Читать книгу Die Mutter der Macht. Ein Mensch namens Mao Tse-tung. - Ralph Ardnassak - Страница 5
III
ОглавлениеZwei zentrale Dinge bestimmten das Leben seiner Vorfahren: der Reis und der Zerfall der Qing-Dynastie, die im Westen der Welt auch die Mandschu-Dynastie genannt wurde.
Nurhaci, ein Stammesfürst der Jurchen, hatte alle Stämme des Volkes 1616 geeint und es Mandschu genannt.
Schon 1644 hatte Nurhaci die regierende Ming-Dynastie gestürzt und damit die Herrschaft in China übernommen.
Jahrhundertelang hatte die Mandschu-Dynastie in China geherrscht, als die Xinhau-Revolution des Jahres 1911 sie hinweg fegte und die Ausrufung der Republik am 1. Januar 1912 ihr auch offiziell ein Ende setzte.
Sein Großvater, dessen Lebensdaten unbekannt sind, hieß Mao Enpu. Sein Vater, Mao Yichang, lebte von 1870 bis 1920. Seine Mutter, Wen Qimei, von 1867 bis 1919.
Als Maos Vater 10 Jahre alt war, wurde er bereits Maos späterer Mutter versprochen, welche in einem nur 10 Kilometer entfernten Dorf lebte.
Zwischen beiden Dörfern lag der Pass der ruhenden Tiger, von dem es hieß, die Tiger würden sich dort sonnen.
Beide Dörfer waren lediglich 10 Kilometer voneinander entfernt und doch sprachen sie Dialekte, die so grundverschieden voneinander waren, dass die Bewohner der beiden Nachbardörfer Probleme damit hatten, sich untereinander zu verständigen.
Maos Mutter war das siebte Mädchen in ihrer Familie. Sie erhielt daher lange Zeit keinen eigenen Namen, sondern galt lediglich als siebte Schwester im Clan.
In Übereinstimmung mit der jahrhundertealten Tradition der dörflichen Clans, wurden die Füße von Maos Mutter bereits im Kindesalter verstümmelt, um dadurch die sogenannte „Schönheit der drei Zoll goldenen Lilien“ zu erreichen, die dem Schönheitsideal jener Epoche entsprach.
Als Lotos- oder Lilienfuß bezeichnete man im alten China jene verstümmelten Füße der Frauen, die dem jahrtausendealten Schönheitsideal entsprachen.
Erzielt wurde durch diese anatomische Deformation durch das Brechen der Fußknochen und das folgende extreme Einbinden der Fußknochen im Kindesalter.
Der chinesische Volksmund meint, die Tradition des Verstümmelns der Füße ginge auf eine Konkubine des letzten Kaisers der Tang-Dynastie, Kaiser Li Houzhu, zurück.
Diese sei Tänzerin gewesen und habe sich stets die Füße in extremer Weise bandagiert, um auf einer goldenen und mit Lotosblumen geschmückten Bühne extreme tänzerische Leistungen und Kunststücke zu Ehren des Kaisers vollbringen zu können.
Es wird behauptet, dass diese Dame Yao Niang hieß und es den Kaiser angeblich abstieß, dass in den alten Zeiten keinerlei Unterschied zwischen den Füßen eines Mannes und denjenigen einer Frau bestanden habe.
Das Füßeabbinden habe es der Dame ermöglicht, beim Tanz vollkommen die silberne Mondsichel nachzuahmen. So gilt die Dame Yao Niang, die Konkubine und Tänzerin des letzten Kaisers der Tang-Dynastie, als die erste Frau Chinas mit abgebundenen Füßen.
Während jener Anfangszeit der Tradition, die gegen Ende der Tang-Dynastie, also um 975, aufkam, wurden die Füße der Mädchen jedoch zunächst erst nur lose abgebunden.
Die Technik war anfänglich lediglich dem Spitzenschuh einer Ballerina ähnlich.
Jedoch wurden die Rechte der Frauen und Mädchen im Zeitalter des Neokonfuzianismus weiter eingeschränkt und bereits in der Zeit der Song-Dynastie wurde es üblich, den Frauen und Mädchen aus den gehobenen Schichten bereits ab dem frühesten Kindesalter die Füße zu verstümmeln und sie einzubinden. Eine elende Prozedur, die sich über bis zu 15 Jahre erstreckte.
Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts setzte sich dieser Brauch ausnahmslos in allen Schichten der chinesischen Bevölkerung durch. Lediglich die Töchter der ärmsten Bauern blieben davon verschont, da deren Füße für die Feldarbeit unerlässlich waren.
