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Die Familie Bühler-Egg

Vater Eduard Bühler-Egg (1833–1909)

Eduards Grossvater, Zimmermann Johann Jakob Bühler (1776–1834) von Freudwil bei Uster, hatte in der Frühzeit der Industrialisierung die Bühler-Spinnereien gegründet und mit seinen beiden Söhnen, Heinrich Bühler-Guyer (1802–1856) und Johann Heinrich Bühler-Guyer (1804–1866), zur Blüte gebracht. Der ältere, Eduards Vater, zog mit seiner Familie 1839 nach Kollbrunn, wo zwei Fabriken der Firma standen. Nach Absolvierung der Industrieschule in Winterthur folgte ein mehrjähriger Auslandaufenthalt in Le Havre, in den Zentren der britischen Baumwollindustrie sowie in zwei Baumwoll-Produktionsländern, Nordamerika und Kuba, um den jungen Mann auf den Eintritt in den Familienbetrieb vorzubereiten. Doch schon im Alter von 23 Jahren verlor Eduard seinen Vater, und der umfangreiche Familienbesitz wurde in einem drei Jahre lang dauernden Verfahren zwischen seinem Onkel Johann Heinrich und ihm aufgeteilt. Im Wesentlichen ging an Johann die obere, an Eduard die untere Spinnerei in Kollbrunn, wobei Eduard verpflichtet war, aus dem Gewinn der Produktion seinen beiden Schwestern und seiner Mutter ihr Erbe auszubezahlen. Schon vor vollendeter Erbteilung, 1857, kaufte er in Winterthur das Haus «zum Grundstein» an der Marktgasse 50, wo er im Erdgeschoss sein Büro, im Hinterhaus ein Garn- und Tuchlager einrichtete, während er selbst das zweite und seine Mutter das dritte Obergeschoss bewohnte. Gleichzeitig erwarb er, einer äusserst innovativen und klugen Idee folgend, Land in Weinfelden, auf dem er 1859 eine Weberei erstellen liess, um der nun ihm gehörenden Spinnerei in Kollbrunn einen gleichmässigen Absatz ihrer Produkte zu gewährleisten. Mit dem Ausbruch des Sezessionskriegs in Nordamerika brachen schwierige Zeiten an, weil die Südstaaten keine Baumwolle mehr nach Europa lieferten, um England und Frankreich dazu zu zwingen, sie im Krieg gegen den Norden zu unterstützen, und der begehrte Rohstoff nun neu in Ägypten oder Indien zu beschaffen war. Trotzdem heiratete Bühler 1861 Fanny Egg, und schon 1862 kam noch im Grundstein an der Marktgasse Sohn Edy, 1865 Tochter Fanny zur Welt.


Vater Eduard Bühler-Egg. Ölgemälde des Luganeser Künstlers Antonio Barzaghi-Cattaneo (1834–1922). Die Porträts des Ehepaars hingen an der Südwand des grossen Salons (siehe S. 23).

Bühler-Egg scheint ein ausgezeichneter Geschäftsmann gewesen zu sein, denn trotz aller Krisen, unter denen die für Winterthur so wichtige Baumwollindustrie immer wieder litt, erwarb er 1886 oder 1887 von seinem Schwager, Theodor Ziegler-Bühler, das imposante Haus Warteck an der Stadthausstrasse 39, um hier seinen Firmensitz einzurichten.


Das vom Zürcher Architekten Leonhard Zeugheer erstellte Geschäftshaus Warteck am Eingang zum Graben, der durch die Anlage der Lindstrasse Teil einer Hauptverkehrsachse wurde. Links die Baubaracke des im Bau befindlichen Stadthauses. Foto von 1867.

