Читать книгу Mein Name ist Adolf Hitler - Ralph Ardnassak - Страница 4

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Guten Morgen, Frau Junge! Haben Sie gut geschlafen? Sehr gut! Sind Sie bereit, mein Kind? Können wir fortfahren? Natürlich gab es daraufhin dummes und neugieriges Gerede in Leonding. So dass meine Mutter 1904, also im Jahr darauf, entschied, mich auf die Realschule nach Steyr zu schicken. Steyr war furchtbar! Es ist die drittgrößte Stadt Oberösterreichs und schon an der Grenze zu Niederösterreich gelegen. Enns und Steyr fließen hier zusammen und das Stadtgebiet bestand aus den acht Kastralgemeinden Christkindl, Föhrenschacherl, Gleink, Hinterberg, Jägerberg, Sarning, Stein, Steyr. Die Katastralgemeinde Steyr bestand aus den Teilen: Altstadt, Steyrdorf, Tabor, Münichholz, Ennsdorf, Resthof, Ennsleite. Ich mochte die Stadt nicht! Zu keinem Zeitpunkt habe ich Steyr je gemocht oder akzeptiert! Niemals! Meine Mutter bestand damals darauf! Sie wollte mich nicht mehr bei sich haben, weil in Leonding bereits über uns beide geredet wurde. Sie fand, es sei besser, wenn ich so weit, wie nur irgend möglich, von ihr und Leonding entfernt die Schule besuchen würde. Ich war entsetzt und enttäuscht! Es hat mir das Herz gebrochen! Meine geliebte Mutter schickte mich weg! Vielleicht gar, um sich anderen Männern während meiner Abwesenheit hinzugeben? Seit dem Tode meines Vaters bezog ich eine kleine Halbwaisenrente. Auch meine Mutter Klara und meine Tante Johanna haben mich damals finanziell unterstützt. Ich konnte es in Steyr, fern von meiner geliebten Mutter, einfach nicht ertragen und über mich bringen. Also versetzten sie mich dort nicht in die neunte Klasse. Ich war froh darüber und ich simulierte schließlich röchelnd und keuchend ein schwerwiegendes Lungenleiden, was meine schwache und nachgiebige Mutter bald dazu bewog, mir endlich zu gestatten, die Realschule ohne Abschluss zu verlassen und zu ihr zurück zu kehren. Endlich konnte ich wieder bei ihr sein! Endlich lag ich wieder Nacht um Nacht nackt hinter ihrem nackten Körper, meinen Penis zwischen ihre prächtigen Pobacken gepresst! Wir waren ein Liebespaar in dieser Zeit! Wir waren wahrhaftig ein Ehepaar! Aber etwa um das Jahr 1906 herum, erkannte ich meine Berufung zu einem wahrhaft großen Maler und Zeichner. Hier, in Leonding, konnte ich dieses nicht werden! Ich musste dazu nach Wien! Ich spürte es ganz genau: ich war dazu berufen, ein großer Maler und Künstler zu werden, ebenso, wie Dürer und Rembrandt van Rijn und all die Anderen! Eines Tages würden auch meine Bilder im Palais du Louvre hängen! Ja, dort würden meine Bilder hängen! Und nirgendwo sonst! Ja, nach all den Bleistiftzeichnungen war ich schließlich zu Aquarellen über gegangen und ich versuchte mich sogar in der Ölmalerei auf Leinwand und auf Holz. Aber mein Steckenpferd blieb doch bei alledem die Aquarellmalerei von monumentalen Gebäuden, seien es nun Dome, Kirchen oder aber Profanbauten! Ach ja, die Frauen! Ich habe sie wohl immer mehr gefürchtet, als geliebt, weil mir die grauenhaften Bilder der Syphilis immer vor Augen standen, die sie enorm verbreitet haben! Es war mir immer ein Graus, mich womöglich mit der Syphilis zu infizieren, bei irgendeiner Frau, um dann elend daran zugrunde zu gehen und am Ende noch wahnsinnig zu werden. Die Syphilis und der Magenkrebs: das waren immer meiste größten Ängste und Befürchtungen. In meiner Zeit habe ich ein gewisses Mädel sehr verehrt. Es war eine Schülerin, namens Stefanie Rabatsch. Mehr möchte ich dazu nicht sagen. Aber ich hatte damals in Wien und später auch noch in München, in der Maxvorstadt, einen