Lediglich die Mandschus und die Mongolen wiedersetzten sich dem Brauch. Besonders beliebt war das Verstümmeln der Füße und das dadurch bedingte Herstellen der Lotosfüße jedoch bei den Han-Chinesen, die kleine zierliche Füße und sich im Trippelschritt fortbewegende kleine Frauen besonders schätzten.
War ein chinesisches Mädchen etwa im Alter von 5 bis 8 Jahren, so begannen Mutter oder Großmutter mit der Durchführung der Prozedur.
Hierzu wurde der Fuß zunächst gründlich in einem Flüssigkeitsgemisch aus unterschiedlichsten Kräutern und Alaun sehr gründlich eingeweicht. Um Infektionen durch eingewachsene und entzündete Zehennägel möglichst auszuschließen, wurden dann zunächst die Zehennägel extrem kurz geschnitten. Anschließend wurde der Kinderfuß gründlich massiert.
Nun wurde der Fuß durch Bandagen so eng eingeschnürt, dass ein weiteres normales Wachstum ausgeschlossen werden konnte und der Fuß auf diese Weise zum Klumpfuß verkümmerte.
Nun wurden die Mädchen notfalls auch gewaltsam dazu angehalten und gezwungen, in möglichst kleinen Schnabelschuhen zu laufen, was mit qualvollen Schmerzen verbunden war, letztendlich aber die Durchblutung der deformierten Füße fördern sollte.
War dies geschehen, wurden den Mädchen sämtliche Zehen mit Ausnahme der großen Zehen gebrochen und die gebrochenen Zehen wurden unter die Fußsohlen gebogen.
Nun wurden die Mädchen die Zehen alle zwei Tage mit immer engeren nassen Bandagen unter die Fußsohle geschnürt, um auf diese Weise möglichst sicher zu stellen, dass die Mädchen schmale und spitze Füße bekamen. Da die nassen Bandagen infolge des Trocknens außerdem enger wurden, war ein zusätzlicher Abschnüreffekt sichergestellt.
War es endlich gelungen, auf diese Weise die Füße zu deformieren, so war die Frau völlig außerstande, aus eigener Kraft weitere Strecken zu gehen.
Eine Fußlänge von 3 chinesischen Cun, also demnach annähernd 10 Zentimetern, die der heutigen Schuhgröße 17 entsprach, galt bei erwachsenen Frauen als wünschenswert.
Jedoch erreichten in der Praxis nur die wenigsten chinesischen Frauen diese Idealmaße, sondern ihre Füße wuchsen stattdessen trotz der Verstümmelungen bis auf 13 oder sogar 14 Zentimeter.
Die Frauen litten infolge der Prozedur zeitlebens unter heftigen Schmerzen und Behinderungen, wurden letztendlich jedoch nur aufgrund der verstümmelten Füße für die chinesischen Männer attraktiv. Oft drohte der Tod durch Sepsis, die infolge der nach Durchblutungsstörungen abgestorbenen Zehen eintreten konnte. Ein altes chinesisches Sprichwort besagte, dass für jedes Paar perfekter Lotosfüße zunächst ein ganzer Eimer voller Tränen vergossen werden musste.
Chinesische Männer auf Brautschau achteten meist gar nicht auf das Gesicht der Braut oder auf andere körperliche Vorzüge, sondern begnügten sich mit der Gewissheit, dass die Füße der Frauen klein und verstümmelt waren.
Frauen mit normalen und nicht bandagierten Füßen unterlagen in China in der Regel der völligen gesellschaftlichen Ächtung.
Die durch die künstliche Behinderung herbeigeführte deutlich reduzierte Bewegungsfreiheit der Frauen führte jedoch meist auch dazu, dass sie allmählich fülliger wurden.
Auch füllige Frauen entsprachen dem Schönheitsideal dieser Zeit.
Eltern betrachteten daher das Verstümmeln und Abbinden der Füße ihrer Tochter als eine notwendige Investition in deren gesellschaftliche Zukunft.
Meist war es notwendig, Tag und Nacht kleine Spezialschuhe und kunstvoll verzierte Bandagen zu tragen, um das Wachstum der Füße auch während der Nacht wirksam zu unterbinden. Oft war es erforderlich, die Bandagen extrem zu parfümieren, da Entzündungen auftraten und faulige Gerüche durch das Abbinden entstanden.
Derartig verstümmelte Frauen waren schließlich unfähig, ohne fremde Hilfe das eigene Haus zu verlassen, was wiederum durch den Zeitgeist zu einer Tugend kultiviert wurde. Gefangene auf Lilienfüßen, so nannte man die verstümmelten chinesischen Frauen.