Gut fünfzig Jahre lang wirkte Bühler erfolgreich in der Baumwollindustrie, die damals ein für Winterthur wichtiger Wirtschaftszweig war. Nur einmal liess er sich dazu bewegen, in einer anderen Firma mitzuwirken, als sein Freund Charles Brown (1827–1905) ihn dazu bewog, mit ihm zusammen die Schweizerische Lokomotiv- und Maschinenfabrik SLM zu gründen. Doch kurz bevor sich Brown aus der Firma zurückzog, trat Bühler aus dem Verwaltungsrat aus, weil er mit der Geschäftsführung nicht einverstanden war.

Obwohl «nur» Zuzüger, etablierte er sich bestens in der Winterthurer Gesellschaft und war allgemein als solider und innovativer Geschäftsmann mit Weitblick und von grosser Geistesschärfe bekannt, den man gern um Rat fragte. Er scheint sehr belesen und kunstsinnig gewesen zu sein und hatte eine Vorliebe für Pferde. Trotz seines für die damaligen Winterthurer Verhältnisse grosszügigen Lebensstils, wird er in allen Nekrologen als bescheidener Mann dargestellt.

Mutter Fanny Bühler-Egg (1839–1919)

Mutter Fanny wuchs als Tochter von Johann Ulrich Egg (1801–1878) und Stephanie Greuter (1811–1894) im 1937 abgebrochenen Egg’schen Gut an der Ecke von Technikum- und Zeughausstrasse auf. Der vornehme Wohnbau war 1841–1843 durch einen der damals bedeutendsten Zürcher Architekten, Leonhard Zeugheer (1812–1866), erstellt worden und wies, wie die Villa Bühler-Egg, auf der Gartenseite eine über die ganze Fassadenbreite verlaufende Veranda mit verglastem Wintergarten auf.


Mutter Fanny Bühler-Egg. Wie ihr Ehemann wurde sie von Antonio Barzaghi-Cattaneo porträtiert.

Die Eggs und die Greuters waren – wie die Bühlers – in der Baumwollindustrie tätig und stellten im Thurgau die sogenannten Blaudruck-Tücher her, wie sie Landleute in den Kantonen Zürich und Thurgau zur täglichen Arbeit trugen. Auf dem Gebiet des Überseehandels scheiterten sie in Konkurrenz zur äusserst erfolgreichen Winterthurer Firma Volkart. Die Familie Egg scheint sich für etwas Besseres gehalten zu haben, denn Enkelin Fanny berichtet vom «Eggen-Chrattel», der jedoch nicht auf ihre Mutter zutraf. Offenbar empfand man doch einen gewissen sozialen oder gesellschaftlichen Unterschied zum «zugezogenen» Schwiegersohn Eduard, der ihrer Ehe aus Fannys Sicht aber nicht geschadet zu haben scheint: «Mama bildete zu Papa die richtige Ergänzung. Sie war noch aus der alten Schule und sah in ihrem Eheherrn den Gebieter. Im grossen Ganzen fiel ihr das Gehorchen nicht schwer, denn Papa war grosszügig und gewährte ihr z. B. in allen Dingen der Haushaltung und gegenüber der Dienerschaft freie Hand. Auch in Etikettensachen bei gesellschaftlichen Anlässen folgte er absolut ihren Anordnungen. Er war viel zu gescheit, um nicht einzusehen, dass er auf dem Lande dafür das Nötige nicht gelernt hatte und ein Fräulein Egg besser Bescheid wusste.»


Das Egg’sche Gut, dessen Inneres mit elsässischen Grisaille-Tapeten ausgestattet war, musste einem Erweiterungsbau des Technikums weichen. Foto um 1910.

Sohn Edy Bühler-Koller (1862–1932) und Söhne

Edy, getauft auf den Namen Heinrich Eduard, verbrachte die Winter seiner ersten Lebensjahre noch im «Grundstein» an der Marktgasse, die Sommer in Kollbrunn. Seine Kindheit scheint unbeschwert gewesen zu sein, und in materiellen Belangen war er vielleicht fast ein wenig verwöhnt. Die Bühlers hatten nicht nur erstaunlich viele z. T. recht exotische Haustiere, sondern liessen das Spielzeug für Fanny und ihren Bruder mindestens teilweise aus Paris kommen. Beide Kinder durften reiten, und Edy war offenbar der Erste, der «auf einem hölzernen Veloziped» die Strassen Winterthurs unsicher machte.