guten Freund oder wohl eher einen Bekannten. Der hieß Rudolf Häusler. Der hatte zwei sehr ansehnliche Schwestern. Eine davon hieß Ida und die andere Emilie. Jedenfalls wurde diese Emilie meine erste Geliebte. Aber die Syphilis, das ist eine überaus grauenvolle Sache gewesen! Ich habe solche Kranken gesehen, ganz voller Geschwüre der Schleimhaut und prall geschwollener Lymphdrüsen! Immer beginnt es mit einem schmerzhaften Geschwür am Penis, das die Ärzte harter Schanker nennen. Dann bekommen die Kranken Fieber und Kopfschmerzen, leiden unter Fieber und Mattigkeit, wie bei einer schlimmen Grippe. Überall tritt nun ein Hautausschlag auf. Es sind kleine Knötchen am ganzen Körper, die, wenn sie aufplatzen, eine eiterähnliche Flüssigkeit absondern, die hoch infektiös ist. Auch im Mund haben sie oft Geschwüre an der Schleimhaut. Dann befällt der Erreger nun nach und nach alle inneren Organe, was sich über Jahre hinziehen kann. Nun, wenn die Erkrankung schon zehn oder gar zwanzig Jahre besteht, werden sie wahnsinnig, weil das Gehirn befallen ist und das Rückenmark. Sie werden dement, verlieren die Fähigkeit zum klaren Denken und zum Sprechen, können Blase und Darm nicht mehr kontrollieren. Manche erblinden sogar. Nein, so grauenhaft wollte ich nicht enden, nur wegen vielleicht fünf Minuten der Wollust! Enthaltsamkeit war das beste Rezept für einen jungen Mann in solcher Umgebung! Oder eben auch die Onanie! Seit dem Tode des Vaters bezog ich, wie gesagt, eine Halbwaisenrente und auch meine Mutter und meine bucklige Tante Johanna unterstützten mich mit etwas Geld. Da ich wirklich begabt zeichnete und malte, beschloss ich im Jahre 1906, Kunstmaler zu werden. Ich lehnte es für mich stets kategorisch ab, irgendeine Art von Ausbildung oder Lehre zu beginnen, um danach einen ungeliebten Brotberuf auszuüben, der mich nur erschöpft und ausgelaugt und von der geliebten Malerei abgehalten hätte! Nein, ich wollte keinen Brotberuf! Ich wollte mit Leib und Seele ein wahrer Künstler werden, denn ich spürte darin meine wahre Berufung. Ich hatte nun ein bescheidenes kleines Einkommen und so ging ich von Linz nach Wien, um dort Kunstmaler zu werden. Wien: das war in dieser Zeit schon ein gewaltiger Moloch! Die Stadt erlebte seit ungefähr 1850 einen enormen Bevölkerungszuwachs. Und schon im Jahre 1870 lebten dort eine Million Menschen, 1910 waren es schon zwei Millionen Menschen! Da gab es die phantastische Ringstraße, ein beinahe kreisrunder Straßenzug um das Zentrum herum von mehr als fünf Kilometern Länge! Hier gab es wahrhaft phänomenale Bauten mit beeindruckenden Fassaden, die ich später so oft zeichnete. Es war ein Stil, der sich Historismus oder Gründerzeitstil nannte und der dem Repräsentationsbedürfnis des wohlhabenden und oft auch jüdischen Bürgertums vollauf entsprach. Er wurde dann später, etwa um die Jahrhundertwende herum, durch den an Ornamenten reichen und funktionaleren Jugendstil abgelöst. Es gab hier Bauten, wie zum Beispiel das Palais, den Heinrichshof, das k. k. Hof-Operntheater, das Parlament, das jüdische Palais Epstein, errichtet im Auftrag eines aus Prag stammenden jüdischen Bankiers, das Neue Rathaus, das Burgtheater, das neue Universitätsgebäude und schließlich die Votivkirche, der einzige Sakralbau innerhalb des ganzen Ensembles. Um die Prachtentfaltung noch zu steigern, sollte quer zur Ringstraße das gewaltige Kaiserforum entstehen. Die Bauarbeiten waren seinerzeit bereits in vollem Gange, aber der Kriegsausbruch beendete dann dieses gewaltige Vorhaben endgültig. Außerhalb des Rings war früher meist nur im dörflichen Stil gebaut worden. Nun aber, unter