Bald galt es als Zeichen von Wohlstand und der Zugehörigkeit zu einer der tragenden Gesellschaftsschichten in China, sofern die Frauen verstümmelte Füße besaßen.
Ohnehin galt es für die korpulente wohlhabende Frau als unschicklich, das Haus allein zu verlassen. Musste sie doch einmal hinaus, so ließ sie sich von Bediensteten in einer Sänfte tragen, die von allen Seiten durch Vorhänge durch neugierige Blicke geschützt war.
Viele chinesische Poeten schilderten den tippelnden Gang der rauen, der durch die Verstümmelungen hervor gerufen wurde, als erotisch und überaus anziehend, da er den natürlichen Beschützerinstinkt des Mannes wecken würde.
Die Füße würden den erotischsten Teil des weiblichen Körpers bilden und der tippelnde und hilflose Gang auf den verstümmelten Füßen trüge außerdem durch Kräftigung der Oberschenkelmuskulatur der Frauen und zur künstlichen Verengung der Vagina bei, was wiederum der Wollust förderlich sei.
Während der Song-Dynastie und mit der Ausprägung der brutalen Praxis des Fußverstümmelns, wurde die Stellung der Frau in den Familien Chinas von fast völliger Rechtlosigkeit und Unterwürfigkeit bestimmt. Durch die Verstümmelung blieb die Frau an den Haushalt gebunden und auf die Unterstützung ihres Mannes angewiesen.
Bis in die Qing-Dynastie und zum Beginn des 20. Jahrhunderts, blieb das archaische Ritual des Füßeverstümmelns in China weitgehend erhalten.
Bereits die Kaiserinwitwe Cixi hatte kurz nach dem Boxeraufstand von 1900 ein Dekret gegen das Füßeabbinden erlassen, welches jedoch kurz darauf schon wieder aufgehoben wurde.
Im Jahre 1902 scheiterte schließlich ein weiterer Versuch, das barbarische Ritual per Gesetz zu unterbinden.
1912 verbot die Republik China die Verstümmelung der Füße der Mädchen. Obwohl im Wettbewerb mit den kapitalistischen Ländern des Westens Frauen mit intakten Füßen als Arbeitskräfte in China benötigt wurden. Blieb das Ritual noch bis in die 1930er Jahre teilweise erhalten.
Mitunter wurde es jedoch als Relikt des alten China, ähnlich wie der Zopf und der Kotau, mit geradezu militanter Vehemenz abgelehnt.
Mao, der seine geliebte Mutter selbst noch mit verstümmelten Füßen erlebt hatte, verbot den Brauch mit der Gründung der Volkrepublik China im Jahre 1949 endgültig. Die Gleichberechtigung der Frau in allen Gebieten der Gesellschaft und das Bedürfnis nach leistungsfähigen Arbeitskräften, standen dem archaischen und barbarischen Relikt entgegen.
Wer seinen Töchtern dennoch die Füße verstümmelte, musste von nun an mit härtesten Sanktionen rechnen.
Die Stiftung der Ehe mit Maos Vater hatte auch einen praktischen Hintergrund, denn einer der Großväter von Maos Mutter lag in Shaoshan begraben.
So hatte man einen Verwandten in der Nähe des Toten, was es einfacher machte, diesem die geforderten Rituale und Ehrerbietungen darzubringen.
Die siebte Schwester des Clans wurde also im Jahre 1885 mit Maos damals gerade 15 Jahre altem Vater verheiratet. Sie war zu diesem Zeitpunkt bereits 18 Jahre alt.
Kurz nach der Heirat ging Maos Vater zum Militärdienst als Söldner. Er tat dies, um auf diese Weise ein wenig Geld zu verdienen und damit die Schulden der Familie zu tilgen, was ihm nach einigen Jahren auch gelang. Glücklicherweise wurde er weder in Kriege, noch in Gefechte verwickelt.
Da er im Gegensatz zu den anderen Bewohnern des Dorfes jedoch lesen und schreiben konnte, verfiel er schließlich auf die Idee, sein eigenes Geschäft aufzubauen.
So züchtete er Schweine und baute Reis von hervorragender Qualität an, den er auf dem nahen Markt gewinnbringend verkaufen konnte. Er kaufte weiteres Ackerland hinzu und gelangte auf diese Weise nach und nach zu bescheidenem Wohlstand.
