Читать книгу Neueste Generationenforschung in ökonomischer Perspektive - Rüdiger Maas - Страница 6
1 Prolog
Оглавление»Die Jugend liebt heutzutage den Luxus. Sie hat schlechte Manieren, verachtet die Autorität, hat keinen Respekt vor den älteren Leuten und schwatzt, wo sie arbeiten sollte. Die jungen Leute stehen nicht mehr auf, wenn Ältere das Zimmer betreten. Sie widersprechen ihren Eltern, schwadronieren in der Gesellschaft, verschlingen bei Tisch die Süßspeisen, legen die Beine übereinander und tyrannisieren ihre Lehrer.«
Es ist nicht ganz klar, woher dieses Zitat wirklich stammt. In Frage kommen Sokrates, ca. 470-399 v. Chr. und Kenneth John Freeman 1907. Dass das Zitat so schwer zuzuordnen ist, jedoch jedem bekannt ist, zeigt wie pauschal Daten Gegenstand von Zuschreibungen werden können.
Ähnlich verhält es sich bei den gängigen Generationen X, Y und Z. Da heißt es mal in der Literatur die Generation Z (die zwischen 1995 und 2010 Geborenen) sei politisch, andere »Wissenschaftler« sprechen der Generation Z ein Interesse an Politik prinzipiell ab. Doch kann man 16-Jährige einfach fragen, ob sie politisch sind? Was verstehen die heutigen 16-Jährigen überhaupt darunter? Ist denn Greta Thunberg, die bekannteste Vertreterin der sogenannten Generation Z, politisch? Oder bedient sie ausschließlich das Thema Umweltschutz bzw. globale Erwärmung und hat mit der »wirklichen« Politik nichts am Hut? Und hätten 16-Jährige vor 15 Jahren vielleicht ähnlich geantwortet?
Ganz so einfach wie es sich populärwissenschaftliche und breite Teile der gängigen »Generationenforschung« machen, ist es tatsächlich nicht, wie man unschwer an den Fragen erkennen kann.
Gräbt man in diesem Metier etwas tiefer, drängt sich schnell der Eindruck auf, dass Widersprüche und Inkommensurabilität dort an der Tagesordnung sind. Und oft vielleicht gar nicht wirklich bewusst sind: So werden beispielsweise gesellschaftlicher Wandel, Alters- und Periodeneffekte, familiäre Generationenverständnisse, Identitätsvorstellungen, Vergemeinschaftungsprozesse, Handlungs-, Gefühls- und Erfahrungsgemeinschaften, kulturelle und biologistisch anmutende Theorien und transgenerationelle Übertragungseffekte in einen Generationentopf geschmissen und umgerührt. Als Ergebnis präsentieren uns die selbsternannten Jugendforscher/innen die orakelhaft anmutende »Generation Golf«, die »Generation doof«, die »Generation Corona«, die »Generation TikTok« und schließlich die gängigen Generationeneinteilungen von X, Y und Z. Wer kennt sich da ernsthaft noch aus? Und sofern man den Kreaturen solcher Generationenbegriffe nicht ihre Wissenschaftlichkeit absprechen möchte, welche Methodologie könnte ein solches »wissenschaftliches« Vorgehen rechtfertigen?