dem enormen Zustrom von Menschen, entstanden überall vier- bis sechsstöckige Arbeiter- und Wohnquartiere und auch Geschäftshäuser. Die Stadt war wahrhaftig ein brodelnder Hexenkessel. Aus allen nur denkbaren Landesteilen der k. u. k. Donaumonarchie strebten die Menschen hinein in die Hauptstadt. Meist waren es jedoch Tschechen oder Juden aus Galizien. Es gab unvorstellbare Armut in all dem Gedränge. Es gab Arbeiter und Sozialdemokraten. Es gab ein wohlhabendes Wiener Bürgertum, darunter sehr viele assimilierte Juden. Und es gab eine gewaltige notleidende Unterschicht. Kleine Leute, zusammengepfercht in engen und armseligen Wohnungen, die sie sich mit sogenannten Bettgehern teilten, Zuwanderer von außerhalb, die nur zum Schlafen in den Wohnungen erschienen. Bürgermeister der Stadt war seinerzeit Karl Lueger. Ein Christsozialer und ganz brauchbarer Mann, der damals schon gegen die aus Galizien in Massen in die Stadt strömenden Juden, aber auch gegen das wohlhabende Wiener Judentum opponierte. Dabei war Wien auch Kulturstadt. Es gab die Wiener Moderne und die Künstlervereinigung Wiener Secession. In der Musik existierte die Wiener Schule und die Literaten und Schriftsteller trafen sich in den berühmten Kaffeehäusern. Mich jedoch interessierte lediglich ein Kunststudium an der Allgemeinen Malerschule der Wiener Kunstakademie am Schillerplatz im 1. Bezirk, eine der ältesten Kunstakademien in ganz Europa! Das neu errichtete und erst 1877 eingeweihte Gebäude der Akademie am Schillerplatz war ein beeindruckendes Bauwerk im Stile der italienischen Renaissance. Viergeschossig und mit erhöhten Vorsprüngen, mit einem grandiosen Deckengemälde von Anselm Feuerbach in der Aula. Eine beeindruckende Gemäldesammlung, ein Kupferstichkabinett und ein anatomischer Saal komplettierten das Gebäude. Hier gab es unzählige Originale von Hieronymus Bosch, Lucas Cranach, Rembrandt van Rijn, Peter Paul Rubens, Tizian, Bartolomé Esteban Murillo und von Giovanni Antonio Guardi. Ich träumte davon, dass einst meine eigenen Werke einmal hier gesammelt und ausgestellt würden. Ja, davon träumte ich! Mit so viel Hoffnung trat ich im Oktober 1907 in diese Räume, wo ich mich um ein Kunststudium beworben hatte. Ich war zum Probezeichnen zugelassen, allein ich bestand die Aufnahmeprüfung nicht! Wie ungerecht und hart konnte doch dieses Leben sein! Wie hilflos war man ihm ausgeliefert. Im Grunde war man nicht mehr, als ein schmächtiges Insekt, das jederzeit von einer Laune des unberechenbaren Schicksals an einer Fensterscheibe zerquetscht werden konnte! Ja, buchstäblich zerquetscht! Dreimal habe ich es an dieser Kunstakademie versucht! Dreimal! Und schon beim zweiten Versuch wurde ich nicht einmal mehr zum Probezeichnen zugelassen. Kein einziges Mal gelang es mir, die Aufnahmeprüfung zu bestehen! Ich verstand die Welt nicht mehr! Ich hasste und verabscheute das Leben, diesen widerlichen Fluss von Leid, Demütigungen und Enttäuschungen, der nicht enden wollte und der am Ende doch immer wieder nur durch einen mehr oder minder qualvollen Tod gekrönt wurde. Was für ein trostloses, erbärmliches und freudloses Dasein, in dem es kein Licht und keine Hoffnung gab! Welches Elend! Ich war so begabt! Allein die Welt wollte meine Begabung nicht sehen, nicht erkennen, sondern sie ignorierte mein Talent und sie demütigte mich mit dieser Ignoranz und Kaltherzigkeit, in der sie achtlos über mich hinweg ging und all mein Hoffen enttäuschte, ohne sich darum zu scheren! Am 24. Oktober 1907 erfuhr ich in Wien, dass meine geliebte Mutter Klara schwer erkrankt war und nur noch wenige Wochen zu leben hatte. Man hatte in ihrer Brust