Wie die Höcker gewaltiger grüner Dromedare, so ragen die Felsen der Umgebung hier in den Himmel auf. Unermüdlich drehen sich uralte hölzerne Wasserräder in den Fluten des Flusses und die braunen Kegelhüte aus Reisstroh, die die Bauern auf ihren Köpfen tragen, während sie mit krummen Rücken bis zu den Knien im Wasser der überfluteten Reisfeldern stehen, lassen sie wirken, als wären sie alle gewaltige und sich im Wind bewegende Pilze. Er ist praktisch, der Reishut und aus dem Leben der Bauern ganz Ostasiens ebenso wenig weg zu denken, wie der Reis selbst.
Im Sommer schützt er den empfindlichen Kopf vor der Sonne, aber auch vor dem unerlässlichen Monsunregen, ohne den die Landwirtschaft hier gar nicht denkbar wäre.
Der Monsun, der die Kraft hat, tote und halbwüstenartige Landschaften in fruchtbare und grüne Erde zu verwandeln.
Vor beiden Witterungseinflüssen schützt der Reishut die Menschen, vor der Sonne und vor der Kraft des Monsuns, dessen Wasser die Reispflanzen brauchen und die daher meist noch während der Regenzeit angebaut werden, um die künstliche Bewässerung zu sparen.
Aber er wird auch zum Transport von Obst oder Früchten verwendet, der Reishut oder um einige kleine Fische, die man in den Bewässerungsgräben der Reisfelder gefangen hat, nach Hause zu tragen, denn seine flache Kegelform ist im Grunde nichts weiter, als eine Schale. Oder als Fächer bei sehr großer Hitze findet der Reishut Verwendung.
Wie gewaltige blitzende Spiegel glänzen die überfluteten Reisterrassen in der hellen Sonne.
Wie der Rauch unzähliger Pfeifen, so ziehen die wabernden Nebel mit dem Wind über die hoch aufragenden Gipfel der Berge und über die scharfen Grate, die sie in dünne Nebelfetzen zerschneiden, wie ein scharfes Rasiermesser einen Streifen heller Seide.
Barfuß und mit sich unter der Last der an ihnen baumelnden Reiskörbe durchbiegenden Traghölzern auf ihren Rücken, so hasten die Bauern die Berge unermüdlich hinauf und wieder hinunter, als würden sie keine Erschöpfung und weder Hunger noch Durst kennen.
Viele Bauern besitzen überhaupt kein Land. Sie ziehen als Wanderarbeiter von Ort zu Ort, um sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen.
Die meisten Bauern haben nur einen Quadratkilometer Land zur Verfügung oder weniger.
Das gewaltige Land ist ungleich besiedelt und sein größter Teil ist vollkommen menschenleer geblieben.
Man schätzt, dass annähernd drei Viertel der chinesischen Bauern auf etwa 15 % der Landfläche leben. Dort konzentriert, wo das Land am fruchtbarsten ist und ergiebige Reisernten erwarten lässt: entlang der Ufer der großen Flüsse und entlang der Küste.
Die Kinder der Bauern, die dazu kommen, in die schlecht ausgestatteten Dorfschulen gehen zu können, sitzen unter strohgedeckten Dächern, die nass im Monsunregen glänzen und lernen nicht viel.
Auch die Lehrer, die sie unterrichten, sind arm.
Die uralten Lehmmauern der Häuser der Bauern tragen in alten Schriftzeichen, die an Beschwörungsformeln erinnern, die traditionellen und immer gleichen bescheidenen Wünsche der Menschen. Das Schriftzeichen Fu steht für Glück und Segen. Cai hingegen beschwört den Wohlstand. Wieder andere Schriftzeichen, hin gemalt auf die Mauern der winzigen Anwesen, sollen die zahlreichen bösen Geister am Eintreten hindern.
Das Verhalten der Menschen wird hier, wie überall im Land, seit Jahrhunderten von den Analekten des großen Konfuzius bestimmt.
Der Meister lehrt, was korrektes Verhalten bedeutet und gibt zugleich Antwort auf jede Detailfrage des täglichen Lebens.
Die Analekten setzen sich aus unzähligen von Gesprächen zusammen, die der Meister mit seinen Schülern führte.
Mit höchster Akribie notiert, um die Lehren des Meisters der Nachwelt zu erhalten, fassen sie jene vier Grundlagen zusammen, auf denen der gesamte Konfuzianismus aufbaut: Humanität, Rechtschaffenheit, Kindespietät und Riten.
Hier ist der ideale Mensch beschrieben und eine Anleitung gegeben, wie sich der persönliche Charakter eines jeden Menschen zu entwickeln hat.
