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ОглавлениеDas Händchen des Todes
Ein Vorwort
Langsam glaube ich es selbst. Meine Freunde behaupten, ich habe ein Händchen des Todes für elektrische und elektronische Geräte. Zeichner Tom zeigte mir stolz seinen unabstürzbaren Computer. Ich bewies ihm das Gegenteil. Dabei hatte ich lediglich eine Email geschrieben. Bei Redakteur Michael Ringels Handy fror der Bildschirm ein, als er mir ein Foto zeigen wollte. Er blieb erstaunlich gelassen. »Ich will mir morgen ohnehin das neue iPhone kaufen«, sagte er. »Glaubst du, ich hätte dir sonst mein Telefon in die Hand gegeben?«
Meinem eigenen schnurlosen Telefon erging es nicht besser. Es war ein Kombigerät, mit dem man auch skypen konnte. Theoretisch jedenfalls. Ich konnte weder skypen noch normale Telefongespräche führen. Mein Freund Aribert, der im Gegensatz zu mir über heilende Hände für Gerätschaften verfügt, nahm das Telefon mit und brachte es am nächsten Tag mit der Bemerkung zurück: »Bei mir funktioniert es tadellos.« Als ich es ausprobierte, brannte die Basisstation durch.
Es hatte bei mir schon in jungen Jahren angefangen: Als mein Onkel stolz seine neue Spiegelreflexkamera vorführte und ich ein Foto machen wollte, verklemmte sich der Spiegel. Das war der Auftakt, die Missgeschicke zogen sich fortan durch mein Leben. Mein großer Flachbildfernseher zeigte ohne ersichtlichen Grund grünstichige Bilder, so dass mich der Fernsehmechaniker nach dem dritten Hausbesuch bat, seine Visitenkarte zu zerreißen. Als ich in einem schottischen Hotel in der Badewanne saß und Wasser nachlaufen ließ, konnte ich den Hahn nicht mehr abstellen, so dass das Wasser überlief.
Offenbar beschränken sich meine Unheil bringenden Fähigkeiten aber nicht auf Kleingeräte. Als ich einmal nach Düsseldorf wollte, hatte das Flugzeug zwei Stunden Verspätung – »wegen rätselhafter technischer Probleme«. Dabei hatte ich die Maschine nicht mal angefasst. Der Zug, mit dem ich weiterreisen wollte, wurde in letzter Minute gestrichen – »wegen unerwarteter technischer Probleme«. Auf dem Rückweg geschah das gleiche: Erst musste ein ganzer Eisenbahnwaggon gesperrt werden, weil ihn jemand um acht Uhr morgens vollgekotzt hatte, wofür ich nun wirklich nichts konnte. Dann hatte die Bahn 20 Minuten Verspätung, natürlich wegen technischer Probleme, wodurch ich den Anschlusszug verpasste und ein Taxi nehmen musste, um nicht auch noch den Flug zu verpassen.
Ich muss nicht mal selbst Hand anlegen, es reicht, wenn Handwerker ins Haus kommen. Ein Angestellter vom Kabelfernsehen, der aufgrund meiner Beschwerde über den schlechten Empfang angerückt war, richtete Schäden in Höhe von 5.000 Euro an. Ein anderer deckte das halbe Dach ab, als er Laub aus der Regenrinne fegen wollte. Und der Tischler, der mir einen Küchenschrank bauen wollte, landete im Krankenhaus, weil seine Konstruktion einstürzte.
Auch ohne meine Beteiligung geht vieles in Irland schief: Eisenbahnen, die ihre Passagiere vergessen; Behörden, die Baugenehmigungen mit abenteuerlichen Begründungen ein ums andere Mal ablehnen; Linienbusse, die sich verfahren; Politiker, die sich so ungeschickt bestechen lassen, dass es auffliegt – die Liste ließe sich mühelos verlängern. Habe ich Irland infiziert, oder ist es umgekehrt?
Ich werde Aribert künftig bitten, seine heilenden Hände kurz auf meine Flug- und Bahntickets sowie auf meine elektrischen Geräte zu legen, um mein schlechtes Karma zu neutralisieren. Ringel meinte, ich solle mich von der Stiftung Warentest anstellen lassen: Falls ein Gerät meine Handhabung übersteht, bekomme es das Gütesiegel »S-geprüft«. Tom sagte hingegen, es wäre lukrativer, den Media-Markt zu erpressen: »Du drohst einfach damit, alle Geräte im Laden anzufassen, falls sie dir nicht umgehend Geld geben.«
Er empfahl mir den Film »Schrecken der Medusa«, eine Mischung aus Thriller, Horror- und Katastrophenfilm. Darin spielt Richard Burton einen Mann, der Katastrophen auslösen kann. So lässt er zum Beispiel eine Kathedrale einkrachen, einen Jumbo-Jet abstürzen und eine Mondlandung missglücken. »Im Grunde ist das ein Film über dich«, sagte Tom. Ich habe mir den Streifen bestellt. Vermutlich wird der DVD-Spieler explodieren.