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DREI

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Es war spät. Sie war müde und bereit, nach Hause zu fahren. Aber seitdem Mark Johnson am Montagnachmittag angekommen und mit der Gewichtigkeit eines Wahlkampfkandidaten durch das Büro spaziert war, Hände geschüttelt und Hoffnung und Veränderung in Aussicht gestellt hatte, hatte sich Corinas Arbeitspensum verdoppelt.

Ihr war die Aufgabe erteilt worden, ihn mit den Schreibern und der Arbeitsweise des Büros bekanntzumachen. Sie hatte ihre Tage damit verbracht, ihm sowohl die Mannschaft hier in Melbourne, Florida, als auch – mithilfe des Internets – die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die auf der ganzen Welt verteilt waren, vorzustellen.

Nachdem dann alle anderen Feierabend gemacht hatten, war sie an den Abenden geblieben, um die E-Mails der Korrespondenten zu beantworten, Artikel zu editieren, nach den Bloggern zu sehen und sicherzustellen, dass Abgabetermine eingehalten wurden.

Sie versuchte, Mark das virtuelle Aufgabenbrett der Abteilung zu zeigen, damit er einige der Aufgaben übernehmen konnte, aber er verharrte im Wahlkampfmodus, schleimte sich bei Gigi und den Mitarbeitern ein, war ständig abgelenkt und nahm Anrufe von seinem früheren Arbeitgeber ebenso an wie die von seiner Frau, seinem Immobilienmakler und irgendeinem Typen, der ihm ein maßgeschneidertes Surfbrett baute.

Ja, klar, Gigi. Mark ist einfach perfekt für den Job.

Mit einem Seufzer fiel Corina in ihrem Bürostuhl in sich zusammen und starrte auf die Lichter von Indian Harbor Beach, die sich im Fluss spiegelten.

Heute schmiss Gigi eine Willkommensparty für Mark, und die gesamte Belegschaft war eingeladen. Und das an einem Donnerstag. Morgen würde dann die Hälfte der Leute anrufen und behaupten, sie »arbeiteten von zu Hause aus«. Sie sollte gehen, Teil des Teams sein, aber sie konnte sich nicht dazu motivieren, von ihrem Schreibtisch aufzustehen.

Corina richtete ihre Schreibtischlampe aus und wies die Dunkelheit des Großraumbüros etwas in ihre Schranken. Dann starrte sie auf ihren Bildschirm. 21 Uhr. Sie sollte wirklich nach Hause fahren. Ihre bequemen Klamotten anziehen und eine Mary Tyler Moore-DVD anschauen.

Oder, sollte sie es schaffen, solange wach zu bleiben, könnte sie einfach im Frieden ihrer Wohnung dasitzen und auf Gott warten. Wenn es in den letzten fünfeinhalb Jahren einen Silberstreif am Horizont gegeben hatte, dann war das die Entdeckung der Wahrheit. Trotz ihres Schmerzes und aller Trauer hatte sie Trost in einem Gott der Liebe und des Friedens gefunden, der ihr all das gewesen war, was er versprochen hatte.

Aber die Mitarbeiter, die nicht hier vor Ort waren, brauchten ihre Aufmerksamkeit. Sie warteten auf Aufträge und Antworten. Die wussten nicht, dass Mark bei seiner Willkommensfeier Kontakte knüpfte, und es kümmerte sie auch gar nicht.

Die Wahrheit? Sie tat sich schwer mit dem Gedanken, dass Mark ihr Vorgesetzter sein sollte. Der Kerl, der sich da gerade durch seine erste Arbeitswoche bei der guten alten Beaumont Post feierte.

»Bist du immer noch hier, Süße?«

Corina blinzelte durch das sanfte Licht und sah Gigi, die durch den Mittelgang auf sie zukam. Ihre anmutige Figur war in ein blassblaues Designerkleid gehüllt. Was machte die denn hier? Corina dachte, sie wäre mit dem Rest des Teams gefahren.

»Gehst du denn nicht zu Marks Party?«, fragte Gigi.

»Ich habe diese Woche schon genug Zeit mit Mark verbracht.« Corina schloss ihr E-Mail-Programm und fuhr den Computer herunter, während sich Gigi auf die Schreibtischkante setzte und leise lachte. Sie hatte sich entschieden. Es war Zeit, nach Hause zu fahren.

