“ „Nein, danke, ich bin Nichtraucher und übrigens, im Auto wird nicht geraucht!“, entgegnete Viktor leicht angewidert. „Bis wir da sind, bin ich längst fertig, Mann! Nun mach dir mal nicht ins Hemd“, antwortete Chris genervt und wandte sich zur Straße. „Nein“, sagte Viktor und nickte in die andere Richtung. „Da lang!“ „Häh? Wo steht denn deine Karre? Die Parkplätze sind doch alle da drüben oder hast du etwa einen direkt vor dem Haus?“, fragte er hämisch. „So in etwa! Hier um die Ecke, im Hof!“ „Schon klar! Du hast einen Privatparkplatz, direkt vor dem angesagtesten Club Frankfurts! Oder bist du doch `n Psycho und willst mich in `ne Falle locken? Oder willst du`s doch gleich da hinten treiben? Hm?“, fragte Chris und blieb argwöhnisch stehen. „Keine Angst, weder noch!“, erwiderte Viktor grinsend und zeigte auf einen schwarzen Porsche. „Das ist übrigens meine ´Karre`!“ „Wow!“, entkam es Chris und trat heran. „Nicht schlecht! Bist du reich, oder so? Und wieso darfst du hier parken?“ „Der Besitzer des Ladens ist ein guter Freund von mir und du denkst doch nicht im Ernst, dass ich mein Baby einfach so auf der Straße parke oder in der Tiefgarage! Sagen wir mal so, es geht mir ganz gut, aber reich?“ Er zuckte mit den Schultern. „Was heißt das schon? Reich sein ist relativ!“ Chris sah ihn zweifelnd an. „Naja, wenn du dir so `nen Schlitten leisten kannst? Was machst`n so? Bist du etwa `n Zuhälter?“ Viktor lachte kopfschüttelnd und öffnete die Auto Tür. „Steig schon ein, sonst wird das nie mehr was, mit uns!“, meinte er nur und setzte sich in den Wagen. Chris zögerte noch einen kurzen Moment, zog noch einige Male an seiner Zigarette, warf sie dann weg und stieg ein. „Umweltverschmutzer“, lästerte Viktor und verzog nochmals leicht angeekelt sein Gesicht, als ihm der Zigarettengeruch in die Nase stieg. „Wieso rauchst du?“ „Wieso nicht? Blöde Frage! Weil`s halt cool ist!“, antwortete Chris genervt. „Und wie lange schon? Anschnallen!“, sagte Viktor und startete den Wagen. Chris verdrehte die Augen, schnallte sich aber an. „Weiß nicht mehr genau, wann ich damit angefangen hab. Ich glaub`, so mit fünfzehn!“ Er zuckte mit den Schultern. „Alle, haben damals
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geraucht!“ „Ach! Und das ist ein Grund? Nur weil es die Anderen auch machen?“ Viktor schüttelte verständnislos seinen Kopf. „Und cool wäre es gewesen, wenn du damals `Nein´ gesagt hättest!“ „Mann, du hast echt keine Ahnung! Dazu zu gehören, ist alles! Als Außenseiter, bist du erledigt! Danke, aber die Erfahrung habe ich schon mal gemacht! Brauch ich nicht nochmal!“, erwiderte Chris schnippisch und sah ihn an. „Hast du nie geraucht?“ Viktor fuhr auf die Straße und warf ihm einen kurzen Blick zu. „Doch! Zu meiner Schande“, lachte er, aber nicht lange! Fand ich einfach zu blöd und außerdem stinkt es! Und erst die Klamotten! Bäh!“, machte er und Chris lachte nun auch mit. „Bin ich froh, dass es jetzt verboten ist, in Kneipen zu rauchen! War echt unerträglich, damals! Alles, hat gestunken! Die Kleidung, die Haare, fürchterlich! Ich hatte fast keine Lust mehr, irgendwohin zu gehen! Aber natürlich geht man dann halt doch! Wie sagtest du? Dazu gehören“, er nickte, „ja, klar möchte man das! Aber nicht um jeden Preis, das wirst du auch noch lernen!“ Chris zuckte erneut mit den Schultern, allerdings sehr nachdenklich und schwieg. „Was ist?“, fragte Viktor nach einer Weile. „Hat es dir die Sprache verschlagen?“ „Mm-m“, machte Chris kopfschüttelnd und sah aus dem Fenster. „Musste nur an was denken. Nicht so wichtig“, meinte er dann, schnaufte tief durch und grinste ihn an. „Wohnst du weit weg?“ Viktor runzelte kurz die Stirn und schüttelte den Kopf. „Am Stadtrand, halbe Stunde“, antwortete er lächelnd. „Kannst du Musik anmachen?“ „Klar! Was bestimmtes, oder Radio?“, fragte Viktor und drückte auf den Einschaltknopf. „Radio ist schon ok“, antwortete Chris und jauchzte sogleich auf, als die ersten Töne eines Liedes erklangen. „Der Song ist echt gut!“, rief er erfreut, „lauter!“ Viktor schüttelte amüsiert seinen Kopf und drehte lauter. „Gut so?“, rief er und beschleunigte kurz den Wagen. Dadurch drückte es sie in die Sitze und Chris johlte begeistert auf. „Wow! Klasse! Dein Baby geht echt ab!“, rief er zurück und bewegte sich rhythmisch dazu. „Du tanzt gerne, hm? Hast es sozusagen, im Blut“, meinte Viktor und warf ihm einen schmunzelnden Blick zu. „Oh ja! Ich liebe es! Wenn ich tanze, kann ich alles vergessen! Dann höre ich nur noch die Musik! Nein! Ich fühle sie! Ich weiß auch nicht, wie ich es erklären soll, es ist dann so, als wäre ich ganz wo anders und niemand kann mir was anhaben!“, antwortete Chris geradezu euphorisch. „Was anhaben? Was meinst du denn damit? Hat dir denn schon mal einer was getan?“, fragte Viktor und setzte den Blinker um zu überholen. Chris saß augenblicklich still und zwinkerte einige Male verstört, doch Viktor bemerkte es nicht, da er auf den Straßenverkehr achtete. „Nö“, meinte er nur und schnaufte durch. „Und du? Tanzt du auch gerne oder nur um jemanden aufzureißen?“, fragte er dann und klang ziemlich zynisch dabei, doch Viktor lachte auf. „Eigentlich ist das gar nicht meine Art, ehrlich! Brauchst mich gar nicht so anzuschauen! Ob du`s glaubst oder nicht, war mein erstes Mal, dass ich sowas gemacht habe!“ „Ja, klar! Glaub` ich dir, aufs Wort! Und wieso dann?“, gab Chris wenig überzeugt zurück. „Keine Ahnung“, log Viktor und räusperte sich verlegen, „du bist mir eben aufgefallen und du hast mir gefallen. Da wollte ich dich eben kennenlernen, ganz einfach!“ „Aha“, machte Chris nur und summte den nächsten Song mit. „Dann stehst du also doch auf Jungs!“ „Sagen wir mal, ich stehe einfach auf schöne Menschen, an sich und wenn es sich ergibt, warum nicht? Allerdings habe ich nicht so viel Erfahrung darin, wie du vielleicht denkst“, meinte Viktor und biss sich kurz auf die Unterlippe. „Ach! Und?“ „Was, und?“
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„Na, warum dann ausgerechnet heute? Es muss ja dafür einen Grund geben! Oder bist du doch so `n Hannibal Lecter-Typ?“, fragte Chris argwöhnisch. Viktor musste erneut grinsen. „Du meinst, dass ich dich fressen will? Du bist zwar echt süß und vielleicht auch zum Anbeißen, aber eher nicht. Ein zartes Lammkotelett, ist mir da schon lieber!“ „Nicht dein Ernst! Du isst Babyfleisch? Boah, ey, igitt!“ Chris schüttelte sich angewidert. „Bist du etwa Vegetarier?“, fragte Viktor ehrlich erstaunt. „Naja, noch nicht so ganz, aber meine Schwester“, rief Chris begeistert, „die zieht das voll durch! Kein Fleisch oder Wurst, nichts! Nicht mal Gummibärchen!“ „Hä?“ „Gelatine? Hallo? Wird aus Schweinehäuten gemacht, voll eklig, sagt sie, aber ich esse die Dinger trotzdem noch. Ab und zu, wenigstens.“ Chris hatte sich mittlerweile zu ihm umgedreht und sogar einen Fuß untergeschlagen. Viktor hob eine Augenbraue, sagte aber nichts dazu. `Meine schönen Ledersitze´, dachte er nur und seufzte. `Naja, wenigstens trägt er Turnschuhe´. „Und du? Isst du alles?“, wollte Chris wissen. „Alles! Hauptsache lecker!“, antwortete Viktor und schmunzelte. „So bin ich eben und nicht nur beim Essen, auch sonst! Ich probiere gerne aus, besonders etwas Neues!“, antwortete er und beobachtete Chris` Reaktion. „Auch beim Sex?“, fragte der prompt. „Oh ja, besonders, beim Sex“, kam es zurück und es klang höchst genießerisch. Chris schwieg, setzte sich wieder gerade hin und blinzelte nachdenklich. „Was heißt `n das jetzt wieder? Bin ich ein Experiment, oder so?“ Viktor brach erst einmal in schallendes Gelächter aus. „Wer weiß?“, antwortete er verschwörerisch, als er sich wieder beruhigt hatte und sah ihn kurz an. „Na toll! Das kann ja heiter werden“, meinte der nur und drehte die Musik leiser. „He! Eigentlich fasse nur ich etwas hier drinnen an!“, sagte Viktor ernst, „also: Finger weg!“ „Boah ey! Krieg` dich wieder ein! Alter! Hab` doch nur die Scheiß Mukke leiser gemacht!“, maulte Chris zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. „Jetzt mal im Ernst, was meintest du genau, damit? Muss ich jetzt doch Schiss vor dir haben?“, fragte er nach einer Weile. Viktor bog gerade in eine Seitenstraße ein, fuhr noch ein Stückchen geradeaus und hielt dann vor einem großen, schmiedeeisernen Tor an. Er betätigte eine Fernbedienung und das zweiflügelige Tor öffnete sich. „Nein, ganz gewiss nicht“, antwortete er ruhig, „ich werde sicher nichts tun, was du nicht auch möchtest!“ „Versprochen?“, fragte Chris dennoch skeptisch und etwas kleinlaut. „Versprochen!“ Er lenkte den Wagen eine längere Auffahrt entlang und hielt dann erneut vor einer riesigen Garage an. Wieder drückte er die Fernbedienung und das Garagentor öffnete sich. „Sesam, öffne dich“, murmelte Chris und schluckte mulmig. „Hör mal, du musst keine Angst haben. Ich bin weder ein Psychopath, noch sonst irgendein Verrückter“, sagte Viktor beruhigend und legte seine Hand auf Chris` Oberschenkel. „Das Einzige ist, dass ich nicht gerade viel Erfahrung mit Männern habe. Ich hatte mal eine“, er zuckte die Schultern, „Art Beziehung, zu einem Mann. Das ist allerdings schon einige Zeit her und seitdem hatte ich nur noch was mit Frauen. Ich lebe durchaus monogam, wenn ich in einer Beziehung bin, heißt: Ich schätze Treue! Meine letzte Beziehung liegt etwa ein halbes Jahr zurück und dauerte fast zwei Jahre.“ „Woran ist sie dann gescheitert?“, fragte Chris und sah ihn an. „Eben, sie hat mich betrogen. Mit einem Arbeitskollegen, jedes Mal, wenn ich nicht da war. Drei Monate lang. Tja, dann habe ich sie erwischt, in flagranti, sozusagen. Bin einen Tag früher nach Hause