einen bösartigen Tumor festgestellt und sie zunächst im Linzer Spital „Die Barmherzigen Schwestern“ behandelt. Jetzt lag sie zu Hause und es stand schlecht um sie, wie mir Eduard Bloch, unser Hausarzt mitteilte. Ja, Bloch war Jude, aber durchaus ein besonderes Exemplar seiner Rasse. Ich habe ihn später sogar einmal als einen Edeljuden bezeichnet. Allerdings war dies schon kurz nach dem Anschluss. Bloch hatte wohl in Prag studiert. Er war ein ehemaliger Militärarzt und Inhaber einer Privatpraxis in Linz. Er war ein älterer und etwas korpulenter Herr, mit gewaltigem Schnauzbart und das Haar streng zurückgekämmt. Stets trug er einen Anzug, ja Weste und Krawatte dazu, unter seinem weißen Kittel. Ich erinnere mich an das große und lichterfüllte Behandlungszimmer seiner Linzer Privatpraxis. Zwei riesige Fenster, deren unterer Teil um Winterhalbjahr stets mit dicken Decken verhängt war, um die Zugluft fern zu halten. Die Bilder an den Wänden und er pflegte stets hinter einem unförmig großen Möbelstück, einer Art von Sekretär, zu sitzen. Schon seit den Lebzeiten meines Vaters war unsere ganze Familie bei ihm in Behandlung gewesen. Ich fuhr sofort zurück nach Linz, um die Mutter zu pflegen und ihr den Haushalt zu führen. Sie litt unsägliche Schmerzen. Ich stellte mein Bett neben dem ihren auf, um ihr auch jetzt noch nah sein zu können. Es waren einige der schlimmsten und schwierigsten Stunden in meinem Leben. Dr. Bloch hatte mir gesagt, dass keinerlei Hoffnung mehr bestünde. Er konnte ihr Leiden nur zu lindern versuchen und er würde es damit zugleich nur verlängern. Wir kamen mit Dr. Bloch überein, dass er die Mutter jetzt bei uns im Haus behandeln würde. Dutzende von Hausbesuchen waren dazu erforderlich, teure Behandlungen mit Jodoform, das einen charakteristischen Geruch verströmte und notwendig war, um Blutungen zu stillen und ihre unsäglichen Schmerzen ein wenig zu lindern. Wir kamen mit Dr. Bloch dann auch finanziell überein. Und er verzichtete auf sämtliche Zuschläge für die Hausbesuche und die Jodoform- Behandlung und gab sich mit dem bescheidenen Honorar von 300 Kronen zufrieden. Meine geliebte Mutter Klara verstarb am 21. Dezember 1907 in meinen Armen. Sie wurde neben dem Vater in Leonding beigesetzt. Am Heiligen Abend suchten wir dann Dr. Bloch auf, um ihm zu danken und die ausstehende Rechnung zu begleichen. Ich war gebrochen durch den Tod der geliebten Mutter und ohne jede Hoffnung. Ich verbeugte mir vor Dr. Bloch und sagte ihm, dass ich ihm ewigen Dank schulden würde. Ich schenkte ihm einige meiner Bilder und schrieb ihm später noch zwei Karten. Allerdings ließ ich diese Karten dann durch die Gestapo bei ihm konfiszieren, weil ich meinen Gegnern keine Argumente dafür liefern wollte, ich sei judenfreundlich oder womöglich sogar selbst von jüdischer Abstammung. Ich erkundigte mich auch nach dem Anschluss mehrmals nach Dr. Bloch und hatte angeboten, ihn sogar zum Ehrenarier zu machen. Er behielt beinahe alle seine Privilegien, musste keinen Judenstern tragen und so weiter. Ich verbot der Gestapo, ihn in irgendeiner Art und Weise zu behelligen. Er bat mich mehrfach schriftlich um die Rückgabe der an ihn gerichteten Karten, die ich ihm seinerzeit geschrieben hatte, was ich natürlich ablehnen musste. Ehrenarier wollte er auch nicht werden, weil er seinen Glauben nicht verraten wollte oder konnte. Also entschloss er sich, wohl im Herbst oder Winter 1940, nach Amerika auszuwandern, wo bereits ein Großteil seiner Familie weilte. Es hat mich sehr geärgert, dass er noch kurz zuvor meine Schwester Paula in ihrer Wiener Dachstube aufstöberte, wo ich sie angewiesen