Читать книгу Federn lassen - Regina Dürig - Страница 12
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Während
dein Bruder größer
und wacher wird und
lacht siehst du in den
Augen deiner Eltern wie
ein Kind sein sollte
ungestüm unerschrocken
nicht angefüllt mit
Fragen bis obenhin
ob es allen besser
ginge ohne dich
zum Beispiel
du packst
um es herauszufinden
deinen Schlafsack dein
Kopfkissen ein
Trinkpäckchen
und einen halben
Schokohasen du
gehst durch
die Terrassentür
nach draußen sehr
leise wie immer
du schleichst ums
Haus unter dem
Küchenfenster
durch du läufst
bis an die
Kreuzung dort
stehst du lange
obwohl schon
grün ist du fühlst
dich frei rot frei
grün frei rot dann
wird dir klar
dass du ein
Kind bist dass
dieser Plan nicht
aufgehen wird
du wirst traurig
und erleichtert
auf einmal
grün du drehst
dich um und gehst
nach Hause zurück
über die Terrasse
in dein Zimmer
du stichst
den Strohhalm in
den Metallfolienpunkt
und trinkst und denkst
an das Warnvideo
vor der Sesamstraße
das darauf hinweist
dass man
in einer Plastiktüte
ersticken kann und
ohne Luft ist man
richtig still weißt du
hast keine Tüte und suchst
aus deiner Verkleidekiste
die Krawatte hervor sie ist
glatt mit blauen
Karos du legst sie
gut um deinen Hals
hältst mit jeder
Hand eines der Enden
du ziehst so fest
du kannst
aber da ist etwas
in dir drin das
plötzlich laut
wird und
tobt
ein Wollen
das nicht der Kopf
macht der Kopf
macht nichts
außer sich dick
anfühlen
an die Augen
drücken die
Kraft des Wollens
ist größer als die
Kraft in deinen
Armen und
du lässt los
und weißt
ab jetzt dass
die Stille nur
außen dran ist
an dir dass innen
etwas toben kann
laut und deutlich
und stark