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gekommen und sie saß gerade auf ihm, im Wohnzimmer, vor dem Kamin. Da hab` ich sie rausgeschmissen, ganz einfach.“ „Puh! Macht man ja auch nicht, früher nach Hause kommen, meine ich und einfach so reinzuplatzen“, sagte Chris und schmunzelte ihn an. Viktor zwickte ihn in den Schenkel und Chris schrie auf. „Aua! Geht schon los! Du Psycho!“, rief er, doch Viktor legte seine andere Hand in Chris` Nacken, beugte sich zu ihm und küsste ihn sanft. Im ersten Moment versteifte sich Chris, doch dann wanderten seine Hände auf Viktors Schultern und er erwiderte den Kuss zaghaft. Als er Viktors Zungenspitze an seiner Oberlippe spürte, entkam ihm ein leises Stöhnen und seine Lippen öffneten sich wie von selbst. Viktors Griff wurde fester und sein Kuss augenblicklich leidenschaftlicher, was Chris erneut zum Stöhnen brachte. Ganz unerwartet brach Viktor den Kuss plötzlich ab und sah ihm lächelnd in die Augen. „Ich glaube, dass mir der erste Teil meines Experimentes durchaus gefällt“, sagte er und setzte sich zurück. „Könnte noch interessant werden!“ „Haha“, gab Chris zurück und schnaufte durch. „Und jetzt?“ „Gehen wir erst mal rein“, meinte Viktor und stieg aus. „Komm!“ Chris kletterte aus dem niedrigen Wagen und knallte die Türe zu, so dass Viktor sichtlich zusammenzuckte. Er kniff kurz die Augen zu und sah ihn dann ermahnend an. „Tschuldige“, raunte Chris und hob die Schultern, „hab vergessen, dass es dein `Baby´ ist.“ Er blickte sich um und sah noch einen schwarzen Porsche Boxter danebenstehen. „Noch eins! Oder ist das dein Liebling? Sammelst du die?“ „Nein! Und ich mag sie beide gleich sehr!“, antwortete Viktor leicht genervt. „Sie sind sozusagen beide, meine Babys. Ist so `ne Art Hobby von mir. Ich mag schwarze Porsche, sind sie nicht wunderschön?“, meinte er dann schwärmerisch und Chris sah ihn verständnislos an. „Autos, halt!“, sagte der und ging zu ihm. „Ist ja riesig, die Garage! Du liebe Zeit, ich glaub` so groß ist unser ganzes Haus! Du bist doch reich, hm?“ „Ich sagte doch, dass es mir ganz gut geht, zumindest finanziell! Aber Millionär, bin ich keiner, jedenfalls noch nicht.“, antwortete Viktor und streckte seine Hand nach ihm aus. „Komm!“ Chris ergriff sie und folgte ihm zu einer Tür. Viktor drückte einen Schalter und das Garagentor schloss sich, leise brummend. Er steckte einen Schlüssel ins Türschloss, öffnete sie, machte Licht an und Chris entkam ein überraschter Laut. „Heilige Scheiße! Du bist reich! Voll krass, die Hütte!“, rief er und sah sich staunend um. Sie standen in einer Art Halle, mit einem schwarz-weiß gefliesten Boden und mehreren großen Marmorsäulen, die eine herrschaftliche Freitreppe stützten. „Was is`n das hier? Wohnst du in einem Schloss?“ „Nein, nicht ganz, ist eine alte Villa, aus der Gründerzeit. Hat der Familie meines Vaters gehört.“ „Sag bloß, du wohnst noch bei deinen Eltern?“, fragte Chris beinahe entsetzt und Viktor grinste kopfschüttelnd. „Nein, meine Eltern sind tot und ich habe das Haus geerbt.“ „Oh, das tut mir leid“, meinte Chris entschuldigend, doch Viktor winkte ab. „Ist schon lange her, sie sind bei einem Autounfall ums Leben gekommen, da war ich erst fünfzehn. Irgend so ein Arschloch ist besoffen auf der Autobahn in die falsche Richtung gefahren und frontal in den Wagen meiner Eltern gekracht. Sie hatten keine Chance und sind beide noch am Unfallort gestorben. Später hat die Polizei gesagt, dass der Kerl das wohl absichtlich getan hätte, dass er wohl psychisch labil war und so einen Scheiß!“, regte er sich plötzlich doch auf und schnaubte spöttisch. „Wenn sich einer umbringen will, bitte schön, soll er doch! Aber dann soll er es alleine machen und nicht noch andere dabei mitnehmen!“ Er schnaufte tief durch und senkte kurz betreten seinen Blick, als er Chris` betroffenes Gesicht sah. „Entschuldige bitte meinen Ausraster, gerade eben, aber ich könnte mich jedes Mal aufs Neue darüber aufregen“, sagte er wesentlich ruhiger, nahm Chris` Hand
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und zog ihn zu sich heran. „Du musst dich nicht entschuldigen, ist doch klar, dass dich das aufregt“, meinte Chris sanft und sah ihn mitfühlend an. „Und dann? Bei wem bist du dann aufgewachsen?“ „Bei meiner Oma, der Mutter, meiner Mutter, am Starnberger See“, antwortete Viktor lächelnd und streichelte mit seinem Daumen über Chris Handrücken. „Sie ist eine sehr resolute Frau und war ziemlich streng mit mir, aber auch sehr liebevoll“, fuhr er fort und zog ihn dabei sanft mit sich. „Du kannst dir sicher vorstellen, wie ich mich damals fühlte! Ich werde nie den Tag vergessen, ich war in der Schule und plötzlich kommt der Rektor in unsere Klasse und holt mich raus. Ich dachte zuerst, dass irgendetwas mit meiner Oma wäre, hab es an seinem Blick gesehen, dass was Schlimmes passiert sein musste. Doch dann, als er mir es sagte, dachte ich, mir würde jemand den Boden unter den Füßen wegziehen! Tja, von einem Tag auf den anderen, war alles weg! Mein ganzes Leben! Ich musste die Schule verlassen, meine Freunde, mein Zuhause und musste in irgend so ein Kuhdorf nach Bayern ziehen! Ich war nicht gerade begeistert darüber, hatte mich aber bald eingelebt und schließlich dort sogar meinen besten Freund kennengelernt, mit dem ich auch heute noch befreundet bin und sogar jetzt zusammen in einem Unternehmen arbeite.“ Sie waren in ein großes Wohnzimmer getreten und Chris hob erneut staunend seine Augenbrauen. „Wow“, entkam es ihm und er sah sich beinahe ehrfürchtig um. „Wird immer besser, hier“, sagte er und nickte anerkennend. „Geile Einrichtung!“ Der Raum war sehr modern eingerichtet, mit viel Chrom und Glas. Der Boden war weiß gefliest und in der Mitte lag ein großer, flauschiger, weißer Teppich, der mindestens vier auf vier Meter maß und auf dem ein weißes ledernes Ecksofa stand, mit einem rechteckigen Glastisch davor. Mehrere weiße Lammfelle lagen auf dem Sofa verteilt und milderten dadurch den etwas kühlen Eindruck. An den Wänden standen einige Chromregale mit Glasböden und in einer Ecke befand sich sogar eine Bar mit drei Barhockern, natürlich in weißem Leder und Chrom. Eine Wand war vollkommen verglast und gab den Blick auf den Garten frei. Direkt gegenüber beherrschte ein großer Kamin, der von einem wundervollen Stuck eingerahmt war, das Bild. Deko Elemente waren eher sparsam, aber gekonnt in Szene gesetzt. „Entschuldige, ich wollte dich nicht unterbrechen“, sagte Chris und sah ihn betreten an, „aber dein Wohnzimmer ist der Knaller!“ „Ist alles neu, ich wollte nichts behalten, was mich an meine Verflossene erinnert und wer weiß, was sie hier noch mit dem Kerl getrieben hat und worauf“, meinte Viktor, ließ ihn los und trat an die Bar. „Möchtest du etwas zu trinken?“ „Gern, `ne Cola wär` klasse!“ „Light“, sagte Viktor eher feststellend und Chris nickte erfreut. Er ging zu ihm und setzte sich auf einen der Hocker. Viktor öffnete den Kühlschrank, holte eine Dose Cola-light und eine Flasche Pils heraus und reichte Chris sein Getränk. „Danke“, sagte Chris, öffnete die Dose und sah ihn an. „Und, was machst du so?“ Viktor lehnte sich gegen den Tresen, öffnete die Flasche und stieß leicht gegen die Dose. „Prost!“ Chris nickte und sie tranken beide. „Ich bin Ingenieur und Architekt“, antwortete Viktor. „Dann baust du Häuser!“ „So ähnlich“, schmunzelte Viktor, „ziemlich große Häuser, Wolkenkratzer!“ „Wow! Wo? Hier?“, Chris war völlig aus dem Häuschen. „Überall, auf der Welt“, sagte Viktor und lachte. „Zur Zeit arbeiten wir an einem Auftrag in China! Wenn das klappt“, meinte er vor sich hin nickend, „sind wir gemachte Leute! Das könnte dann meine erste Million sein“, sagte er und hob erneut die Flasche. „Auf gutes Gelingen!“ Chris nickte anerkennend und sie tranken einen langen Zug. „Aber jetzt mal zu dir“, sagte Viktor und sah ihn fragend an. „Jetzt weißt du schon fast alles von mir
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und ich nichts von dir, außer dass deine Schwester keine Gummibärchen mag.“ Chris lachte kurz auf, dann zuckte er die linke Schulter. „Gibt`s nicht viel zu erzählen“, meinte er, „also, ich bin achtzehn, gehe noch zur Schule und will nächstes Jahr mein Abi machen. Ich wohne noch zu Hause, bei meinen Eltern und mein größter Traum ist es, Tänzer zu werden!“ Jetzt lachte Viktor. „Klar“, sagte er, „bei dem Talent!“ „Kann ich eine rauchen?“, fragte Chris und kramte bereits in seiner Jackentasche. Viktor verzog zwar sein Gesicht, nickte aber. „Ja, sicher, aber bitte draußen.“ Er ging voran und öffnete die Terrassentür. Sie traten hinaus und Chris kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Allein die Terrasse war so groß wie manch ein Reihenhausgärtchen, natürlich mit Pool und dahinter öffnete sich ein parkähnlicher Garten, mit mehreren uralten Bäumen, die sogar von unten beleuchtet wurden. „Hammer!“, entkam es ihm und er sah sich um. „Deine Ex muss schön blöd gewesen sein, dass hier alles aufzugeben, wegen einem Fick!“ Viktor räusperte sich etwas pikiert und sah ihn schief an. „Ich denke, dass es nicht nur das war. Wir haben uns öfter gestritten und hatten unsere Meinungsverschiedenheiten. Anscheinend passten wir einfach nicht zueinander.“ „Und wieso nicht?“, fragte Chris und zog an seiner Zigarette. „Wir hatten einfach zu verschiedene Auffassungen, was das Zusammenleben betrifft.“ Chris hob erstaunt seine Augenbrauen und brachte Viktor damit zum Schmunzeln. „Ach? Und worüber?“, fragte er neugierig. „Naja“, antwortete Viktor, „sagen wir es einmal so, ich bin sehr dominant, in einer Beziehung und bin für eine klare Geschlechterrolle!“ „Aha“, machte Chris, „und das bedeutet?“ „Ich wollte, dass sie zu Hause bleibt und sie wollte Karriere machen!“ „Ist nicht dein Ernst!“, entkam es Chris und er sah ihn entgeistert an. „In welchem Jahrhundert lebst`n du?“ „Wieso? Was ist falsch daran?“, ereiferte sich Viktor, „wenn der Mann genug verdient, finde ich es durchaus angebracht, wenn die Frau zu Hause bleibt und sich um Haus und Kindererziehung kümmert! Das war auch ein Grund, ich wollte Kinder, sie nicht! Jedenfalls nicht so schnell, meinte sie immer!“ „Okay“, kam es von Chris ziemlich langgezogen und er hob den Stummel hoch. „Aschenbecher?“ Viktor zuckte die Achseln. „Hab ich keinen! Mach` sie einfach aus und wirf sie drinnen weg.“ Wieder ging er voran und führte ihn in eine geräumige, mit allen Raffinessen ausgestattete Küche, die durchaus in einem südfranzösischen Landhaus hätte stehen können. Die Möbel waren cremefarben und ein langer, dunkelbrauner, sehr rustikaler Holztisch mit acht Stühlen, dominierte den Raum. „Cool“, meinte Chris und nickte wieder anerkennend. „Hier könnte ich`s echt länger aushalten! Sieht hier ganz anders aus, als im Wohnzimmer! Echt krasser Gegensatz, aber echt cool! Mülleimer?“ „Dort“, antwortete Viktor und deutete auf einen Unterschrank. „Ich mag Frankreich“, sagte er, „besonders den Süden, die Provence und die Cote d`Azur! Warst du schon mal da?“ Chris schüttelte seinen Kopf. „Nee, aber ich war in Italien, geiles Land! Und vielleicht machen wir unsere Abschlussfahrt nach Paris!“, erwiderte er begeistert. Viktor war von hinten an ihn herangetreten, während sich Chris gebückt hatte, um den Zigarettenstummel zu entsorgen. Als er sich wiederaufrichtete, umfasste Viktor ihn und küsste ihn spontan in den Nacken. „Huch“, machte Chris und wandte seinen Kopf. „Was dagegen?“, fragte Viktor raunend und zog ihn fest an sich. „Nee, eigentlich nicht, kam nur `n bisschen plötzlich“, meinte der nur und legte seinen Kopf zurück, so dass er neben Viktors Gesicht lag, da sie beide etwa gleich groß waren. Ihre Wangen berührten sich und Viktor atmete tief durch. „Du riechst gut“, sagte er, „wenngleich es noch besser wäre, wenn