hatte, anonym unter dem Decknamen Paula Wolf zu wohnen. Er wollte, dass sie mich darum bitten sollte, ihm sein beschlagnahmtes Vermögen zurück zu geben, weil er dieses mit nach Amerika nehmen wollte. Paula wies ihn allerdings ab. Die geliebte Mutter, die zwei Jahre nach dem Tode des Vaters im Jahre 1905 das große Anwesen in Linz-Leonding verkauft hatte, wohnte zuletzt mit meiner damals erst elfjährigen Schwester Paula in einer Etagenwohnung in Linz-Urfahr. Die kleine Paula konnte in dieser Situation den Haushalt nicht führen. Ich war im achtzehnten Lebensjahr. Und es ist mir eine große Genugtuung, dass ich in den letzten Lebenswochen meine Mutter und Schwester versorgen konnte. Ich wusch und kochte. Ich scheuerte die Wohnung und ich machte mit meiner Schwester die Schulaufgaben. Nach dem Tod der Mutter wurde Josef Mayrhofer unser Vormund. Unsere Halbschwester Angela Raubal, eine geborene Hitler, nahm Paula schließlich bei sich auf. Da unsere Mutter k. u. k. Zoll-Oberoffizialswitwe gewesen war, stand meiner Schwester Paula und mir bis zur Vollendung unseres vierundzwanzigsten Lebensjahres eine monatliche Waisenrente in Höhe von 50 Kronen zu. Zahlbar jedoch nur an Kinder, die sich gerade in einer Ausbildung befanden. Um in den Genuss dieser Zahlungen zu kommen, gab ich an, ich würde in Wien Kunst studieren. Erst im Mai 1911 gab ich vor dem Bezirksgericht Leopoldstadt eine Erklärung ab, wonach ich in der Lage sei, meinen Lebensunterhalt allein zu bestreiten. Erst ab diesem Zeitpunkt erhielt meine Schwester ihre volle Waisenrente. Paula besuchte dann das Lyzeum in Linz, wo sie Schreibmaschine lernte, um einmal eine Sekretärin werden zu können. Ich löste den Haushalt meiner Mutter auf und ging zurück nach Wien. Auch hatte ich das Erbe meiner Mutter, eine Summe von ungefähr 1.000 Kronen erhalten. Dadurch würde ich in Wien etwa ein Jahr lang finanziell überleben können. Die Wiener Jahre waren trostlos. Es gelang mir nicht, Kunstmaler zu werden. Das Leben schlug mir stattdessen ins Gesicht und bemühte sich, mir alles, aber auch alles möglichst vorzuenthalten. Ich litt unter Hunger, im Herbst und im Winter unter der Kälte, unter allerlei Entbehrungen und vor allem unter der Ignoranz, mit der Welt mich und mein Talent abstrafte. Als das Geld aus der kleinen Erbschaft meiner Mutter aufgebraucht war, bat ich meine Tante Johanna um einen Kredit von 924 Kronen. Ich verriet keinem in meiner Verwandtschaft, dass ich die Aufnahmeprüfung an der Kunstakademie drei Mal nicht bestanden hatte. Ich war schließlich auf die Waisenrente und die übrigen Geldzuwendungen der Verwandten angewiesen. Eine Lehre würde ich keinesfalls aufnehmen, weil ich doch Künstler werden und mich dabei durch nichts behindern lassen wollte. Die einzige Freude fand ich bei den Wagner-Opern, deren Aufführungen ich mit Kubizek besuchte, wann immer es uns möglich war. In dieser Zeit bewunderte ich vor allem die Werke des Malers Alfred Roller, der als Bühnenbildner für das Wiener Hoftheater arbeitete und Mitbegründer und sogar Präsident der Wiener Secession gewesen war. Ich beschloss plötzlich, bei Roller eine Lehre zu beginnen und ich erwirkte dazu ein Empfehlungsschreiben an Roller von einer Linzer Bekannten unserer Familie. Einmal war ich sogar schon in der Hofoper vorstellig geworden, um Roller dort zu treffen. Aber ich traf ihn nicht an. Und als er mich 1908 zu einem Gespräch einlud, ging ich nicht mehr hin. Ich lernte ihn erst viele Jahre später persönlich kennen. Um meinen Anspruch auf Waisenrente nicht zu verlieren, gab ich bei jedem Wohnungswechsel im Meldeformular an, dass ich akademischer Maler oder Schriftsteller