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Geleitwort von Gerd Baumann

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»Wir sollten uns mit großen Problemen beschäftigen, solange sie noch klein sind.« Dieser Satz der polnischen Journalistin Jadwiga Rutkowska entstammt einem anderen Kontext, er benennt aber auch ein Grundprinzip des Testens. Das Auffinden von Elektronik- und Softwarefehlern in frühen Entwicklungsphasen spart Zeit und Kosten. Fehler, die erst im Serienfahrzeug erkannt werden, verärgern Kunden und beschädigen das Markenimage.

Automobilhersteller und Zulieferer haben dies bereits vor vielen Jahren erkannt und erhebliche Investitionen in Verfahren und Anlagen zur Erprobung von vernetzten elektronischen Steuergeräten getätigt. Parallel wurden im Hochschulbereich die theoretischen Grundlagen und Testmethoden für Software im Kraftfahrzeug geschaffen. Dabei konnte man sich auf eine breite Basis von Testprozessen aus der technischen Informatik stützen, die in anderen Branchen wie der Telekommunikation bereits etabliert waren. Heute gehören Hardware-in-the-Loop-Tests von mechatronischen Fahrzeugsystemen und statische Codeanalysen zum Standardrepertoire der Fahrzeugentwicklung.

Allerdings erfolgt das Testen von Automobilelektronik und -software nicht in jedem Fall systematisch. Häufig basieren Tests primär auf Heuristiken, also auf Erfahrungswissen des Entwicklungsteams. Dies ermöglicht eine rasche und effiziente Testfalldefinition, allerdings ist in der Regel nicht bekannt, welche Testabdeckung (Coverage) erreicht wird. Am anderen Ende der Skala stehen Brute-Force-Ansätze. Dabei wird mit hohem Geräte- und Zeitaufwand versucht, alle möglichen Kombinationen von Eingangs- und Zustandsgrößen des zu testenden Moduls zu durchlaufen, was bei umfangreichen Funktionen stets an Kapazitätsgrenzen stößt.

Eine Qualifizierung des Testpersonals anhand des Schemas »Certified Tester« ist die passende Antwort auf diese Herausforderungen. Den Autoren des vorliegenden Buches ist es gelungen, das hierfür notwendige Fachwissen in kompakter und praxisgerechter Form zusammenzufassen.

Die Beherrschung der methodischen Grundlagen ist essenziell, weil der Softwarefunktionsumfang von Kraftfahrzeugen aktuell einen immensen Schub erfährt. Automatisierte, vernetzte Fahrzeuge und deren Absicherung bezüglich Safety und Security erfordern einen Quantensprung beim Testen. Beispielsweise ist heute noch unklar, ob sogenannte Künstliche Intelligenz (KI) zukünftig Bestandteil sicherheitsrelevanter Funktionen zur automatisierten Fahrzeugführung werden kann. Technisch gesehen stellt ein KI-Softwaremodul auf der Basis neuronaler Netze, dessen Parameter sich durch »Lernen« während der Fahrt verändern können, ein zeitvariantes Unikat-System dar. Die etablierten Testansätze für Blackbox- und Whitebox-Prüflinge versagen hierbei. Aufgabe der Forschung ist es, für diesen Anwendungsbereich völlig neue Methoden zu erschließen, die für den praktischen Einsatz in der Automobilindustrie geeignet sind.

Gerd Baumann Leiter Kraftfahrzeug-Mechatronik/Software, Forschungsinstitut für Kraftfahrwesen und Fahrzeugmotoren Stuttgart (FKFS)

Stuttgart, Juli 2020

Basiswissen Automotive Softwaretest

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