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da nicht der Zigarettengeruch wäre. Was meinst du, wollen wir nach oben gehen?“ „Und du bist dir ganz sicher?“, fragte Chris etwas verblüfft. „Wieso fragst du? Waren dir meine Absichten nicht klar genug?“, gab Viktor zurück und strich mit seinen Händen an Chris` Seiten entlang. „Naja, eigentlich schon“, Chris zuckte mit den Schultern, „aber was du mir erzählt hast, dass du hauptsächlich auf Frauen stehst, das hat mich schon etwas verunsichert. Wieso dann plötzlich dieser Sinneswandel und wieso gerade ich?“ „Das sagte ich doch schon. Ich weiß es nicht! Ich weiß nur, dass du wunderschön bist und ich mit dir schlafen möchte“, raunte Viktor und fuhr mit beiden Händen unter Chris` Shirt. Zarte, glatte Haut und festes Fleisch waren darunter zu spüren. „Du fühlst dich unglaublich gut an“, flüsterte Viktor und Chris spürte deutlich dessen Erregung, die jetzt gegen seinen Hintern drückte und ihn ebenfalls erregte. Ein leises Stöhnen entkam ihm und er schloss für einen Moment die Augen. „Komm“, raunte Viktor und zog ihn mit sich. Bereits auf der Treppe küssten sie sich immer wieder und als sie endlich im Schlafzimmer angekommen waren, hatten sie sich schon halb entkleidet und standen nun mit nackten Oberkörpern vor einander. Viktor trat einen Schritt zurück und sah ihn an. „Zieh dich aus“, raunte er und Chris biss sich auf die Unterlippe, vor Erregung. Er öffnete seine Hose und zog sich langsam aus. Als er nackt vor ihm stand, ging Viktor bedächtig um ihn herum. „Du bist wirklich wunderschön“, sagte er, „und könntest glatt Modell für eine griechische Statue stehen.“ „Jetzt hör aber auf“, erwiderte Chris ein wenig verlegen. „Also echt, so hat mich echt noch keiner angesehen“, meinte er und schnaufte unbehaglich durch. „Das muss dir nicht peinlich sein“, sagte Viktor und trat wieder vor ihn hin. „Du bist wirklich wunderschön“, wiederholte er beinahe andächtig, „dein Körper ist perfekt, fast athletisch, die perfekte V-Form. Breite Schultern, schmale Taille und Hüften und ein kleiner, runder, knackiger Hintern. Und dazu noch ein wirklich hübsches Gesicht. Kaum zu glauben, dass so was noch frei herumläuft!“ Chris lächelte noch immer verlegen, wandte sich um und setzte sich aufs Bett. „So, jetzt bist du dran! Jetzt möchte ich aber auch was sehen!“, meinte er und grinste ihn herausfordernd an. Viktor lächelte zurück, öffnete seinen Gürtel und knöpfte seine Designerjeans auf. Er schlüpfte aus seinen Schuhen und zog die Jeans mitsamt der Unterhose herunter, stieg heraus und entledigte sich dabei seiner Socken. Sein Glied war bereits vollständig erigiert und wippte prall und hart. „Und?“, fragte er, „zufrieden? Ich hoffe, ich erfülle deine Erwartungen!“ „Wow! Voll und ganz“, gab Chris zurück und auch sein Penis wurde hart. „Du hast dich echt gut gehalten“, meinte er und Viktor lachte empört auf. „Jetzt reicht`s aber langsam“, sagte er und kam heran. „Frechdachs!“ Er setzte ein Knie zwischen Chris` Beine auf die Bettkante, legte seine Hände auf dessen Schultern und drückte ihn auf die Matratze. Dabei küsste er ihn und Chris stöhnte leise auf. Viktor leckte ihm über die Lippen, stieß mit seiner Zungenspitze immer wieder dagegen, doch jedes Mal, wenn Chris seinen Mund öffnete, zog sich Viktor wieder zurück und entlockte ihm dadurch immer wieder kurze, leise Seufzer. Schließlich küsste er sich tiefer, über den Hals und leckte über die kleine Kuhle unter dem Adamsapfel. Wieder kam ein fast klagender Laut über Chris` Lippen. Viktor wanderte tiefer und umspielte mit seiner Zunge Chris´ linke Brustwarze, umschloss sie mit seinen Lippen und saugte sanft daran. Chris stöhnte heftig auf und Viktor wandte sich der anderen Brustwarze zu. Er leckte einige Male darüber, saugte sie dann ein und biss leicht zu. Chris` ganzer Körper erschauderte und zuckte heftig und ein lautes Wimmern entkam ihm. „Du hast wirklich geile Brustwarzen“, raunte Viktor, „und ich mag diese Töne, die du von dir gibst!“ Er richtete sich auf, umschloss Chris` Handgelenke, um die er mehrere Armbänder trug und hielt ihn fest. Dann küsste er ihn plötzlich hart und nehmend. Chris erwiderte zuerst den Kuss, doch dann
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wurde ihm der Griff zu schmerzhaft und er begann sich dagegen zu wehren. Viktor ließ ihn schließlich los und richtete sich auf. „Was wird `n das jetzt?“, fragte Chris noch ganz außer Atem. „Bist du etwa so `n Fifty Shades of Grey-Typ?“ „Nicht ganz“, antwortete Viktor gelassen. „Ich sagte doch, dass ich ziemlich dominant bin, aber auf diesen ganzen Peitschen und Fessel-Scheiß steh` ich ehrlich gesagt nicht. Obwohl, so ab und zu ein kleines Fesselspielchen hat doch seinen Reiz! Du machst mich einfach total an, du bist einfach unglaublich“, sagte er dann und küsste ihn erneut ungestüm. Wieder begann er sich nach unten zu arbeiten, leckte und biss spielerisch zu und Chris sog heftig die Luft ein, als Viktor die empfindliche Region um seinen Nabel bearbeitete. Er saugte die weiche Haut ein und Chris entkam erneut ein leises Wimmern. „Oh Gott, du machst mich fertig, Chris, wenn du das machst“, raunte Viktor und ließ von ihm ab. „Hast du ein Kondom?“, fragte er keuchend. „Mm-m“, machte Chris nur kopfschüttelnd. Er lag noch immer mit erhobenen Händen und geschlossenen Augen da und atmete stoßweise, vor Erregung. „Wie bitte?“, fragte Viktor nach. „Ist doch scheißegal! Ich hab` keins“, keuchte Chris, „mach weiter!“ „Ist das dein Ernst?“, fragte Viktor und setzte sich ernüchtert auf. „Ohne Kondom, läuft gar nichts!“, sagte er und Chris öffnete endlich seine Augen. „Wie jetzt? Das ist jetzt nicht wirklich dein Ernst, oder?“, meinte er und sah ihn entgeistert an. „Was soll `n schon passieren?“ „Hallo? Schon mal was von Aids gehört, oder Hepatitis? Hattest du keinen Sexualkundeunterricht?“, blaffte Viktor ihn an und stand auf. „Ich bin nicht krank und überhaupt, wieso hast du keins?“, fragte Chris säuerlich und setzte sich auf. „Weil ich nicht darauf vorbereitet war? Ich bin schließlich nicht davon ausgegangen, dass das heute passiert!“, schnauzte Viktor zurück und schüttelte seinen Kopf. „Kann ja wohl nicht wahr sein“, murmelte er. „Sag bloß, das hast du schon öfter gemacht?! Gehst du öfter mit irgendwelchen Typen mit und treibst es dann mit ihnen ohne Gummi?“, herrschte er ihn an. „Und überhaupt, ich lebte in einer festen Beziehung! Das ist ja wohl was Anderes!“ „Was regst du dich so auf?“, meinte Chris verständnislos, „sehe ich etwa so aus, als ob ich Aids hätte?“ „Junge, Junge“, erwiderte Viktor kopfschüttelnd, „du spielst ganz schön mit deinem Leben, weißt du das? Russisch Roulette sozusagen! Wenn du dich mit HIV ansteckst, siehst du gar nichts! Erst wenn die Krankheit ausbricht, siehst du es!“ „Also läuft jetzt nichts mehr, ja?“, maulte Chris und schnaufte enttäuscht durch. „Ja!“, antwortete Viktor und atmete ebenfalls durch. „Pass mal auf, ich mach dir jetzt einen Vorschlag! Entweder, ich rufe dir ein Taxi und das fährt dich dann nach Hause, oder du verbringst die Nacht hier! Hast du morgen was vor?“ Chris schüttelte seinen Kopf. „Wieso?“ „Wenn du hierbleibst, machen wir uns morgen einen schönen Tag. Ich mag dich, Chris und ich könnte mir durchaus sogar mehr vorstellen, zwischen uns! Wir könnten shoppen gehen und dir ein paar neue Sachen kaufen, abends gehen wir dann schön essen und wer weiß, wir könnten dann auch ein paar Kondome kaufen und sehen, wie es sich weiter mit uns entwickelt. Vielleicht setzen wir ja dann das hier fort“, meinte er und sah ihn eindringlich an. Chris schnaufte erst einmal schwer durch. „Ich weiß nicht“, meinte er unsicher, stand auf und zog seine Pants an. Dann drehte er sich um und sah Viktor an. „Und überhaupt, was stimmt mit meinen Sachen nicht? Wieso willst du mir neue Klamotten kaufen?“ „Weil ich nicht so mit dir draußen herumlaufe! Das Shirt geht gar nicht! Man kann deine Brustwarzen
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sehen, wenn du dich bewegst! Außerdem möchte ich mit dir essen gehen und mit dem Shirt siehst du aus wie ein Stricher“, sagte Viktor hart. „Sag mal, spinnst du?!“, fuhr Chris ihn aufgebracht an. „Es ist Sommer und was ist schon dabei? Alle Jungs laufen doch so `rum!“, blaffte er ihn an. „Für `ne Pizzeria wird`s wohl reichen!“ „So kannst du vielleicht am Strand herumlaufen, aber nicht mit mir! Und ich gehe nicht in Pizzerien, ich gehe höchstens in italienische Restaurants“, schnauzte Viktor zurück. „Du hast echt `n Knall, weißt du das?!“, gab Chris wütend zurück. „Ich brauch` jetzt erstmal `ne Kippe!“ Er marschierte hinaus, holte aus seiner Jeansjacke, die auf der Treppe lag, seine Zigaretten und ging nach unten. Viktor war ihm gefolgt und beobachtete beinahe amüsiert, wie sich Chris abmühte, die Terrassentüre zu öffnen. „Wie geht `n die Scheiß Tür auf!“, rief der zu ihm hin. „Warte“, meinte Viktor. Er trug jetzt einen seidenen, dunkelgrauen Morgenmantel, im Kimono-Stil und sah äußerst attraktiv darin aus. „Sie verriegelt sich automatisch, sobald man das Licht ausmacht“, sagte er, drückte auf den Lichtschalter und kam zu ihm. Ein leises Klicken war zu hören und die Türe ließ sich von ihm öffnen. Chris brummte etwas Unverständliches und trat hinaus. Er zündete sich die Zigarette an und nahm hastig ein paar Züge. Viktor war im Türrahmen stehen geblieben und musterte ihn. `Das ist das Erste, was ich dir austreiben werde´, dachte er dabei. „Besser?“ „Hm!“, machte Chris und drehte sich zu ihm um. „Und jetzt?“ „Was? Du hast meinen Vorschlag gehört! Es liegt also bei dir“, gab Viktor lässig zurück. Chris warf die Kippe auf den Boden, trat sie provokant aus und sah dabei Viktor herausfordernd an. Der kniff kurz seine Augenlider zusammen und schnaufte durch, sagte aber nichts. `Na warte, Bürschchen´, dachte er, `das ist das Nächste!´ „Ok, ich bleibe!“, sagte Chris, noch immer äußerst provozierend und Viktor grinste kopfschüttelnd. „Na dann, komm“, erwiderte er und ging in den Raum zurück. `Du willst ein Spiel spielen? Ok, dann lass uns spielen´, dachte er, als er gemächlich die Treppe wieder hinaufstieg. `Herausforderung angenommen, Kleiner! Und ich weiß auch schon ganz genau, wer das Spielchen gewinnen wird!´ Als Chris an der obersten Stufe angekommen war, nahm er sein Handy aus seiner Jacke und setzte sich. Er suchte die Nummer seiner Schwester heraus und schrieb: ´Hi, Lil, bleibe über Nacht weg. Bin bei dem Typ, aus dem Club. Ist echt krass hier, später mehr. Ciao.` Er atmete noch einmal durch, stand auf und ging ins Schlafzimmer. Viktor saß auf dem Bett und lächelte ihn an. „Wo warst du? Hast du dich verlaufen?“ „Nee, hab` nur meiner Schwester geschrieben, sonst macht sich meine Mum noch sorgen. Haben wir so abgemacht, dass ich Bescheid sage, wenn ich über Nacht wegbleibe“, antwortete Chris. „Brav“, lobte Viktor ein wenig sarkastisch klingend. Chris sah ihn schief an. „Was? Sie macht sich halt leicht Sorgen! Passiert ja auch genug, oder etwa nicht?! Wo is `n das Klo?“ Viktor hob kurz seine Augenbrauen. „Schon gut! Einfach den Gang runter, letzte Tür, rechts“, antwortete er beschwichtigend. Kurz darauf kam Chris zurück. „Man, dein Bad ist der Hammer“, sagte er wieder mal beeindruckt. „Ich glaub`, das ist größer, als unser Wohnzimmer! Und erst die Wanne! Man für wieviel Personen ist `n die gedacht? Da passt ja `ne ganze Kompanie rein!“ Viktor musste wieder lachen. „Eigentlich nur für einen oder zwei! Macht Spaß, zu zweit! Besonders im Winter, wenn es schneit. Dann kann man dabei zusehen und schön kuscheln“, antwortete er und klopfte neben sich. Er lag im Bett und war bis zum Bauch zugedeckt. „Kommst du oder möchtest du lieber in einem Gästezimmer schlafen?“ Chris sah ihn unentschlossen an, dann zuckte er die Schultern. „Nee, passt schon, ich mein nur, man jetzt ist es gerademal ein Uhr und in der Stadt geht’s jetzt erst richtig los und ich soll am Freitag