sei. Ein Mitbewohner des Männerheims in der Meldemannstraße, wo ich später einige Zeit lebte, der Kunstmaler Karl Leidenroth, mein Konkurrent und Feind, zeigte mich schließlich bei der Polizei anonym an, weil ich den Titel eines akademischen Malers unberechtigterweise führen würde. Er erreichte schließlich, dass ich vorgeladen wurde und dass man es mir untersagte, diesen Titel zu führen. Auch drohte mir noch von anderer Seite her Ungemach: die Einziehung zum Wehrdienst in die österreichische Armee. Mein allgemeines Lebensgefühl, wie dasjenige vieler anderer Zeitgenossen, bestand darin, wie hätte es auch nach dem Geschichtsunterricht bei meinem Linzer Lehrer Leopold Pötsch anders sein können, dass es wenig ruhmvoll war, ein österreichischer Staatsbürger sein zu müssen. Wir sehnten uns nach dem benachbarten deutschen Kaiserreich, das ein starker Staatsverband war! Ein Reich nach unserem Geschmack, auf dessen Staatsangehörigkeit man hätte stolz sein können! Ich teilte mir damals über die beiden Jahre von 1908 bis 1909 mit meinem Freund August Kubizek in Wien ein Zimmer. Wir lebten beide, in ständiger Furcht vor der grassierenden Syphilis, in strikter Enthaltsamkeit. Im Juli 1909 zog ich aus dem gemeinsamen Zimmer aus. Die zunehmende Geldnot zwang mich dazu, immer ärmlichere und immer weiter von der Innenstadt Wiens entferntere Zimmer anzumieten, was ich jeweils nur für kurze Zeit tat. Im Herbst 1909 war ich gezwungen, ein kümmerliches Zimmer in der Sechshauser Straße 58 anzumieten. Aber es sollte noch schlimmer kommen. Ich musste danach ein ganzes Vierteljahr lang im Obdachlosenasyl in Meidling leben, im 12. Wiener Gemeindebezirk, ganz im Südwesten der Stadt, was ein ehemaliges Winzerviertel war. Erst Anfang 1910 konnte ich in das Männerwohnheim Meldemannstraße umziehen. Hier ging es mir ein wenig besser. Sie müssen wissen Kind, das Männerwohnheim Meldemannstraße war der preisgekrönte Entwurf eines Architekten. Im Jahre 1904 hatte man mit der Errichtung des Gebäudekomplexes, der offiziell Männerlogierhaus hieß, in der Meldemannstraße im 20. Wiener Gemeindebezirk Brigittenau begonnen. Das Gebäude, sechs Etagen hoch, besaß 24 Säle, die bis zu 544 Männer aufnehmen konnten. Das Gebäude, in dem ich bis 1913 lebte, war für die damaligen Verhältnisse, aus denen ich kam und die ich kannte, durchaus recht komfortabel eingerichtet. Es gab im ganzen Gebäude Gaslampen und zudem sogar auch elektrisches Licht. Immer war es warm, Dank einer modernen Dampfheizung. Also kein Ofen, der beheizt werden musste, kein lästiges Holzhacken oder Kohleschleppen, kein Frieren, kein Ruß, kein lästiges Anheizen mit in Zeitungspapier eingewickelten Kohlen oder mit Kohleanzünder und vor allem kein Rauch! Im Parterre gab es einen Speisesaal, einen Lesesaal mit getrennten Raucher- und Nichtraucherabteilen, in denen immer die neuesten Tageszeitungen auslagen, eine Bibliothek, einen Kleiderputzraum, einen Schuhputzraum, einen Gepäckraum, einen Fahrradraum, eine Schusterwerkstatt und eine Schneiderei. Es gab einen Hausarzt und eine Krankenstube und eine Entlausungsanlage für Neuankömmlinge. Es gab einen einfachen Waschraum und ein Rasierzimmer und zudem noch eine Dusche mit 16 Brausen und 4 Badewannen darinnen. Wer sich selbst mit Essen versorgen konnte, erhielt eine Kochnische mit einem Gaskocher und Geschirr zugewiesen. In den oberen vier Etagen wurde geschlafen. Der Schlaftrakt wurde am Abend um 20.00 Uhr aufgeschlossen und am nächsten Morgen, um 9.00 Uhr, wieder verschlossen. Am wohltuendsten aber war allein die Tatsache, dass es hier keinen Massenschlafsaal hatte, sondern, wie in der Eisenbahn