»Jetzt komm schon, sei ein Teamplayer.«

»Ich bin der Inbegriff eines Teamplayers. Heb dir deine Worte für Mark auf. Noch kannst du es dir anders überlegen«, sagte Corina. »Er ist erst eine Woche hier. Du kannst ihn wieder nach Hause schicken.«

»Ach, jetzt verstehe ich. Das meinst du also? Ich hätte Besseres von dir erwartet, Schätzchen.« Gigi nahm einen Lippenstift und einen Spiegel aus ihrer orangefarbenen Hermes Birkin und zeichnete ihre Lippen in einem dunklen Rot nach. Dann schaltete sie Corinas Schreibtischlampe aus. »Für heute ist die Arbeit getan. Komm, lass uns zu den anderen gehen!«

»Richte ihnen liebe Grüße aus.« Corina nahm ihre Handtasche, eine Prada, die sie schon seit Jahren hatte und immer noch mochte, und ging mit Gigi zur Tür. »Ich mache mich auf den Weg nach Hause. Meine Wohnung ruft schon nach mir.«

Sie hatte nie wirklich alleine gelebt. Noch nicht einmal im Mutterleib, den sie mit Carlos geteilt hatte. Nach der Highschool war sie aufs College gegangen und hatte sich die gesamten vier Jahre über ein Zimmer mit ihrer besten Freundin Daisy geteilt. Gleich nach dem College hatte sie ein Jahr in Melbourne für Gigi gearbeitet und bei ihrer Freundin Tammy gewohnt. Und Daisy war mindestens einmal im Monat auf ein Mädels-Wochenende vorbeigekommen.

Dann war Carlos den Marines beigetreten und wurde für eine internationale Taskforce in Brighton ausgewählt. Sie war mit ihm nach Brighton gezogen, hatte als freie Mitarbeiterin für Gigi gearbeitet und Kreatives Schreiben an der Universität von Knoxton studiert.

Und dort hatte sie ihn dann getroffen. Ihren Prinzen des Campus.

Corina seufzte.

»Was ist denn da los?« Gigi, aufmerksam wie immer. Immer wachsam. Immer die Ohren gespitzt. »Welch ein Seufzer!«

»Nichts.« Aber es war etwas los. An Stephen zu denken, brachte Corina die unfassbar große Leere in ihrem Herzen in Erinnerung.

Gigi drückte auf den Fahrstuhlknopf. »Mach dir keine Sorgen, wir finden schon eine superheiße Story für dich. Weißt du was, ich habe gar keine verlässliche Korrespondentin in London. In Cathedral City auch nicht, wenn ich genauer drüber nachdenke. Die haben mich alle sitzen lassen, um Kinder zu bekommen. Wie manche Frauen so ticken …«

»Ja, was soll das eigentlich? Dass Frauen Babys wollen, eine Familie gründen …?« Die Fahrstuhltür ging auf, und Corina trat begleitet von Gigis Glucksen ein.

»Was soll ich nur mit dir machen, Corina Del Rey?«

»Mich liebhaben, nehme ich mal an.« Sie lachte und legte eine Hand auf Gigis Arm. »Ich weiß nicht, ob ich das schon gesagt habe, aber: danke. Dein Stellenangebot hat mich gerettet.«

Gigi drückte ihre Hand, während sich die Türen schlossen, und sie fuhren schweigend in die Lobby aus Glas und Fliesen mit den hohen, nackten Stahlträgern hinunter.

Sie winkten dem Nachtwächter, Jones Parker, eine gute Nacht zu. »Gute Nacht, Miss Beaumont. Wiedersehen, Miss Del Rey. Passen Sie gut auf sich auf. Es heißt, ein Tropensturm käme auf uns zu.«

»Und das am zehnten Juni«, sagte Gigi. »Nun, das ist wohl der Preis, den wir für unseren Sonnenschein und die schönen Winter hier in Florida bezahlen.«

»Ja, Ma’am. Es heißt, er bringe massenhaft Wind und Regen. Anna nennen sie den Sturm. Er soll wohl am Wochenende auf die Küste treffen.«

Corina trat hinaus in den warmen, taufeuchten Abend, hinein in die steife Brise, die sich vom Indian River her über die Schneise der U.S. 1 Bahn brach.