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einfach ins Bett gehen und pennen. Läuft ja wohl nicht mehr viel, hm?“ „Du gibst wirklich nie auf, hm?“, lachte Viktor auf. „Und eigentlich ist es schon Samstag! Was hast du gegen ein wenig kuscheln?“, meinte er dann, „und morgen wollen wir doch etwas Unternehmen und nicht den halben Tag verschlafen! Falls du aber doch lieber allein schlafen möchtest, such` dir ein Zimmer aus, aber auf der linken Seite und nicht das, das neben dem Bad liegt!“ „Ist ja gut, Mann Alter! Reg` dich ab“, maulte Chris und kam näher. Viktor hob leicht genervt die Bettdecke an und er konnte sehen, dass dieser nun ebenfalls eine Boxershorts trug. „Kuscheln“, nuschelte Chris und krabbelte zu ihm ins Bett. Viktor löschte das Licht und schmiegte sich an Chris` Rücken. „Wie viele Gästezimmer hast du eigentlich? Und dein Schlafzimmer hab` ich mir auch anders vorgestellt, irgendwie raffinierter“, meinte der nach einer Weile. „Drei und das ist nicht mein Schlafzimmer! Es ist eins der Gästezimmer“, antwortete Viktor und streichelte seinen Oberarm. Chris wandte seinen Kopf zu ihm um. Es war gerade hell genug, um ihn vage zu erkennen. „Wie, jetzt?“ „In mein Schlafzimmer und damit in mein Bett, nehme ich niemanden einfach so mit!“ Chris ruckte von ihm fort und richtete sich halb auf. „Was soll `n das wieder heißen?“ „Na genau, dass!“, antwortete Viktor trocken. „Im Moment bist du nichts Anderes als ein One Night stand für mich!“ „Also da bleibt mir glatt die Spucke weg!“, zischte Chris fassungslos. „Du bist echt der komischste Kerl, der mir je begegnet ist! Und von so einem lass` ich mich abschleppen! Und dann läuft nicht mal was!“ Er schüttelte ungläubig seinen Kopf. „Das glaub` ich einfach nicht!“ „Halt endlich die Klappe!“, sagte Viktor genervt, packte ihn, zog ihn an sich und küsste ihn. Chris wehrte sich anfangs noch, doch dann gab er auf und küsste ihn verlangend zurück. Viktor drückte ihn rücklings auf die Matratze, zog ihm mit einer Hand die Pants runter und fuhr ihm zwischen die Beine. Er streichelte die Innenseiten von Chris` Oberschenkeln und küsste ihn dabei immer wieder fordernd. Chris stöhnte leise auf und als er Viktors Hand an seinen Hoden spürte, keuchte er sogar kurz. „Hmmm, herrlich prall“, meinte Viktor und umfasste sie prüfend. Dann strich er mit seinen Fingerspitzen ganz sanft höher, umspielte kurz den Schaft und strich dann mit seinem Zeigefinger über den Penis, bis hoch zur Spitze. „Meine Güte, bist du feucht, du tropfst ja schon“, raunte er und rieb mit seinem Daumen darüber. Chris stöhnte heftig auf und kam. Viktor hob eine Augenbraue und lutschte kurz an seiner Unterlippe. „Na wer war denn da wohl notgeil, hm?“, meinte er schmunzelnd und Chris lief dunkelrot an. „Arsch!“, erwiderte er leise und höchst verlegen, doch Viktor lachte nur. „Können wir jetzt schlafen?“, brummte Chris genervt und drehte ihm den Rücken zu. „Aber sicher doch“, antwortete Viktor und schmiegte sich wieder an ihn.
Viktor stand am Bett und sah auf ihn herab. Er nahm die Decke, hob sie vorsichtig an und zog sie langsam zurück. Chris lag nackt vor ihm, auf dem Rücken, die Arme angewinkelt neben dem Kopf, das linke Bein ausgestreckt und das andere lag angewinkelt auf der Seite. Damit war sein Schoß geöffnet und völlig entblößt. Seine Lippen waren leicht geöffnet und sein Gesicht vollkommen entspannt. Wie er so dalag, wirkte er wie ein Aktmodell aus einem Schwulenmagazin und Viktor musterte ihn unverhohlen. Er hob sein Handy und machte einige Aufnahmen, Chris brummte kurz und drehte sich seufzend um, mit dem Rücken zu ihm, auf die Seite. Das obere Bein hatte er angewinkelt und so konnte man nun sogar sein Geschlecht von hinten sehen. Viktor drückte erneut den Auslöser, dann zoomte er heran und machte noch zwei Aufnahmen, von Chris` kleinen, runden Hintern. Viktor suchte Vincents Nummer und schickte ihm das erste Foto, allerdings war darauf nur Chris` Gesicht und nackter Oberkörper zu sehen, mit dem folgenden Kommentar: ´Ich denke, dass ist Beweis genug! Sag Hellen, dass sie den Champagner kaltstellen soll, du kennst meine Marke!
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Der Kleine ist `ne richtige Schlampe und wäre wohl mit jedem mitgegangen, außer mit ihr! Der wollte es sogar gleich auf dem Klo, mit mir treiben! Bis bald, dann mehr!` Chris seufzte erneut, schlug die Augen auf und drehte sich zu ihm um. „Morgen, was machst `n da?“, nuschelte er und streckte sich verschlafen. „Nichts! Guten Morgen, gut geschlafen? Ich hab` uns Frühstück gemacht!“, antwortete Viktor und steckte das Handy ein. Er war bereits vollkommen bekleidet, trug eine dunkelgraue Hose und ein schwarzes T-Shirt. „Wie lange bist du denn schon wach?“, fragte Chris und gähnte, dann setzte er sich auf. „Wo sind denn meine Klamotten?“, fragte er sich suchend umsehend. „Dort“, antwortete Viktor und deutete auf einen Stuhl, auf dem Chris` Sachen feinsäuberlich gefaltet lagen. Selbst die Turnschuhe standen darunter und seine Jacke hing über der Rückenlehne. „Seit zwei Stunden“, sagte er dann. „Kommst du frühstücken, ich bin hungrig!“ „Wie spät ist es denn?“, fragte Chris noch immer müde und stand auf. „Halb Zehn! Du kannst dich später anziehen und möchtest bestimmt vorher noch duschen, oder?“ Viktor reichte ihm den Kimono und Chris zog ihn an. „Wow, fühlt sich geil an, auf der Haut“, sagte er und strich sich über den Ärmel. „Ist das Seide?“ Viktor nickte lächelnd, nahm seine Hand und zog ihn mit sich. „Ich mag das Gefühl auch! Nichts geht über Seide, auf nackter Haut!“, meinte er und ließ seinen Blick über ihn gleiten. „Du siehst übrigens wundervoll aus, darin!“ „Danke“, sagte Chris ein wenig verlegen. „Stehst du immer so früh auf?“ „Ich konnte nicht mehr schlafen, war mir zu hell! Normalerweise lasse ich immer den Rollladen herunter, bevor ich ins Bett gehe! Hab`s vergessen und wollte dich nicht wecken. Aber macht nichts, dann habe ich eine Runde gejoggt und hab` uns gleich frische Semmeln mitgebracht!“, erwiderte Viktor gutgelaunt. Sie waren in der Küche angekommen und ein reichlicher Frühstückstisch war gedeckt. „Häh?“, machte Chris. „Ich meinte Brötchen! Rutscht mir manchmal noch so raus! In Bayern sagt man Semmeln! Oh Mann, manchmal vermisse ich das schon“, sagte er und seufzte, „frische Brezen und ein paar Weiße!“ Chris sah ihn fragend an. „Was?“ „Weißwürste! Und knusprige Brezen, mit Butter und dazu ein Weizen! Ein Gedicht!“, schwärmte Viktor und trat an die vollautomatische Kaffeemaschine. „Was für einen Kaffee möchtest du?“ „Kaffee halt“, antwortete Chris achselzuckend und ging zur Trassentür, die offenstand. „Wo gehst du hin?“, fragte Viktor und sah ihm nach. „Eine rauchen“, rief Chris über seine Schulter zurück und war verschwunden. „Das darf ja wohl nicht wahr sein“, murmelte Viktor und drückte die Tasten. „Kann ich mir `ne Cola nehmen?“, erklang es aus dem Wohnzimmer und Viktor schnaufte tief durch. „Sicher!“, gab er zurück und stellte die Kaffeebecher auf den Tisch. Chris kam wieder herein, stellte die geöffnete Cola Dose auf den Tisch und setzte sich. Dabei stellte er einen Fuß angewinkelt auf seine Sitzfläche und sah Viktor fragend an. „Is` was?“ Eine deutliche Zigarettenwolke umgab ihn und Viktor rümpfte angewidert die Nase. „Musste das sein? Konntest du nicht bis nach dem Frühstück warten?“ Er wedelte ein paarmal mit der Hand vor seinem Gesicht herum und sah ihn säuerlich an. „Nee“, meinte Chris und trank von seiner Cola. „Normalerweise frühstücke ich nicht“, sagte er, „Komm nie rechtzeitig aus dem Bett! `Ne Cola light und `ne Zigarette, das reicht mir und dann ab, zur Schule.“ „Du spielst wirklich mit deiner Gesundheit“, brummte Viktor und nahm sich ein Brötchen. „Was sagt
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da deine Mutter dazu?“ „Die ist meistens schon weg, arbeiten“, meinte Chris nur und trank erneut. „Da siehst du`s!“, sagte Viktor bestätigend. „Wenn sie zu Hause wäre, könnte sie dir Frühstück machen! Was arbeitet sie denn?“ „Mum ist Kinderärztin und mein Dad arbeitet als Lehrer am Gymnasium, Mathe und Physik“, antwortete Chris nicht ohne Stolz. „Na dann müsste sie erst recht besser auf dich achten!“, meinte der nur und nahm ihm die Cola weg. „Jetzt wird ordentlich gefrühstückt und setz` dich anständig hin! Ich kann deinen Schwanz sehen!“ „Meine Güte, den kennst du doch schon“, schnappte Chris genervt und nahm sein Bein herunter. „Aber nicht zum Frühstück!“, erwiderte Viktor und legte ein Brötchen auf Chris Teller. „Hier!“ Chris nahm es, bohrte seinen Zeigefinger hinein, puhlte das Innere heraus und steckte es sich Stückchenweise in den Mund. „Was machst du da?“, fragte Viktor entsetzt. „Essen?“ Viktor nahm ihm das Brötchen weg, schnitt es auf und legte die beiden Hälften wieder zurück auf den Teller. „Was möchtest du? Butter, Marmelade, Wurst, Käse oder Schinken?“, fragte er gereizt. „Das kann ich schon selber! Mann, Alter! Und schon vergessen? Ich esse keine Wurst!“, blaffte Chris zurück, nahm sein Messer, kratzte über die Oberfläche der Butter und schmierte es auf sein ausgehöhltes Brötchen. Viktor blickte genervt zur Decke. „Nenn` mich nicht immer `Alter´!“ „Meine Güte! Damit meine ich doch dich nicht persönlich! Das sage ich halt immer! Auch zu meiner Schwester und zu meinen Kumpels! Du bist vielleicht `ne Mimose!“ Er nahm seinen Kaffee und blickte hinein. „Kann ich Milch haben?“, fragte er ebenso genervt. „Und du bist `ne Nervensäge! Du wolltest Kaffee! Wieso sagtest du dann nicht, dass du eine Latte willst, die hätte ich dir dann gemacht!“, schrie Viktor fast. Chris sah ihn an und prustete dann los. „Danke, aber das hast du gestern schon gemacht!“, antwortete er und lachte sich halbtot. Viktor biss sich schmunzelnd auf die Unterlippe und schüttelte seinen Kopf. „Du bist mir ja so einer“, meinte er und lachte dann mit. Chris nahm wieder seinen Fuß hoch und sah ihn mit schiefgelegtem Kopf an. „Wieder gut?“, fragte er treuherzig und grinste schelmisch. Als Viktor auf sein Bein schaute, nahm er den Fuß sofort wieder herunter und setzte sich aufrecht hin. „Gut so?“ Er nahm sein Brötchen und biss herzhaft hinein. „Frechdachs“, sagte Viktor und es klang beinahe zärtlich.