oder auf einem großen Ozeandampfer, Einzelkabinen, vielleicht einundeinhalb Meter lang und knapp zwei Meter breit. Darin hatte es ein Einzelbett, ein kleines Tischen, einen Kleiderständer und sogar einen Spiegel. Die Türe konnte verschlossen werden und es gab elektrisches Licht in jeder Kabine. Welch ein Luxus! Ich lebte hier vom 9. Februar 1910 bis zum 24. Mai 1913. Also bis zu meinem Umzug nach Deutschland, nach München. Üblicherweise setzte ich mich in das Nichtraucherabteil des Lesesaales. Ich konnte dort die neuesten Zeitungen lesen, meine Bilder malen oder mit den anderen Bewohnern reden. Es waren meist Gelegenheitsarbeiter oder gar Landstreicher, wie etwa Reinhold Hanisch und Josef Greiner. Darunter auch einige Juden, mit denen ich mich sogar angefreundet hatte: Josef Löffner und Eduard Neumann. Nur mit dem Kunstmaler Karl Leidenroth kam ich nie überein. Am engsten befreundet war ich mit Rudolf Häusler, dessen Mutter und Schwestern ich sogar Postkarten schickte. Er hatte Drogist gelernt und ich ging 1913 mit ihm gemeinsam nach Deutschland. Sie wissen Kind, dass ich schon im Jahre 1938 sämtliche Akten über meine erbärmlichen Wohn- und Lebensverhältnisse in Wien habe beschlagnahmen lassen. Ich musste das tun, wollte ich verhindern, dass meine politischen Gegner in meiner Vergangenheit herumwühlen! Ich musste am besten ein Mann ohne Geschichte und ohne Vergangenheit werden! Ein Mann ohne Familie und ohne Vorleben, um nicht von meinen Gegnern zerrissen zu werden! Ich gab dann ganz offiziell eine noble Wohnadresse in Wien als meine Studentenwohnung an. Damit war das Problem aus der Welt geschafft, denn ich wollte auf gar keinen Fall, dass es mir irgendwann einmal so ergehen würde, wie Röhm! Es ging mir auch körperlich gar nicht gut in jenen Jahren. Ich litt stets unter Hunger. Ich war dünn und bleich. Ich trug abgewetzte und schäbige Kleidung und mein Scheitel hing mir bis mitten in das Gesicht herunter. Ich hungerte und fror. Aber ich malte. Ich malte und malte. Ich malte jeden Tag. Ich malte, wie ein Besessener! Ich malte also und ich las. Ich las alle erreichbaren Zeitungen und Schriften der Alldeutschen, der Deutschnationalen und der Antisemiten. So las ich Guido von List, die Ostara-Hefte von Jörg Lanz von Liebenfels. Ich las Eduard Pichl und ich hörte Reden von Franz Stein, Karl Hermann Wolf und dem Wiener Bürgermeister Karl Lueger. Ich begriff, dass man dem multikulturellen und quirligen Schmelztiegel der Donaumonarchie, in dem sich die Rassen vermischten und vermengten und verunreinigten und wo dadurch Seuchen wie die Syphilis grassierten, eine nach germanischem Vorbild straff organisierte Volksgemeinschaft entgegen setzen musste, um die Volksgesundheit und das rassische Erbe eines Völkerstammes zu retten und zu bewahren. Nein, damals hasste ich die Juden noch nicht. Ich war, wie gesagt, sogar mit einigen von ihnen befreundet. Und viele dieser Judenfreundschaften waren nützlich für mich! Nein, ich hasste damals vielmehr zunächst die Sozialdemokraten und die Tschechen, die wie ein niemals abreißender Strom von Eiter und Bakterien in die Hauptstadt eindrangen. Seit 1910 malte ich Tag für Tag Bilder. Anfangs kopierte ich Wiener Ansichtskarten. Später zeichnete ich nach ihrer Vorlage meist Aquarelle. Anfangs verkaufte sie ein Bekannter aus dem Männerwohnheim für mich. Später, nach einigem Ärger mit der Polizei und einer Strafanzeige, die ich auf den Kunstmaler Karl Leidenroth zurück führte, ließ ich meine Bilder unmittelbar durch verschiedene Juden verkaufen. Da war zunächst Josef Neumann, auch er ein Mitbewohner des Männerwohnheims in der Meldemannstraße 