Weil Konfuzius aber Realist genug war, um zu erkennen, dass seine Lehre von seinen Zeitgenossen nicht anerkannt wurde, existiert kein einziges von ihm selbst verfasstes Werk. Stattdessen widmete er sich der Ausbildung seiner Schüler, die die Gespräche mit ihm notierten und auf diese Weise der Nachwelt überlieferten.
Die Analekten, auch als Lun Yu bezeichnet, zählen zu den dreizehn Klassikern des Konfuzianismus und wurden von Zheng Xuan während der Zeit der Han-Dynastie aufgeschrieben.
Das ganze Land hatte eine große Vergangenheit, deren sich auch der ärmste Bauer in der entferntesten Provinz noch bewusst war. Es hatte sich selbst jahrhundertelang als das Reich der Mitte bezeichnet.
Seit mehr als 2000 Jahren ist die Welt der chinesischen Bauern starr, fest gefügt und vollkommen unveränderlich.
Gesetze, Bräuche und Werte schienen so unverrückbar und ewig, wie die Naturereignisse und deren Kommen und Gehen, das von Anbeginn der Zeiten an konstant geblieben war.
Ein Mandarin galt nur dann als tugendhaft und fähig, wenn sich in einer Provinz, mit deren Verwaltung ihn der Kaiser beauftragt hatte, auch nach Jahrzehnten Seiner Abwesenheit nicht das geringste Detail verändert hatte.
Doch etwa seit der Mitte des 19. Jahrhunderts drohte die alte Ordnung aus der Balance zu geraten. China drohte, zum Spielball der Interessen ausländischer Mächte zu werden und dabei vollständig seine Identität und Gewachsenheit zu verlieren.
In diese Welt hinein, wurde der Junge am 26. Januar 1893 geboren. Er war der älteste Sohn einer als wohlhabend geltenden Bauernfamilie und er wurde Mao Tse-tung genannt.
Ein chinesischer Name besteht aus einem Familiennamen, Pinyin genannt, der sich von den Clannamen des alten China her leitet und aus einem persönlichen Namen, der die Wünsche der Eltern für den Namensträger enthält und aus einem, höchstens jedoch aus zwei Zeichen, bestehen darf.
In der traditionellen chinesischen Familie muss der persönliche Name jedoch stets die Verbindung des Namensträgers mit den Generationen seiner Familie symbolisieren.
Alle Personen einer chinesischen Familie, die im gleichen Verwandtschaftsverhältnis zu einem gemeinsamen Vorfahren stehen, tragen daher den gleichen persönlichen Namen. So war es auch in dieser Familie, der als ältester Sohn den Namen Mao Tse-tung erhielt, während seine jüngeren Brüder Mao Tse-tan und Mao Tse-min genannt wurden.
Mao ist somit der Generationenname des ältesten Sohnes dieser Familie, der sich auf seine Vorfahren bezieht. Tse bedeutet hingegen so viel, wie der Gutes Bewirkende und Tung steht für den Osten.
Die Bedeutung des Generationennamens Mao ist umstritten. Mitunter wird behauptet, Mao würde kleines Kätzchen bedeuten.
Der Junge Mao Tse-tung wurde im Jahr der schwarzen Schlange und zur Stunde des grünen Drachen geboren. Astrologische Omen, die im alten China für Blut, Gewalt, große Erfolge und Siege, aber auch für menschliche Kompromisse stehen.
Um ihr Schicksal günstig zu beeinflussen, erhalten alle chinesischen Kinder einen zusätzlichen, quasi einen inoffiziellen Namen.
Der Einfachheit halber sind dies meist Tiernamen, die weder liebreizend, noch tough sind.
Mao jedoch wurde Shisan yazi genannt, der „Sohn des Steins“.
Zu seiner zweiten Taufe führte Maos Mutter ihren Sohn zu einem etwa zweieinhalb Meter hohen Felsen.
Der Felsen war angeblich verzaubert, denn es hieß, dass einst eine Feder unter ihm gelegen hätte. Nachdem Maos Mutter dem Felsen die Ehre erwiesen hatte, galt Mao als vom Felsen adoptiert.
Er selbst war von seinem zweiten und inoffiziellen Namen zeitlebens sehr angetan und neigte dazu, diesen auch später gern zu verwenden.
Als er im Jahre 1959, längst der Führer des Staates China, in sein Heimatdorf Shaoshan zu einem Abendessen zurückkehrte, eröffnete er das Essen mit den Worten:
„Also jeder ist nun hier, außer meiner steinernen Mutter. Was ist, sollen wir auf sie warten?“
(Quelle: The Washington Post, 9. Dezember 2005)