Sie verbrachten einen wirklich schönen Tag miteinander, gingen shoppen und Viktor kleidete Chris völlig neu ein, kaufte ihm ein modisches T-Shirt, neue Jeans und sogar eine leichte Sommerjacke aus unglaublich dünnem und weichen Leder, weiß und mit Nieten verziert, in die sich Chris augenblicklich verliebt hatte. Anfangs hatte er sich noch gesträubt, als er den horrend teuren Preis gesehen hatte, doch Viktor hatte sie trotzdem gekauft und darauf bestanden, dass Chris sie gleich anbehielt. Mittags aßen sie nur eine Kleinigkeit in einem Bistro und den ganzen Nachmittag verbrachten sie an einem See, liehen sich ein Ruderboot und spielten danach noch eine Runde Minigolf, die natürlich Viktor haushoch gewann. Sie lachten viel und Viktor ertappte sich immer öfter dabei, wie sehr er das Zusammensein mit Chris genoss. Am frühen Abend fuhren sie zurück in die Stadt und Viktor lud ihn in ein nobles, italienisches Restaurant ein. Sie saßen sich gegenüber und Chris studierte die Speisekarte. „Gibt`s hier keine Pizza?“, fragte er verwundert. „Ich dachte, wir sind hier bei `nem Italiener?“ „Das ist hier keine Pizzeria“, antwortete Viktor leicht überheblich. „Möchtest du vielleicht Fisch? Hier gibt es ganz köstliche Fischplatten“, schwärmte er, „mit gegrillten Doraden und Garnelen…“
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„Oh ja, `ne Thunfischpizza, wäre klasse!“, rief Chris und klappte die Karte zu. Viktor nahm den Kopf zurück und räusperte sich verhalten. Er verbiss sich einen weiteren Kommentar und nickte kurz. „Was möchtest du trinken? Soll ich uns eine Flasche Wein bestellen?“ „Nee, ich mag keinen Wein, schmeckt mir nicht! `Ne Cola light, für mich!“ Viktor seufzte bloß und winkte den Ober heran. „Der junge Herr hier hätte gerne eine Pizza Tonno und eine Cola light und ich nehme das Mailänder Schnitzel und dazu einen Pinot Grigio und ein stilles Wasser!“ Der Ober nickte, nahm ihnen die Karten ab und ging. „Siehst du, geht doch“, meinte Chris und erhob sich. „Wo willst du hin?“, fragte Viktor genervt. „Eine rauchen? Dauert bestimmt `ne Weile, bis das Essen kommt“, antwortete Chris achselzuckend und schlenderte davon. Etliche Augenpaare, zumeist weibliche, waren dabei auf ihn gerichtet, was Viktor keineswegs entging. `Tja Ladies, Pech gehabt! Der Kleine hat kein Interesse!´, dachte er, `und außerdem gehört er mir´, fügte er noch in Gedanken hinzu. Auch er hatte Chris bewundernd nachgeblickt, wie der sich graziös schlängelnd durch die Tischreihen bewegte. `Er ist wirklich eine Augenweide´, dachte er weiter, `beinahe zu schön, für einen Mann! Scheiße, was ist bloß mit mir los?´ Sein Herzschlag hatte sich plötzlich erhöht und ein seltsam warmes Gefühl breitete sich in seinem Bauch aus. Der Ober brachte die Getränke und Viktor trank sofort einen großen Schluck, von seinem Wein. Als Chris zurückkam und ihn anlächelte, machte Viktors Herz einen Hüpfer und schlug noch schneller. Viktor senkte kurz verwirrt seinen Blick und schnaufte tief durch. „Ist was?“, fragte Chris und setzte sich. Viktor schüttelte schnell seinen Kopf und trank erneut. „Nein“, sagte er nur und lächelte zurück. „Weißt du, dass dich sämtliche Frauen hier angestarrt haben, als du rausgegangen bist?“ „Quatsch!“, gab Chris verblüfft zurück. „Das muss dir doch aufgefallen sein! Du siehst aber auch umwerfend aus, in den neuen Sachen“, meinte Viktor und musterte ihn stolz. „Echt nicht! Aber da vorne, sitzt einer, der hat mich ziemlich dreist angeglotzt und mich angelächelt, als ich zurückkam.“ „Und du?“ Chris zuckte kurz mit seiner linken Schulter. „Nee, kein Interesse! Nicht mein Typ und außerdem bin ich doch mit dir hier“, meinte er und sah ihn an. Viktor langte über den Tisch und ergriff seine Hand. „Und, bin ich dein Typ?“, fragte er lächelnd. Chris blinzelte etwas verlegen und spreizte die Finger. „Naja, irgendwie schon“, antwortete er leise und zog seine Hand zurück, als Viktor ihm sanft mit seinem Daumen darüberstrich. „Was hast du?“, fragte Viktor erstaunt. „Nicht hier, ich mag das nicht besonders, wenn es andere Leute mitbekommen“, raunte Chris und rutschte unbehaglich auf seinem Stuhl hin und her. „Muss ja nicht jeder mitkriegen, dass wir schwul sind!“ Viktor hob seine Augenbrauen und strich sich übers Kinn. „Ich weiß nicht, ob ich`s bin“, antwortete er, „aber wenn, dann interessiert es mich nicht, was andere Leute über mich denken. Chris, ich mag dich! Sogar sehr und ich begehre dich! Das ist für mich ein völlig neues Gefühl und ich weiß im Moment noch nicht, wie es weitergeht! Jedenfalls, was mich betrifft. Ich weiß nur, dass ich mehr Zeit mit dir verbringen möchte und dich gerne wiedersehen will!“ „Wow!“, meinte Chris nur und senkte seinen Blick sichtlich durcheinander. Indem Moment kam ihr Essen und er schnaufte erleichtert durch. „Mmh, sieht die gut aus!“, rief er erfreut und rieb sich die Hände, „hab` ich einen Hunger!“ Er fing sofort an zu essen und wich somit Viktors fragendem Blick aus.
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Eine ganze Weile aßen sie schweigend, bis Viktor schließlich fragte: „Und? Schmeckt`s?“ „Sehr gut! Echt die geilste Pizza, die ich je hatte!“, schwärmte Chris und hielt ihm prompt die Gabel hin. „Probieren?“ Viktor lächelte und nahm den Bissen in den Mund. „Ja, wirklich lecker“, befand er und spülte mit einem Schluck Wein nach. „Trinkst du gar keinen Alkohol oder magst du nur keinen Wein?“ Wieder zuckte Chris die Schultern. „Schmeckt mir irgendwie nicht besonders. Ich trinke schon ab und zu mal was, mal `n Biermix-Getränk oder `n Wodka-Lemon oder `n Hugo. Bowle geht auch, zu Sylvester halt und Spumante zum Anstoßen. Ansonsten ist mir Wein oder Sekt einfach zu sauer. Bäh!“ Viktor musste lachen. „Du bist süß! Trocken, sagt man! Sauer“, meinte er kopfschüttelnd. „Ist mir egal, ich finde das Zeug sauer! Mum hatte mal `nen Lambrusco, der ging gerade noch“, erwiderte Chris und schob den Teller von sich. „Puh, bin ich jetzt voll!“ Er hatte fast die ganze Pizza geschafft und nur ein paar Rindenstücke lagen noch auf seinem Teller. „Du stehst also auf Zuckerwasser“, sagte Viktor und tupfte sich mit der Serviette den Mund ab. „Möchtest du vielleicht einen Grappa, zur besseren Verdauung?“ Chris nahm angewidert seinen Kopf zurück. „Bäääh! Noch schlimmer! Das Zeug ist total eklig! Wenn schon, dann höchstens einen Ramazzotti!“ Viktor schüttelte lachend seinen Kopf. „Da sieht man, dass du doch eigentlich noch ein Kind bist, jedenfalls, was deine Geschmacksnerven betrifft! Aber das wird sich auch noch ändern! Ich mochte früher auch keinen Schnaps“, sagte er und bestellte einen Grappa und einen Ramazzotti. Sie stießen miteinander an und tranken, dann sah Viktor ihn fragend an. „Und? Möchtest du unser missglücktes Abenteuer von gestern fortsetzen und noch mit zu mir kommen?“ „Und du?“ „Ich schon, sonst würde ich ja nicht fragen“, meinte Viktor und ergriff wieder Chris` Hand. „Außerdem muss ich doch mein Experiment noch fortführen!“, sagte er dann schmunzelnd und zwinkerte ihm zu. Chris schnaufte unentschlossen durch, zog seine Hand erneut zurück und setzte sich auf seine Hände. Dabei schaukelte er einige Male vor und zurück und sah ihn dann direkt an. „Ok“, nickte er nur. Viktor fasste hinüber und wuschelte ihm kurz durch die großen, blonden Locken. „Das wollte ich schon die ganze Zeit machen!“, lachte er, als er Chris` empörten Blick sah. „Hör auf! Spinnst du? Voll peinlich, Mann!“, rief er und wich zurück. „Du hast so wundervolle Haare“, schwärmte Viktor, „so weich und voll! Da muss man einfach `reingreifen!“ „Haha! Ich mag es aber gar nicht! Doofe Locken! Wenn ich sie kürzer trage, dann kringeln sie sich noch mehr! Und jeder ist immer total verzückt und ruft: Ach wie süß! Wie ein kleiner, blonder Engel! Man, das höre ich schon, so lange ich denken kann!“, schnauzte Chris genervt zurück. „Das kann ich mir denken“, antwortete Viktor, „aber dass das dich nervt, verstehe ich nicht. Du hast wirklich schönes Haar! Große, einzelne Locken, wie gestylt! Manches Mädchen wäre froh darum!“ „Ich bin aber kein Mädchen!“, gab Chris trotzig zurück. „Früher haben sie mich deswegen immer in der Schule geärgert, weil Mum mir die Haare absichtlich nicht abschneiden ließ und mich Christiane gerufen! Denkst du, das war toll?“ „Nein!“, meinte Viktor, „aber du solltest darüberstehen! Nur so, kannst du dich gegen solche Typen behaupten! Sei stolz auf dein wunderschönes Haar! Die anderen sind nur neidisch, glaube mir!“ „Ph, du hast leicht reden“, brummte Chris und verzog seinen hübschen Mund säuerlich. „Wollen wir gehen?“, fragte Viktor sanft und als Chris nickte, bezahlte er die Rechnung. „Man, das wird mir jetzt langsam echt peinlich“, meinte Chris, als sie draußen waren. „Du hältst mich heute schon den ganzen Tag aus!“
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„Hm?“ „Naja, du zahlst die ganze Zeit!“ Viktor sah ihn überrascht an. „Na und? Vielleicht revanchierst du dich ja mal und lädst mich auf `ne Pizza ein, oder auf ein Eis?“ „Ja, aber nur vielleicht!“, antwortete Chris und sah ihn schief an. „Erst mal sehen, wie du dich weiterhin benimmst!“ Viktor lachte empört auf. „Du bist ganz schön frech, Kleiner!“ „Was heißt hier Kleiner!“, empörte sich Chris und stellte sich dicht neben ihn. „Ich bin mindestens so groß wie du!“ „Träum` weiter! Wie groß bist du denn, hm?“, meinte Viktor und richtete sich auf. „Eins-achtzig!“, blaffte Chris und streckte sich herausfordernd. „Eins-vierundachtzig!“, konterte Viktor triumphierend. „Na und? Vielleicht wachse ich ja noch!“ „Wohl eher nicht!“, meinte Viktor überheblich. „Der Mann ist mit siebzehn ausgewachsen und wächst danach nur noch in die Breite!“ „Willst du damit sagen, dass ich fett werde?“, schnaubte Chris und stieß ihn mit der Brust an. Viktor taumelte lachend zurück. „Nein, ich meinte körperlich reifer, kräftiger, eben männlicher, du halbe Portion!“ „Soooo?“, machte Chris und kam provozierend auf ihn zu. Dabei winkte er herausfordernd mit seinen Händen. „Na, komm schon, alter Mann! Zeig`s mir!“ Viktor wich ihm lachend aus, blieb dann stehen und packte ihn an den Handgelenken. Kurzerhand zog er ihn an sich und küsste ihn mitten auf den Mund. Da sie noch immer in Sichtweite der vor dem Restaurant stehenden Rauchern standen, die sie natürlich beobachteten, wich Chris sofort entsetzt zurück und Viktor lachte erneut. „Warte nur, der alte Mann wird`s dir schon zeigen, spätestens, wenn wir im Bett sind!“, rief er laut genug, damit es auch jeder hören konnte. Chris blieb wie erstarrt stehen. „Mann!“, raunte er erschrocken, „schrei doch nicht so! Die können uns hören!“ „Na und?“ Viktor sah ihn wie selbstverständlich an. „Interessiert mich nicht die Bohne“, sagte er und kam grinsend auf ihn zu. Chris wich zurück. „Was wird `n das jetzt? Hörst du auf!“, rief er dann, als Viktor ihn erneut packte und küssen wollte. „Bist du besoffen? Mann, du kriegst nichts mehr zu trinken, wenn du…“ Viktor hatte seinen Kopf gepackt und küsste ihn leidenschaftlich. Dabei ließ er für alle sichtbar seine Zunge in Chris Mund gleiten und der stöhnte ächzend auf und ergab sich ihm. Die Raucher johlten und klatschten Beifall, besonders die weiblichen, Chris entwand sich ihm, packte nun ihn am Handgelenk und zog ihn eiligst mit sich fort. „Du bist vielleicht ein Spinner“, sagte er noch etwas außer Atem, als sie um eine Hausecke gebogen waren. „Und du bist knallrot, im Gesicht“, meinte Viktor, umfasste erneut mit seinen Händen Chris Gesicht und küsste ihn voller Zärtlichkeit. „Chris, du machst mich wahnsinnig“, hauchte er und drängte sich an ihn. Immer wieder küssten sie sich wild und ungestüm und dann wieder voller Zärtlichkeit, sanft und verspielt. „Lass` uns endlich nach Hause fahren“, keuchte Viktor, „oder ich vergesse alle meine guten Vorsätze und falle gleich hier, über dich her!“ „Ohne Kondom?“, fragte Chris spöttisch, „na, na!“, machte er und wedelte mit seinem Zeigefinger vor ihm herum. „Du machst mich völlig fertig, weißt du das?“, fragte Viktor und wirkte plötzlich vollkommen ernst. Er sah ihn direkt an und Chris blickte ihn überrascht an. Dann wich er seinem Blick allerdings aus und drehte sich um. „Lass` uns gehen, ja“, sagte er verunsichert und ging Richtung Parkplatz.