»Lass uns vorbereitet sein, Corina. Kann sein, dass wir das Büro morgen früher schließen müssen.«

Corina fing an, über den Parkplatz zu ihrem schwarzen, klassischen ‘67er GTO zu gehen, der unter der bernsteinfarbenen Straßenlampe auf sie wartete. »Vergiss nicht, deinem Chefredakteur Bescheid zu sagen.«

Gigi lachte. »Du lässt nicht locker.« Dann streckte sie die Arme nach Corina aus. »Du weißt, dass ich dir das Allerbeste wünsche. Deine Mutter und ich sind schon so lange befreundet, aber ich –«

»Ist schon okay, Gigi. Das weiß ich doch.«

»Gut.« Gigi machte sich auf den Weg zu ihrem Wagen, der an der anderen Seite des Gebäudes stand. »Dann hör auf, auf der Sache herumzureiten.«

»Niemals. In einem halben Jahr wirst du mir sagen, dass ich von Anfang an recht hatte.« Wenn nicht schon vorher.

»Wie du meinst, Süße, wie du meinst.«

Als sie an ihrem Auto angekommen war, schloss Corina die Tür auf, warf ihre Handtasche über die Fahrersitzbank aus rotem Leder und hielt das Gesicht in den Wind. Sie liebte Stürme. Also, echte, natürliche Stürme, keine emotionalen. Von Letzteren hatte sie für den Rest des Lebens genug.

Ein Tropensturm wäre neu für sie. Neben den Sicherheitseinrichtungen ihres Penthouses hatte der Bauherr garantiert, dass das Gebäude einem Hurrikan der Kategorie 4 standhalten würde.

Corina legte den Kopf in den Nacken und betrachtete den Himmel. So klar und schön, frisch und windig, ohne einen Hinweis auf einen Tropensturm zwischen den glitzernden Sternen.

»Corina?«

Beim Klang der vertrauten Stimme fuhr sie herum. Ihr Herzschlag ging durch die Decke. Stephen?

Sicher doch. Da drüben, im Licht der Parkplatzbeleuchtung und im Schatten der Königspalmen, stand Stephen Stratton, Prinz von Brighton, mit den Händen in den Taschen seiner Jeans. Über seinen Augen, die glänzten wie Kristalle, zerzauste ihm eine Windböe nach der anderen das ohnehin schon widerspenstige Haar.

»Oh nein …« Sie fiel gegen ihr Auto und versuchte, zu Atem zu kommen. »Was machst du hier?«

»Ich habe es bei der Wohnung versucht, aber dein Rezeptionist hat mir gesagt, du seist noch nicht von der Arbeit zu Hause. Also bin ich hierhergekommen.« Er ging ein paar Schritte auf sie zu. »Wie geht es dir?«

»Wie es mir geht? Du bist viertausend Meilen geflogen, um mich zu fragen, wie es mir geht?«

»Gut schaust du aus.« Der zweite Teil seiner Bemerkung fiel leiser aus, und in seiner Stimme klang ein heiserer Unterton mit. »So schön wie eh und je.«

»Fünfeinhalb Jahre.« Sie ballte ihre Hände zu Fäusten. »Kein Piep von dir. Kein Anruf, kein Brief, nicht einmal eine SMS oder eine E-Mail.« Sie bemerkte eine Bewegung im Schatten, wo sich ihnen eine breite, stämmige Figur näherte. »Du hast einen Bodyguard?«

»Thomas.« Stephen wies mit der Hand über seine Schulter auf ihn.

»Was machst du hier?« Sie verschränkte die Arme und ging in Kampfstellung gegenüber dem Mann, den sie einst geliebt hatte. Von ganzem Herzen. Vorbehaltlos. Mit einer Leidenschaft, von der sie vorher nicht gewusst hatte, dass sie sie besaß.

»Ich bin wegen einer heiklen privaten Angelegenheit hier.«

»Du bist viertausend Meilen geflogen, um mit mir über eine heikle Angelegenheit zu sprechen? Was ist mit Brightons Telefondiensten los? Verweigert dir der Palast immer noch ein E-Mail-Konto? Hast du vergessen, wie man SMS schreibt?«

»Brightons Telefondienste funktionieren tadellos. Und das ganze Königshaus ist auf dem aktuellsten Stand der Technik. Aber die Angelegenheit, wegen der ich hier bin, ist keine Sache für ein Ferngespräch oder eine E-Mail zwischendurch.« Stephen sah sich um und humpelte näher. Sein linker Fuß steckte in einer Gehschiene. »Wäre es möglich, dass wir uns bei einer Tasse Tee in deiner Wohnung zusammensetzen?«

Corina machte eine Geste zu den Palmen hin. »Ich glaube, der Parkplatz kann ganz gut verkraften, was du mir zu sagen hast. Wenn ich mich recht erinnere, standen wir bei unserem letzten Gespräch vor einem Rugby-Stadion. Du hattest verschwitztes Rugbyzeug an.«

Er seufzte, beugte sich vor, um im dämmrigen Licht seine Finger zu betrachten, und ihre gespielte Selbstsicherheit bröckelte. Ihre Knie wurden weich, ihr Herz ohrfeigte ihren Kopf – rechts und links – und mahnte einen höflicheren Umgangston an.

