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Winterthur in den 1860er Jahren

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Winterthur war, wie viele andere Schweizer Städte, bis ins beginnende 19. Jahrhundert hinein stark mittelalterlich geprägt. Die mit einem Befestigungsring umgürtete Stadt mit 2000–3000 Einwohnern lag in einer grünen, nur spärlich bebauten Umgebung, und noch bis um 1830 wurden die vier Stadttore jede Nacht verriegelt. Kleine Gärten dienten der Selbstversorgung, Trinkwasser lieferten die öffentlichen Brunnen, Brauchwasser der durch die Gassen plätschernde Stadtbach, und die Toten wurden noch bis 1826 mitten im Stadtzentrum bestattet. Jahrhunderte lang hatte der Rat der Stadt Zürich Winterthur mit Verboten und Gesetzen kleingehalten, so dass sich keine florierende Wirtschaft entwickeln konnte und nur ein paar initiative Familien im Fernhandel, in der Herstellung neuer Produkte wie z. B. von Watte und chemischen Substanzen oder in ausländischen Beteiligungen eine Entwicklungsmöglichkeit gefunden hatten. Erst der Einmarsch der napoleonischen Truppen 1798 beendete die Stadtzürcher Herrschaft. Erstes sichtbares Zeichen für den Anbruch einer neuen Zeit war die Auffüllung des Stadtgrabens auf der Nordseite der Altstadt im Jahr 1800 mit Anlage einer baumbestandenen Promenade; die eigentliche Öffnung zum Umland hin erfolgte in den 1830er Jahren, als alle Befestigungsanlagen fielen. Ungefähr gleichzeitig, zwischen 1800 und 1860, wurden die ersten, später weltbekannten Industrie- und Handelshäuser gegründet, deren Namen wie Rieter, Sulzer und Volkart noch heute ein Begriff sind. Einen weiteren industriellen und merkantilen Aufschwung verursachte der Bau der ersten Bahnlinien (1855–1857), die Winterthur mit dem Bodensee, St. Gallen, Zürich und Schaffhausen verbanden. Von 1800 bis 1850 verdoppelte sich die Einwohnerzahl der baulich immer noch vorwiegend mittelalterlich geprägten Stadt.


Blick vom Brüelberg auf die noch geschlossene Stadtanlage inmitten von Wiesen und Feldern. Darstellung von Georg Adam (1784–1823), um 1820.

Einschneidende Veränderungen brachte die Wahl von Johann Jakob Sulzer-Ott (1821–1897), einem der engagiertesten Liberalen und (später) Demokraten, zum Stadtpräsidenten. In den fünfzehn Jahren seiner Amtszeit (1858–1873) leitete er durch seine Verkehrspolitik, bauliche Massnahmen, Erneuerung der Infrastruktur und Unterstützung von Handel und Industrie eine durchgreifende Modernisierung Winterthurs ein. Neu schuf er die Stelle eines Stadtbaumeisters, die an den aus Tübingen berufenen Wilhelm Bareiss (1819–1885) vergeben wurde. Auf Sulzer geht auch die Anlage neuer Quartiere und die Erstellung einer zentralen Wasserversorgung, des ersten Gaswerks, der Kaserne, des Altstadt-Schulhauses, des Casinos, des Postgebäudes, eines Einwohnerspitals und eines modernen Friedhofs Im Lee zurück – sowie, als Krönung, der Bau des vom berühmten Architekten Gottfried Semper (1803–1879) entworfenen Stadthauses. Zudem beteiligte er sich höchst persönlich an der Gründung der Gasgesellschaft, der Bank in Winterthur, der Hypothekarbank Winterthur, der Tösstal- sowie der Winterthur-Singen-Kreuzlingen-Bahn, und wirkte als Mitglied der entsprechenden Verwaltungsräte mit. So wandelte sich die Stadt vom Provinznest zum durchdachten Organismus, der die Basis zu einer neuen, von der Familie Bühler-Egg beispielhaft gepflegten Lebensweise legte.


Das imposante Sempersche Stadthaus Winterthur an der Kreuzung von Lind- und Stadthausstrasse. Postkarte von 1908.


Blick vom Rychenberg auf die sich ausdehnende Stadt: vorne der Friedhof Im Lee, rechts davon, im Bahnbogen, das neu entstandene, locker bebaute Quartier Äusseres Lind. Darstellung von Jörgen Hendrik Müller (1822–1884), 1870.


Gemütliche Momente am Fuss der Verandatreppe: Fanny beim Kinderwagen stehend, rechts von ihr Bruder Edy. Foto um 1900.

Die Villa Bühler und das Münzkabinett in Winterthur

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