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Im Auto herrschte erst einmal betretenes Schweigen. Im Radio lief `Walk´ und Chris summte mit. „Geiles Lied!“, sagte er, als es vorüber war. „Was magst `n du, für Musik?“ „Eigentlich alles, was mir gefällt“, antwortete Viktor, „Pop, Rock, aber auch mal Klassik! Besonders moderne, kennst du Lisa Gerard?“ Chris schüttelte seinen Kopf. „Nee, noch nie gehört!“ „Warte mal, kennst du bestimmt“, meinte Viktor und drückte den CD- Schalter, eine Liederliste erschien auf dem Display und Viktor wählte ein Lied aus, `Now we are free´, aus dem Soundtrack von Gladiator. Das Lied begann und schon bei den ersten Tönen jauchzte Chris auf. „Klar, kenn ich das! Voll geil! Ich liebe es!“, rief er verzückt, „bei dem Song muss ich immer heulen, wenn ich den Film sehe, voll peinlich!“ Viktor musste lachen, legte dann kurz seine Hand auf Chris` Knie und drückte es kurz. „Ich mag den Film auch und bekomme auch immer feuchte Augen, am Schluss!“ „Echt?“ Chris sah ihn ungläubig an. „Du verarschst mich!“ „Nein! Wieso? Traust du mir das nicht zu? Denkst du, dass Kerle wie ich nicht auch sentimental sein können?“ „Doch, schon“, meinte Chris und zuckte mal wieder seine linke Schulter. „Aber wenn ich ehrlich bin, von dir hätte ich es weniger erwartet. Du wirkst irgendwie so voll cool, als ob du immer alles unter Kontrolle hättest!“ „So?“, erwiderte Viktor und warf ihm einen kurzen Blick zu. `Dabei fühle ich mich gerade aber vollkommen anders´, fuhr es ihm in den Sinn und er schnaufte tief durch. Endlich waren sie an der Villa angekommen und Chris nahm seine alten Sachen, die in einem Plastikbeutel verstaut waren, aus dem Kofferraum. Drinnen ging er als erstes auf die Terrasse und rauchte. Viktor öffnete eine Flasche halbtrockenen Rotwein und schenkte zwei Gläser ein. Er kam damit zu ihm und reichte ihm eines. „Probiere mal, das ist ein Dornfelder und eher süßlich“, meinte er und Chris nippte skeptisch daran. „Und?“ „Naja, nicht so mein Ding, aber geht schon“, erwiderte Chris, wenig überzeugt. Viktor lächelte darüber und trank einen großen Schluck. „Würde gut zu einer Nachspeise passen“, raunte er und sah ihn zweideutig an. „Ach! Und, bin ich die etwa?“, fragte Chris schelmisch und zog an seiner Zigarette. „Hmmh!“, machte Viktor, „die beste, die ich mir vorstellen kann!“ Chris machte die Zigarette aus, nahm den Stummel und den liegengebliebenen und entsorgte sie im Mülleimer. Viktor hatte die Terrassentür geschlossen und folgte ihm in die Küche. Chris lehnte an der Tischkante und sah ihn an. „Meinst du, du schaffst es noch bis oben, oder willst du mich gleich hier vernaschen?“ Über Viktors Lippen kam ein hungriger Knurrlaut, er stellte sein Glas ab und stürzte sich auf ihn. Chris schrie erschrocken auf, ließ beinahe das Glas fallen und verschüttete die Hälfte seines Weines. Viktor nahm es ihm ab, stellte es auf den Tisch und küsste ihn fordernd. Dabei hielt er ihm wieder beide Handgelenke fest und Chris bemühte sich, um freizukommen. „Mann, du solltest in einen Ringerclub eintreten, wenn du so aufs festhalten stehst“, meinte er und schob sich an ihm vorbei. „Wieso machst `n das immer? Tut ganz schön weh, weißt du das?“ Er rieb sich über seine Handgelenke, an denen er noch immer die Armbänder trug. „Ich bin eben sehr besitzergreifend“, antwortete Viktor, ergriff seine Hände und zog ihn wieder an sich. Er schob die Ärmel der Jacke etwas hoch und sah auf Chris Handgelenke. Um das rechte waren mehrere Freundschaftsbänder und ein langes, modisches Lederarmband, das mehrmals um sein Gelenk verlief und mit Druckknöpfen geschlossen war, gebunden. Am anderen trug er ein flexibles Armband, das aus lauter Amethyst Steinen bestand und ein breites, weißes Lederarmband, das mit
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mehreren Nieten und bunten Glassteinchen verziert war. „Trägst du die Dinger eigentlich immer? Mach` sie doch ab, kein Wunder, dass es dir wehtut, wenn ich dich festhalte. Du hattest sie sogar über Nacht dran! Ist das nicht unbequem? Die müssen dich doch stören?!“, meinte er dann. Chris drehte unbehaglich seinen Oberkörper hin und her. „Nee, gar nicht“, antwortete er nur und zuckte die linke Schulter. „Die Freundschaftsbänder gehen eh nicht ab, sind verknotet und die anderen lege ich höchstens zum Duschen ab.“ „Wir könnten zusammen duschen“, raunte Viktor und knabberte an seinem Ohrläppchen, „was hältst du davon?“ „Ähm“, räusperte sich Chris und drehte seinen Kopf weg, „lieber nicht. Ich dusche echt lieber alleine, ist mir peinlich, so vor dir“, stammelte er betreten und Viktor nahm seinen Kopf zurück. „Häh?“, machte er, „wieso? Was ist los mit dir? Gestern schienst du mir nicht so prüde und ich glaube, dass ich eh schon alles gesehen habe!“, sagte er und zog ihn in eine feste Umarmung. „Zu zweit macht es doch viel mehr Spaß“, gurrte er ihm ins Ohr und leckte ihm darüber. „Das will ich aber nicht!“, sagte Chris plötzlich energisch und stieß ihn fast von sich. Er befreite sich gänzlich von ihm und trat zurück. „Ich dusche eben lieber alleine! Was ist da so schwer dran zu verstehen?!“, schnauzte er ihn an. Viktor sah ihn verwundert an. „Schon gut! Ich hab`s kapiert!“, gab er verständnislos und etwas verärgert zurück und schnaufte durch. „Du bist manchmal echt seltsam! Und launisch! Weißt du das?“ Chris atmete nur tief ein und aus und senkte seinen Blick. Viktor schüttelte seinen Kopf und hob beide Hände. „Also gut! Wer duscht als erster?“, fragte er genervt. „Ich“, sagte Chris nur, drehte sich um und ging hinaus. Viktor sah ihm kopfschüttelnd nach, nahm Chris´ restlichen Wein und kippte ihn auf einen Zug hinunter.
Als Chris im Badezimmer angekommen war, schloss er die Türe hinter sich ab und lehnte sich mit dem Rücken dagegen. Er sah auf seine Hände, schlug sie sich dann vor sein Gesicht und schluchzte einmal laut auf. „Scheiße! So eine verdammte Scheiße!“, sagte er verzweifelt und wischte sich über sein Gesicht. Dann ging er seufzend zu einem Hocker und setzte sich. Er löste die Armbänder, legte sie auf eine Ablage, blickte auf die Unterseite seiner Handgelenke und sah die tiefen, weißen, senkrechten und vernarbten Schnitte. Zwei dünnere am linken und einen etwas dickeren, Längeren, am rechten Handgelenk. Geistesabwesend strich er darüber, stand dann auf, zog sich aus und betrat die Dusche. Er drehte sie auf, lehnte sich mit der Stirn gegen die kalten Fliesen und stieß einige Male leicht dagegen. Dann seifte er sich ein, spülte den Schaum ab und stellte das Wasser aus. Er stieg heraus und trocknete sich ab. Danach nahm er ein frisches Handtuch, wickelte es sich um die Hüften, legte sich die Armbänder wieder um und verließ das Bad. Er ging in das Gästezimmer, indem sie gestern geschlafen hatten, aber niemand war da. Also ging er wieder auf den Gang hinaus und wendete sich zur Treppe. „Viktor? Bist du noch unten? Du kannst jetzt duschen“, rief er hinab. „Ich bin hier“, erklang es vom Ende des Flures und er drehte sich um. Viktor kam aus dem Zimmer und lächelte ihn an. Er trug wieder den seidenen Kimono und sah einfach umwerfend darin aus. Der dunkelgraue Stoff glänzte silbern und der Ausschnitt gab einen Blick auf seine nackte, leicht behaarte Brust frei. „Ok“, sagte er, „alles wieder klar?“ „Ja, sicher“, antwortete Chris etwas betreten. „Entschuldige bitte, das war echt zickig von mir, vorhin.“ „Schon gut, schon vergessen“, meinte Viktor nur und verschwand im Bad. Chris zögerte noch einen Moment, doch dann wandte er sich in dieselbe Richtung und schlich heran. Aus dem Bad war Wasserrauschen zu hören und Chris ging zu Viktors Schlafzimmer, drückte die Türklinke und trat ein. Neugierig sah er sich um.
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Auch das Schlafzimmer war sehr modern und eher kühl eingerichtet. Es war mit einem schwarzen Teppichboden ausgelegt und nur mit einem großen, schwarzen Metallbett, das mit weißer Satinwäsche bezogen war und ein paar schwarzlackierter, hochglänzender Sideboards, möbliert. Auf einem davon stand eine große, silberne Schale, die mit orientalischen Elementen verziert war und an der Wand darüber hing ein Gemälde, das eine kniende, nackte Frau von hinten zeigte, deren Hände auf dem Rücken gefesselt waren. Ihr schwarzes Haar war zu einem dicken Zopf geflochten und um ihren Hals trug sie ein breites Lederhalsband. Sie trug ihren Kopf demütig gesenkt und schien Asiatin zu sein. Chris trat heran und blickte in die Schüssel. Ein weißer Seidenschal lag darin und darunter schien wohl noch ein anderer Gegenstand verborgen zu sein. Er schob den Schal ein wenig beiseite und sah ein schwarzes Halsband, ähnlich dem der Frau, darunterliegen. „Echt krass, Alter“, kam es leise über seine Lippen, „du hast sie echt nicht alle!“ Er zog die oberste Schublade auf und da lag tatsächlich ein schwarzer Dildo, der einem stattlichem, menschlichem Penis aus Stein, nachempfunden war. „Wird ja immer krasser! Viktor, Viktor! Holst du dir damit etwa einen runter?“ „Gefällt dir mein Zimmer?“, erklang es hinter ihm und er zuckte fürchterlich zusammen. Rasch schloss er die Schublade und drehte sich um. „Und nein, ich hole mir keinen damit runter“, sagte Viktor gelassen und sah ihn ernst an. „Das ist ein antikes Stück, aus China, dass ich mir mal als Souvenir mitgebracht habe, genau wie das Bild.“ „Echt krass“, antwortete Chris und schluckte. „Tut mir leid, ähm, ich wollte nicht schnüffeln. Die Tür stand offen…“, stammelte er, doch Viktor unterbrach ihn. „Wieso lügst du?! Die Türe war zu! Chris, wenn ich eins nicht leiden kann, dann, dass man mich belügt! Tu` das nie wieder!“ Chris lutschte vor Verlegenheit an seiner Unterlippe. „Entschuldige bitte“, sagte er leise und mit gesenktem Blick. „Ich war nur neugierig, echt. Es tut mir leid.“ „Das verstehe ich und das ist nur natürlich! Komm her!“, sagte Viktor im Befehlston und Chris kam zögernd näher. „Sieh dich ruhig um“, meinte Viktor dann schon etwas milder, „du wirst hier nichts finden, dessen ich mich schämen oder das ich verbergen müsste!“ Chris sah sich tatsächlich nochmals kurz verstohlen um. „Und, gefällt es dir?“ Chris blieb stehen und schüttelte sachte seinen Kopf. „Nicht so sehr“, antwortete er verschüchtert. „Das anderen Zimmer, war mir lieber.“ „Na, dann, lass` uns gehen!“, meinte Viktor und ging voran. Er wartete auf ihn und schloss die Türe hinter ihm. Chris war noch ein paar Schritte gegangen und blieb dann stehen. Er schnaufte tief durch und drehte sich um. „Ich glaub`, ich möchte nach Hause“, sagte er leise. „Zu Mami?“, fragte Viktor zynisch, doch dann atmete auch er tief ein und aus. „Chris, was ist plötzlich los mit dir? Es ist doch nichts passiert!“ „Ich weiß nicht, ich hab` Angst“, antwortete Chris leise und mit gesenktem Kopf. Viktor kam zu ihm und legte seine Hände auf Chris` Taille. „Angst? Wovor? Vor mir? Chris, habe ich gestern irgendetwas getan, was du nicht auch wolltest? Oder heute?“, fragte er ruhig. „Es war doch so ein schöner Tag!“ Er legte seinen Zeigefinger unter Chris Kinn, hob es an und küsste ihn sanft. „Du musst keine Angst vor mir haben, mein Kleiner, ich würde dir nie wehtun! Ich sagte dir doch schon, dass ich nicht darauf stehe.“ Er holte tief Luft. „Gut, ich gebe zu, dass ich, naja, sagen wir mal, einen ein bisschen ausgefallenen Geschmack habe. Ich mag es, wenn meine Partner sich mir ganz und gar unterwerfen, auch beim Sex, aber ich würde dich niemals dazu zwingen. Sieh mich an.“ Chris hob seinen Blick und schluckte nur, was Viktor schmunzeln ließ. „Du bist so unglaublich süß, wenn du so verlegen bist“, sagte er und küsste ihn leidenschaftlich. Dabei löste er das Handtuch und umfasste dann mit beiden Händen Chris Pobacken. Er drückte ihn an sich und Chris konnte Viktors hartes Glied an seinem Bauch spüren. Unwillkürlich stöhnte er auf und auch sein Penis begann sich augenblicklich zu regen.