Er ist hier.

Auf meinem Parkplatz.

Fünfeinhalb Jahre hatte sie darauf gewartet, dass er sich meldete.

Jetzt stand er hier, gerade mal einen Meter von ihr entfernt. Er sah so gut und so selbstbewusst aus wie immer, und wie sehr sie sich auch anstrengen mochte, um ein Fünkchen gerechten Zorn zu verspüren, in seiner Gegenwart fühlte sie sich wie Wachs. Sie wollte ihre Arme um seinen Hals schlingen. Ihn küssen. Ihn lieben mit allem, was sie in ihrem Herzen für ihn aufbewahrt hatte.

Aber er hatte sie fallengelassen. Er war ihrer nicht würdig.

»Ja, ich bin mir sicher, dass der Parkplatz und die Palmen und Büsche unser Gespräch bestimmt wohlwollend aufnehmen werden. Trotzdem bitte ich um ein wenig Gnade. Wir sind heute Abend erst angekommen und stecken ein bisschen im Jetlag. Wenn du mir den Gefallen nicht tun möchtest, dann denk doch bitte an Thomas.« Er zeigte auf seinen geschienten Fuß. »Und mein verletzter Knöchel könnte eine Stütze gebrauchen.«

Corina sah ihn einen Moment lang an, überlegte und besann sich auf das kühne Blut der Del Reys, das durch ihre Adern floss. »Das ist unglaublich. Jahrelang höre ich nichts von dir, und dann kommst du an und besitzt die Dreistigkeit, Forderungen zu stellen. Einmal ein Prinz, immer ein Prinz.«

»Einmal eine amerikanische Millionärstochter, immer eine amerikanische Millionärstochter. Ich appelliere an deine Gnade und an deinen Charme. Und an die Tugenden deines Südstaatenerbes.«

Am liebsten hätte sie über seinen Versuch, sie zu beschwichtigen, gelacht. Aber er war schon immer schlagfertig gewesen, frech und gewitzt. Außer, wenn er in düsterer, mürrischer Stimmung und kampfmüde war.

»Wie hast du mich gefunden?«

»Das war nicht schwer. Du versteckst dich ja nicht gerade.«

»Miss Del Rey?« Jones rief von der Lobby herüber und trat in die Nacht heraus. »Ist bei Ihnen alles in Ordnung?«

»Ja, Jones, vielen Dank!«

»Sind Sie sicher?«

Corina betrachtete die Konturen von Stephens Gesicht, die vom Licht der Straßenlaternen hervorgehoben wurden. Seine Brust und seine Arme waren dick und breit, weit muskulöser und praller als damals, als sie vor sechs Jahren seinem Heiratsantrag zugestimmt hatte. Sie sammelte ihre Aufmerksamkeit, um Jones zu antworten.

»Ja, ganz sicher.«

Was würde sie nicht darum geben, dass Jones die Polizei anrief. Aber was würde das bringen? Stephen besaß diplomatische Immunität. Und es gab kein Gesetz, das ihm verbot, sich auf einem Parkplatz mit einer Freundin, äh, seiner Exfrau, zu unterhalten.

Stephen schaute zum Beaumont Media Haus hinüber, während Jones wieder zurück ins Gebäude ging, und wandte dann seinen Blick Corina zu.

»Also?«, fragte sie. »Warum bist du hier?«

»Ich nehme an, es bringt nichts, um den heißen Brei herumzureden.« Er atmete lange und tief ein. Das setzte Corinas Nerven unter Strom. Was machte ihm so zu schaffen? »Corina«, sagte er, »wir sind immer noch verheiratet.«

Ihre Arme hingen kraftlos an ihrem Körper. All ihr Mut verflüchtigte sich. »W-wir sind w-was?«

»Wir sind verheiratet. Das Großherzogtum Hessenberg hat einen neuen Erzbischof, und der hat unsere Heiratsurkunde in einem Versteck in seinem Büro gefunden, als er das für eine Renovierung vorbereitet hat. Ich nehme mal an, Erzbischof Caldwell hat sie da zur Sicherheit verwahrt. Na, jedenfalls hat der neue Erzbischof die Urkunde dann an Nathaniel geschickt.«

»Du hast gesagt, die Urkunde, die wir unterschrieben haben, sei nie den Behörden vorgelegt worden und deswegen ungültig. Wir könnten einfach unserer Wege gehen.«