27. Dann gab es noch den jüdischen Rahmenhändler und Vergolder Jakob Altenberg, der vier Filialen betrieb, eine in der Wiedner Hauptstraße 37, schließlich eine weitere Filiale in der Mariahilfer Straße und noch zwei weitere Geschäfte, an deren Standorte ich mich allerdings nicht mehr erinnern kann. Von 1909 bis zu meiner Übersiedlung nach München im Jahre 1913 belieferte ich Altenbergs Filialen regelmäßig mit selbstgemalten Aquarellen. Ich brachte die Bilder entweder selbst in Altenbergs Läden oder ich beauftragte Hanisch oder Löffner mit dem Transport und dem Verkauf meiner Aquarelle. Altenberg verkaufte meine Aquarelle entweder als Zimmerschuck oder als Zugaben zu seinen selbst angefertigten Bilderrahmen, die sich so weitaus besser absetzen ließen. Er kam irgendwoher aus Galizien, wie viele der Wiener Juden und unsere Geschäftsbeziehung hielt, wie gesagt, bis zu meiner Übersiedlung nach München im Jahre 1913 an. Der nächste Geschäftspartner, an den ich bis zu meiner Übersiedlung nach München regelmäßig Aquarelle verkaufte, war Samuel Morgenstern. Er war ein Jude aus Budapest, der sogar einige Zeit lang in der österreichischen Armee gedient hatte. Seit 1903 unterhielt er in Wien, in einem Hinterhof in der Liechensteinstraße Nr. 4 ein kleines Glasgeschäft mit einer winzigen Werkstatt. Vielleicht 1911 oder 1912 betrat ich Morgensterns Laden zum ersten Mal. Ich fragte ihn einfach ganz direkt, ob er meine selbstgemalten Aquarelle mit verkaufen würde, weil er ja schließlich auch Bilderrahmen verkaufte. Er fragte mich, um welche Art von Aquarellen es sich denn handeln würde und ich antwortete, durchweg historische Ansichten von Städten, meist im Stile Josef von Alts. Morgenstern willigte ein, weil, wie er mir sagte, ein Rahmen mit Inhalt, also mit einem Bild, sich stets leichter verkaufen ließe, als ein leerer Rahmen. Und so belieferte ich auch Samuel Morgenstern bis zum Zeitpunkt meiner Übersiedlung nach München im Jahre 1913 mit meinen Aquarellen. Er besorgte mir viele wichtige Aufträge und vermittelte mir auch private Interessenten für meine Bilder, so dass ich ihn mitunter als meinen Erretter pries. Endlich erhielt ich Mai 1913 das Erbe des Vaters ausgezahlt, knapp 800 Kronen. Da zudem die Einberufung zum österreichischen Militärdienst drohte und wir uns so sehr nach Deutschland sehnten, siedelte ich mit dem treuen Freunde Rudolf Häusler endlich nach München über und wir mieteten uns ein Zimmerchen in der Maxvorstadt, nämlich in der Schleißheimer Straße 34. Ich teilte mir, wie bereits gesagt, das Zimmerchen mit dem treuen Rudolf Häusler und wir waren nun endlich froh, deutsche Luft zu atmen. Seitdem im Jahre 1912 der nahe Militärflughafen Oberschleißheim für die königlich-bayerische Fliegertruppe fertiggestellt worden war, durchquerte unsere Straße unmittelbar das Flugfeld. Ich las hier, in unserem winzigen Zimmer, Houston Steward Chamberlain und natürlich malte ich wieder. Ich malte nach Fotographien Aquarelle der wichtigsten Münchner Gebäude und verkaufte sie für gewöhnlich an eine ortsansässige Kunsthandlung. Aber die alte und verrottende Donaumonarchie hatte mich noch nicht vergessen! So wurde ich am 18. Jänner 1914 von der Münchner Kriminalpolizei arretiert und nach Salzburg gebracht, wo ich der Musterungskommission vorgeführt, aber überraschenderweise ausgemustert und vom Wehrdienst zurückgestellt wurde. So, Frau Junge, nun wollen wir aber erst einmal zu Mittag essen, denn sie haben so fleißig stenographiert. Wir wollen uns erst einmal stärken, Kind! Denn danach, danach kommt das Kapitel über den großen Krieg!

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