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Viktor presste ihn noch einmal kurz fester an sich, lockerte dann seinen Griff und fasste zwischen sie. Er umschloss Chris` Glied und strich vorsichtig mit seiner Hand auf und ab. Berührte dann die empfindliche Spitze und massierte sie mit seinem Daumen. „Willst du wirklich gehen?“, fragte er mit einem triumphierenden Unterton, „du tropfst doch eh schon wieder und hältst es doch kaum noch aus.“ Ein wimmerndes Stöhnen entrang sich Chris` Kehle und Viktor küsste ihn erneut, hart und fordernd. „Und außerdem haben wir heute Kondome“, raunte er dann vielversprechend in sein Ohr und steckte seine Zungenspitze hinein. Wieder entkam Chris ein wimmernder Laut. „Leg` deine Arme um meinen Hals“, sagte Viktor, „und halt dich fest!“ Er hob ihn ruckartig hoch und Chris umschlang ihn mit seinen langen Beinen, dabei glitt Viktors harter Schwanz zwischen seine Pobacken und Chris konnte nicht mehr. Er stöhnte laut auf. „Fick mich!“, rief er völlig außer sich und presste sich an ihn. „Bitte mich“, raunte Viktor und rieb sich zwischen seinen Backen. Chris stöhnte ekstatisch auf. „Ja doch! Bitte, fick mich!“, schrie er beinahe. Viktor trug ihn zurück in sein Schlafzimmer und warf ihn auf sein Bett.
„Guten Morgen, mein Schatz“, sagte Viktor und strich mit seinem Zeigefinger eine Haarsträhne aus Chris` Gesicht. „Gut geschlafen?“ Er hauchte einen Kuss auf seine Schläfe und Chris streckte sich brummend. „Wie ein Murmeltier“, antwortete er und gähnte. „wie spät?“ „Gleich Mittag“, antwortete Viktor und stellte ein Tablett neben ihn. „Oh, wow, du bringst mir Frühstück, ans Bett?“, sagte Chris und setze sich auf. „Hatte ich noch nie!“ „Naja, irgendwie muss ich dich ja dazu bringen, ein wenig gesünder zu leben und außerdem, hast du es dir redlich verdient, nach dieser Nacht!“, antwortete Viktor und lächelte zwinkernd. „Eigentlich du“, sagte Chris und sah ihn verstohlen an. „Du warst echt hammermäßig! Mann, Alter, ich glaub`, ich bin noch nie so oft gekommen! Was du mit mir gemacht hast“, er biss sich auf die Unterlippe und lutschte daran, „echt! Das hab` ich mir nicht mal vorstellen können!“ Er senkte seinen Blick verlegen und schluckte, dann sah er wieder auf und ihm direkt in die Augen. „Deine Ex muss echt blöd gewesen sein, wenn du es ihr auch so besorgt hast!“ „Tja, was man hat, weiß man oft nicht zu schätzen“, erwiderte Viktor lächelnd, doch ein bitterer Unterton schwang dabei mit. „Jetzt wird erstmal gefrühstückt! Was möchtest du? Ein Marmeladenbrötchen?“ „Hast du Nutella?“ „Nein, mein Schatz, hab` ich nicht! Eigentlich viel zu fett, aber wenn du möchtest, können wir es natürlich besorgen! Werde es sofort auf die Liste setzen!“, erwiderte Viktor und küsste ihn kurz. „Die Marmelade hat meine Haushälterin selbst gemacht, Erdbeere und echt hammermäßig!“, sagte er, zwinkerte ihm zu und beide lachten. Nach dem Frühstück duschte Chris noch ausgiebig und kam dann in seinen alten Klamotten nach unten. Viktor saß auf der Couch und telefonierte. „Nein“, sagte er gerade, „es war ganz anders! Du, ich ruf` dich zurück, ja? Es geht grad nicht! Ok? Ja! Bis dann!“ Er beendete das Gespräch und grinste. „Wer war das denn?“, fragte Chris. „Oh, nur ein Freund, Vincent!“, antwortete Viktor. „Der, von dem ich dir erzählt habe.“ „Der mit dem Club oder der, mit dem du arbeitest?“ „Beides! Der Club ist sozusagen sein Hobby!“, meinte Viktor und stand auf. „Ist er der Typ, mit dem du mal was hattest?“, fragte Chris und Viktor lachte kurz auf. „Vincent? Oh Gott, nein! Er ist nur mein bester Freund und Kompagnon! Er kümmert sich ums Geschäftliche und ich mich um die Kunden und natürlich um die Baustellen!“, erwiderte Viktor und zog ihn in eine Umarmung. „Und, was machen wir heute noch? Willst du nochmal zum See fahren?“ Chris schnaufte tief durch. „Du, ich müsste eigentlich auch mal wieder nach Hause“, meinte er, „es ist
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schon fast Zwei und bis ich dann daheim bin, das wird mir dann zu spät. Schule fängt auch wieder bald an und ich wollte noch was machen! War echt `ne faule Sau, in den Ferien und in der Schule läuft`s nicht so gut, besonders in Französisch. Mein Dad hat gesagt, wenn ich so weitermache und das Abi nicht schaffe, dann schmeißt er mich raus!“ Viktor sah ihn schief an. „So schlimm? Was hast du denn in Französisch?“ „`Ne Vier, mit Ach und Krach! Ist aber auch `ne Scheißsprache! Kapier ich einfach nicht, die Scheiß Grammatik! Besonders das mit dem Ypsilon!“, antwortete Chris und verdrehte die Augen. „Ich weiß einfach nie, wann ich es wo hinsetzen soll!“ Viktor lachte. „Ist doch ganz einfach!“, meinte er, „also ich hab` Französisch geliebt! Wundervolle Sprache!“ „Du hast gut reden, das einzige Französisch, das ich liebe, ist im Bett“, antwortete Chris und grinste lasziv. „Mmmh, das habe ich gemerkt, letzte Nacht! Darin hast du wirklich keine Nachhilfe nötig“, bemerkte Viktor und küsste ihn lange und innig. Just in diesem Moment, klingelte Chris Handy. Er löste sich von Viktor und ging ran. „Hi, Lilly, was geht ab? Meine Schwester“, flüsterte er zu Viktor hin, „Ja, klar, geht’s mir gut! Wieso? So `n Quatsch! Mann, Lilly, ich bin erwachsen! Ja, ich bin noch bei dem Typ“, Viktor hob eine Augenbraue und Chris musste grinsen, „er heißt Viktor, nee, du kennst ihn nicht, ja klar, komm ich heute nach Hause, jaaa“, machte er genervt und verdrehte die Augen und dieses Mal grinste Viktor, „spätestens zum Abendessen bin ich da! Was gibt’s denn? Oh, lecker! Du Lil, ich muss aufhören, mein Handy kackt gleich ab, jo, tschüssy!“ Er beendete das Gespräch und verdrehte nochmals genervt die Augen. „Mann, echt ätzend! Die behandeln mich immer noch, wie `n Kleinkind!“ Viktor zog ihn wieder an sich. „Wenn die wüssten“, meinte er schmunzelnd. „Und, wie wäre es noch mit ein bisschen französisch? Man muss stets am Ball bleiben, sonst verlernt man`s leicht wieder!“ Chris sah ihn von unten herauf an und schlang seine Arme um seinen Hals. „Ach, soll ich dir `n bisschen Nachhilfe darin geben?“ Viktor lachte empört auf und schlug ihm fest auf den Hintern. „Warte nur, du Frechdachs! Wenn ich mit dir fertig bin, kennst du noch ganz andere Sprachen und kannst drei Tage nicht sitzen!“ „Angeber“, raunte Chris und rieb sich die Pobacke, „aua, das hat ganz schön wehgetan! Du Grobian! Wenn du nochmal so zuhaust, kann ich echt nicht mehr sitzen oder was meintest du sonst?“ Viktor schüttelte kurz seinen Kopf. „Das weißt du genau, du kleines Miststück! Komm mit nach oben und ich zeig`s dir!“ Diesmal lachte Chris empört auf. „Miststück? Na warte!“ Er zwickte Viktor in die Eier und der kniff schreiend die Beine zusammen. Chris sprang zurück und rannte die Treppe hinauf. „Au! Verdammt! Na warte, Bürschchen, wenn ich dich erwische!“, rief Viktor und kam ihm nach. Oben angekommen, blieb er erst einmal stehen. „Hallo, hallo“, rief er, „wo bist du denn? Wo ist der Kleine wohl? Ich werde dir den Arsch versohlen, wart`s nur ab!“ Er sah im Gästezimmer nach, doch da war Chris nicht. „Wo bist du?“, rief Viktor erwartungsvoll, „meine Hand juckt schon und freut sich auf deinen kleinen Arsch! Hallo-o?!“ Ein nacktes Bein erschien aus dem Türrahmen zu Viktors Zimmer, streckte sich, winkelte sich an und verschwand wieder. Viktor legte grinsend den Kopf schief, dann folgte er kopfschüttelnd dem Gang. An der Tür blieb er stehen und sah ins Zimmer. Chris lag nackt auf dem Bett und rekelte sich auf dem weißen Satinlaken, dann drehte er sich auf den Bauch, stellte angewinkelt die Beine wippend auf und sah ihn kokett an. „Hallo, alter Mann, auch schon da?“ Viktor entkam ein lüsternes Knurren und er kam langsam auf ihn zu. „Hallo, du kleines Miststück“, sagte er raunend und wollte sich auf ihn stürzen, doch Chris rollte sich auf die andere Seite des Bettes und sprang heraus. „Oooh, ist der alte Mann zu langsam?“, spottete er und wich ihm erneut gekonnt aus. Viktor kniete
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auf dem Bett, stieg langsam heraus und öffnete seinen Gürtel. „Es reicht jetzt! Komm her!“, sagte er hart. „Schluss mit dem Spielchen!“ „Ach, und was dann?“, fragte Chris frech. Viktor sah ihn unverwandt an. „Komm sofort her!“ Chris kam tänzelnd, wie auf einem Catwalk, näher. „Und nun?“ „Knie nieder und blas` mir einen!“, befahl Viktor lüstern und öffnete seine Hose. „Klar, wozu sind wir sonst hier?“, fragte Chris und leckte sich die Lippen, „`n bisschen französisch pauken!“, grinste er und kniete nieder. Er legte seine Hände an Viktors Hüften und sah ihn augenzwinkernd von unten herauf an. Viktor packte ihn mit beiden Händen an den Haaren und hielt ihn fest. „Halt den Mund und tu` was ich dir sage“, fuhr Viktor ihn harsch an, „und nimm deine Hände von meinen Hüften!“ Er presste Chris Gesicht gegen seinen Schoß und der wehrte sich nun gegen den harten Griff. „Sag mal, spinnst du?!“, schrie er ihn an und stieß ihn von sich. Er stand auf und sah ihn entgeistert an. „Was soll `n das? Bist du übergeschnappt? Das hat wehgetan!“, sagte er und rieb sich über die Kopfhaut. „Dann spiel keine Spielchen mit mir, die du nicht kennst!“, erwiderte Viktor ernst. „Du kommst sofort her und kniest wieder nieder!“ „Du hast sie ja nicht alle!“, rief Chris außer sich. „Was soll `n das?“ „Was das soll? Du hast doch damit angefangen!“, gab Viktor aufgebracht zurück. Chris schüttelte seinen Kopf. „Aber doch nicht so! Was willst du, hm?“, fragte er wütend. „Was ich will?“ Viktor stieß die Luft schnaubend durch die Nase aus. „Das werde ich dir zeigen!“ Er ging zu der silbernen Schüssel und holte das Halsband heraus. „Siehst du das? Ich würde es dir gerne anlegen, während du vor mir niederkniest und mir einen bläst!“ Chris konnte nur noch mit seinem Kopf schütteln. „Du hast sie echt nicht alle“, sagte er, griff sich seine Pants und zog sie an. „Du gehörst echt in die Klappse, weißt du das?! Hast du `s schon mal mit `nem Therapeuten versucht?