»Ich – ich habe mich geirrt. Weil wir von einem Erzbischof höchstselbst in einer Kirche getraut wurden und ich Mitglied des Königshauses bin, ist offenbar weiter keine Behörde vonnöten. Unser Ehegelöbnis ist rechtens und verbindlich.«

Corina hielt sich am Auto fest. Verheiratet? »Ich habe dich gefragt, weißt du noch? Wie es sein konnte, dass die Heirat in dem Moment rechtens war, wo es darum ging, Flitterwochen zu machen, aber auf einmal nicht mehr gelten sollte, als du wolltest, dass es vorbei war. Du hast gesagt: ›So ist das eben.‹ Du hast mich angelogen? So dreist? Um deinen Willen zu bekommen? Warum?«

»Ich habe nicht gelogen. Ich habe wirklich geglaubt, wir könnten unserer Wege gehen, als wäre nie etwas passiert.«

Nie etwas passiert? Seine Worte gruben sich noch tiefer, schmerzten noch mehr als vor fünf Jahren. »Aber es ist passiert, Stephen.«

Die Erinnerung an die Düfte und Bilder seines romantischen Heiratsantrags überwältigte sie. An die windige Fährüberfahrt. Wie sie den Erzbischof geweckt hatten. An ihre Flitterwochen, in denen sie sich in ihrer Wohnung verschanzt hatten, wo sie sich vor der Welt, ja, sogar vor Carlos, versteckten, immer in dem Wissen, dass ihre gemeinsamen Tage vor seiner Entsendung gezählt waren.

Daran, wie sie sich geliebt hatten. Ihre erste gemeinsame Nacht.

Sie musste nachdenken. Fahren. »Ich muss los.« Corina schwang sich hinter das Lenkrad und warf den Motor an.

»Ich habe die Unterlagen für die Annullierung mitgebracht.« Nüchtern. Ruhig. Als ob nichts an dieser Unterhaltung seine Gefühle berührte. Nun, sie hatte ja schon lange den Verdacht, dass er sein Herz irgendwo in der Wüste Afghanistans zurückgelassen hatte.

»Die Unterlagen hast du mit, ja?« Sie umfasste das Lenkrad. »Na, schönen Dank auch. Wie überaus praktisch.« Sie stieg wieder aus und schlug die Autotür hinter sich zu. Der Motor schnurrte sanft im Leerlauf. »Stephen, was, wenn ich jemand anderes kennengelernt hätte? Geheiratet hätte? Kinder bekommen hätte?«

»Was glaubst du, warum ich jetzt hier stehe? Um dir die Wahrheit zu sagen.«

»Und damit ich die Unterlagen unterzeichne.«

»Es tut mir leid«, sagte er, leise, mit einem Hauch Zärtlichkeit.

Corina sah zu ihm auf und erhaschte einen Blick auf das Weiße in seinen Augen. »Was genau erzählst du mir eigentlich gerade nicht?«

»Ich erzähle dir, dass wir immer noch verheiratet sind und dass ich die Papiere für die Annullierung dabei habe.« Er zeigte mit dem Daumen auf Thomas und den dunklen Wagen, der an der Vorderseite des Gebäudes geparkt war.

»Einfach so?« Corina schnippte in der feuchtwarmen Luft mit den Fingern. »Hey, Corina, dich habe ich ja schon seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen, unterschreibe doch mal den Wisch hier.«

Er ging vom Auto weg. »Ich wollte nicht auf einem Parkplatz mit dir darüber sprechen, aber du wolltest ja nicht woanders hin.«

Sie fühlte sich krank und schwach. »Es geht doch nicht um den Parkplatz. Es geht darum, dass du aus dem Nichts einfach auftauchst und mir mit der Annullierung eins überbrätst. Und dabei weiß ich noch nicht einmal, warum unsere Ehe überhaupt gescheitert ist.«

Corina setzte sich hinters Steuer. Dann legte sie den Rückwärtsgang ein. Aber jetzt konnte sie einfach nicht Gas geben. Mit einem schnellen Blick zu ihm hinauf brachte sie das reuevolle Flüstern in sich zum Schweigen und sagte: »Du weißt, wo ich wohne?«

»Ja.«

»Dann treffen wir uns gleich dort.« Sie schoss aus der Parklücke, öffnete das Verdeck ihres Cabrios und raste die U.S. I hinunter nach Hause, während unter ihr der GTO, ja, ihre ganze Welt, rumpelte.

Wie angelt man sich einen Prinzen?

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