Читать книгу Die Mutter der Macht. Ein Mensch namens Mao Tse-tung. - Ralph Ardnassak - Страница 4
II
ОглавлениеSieben wichtige Getreidearten bilden die biologische Grundlage der Existenz der Menschheit, indem sie sie ernähren und am Leben erhalten.
Eine davon ist der Reis. Der Reis ernährt Millionen von Menschen überall auf der Welt. Ganz gleich, ob sie friedfertig oder gewalttätig sind. Der Reis ernährt den Selbstlosen, das Kind, den Priester und auch den Mörder.
Der Reis fragt nicht nach der Seele des Menschen, dem er lediglich Nahrung ist und der ihn oft achtlos und hastig verzehrt. In Eile und ohne Demut, ohne das Bewusstsein für die lebensspendende Kraft der kleinen weißen und durch das Verweilen im sprudelnden Salzwasser aufgequollenen Körner.
Allerding scheint es, als ob das alte China um die Bedeutung dieses Grundnahrungsmittels wusste.
Das Hochchinesische, jene Sprache, die auch das Mandarin genannt wird, kennt daher auch nur ein einziges Wort für den Reis. Er wird schlicht dào oder dàm? genannt.
Damit ist die Pflanze, aber auch zugleich das Nahrungsmittel gemeint.
Der Reis kommt in zwei Wildformen vor, als ein- oder mehrjähriger Reis.
Beide Wildformen lassen sich sowohl untereinander, wie auch mit den domestizierten Formen der Pflanze kreuzen.
Der wilde Reis kommt lediglich in den Feuchtgebieten Südchinas vor.
Jede Reispflanze, sofern sie kultiviert ist, kann bis zu 30 Halme bilden. Jede einzelne Reispflanze besitzt die Fähigkeit, bis zu 3.000 Früchte zu tragen, die alle aus Mehlkörper, Keimling, Aleuronschicht, Samenschale und Fruchtwand bestehen.
Es ist anzunehmen, dass der Reis als wichtiges und für das Überleben der Menschheit notwendige Grundnahrungsmittel an verschiedenen Orten der Welt entdeckt und kultiviert worden ist.
So in Südchina, besonders in den Tälern des Jangtse und des Huai; in den Hochländern im Südwesten Chinas und in ganz Südasien; in Nordindien, möglicherweise im Tal des Ganges und im Süden des indischen Subkontinents.
Es ist heute nicht mehr eindeutig zu ermitteln, ob Kurz- oder Langkornreissorten in der Vergangenheit zuerst und bevorzugt angebaut wurden.
Die Flusstäler von Jangtse und Huai gelten als Zentren der historischen Reisdomestikation im alten China.
An annähernd 120 Fundstellen sind hier der Anbau und die Domestikation von Reis belegt.
Viele dieser Fundstellen datieren aus einer Zeit vor 5.000 vor Christi Geburt.
Meist finden sie sich an jenem Abschnitt des Jangtse, der zwischen den Drei Schluchten und der Einmündung des Poyang Hu in den Jangtse liegt.
Eine weitere berühmte Fundstelle liegt jedoch in Südchina, im Huanghe-Tal, dem Tal des Gelben Flusses.
Ursprünglich war Reis keine Wasserpflanze. In Jahrtausenden seiner Kultivierung hat er sich jedoch an die überfluteten Felder angepasst, auf denen er oft angebaut wird.
Der hauptsächliche Grund für die Flutung der Reisfelder mit Wasser besteht nicht in den Ansprüchen der Pflanze, sondern darin, dass der hohe Wasserspiegel die meisten Unkräuter und bodenlebenden Schädlinge fern hält.
Es gibt vier Möglichkeiten, um Reis anzubauen. Der niederschlagsabhängige Anbau im Gebirge oder in den Niederungen; im Tiefwasseranbau oder im Nassanbau.
In China ist der Reisterrassenanbau überall dort verbreitet, wo steile Hügel oder die Hänge von Bergen durch den Nassanbau genutzt werden müssen.
Fast die gesamte Reisernte wird in China im Nassanbau kultiviert.
Bis zu 5.000 Liter fließendes Wasser werden für ein einziges Kilo Reis benötigt.
Allerdings ist die Fließgeschwindigkeit des Wassers entscheidend. Fließt es zu schnell, werden alle wichtigen Bodenbestandteile und Nährstoffe weggeschwemmt. Fließt es zu langsam, bilden sich Algen auf den Reisterrassen.
Im Tiefland Chinas kann Reis nur aufgrund laufender Bewässerung gedeihen. Die Zuführung des dafür benötigten Wassers über Tiefbrunnen führte schließlich zur dramatischen Absenkung des Grundwasserspiegels.
Als der Grundwasserspiegel in Peking durch den Anbau des Reises um bis zu drei Meter sank, wurde hier die Kultivierung des Reises verboten.
In Abhängigkeit von der Reissorte, von der Anbauform und vom Anbaugebiet, konnten bis zu drei Ernten je Jahr möglich werden.
Am mühsamsten, aber auch am ertragreichsten, ist der Nassanbau.
Stets sind die Arbeitsgänge dieselben und haben sich seit alter Zeit nicht verändert.
Zunächst wird der Reis auf dem trockenen Pflanzfeld ausgesät. Nun muss der Boden des künftigen Reisfeldes mit dem Wasser gründlich durchmischt werden. Dies geschieht am besten durch das Pflügen mit dem Wasserbüffel.
Jetzt werden die Setzlinge per Hand aus dem trockenen Pflanzfeld in das überflutete Reisfeld umgesetzt.
Das Feld mit den Setzlingen muss bewässert und gepflegt werden. Besonders während der Regenzeit darf der Wasserspiegel nie zu stark ansteigen. Fällt der Monsunregen hingegen zu gering aus, so darf das Reisfeld nicht austrocknen.
In den Bewässerungsgräben züchtet der Reisbauer Kleinfische und Krustentiere, die ihm als zusätzliche Proteinquelle dienen.
Nach vier bis sechs Monaten des Wachstums legt der Bauer die Reisfelder trocken und geht mit der Sichel oder mit dem Sichelring an die Ernte. Die geernteten Reispflanzen werden gebündelt und vor dem Abtransport von den Feldern noch vor Ort gedroschen. Auch das Stroh wird auf den abgeernteten Feldern verbrannt.
Lagert man den Reis, so kann der Reiskäfer der geborgenen Ernte beträchtlichen Schaden zufügen.
In den Reiskörnern wachsen die Larven der Käfer heran und fressen sie von innen auf.
Selbst im verpackten Reis vermehren sich die Käfer.
Auch die Reiswanze ist ein gefürchteter Schädling.
„Möge Dein Reis nie anbrennen!“, so lautet ein traditioneller Neujahrswunsch in China.
Jedoch ist der Reis in China auch ein Symbol des Todes. Gekreuzte Essstäbchen, Kuàzi, in aufgehäuften Reis gesteckt, sind stets ein Symbol des Todes.
Stelle bei allen Familienfesten und Zeremonien stets eine Schale mit Reis für die verstorbenen Ahnen bereit, damit sie teilnehmen können!
Erschaffen hat den Reis jedoch die Göttin des Mitgefühls, Guan Yin. Sie tat es, indem sie Milch und Blut aus ihren beiden Brüsten presste und auf diese Weise entstanden der weiße und der rote Reis.