“ Er zog sich weiter an und Viktor wandte sich ab. Er legte eine Hand auf seine Augen und fuhr sich dann über seine Stirn. „Chris! Ich, verdammt!“ Er schnaufte tief durch, „ich, wo gehst du hin?“, versuchte er sich zu erklären, doch Chris verließ einfach das Zimmer. „Chris!“ Er verschloss seine Hose und eilte ihm nach, doch erst im Wohnzimmer hatte er ihn wieder eingeholt. „Chris, bitte, so hör mir doch zu!“, rief er und packte ihn an den Oberarmen. Chris blickte darauf und sah ihn warnend an. „Lass mich los!“ Viktor ließ ihn los und nahm beschwichtigend die Hände hoch. „Chris, bitte, ich hätte dich nie dazu gezwungen! Ich steh` darauf, ja! Aber wenn du das nicht möchtest, dann ist es tabu!“ „Ach! Du willst tatsächlich, dass ich auf meinen Knien vor dir `rumrutsche?! Nie im Leben! Du krankes Arschloch!“ Er nahm seine Jeansjacke und ging Richtung Ausgang. „Jetzt ist mir völlig klar, warum deine Alte dich beschissen hat! Du hast sie ja nicht alle!“ Viktor schluckte hart. „Chris! Bitte, wo willst du denn hin?“ „Nach Hause?! Hallo? Denkst du echt, dass ich noch einen Moment länger hierbleibe?“, schrie Chris ihn an. „Chris, habe ich dir irgendetwas getan? Ich dachte, naja, du willst es auch! Dein ganzes Verhalten, vorhin! Die Koketterie! Wie du dich verhalten hast!“ Er schüttelte verzweifelt seinen Kopf. „Chris, bitte, es war ein Missverständnis! Wenn du das nicht möchtest, toleriere ich das!“ Chris schnaubte nur verständnislos und ging Richtung Halle. „Ich fahr dich nach Hause, ok?“, sagte Viktor und Chris blieb stehen. „Das musst du nicht, ich nehm` den Bus!“
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„Chris, bitte, lass` uns nicht so auseinandergehen! Du hast es doch erlebt, dass ich auch anders sein kann! Ja, ich habe zwei Seiten, aber ich frage dich noch einmal! Habe ich irgendetwas von dir verlangt, das du nicht auch gewollt hast?“, flehte Viktor fast und Chris schüttelte zaghaft seinen Kopf. „Nein, aber ich möchte jetzt trotzdem gehen“, antwortete er ruhig. „Das war jetzt alles etwas zu viel für mich und ich muss erstmal in Ruhe darüber nachdenken, ok?“ Er sah ihn an und Viktor nickte. „Ok! Gibst du mir deine Nummer?“ „Mein Akku ist leer und ich weiß sie nicht auswendig!“, antwortete Chris. „Du kennst deine eigene Nummer nicht?“, erwiderte Viktor verständnislos. „Ja, Mann!“, fauchte Chris ihn an, „ich weiß sie nicht! Mann, Alter, ich ruf` mich schließlich nicht selbst an!“ „Ok!“, meinte Viktor einlenkend und hob beschwichtigend seine Hände. „Ich gebe dir meine!“ Er holte seine Brieftasche hervor und gab ihm eine Visitenkarte. „Hier! Und du rufst mich an, ja?“ Chris nahm die Karte, schnaufte tief durch und nickte. „Ja.“ Er warf einen Blick darauf und sah ihn dann an. „Das ist jetzt nicht echt dein Name, oder?“ „Doch, sicher“, erwiderte Viktor verwirrt. „Viktor de Winter von Harrenthal“, sagte er. „Oh, Mann“, meinte Chris nur kopfschüttelnd und öffnete die Haustüre. „Soll ich dich nicht doch fahren?“, fragte Viktor nochmals, ziemlich zerknirscht. Chris zögerte noch einen kurzen Moment und ging dann einfach weiter, ohne sich ein einziges Mal umzudrehen.
Die ganze Heimfahrt über, war Chris noch immer ziemlich aufgewühlt und so mit sich selbst in Gedanken gewesen, dass er beinahe die richtige Haltestelle verpasst hätte. Gerade noch rechtzeitig drückte er den Halteknopf, der Bus hielt an und Chris stieg aus. Er hatte zweimal umsteigen müssen und war fast zwei Stunden unterwegs gewesen. Endlich hatte er ihr Haus erreicht, kramte seinen Schlüssel hervor, schloss auf und trat ein. In der Diele zog er seine Schuhe aus, lies sie einfach stehen, stieg sofort die Treppe hoch und ging in sein Zimmer. „Chris?“, hörte er noch seine Mutter rufen, doch er antwortete nicht. Kurz darauf klopfte es an seiner Tür, sie öffnete sich und seine Schwester steckte ihren Kopf herein. „Hi, Chris, Essen ist gleich fertig…“, sagte sie und stutzte. Chris saß mit angezogenen Beinen auf dem Bett und heulte. „Hey, was is`n los?“, fragte sie vorsichtig, trat ein, machte die Tür zu und kam zu ihm. Sie setzte sich neben ihn und legte eine Hand auf seine Schulter. „He, Brüderchen, was ist denn, hm? Ist es wegen dem Typ?“ Chris nickte nur und zog die Nase hoch, dann wischte er sich über die Augen. „Er ist `n totales Arschloch“, sagte er schniefend. „Oh je!“, meinte sie mitfühlend und strich ihm über den Arm. „Erzähl` doch mal, hm? Was ist denn passiert?“ Chris sah sie an. „Zuerst war alles ganz klasse“, begann er, „er war total nett und wir haben viel gelacht. Gestern hatten wir echt `n tollen Tag“, er schniefte erneut, „waren Bootfahren und haben Minigolf gespielt und waren abends bei `nem sauteuren Italiener, beim Essen. Danach sind wir wieder zu ihm nach Hause. Er wohnt in `ner supergeilen Villa, am Stadtrand von Frankfurt.“ Er schnaufte tief durch, „naja“, meinte er schulterzuckend, „dann haben wir gevögelt.“ Lilly bis sich auf die Unterlippe und grinste. „Ähm, und was war am Freitag?“ Chris schüttelte den Kopf. „Nee, wir hatten keine Kondome und ohne wollte er es nicht. Da haben wir nur gekuschelt“, antwortete er und sie sah ihn schief an. „Chris! Du hättest doch nicht etwa?“ Als er sie verlegen mit den Schultern zuckend ansah, verzog sie ermahnend ihr Gesicht. „Chris! Spinnst du? Du kennst den Typen doch gar nicht! Du weißt genau, was Mama immer sagt! Niemals ohne Gummi!“ „Das hat er auch gesagt“, meinte Chris und zog die Nase hoch. „Haben wir ja dann auch nicht. Wir
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lagen nur zusammen im Bett und naja, er hat mir einen runtergeholt und dann hat er mich die ganze Nacht über im Arm gehalten. Das war echt wunderschön“, sagte er und sah sie wieder an. Sie zog ihre Augenbrauen hoch. „Naja, dann hat er wenigstens Verstand und ist verantwortungsvoll“, meinte sie, „Und weiter?“ „Also, ähm, er steht da auf so Sachen“, sagte er gedrückt, „Sado-Maso-Spielchen und so `n abgefahrenes Zeug!“ Er sah sie plötzlich aufgebracht an. „Der wollte tatsächlich, dass ich mir heute ein Hundehalsband umlege und auf den Knien vor ihm rumrutsche! Kannst du dir das vorstellen? Ich dachte, ich wäre im falschen Film! In `nem Scheiß schlechten dazu! Kam mir vor, wie in Fifty Shades of Grey!“, sagte er fassungslos, doch Lilly musste trotzdem kurz grinsen. „Wohl eher, Fifty shades of Gay!“, erwiderte sie kichernd. „Das war nicht lustig!“, warf Chris ihr vor. „Nein, ganz sicher nicht!“, sagte sie dann ernst. „Er hat dir doch nicht wehgetan, oder? Hat er dich etwa geschlagen?“ Chris schüttelte den Kopf. „Nee, hat mir nur einmal auf den Arsch gehauen, ziemlich fest sogar! Ich dachte zuerst, dass es nur Spaß wäre, aber dann, du hättest ihn sehen sollen! Der war auf einmal total verändert, hat mich angesehen, als wäre er `n Psycho! Dann hat er mich an den Haaren festgehalten, und wie, sag` ich dir! Ich hatte auf einmal echt schiss! Überhaupt, hat er das immer gemacht, mich festgehalten, an meinen Handgelenken und so! Hat mich auf`s Bett gedrückt, beim Küssen und als wir rumgemacht haben. Da hab` ich mir noch nichts weitergedacht, ich Idiot! Und ständig hat er an mir `rumgemeckert! An meinen Klamotten und das ich rauche! So ein Arschloch! Ich hätte gleich abhauen sollen!“, sagte Chris wütend und schlug in sein Kissen. „Und dann?“ Lilly sah ihn erwartungsvoll an. „Was, dann! Nichts, dann! Ich bin abgehauen! Das war gleich nach deinem Anruf! Wir wollten noch `ne Nummer schieben und dann sowas!“ Er verdrehte fassungslos seine Augen. „Er wollte noch meine Nummer! Kannst du dir das vorstellen?! Der hat echt Nerven! Hat dann einen auf Reue gemacht, sich entschuldigt und so!“ „Und, hast du sie ihm gegeben?“ „Spinnst du? Natürlich nicht! Ich hatte sowas, von die Schnauze voll, sag ich dir und dachte nur noch, nichts wie weg!“ Er holte tief Luft, kramte dann in seiner Jackentasche und zog die Visitenkarte heraus. „Die hat er mir gegeben! Schau mal, wie er heißt, echt krass, sein Name“, meinte er dann ruhiger und reichte ihr die Karte. „Wow, auch noch von Adel! Tja, die sind oft die Schlimmsten! Denken, sie sind immer noch was Besseres und können tun, was sie möchten!“ Sie gab sie ihm zurück und sah ihn eindringlich an. „Und, was machst du? Rufst du ihn an?“ „Ich weiß ehrlich nicht, was ich machen soll! Einerseits hat er mir schon gefallen, er sieht echt super aus! Irgendwie, so `n bisschen wie Christian Bale, in Batman! Kurze, dunkle Haare, echt schöne, hellbraune Augen, leicht grünlich, super Figur, aaah“, schwärmte er verzückt. „Ja, aber `nen scheiß Charakter, dein Batman, oder eher bad man“, erwiderte Lilly und legte ihre Hand auf sein Knie. „Hör mal, kleiner Bruder, ich gebe dir jetzt einen Rat. Lass die Finger von dem! Ich kenn die Typen! Erst sind sie voll lieb und machen einen auf Nice Guy und dann sind sie plötzlich die reinsten Machos! Und ich denke, deiner ist genauso einer!“ „Ich weiß nicht, er war ja auch ganz nett und er ist so super geil, im Bett!“ „Mann, Chris! Wach auf, bevor es zu spät ist! Es gibt wichtigeres im Leben, als guter Sex! Scheiße, oder hast du dich etwa schon in ihn verliebt?“ Sie sah ihn erschrocken an. Chris zuckte unschuldig mit den Achseln. „Ich glaub` schon, `n bisschen vielleicht. Er hat mir Frühstück ans Bett gebracht“, sagte er wieder schwärmerisch und Lilly stöhnte gequält. „Chris! Dann erst recht! Halt dich von ihm fern und ruf ihn ja nicht an! Bevor es noch schlimmer kommt und du dich noch wirklich in ihn verliebst! Schmeiß die Karte weg!“
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Chris seufzte schwer und nickte. „Wahrscheinlich hast du recht“, meinte er, zerknüllte die Karte und warf sie in seinen Mülleimer. „Irgendwie hätten wir eh nicht zusammengepasst! Er lebt in einer ganz anderen Welt, als ich. Du müsstest mal sein Haus sehen und der Garten erst! Mit Swimmingpool und so! Und erst seine Autos! Zwei schwarze Porsche“, sagte er verträumt und Lilly knuffte ihn auf den Oberarm. „Chris!“ „Ja! Ist ja schon gut! Ich ruf ihn nicht an!“ „Versprochen?“ Chris nickte. „Versprochen!“
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