Nach der Matura studierte er drei Semester an der Technischen Hochschule Dresden, um die neuesten Konstruktionen von Spinn- und Webmaschinen kennen zu lernen, während er in Le Havre einem damals bedeutenden Baumwollhandelsplatz, kaufmännische Kenntnisse erwarb. Aufenthalte in Liverpool und Manchester vertieften seine Kenntnisse des Baumwollgeschäfts, und nach einer langen Reise durch die USA bis nach Mexiko trat er 1887 ins Geschäft seines Vaters ein. 1892 heiratete er Anna Koller, und 1896 liess er, wie es sich damals in der besseren Winterthurer Gesellschaft schon fast gehörte, von Architekt Jung die Villa Trollegg an der Trollstrasse 33 erstellen und vom renommierten Gartenarchitekten Evariste Mertens (1846–1907) den dazugehörenden Garten anlegen.

Als sein Vater 1909 starb, übernahm er die Geschäftsleitung, und nach dem Tod der Mutter 1919 zog er in die Villa an der Lindstrasse, wo er Halle und Herrenzimmer modernisieren liess. Nach seinem Tod wurde das Familiengrab auf dem Friedhof Rosenberg angelegt, auf dem ein wunderschöner weiblicher Akt von Bildhauer Hermann Haller (1880–1950) steht (Grab-Nr. 205.828). Edys älterer Sohn, Hans Eduard Bühler-Volkart (1893–1967), trat 1917 ins väterliche Geschäft ein, wohnte jedoch im Schloss Berg am Irchel. Nach 1932 leitete er die Firma zusammen mit seinem jüngeren Bruder, Robert Eduard Bühler-Züst (1902–1971), der ab da die Villa an der Lindstrasse bewohnte.

Tochter Fanny Sulzer-Bühler (1865–1948)

Die Tochter hätte auf den Namen Nelly getauft werden sollen, doch der Pfarrer weigerte sich, diesen Namen ins Kirchenregister einzutragen, weshalb sie den ebenfalls umstrittenen Namen Cornelia erhielt. «Auf Wunsch von Grosspapa Egg, der offenbar des Pfarrers Ansicht teilte, wurde ich am Taufessen in ‹Fanny› umgetauft.» Wegen einer Gelbsucht war sie «quittengelb» auf die Welt gekommen, was Onkel Theodor Ziegler zur Aussage veranlasst habe, «er hätte noch nie ein so wüstes Kind gesehen.» Bei der genussvollen Lektüre ihrer Erinnerungen entsteht das Bild einer sehr intelligenten, gebildeten, humorvollen und geistig unkonventionellen Frau. Sie litt darunter, ein braves Mädchen sein zu müssen, während die Buben viele Freiheiten genossen, und eigentlich unterhielt sie sich viel lieber mit Männern, weil ihr Frauen meistens zu langweilig waren. Wie Vater und Bruder war sie eine leidenschaftliche Reiterin, doch durfte sie nur in Begleitung ausreiten. 1887 heiratete sie August Sulzer (1859–1904), mit dem sie im prächtigen Adlergarten wohnte. Nach seinem frühen Tod führte Fanny das grosse Haus mit dem schönen Park allein. 1947, ein Jahr vor ihrem Tod, verkaufte sie das Gut an die Stadt Winterthur, in der Hoffnung, dass es so als Einheit erhalten bleiben könne.


Das Ehepaar Bühler-Egg mit weiss gekleideter Tochter Fanny auf dem Spaziergang. Foto um 1880.

Die Villa Bühler und das Münzkabinett in Winterthur

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