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FONS PUDIA

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Als Commissario Claudio Camilieri an einem schönen Oktobertag mit Begleitung in Arta Terme aus dem Auto kroch, wusste er noch nichts von der Leiche. Da war der Mord nämlich noch gar nicht geschehen, folglich gab es, wie sich jeder selbst leicht ausrechnen kann, auch keine Leiche.

Noch keine Leiche also. Was führte dann einen Commissario, den man erst zu Jahresbeginn aus dem fernen Sizilien ins norditalienische Cividale strafversetzt hatte, ausgerechnet nach Arta Terme? Nun, man könnte sagen, es hätte der Zieleinlauf einer Achterbahnfahrt der Gefühle werden sollen, sowohl beruflich als auch privat. Beruflich war Claudio Camilieri der ganzen Strafversetzerei zum Trotz rund um Ferragosto die Lösung des bis dato spektakulärsten Falls seiner Karriere geglückt. Mit einem durchaus als illuster zu bezeichnenden Team hatte er in wenigen Tagen ein Phantom aus dem Verkehr ziehen können, das zuerst eine Reihe von Mittelalterhistorikern aus dem Weg geräumt und in der Folge einer weiteren Reihe dieser honorigen Wissenschaftler nach dem Leben getrachtet hatte. Dass sich eine aus der geretteten Forschergruppe, Lydia Brenner, gleich als Frau seines Lebens entpuppte, setzte dem beruflichen Erfolg das private Sahnehäubchen auf und komplettierte seinen Triumph. Und weil ein richtiger süditalienischer Commissario auch dann nicht lange fackelte, wenn man ihn nach Norditalien versetzte, wollte Camilieri die frisch gewonnene Liebe seines Lebens keine zwei Monate später hier in Arta Terme vor den Traualtar führen. Dass die Braut Österreicherin war und blond, störte ihn dabei nicht im Geringsten …

Der genauso traditionsreiche – die Schwefelquelle kannte und schätzte man schon in der Antike unter dem Namen Fons Pudia – wie heute ziemlich in Vergessenheit geratene Kurort Arta Terme lag keine zwanzig Kilometer von der österreichischen Grenze entfernt. Für den österreichischen Teil der Hochzeiterei somit ideal. Aber auch Camilieri kam auf seine Kosten. Die Lösung des letzten Falls hatte ihn nämlich unter anderem nach Sauris geführt, in jenes abgeschiedene Hochgebirgsdorf, in dem er das Phantom schließlich stellte. Und dort hatte sich der Sizilianer spontan in die Bergwelt verschaut. Das muss man sich vorstellen! Einer, der jahrzehntelang am Fuße des Ätna gelebt hatte, liebte plötzlich die Karnischen Alpen!

Daher wurde ihm von seinen Freunden und Kollegen Arta Terme als idealer Schauplatz für die Hochzeit empfohlen. Freunde und Kollegen, das klang nach einer gewaltigen Menge, in Wahrheit waren es hauptsächlich Giuseppe Forza und ein Hundeführer, beide bei der Lösung des letzten Falls mit dabei. Camilieri war nämlich keiner, der viele Vertraute um sich scharte. Das Kurdörfchen lag eingebettet in schmucke Berge; schräg gegenüber dem Dorf und aus keiner Richtung zu übersehen hatte sich ein Kirchlein auf einen monolithisch anmutenden Berggipfel gesetzt: San Pietro, die älteste Kirche Karniens. Der Anblick dieser Einheit aus Naturgewalt und erdiger romanischer Architektur ließ das Herz des – zumindest in der Theorie – Neo-Bergfexen Camilieri schon zu dem Zeitpunkt höher schlagen, als er aus dem Auto stieg.

Es sollte noch einige Male höher schlagen. Zuerst einmal vor Anstrengung, als Eleonora, Lydia, Camilieri, Forza und der Padre, der die Trauung vornehmen wollte, die letzten Meter vom Parkplatz über eine steile Steintreppe zur Kirche hinaufkraxelten. Und dann natürlich, als der Tote gefunden wurde. Doch greifen wir nicht vor!

Wie das Leben so spielt und weil es bekanntlich die besten Geschichten selbst schreibt, sollte es nicht bei einer Hochzeit in San Pietro oberhalb von Arta Terme bleiben. Auch Camilieris Kollege Forza hatte sich im Zuge der Klärung des letzten Falls verliebt: in Eleonora, eine Assistentin am Kommissariat in Cividale. Diese wollte er zeitgleich mit der Vermählung seines Chefs in Arta Terme in den Stand der Ehe überführen, eine Doppelhochzeit also, die nur deshalb in dem kleinen Kirchlein Platz haben konnte, weil aus Sizilien kaum Publikum anreiste, auch die österreichische Delegation klein ausfiel, Forza schon Schwierigkeiten hatte, seine Mamma zur Teilnahme an der Hochzeit zu überreden, und generell keiner der Beteiligten ein Freund pompöser Feiern war – allen italienischen Usancen zum Trotz. Gewohnt wurde in einem Hotel im Ortsteil Piano d’Arta, dem Namen entsprechend noch ruhiger als der ruhige Rest des Kurorts.

Bevor die Truppe mit dem Padre, Forza wie gewohnt am Steuer, zum Parkplatz unter dem Bergkirchlein San Pietro hochfuhr, um die Örtlichkeit der Hochzeitszeremonie zu begutachten und sich vom Padre instruieren zu lassen, wo während der Feier welcher Schritt zu tun wäre, überquerte sie ein paar Hundert Meter südlich von Arta Terme auf einer Brücke den But. Das Flüsschen strömte von den Bergen her kommend durch das Tal, bis es in den Tagliamento mündete. Am anderen Ufer, auf jener Seite des But, wo auch die Therme lag, erstreckten sich knapp nach der Abzweigung auf die enge Bergstraße zum Kirchlein hinauf die Ausgrabungen von Zuglio.

Der Padre, ein hagerer Mann mit stechenden Augen, die einen scharfen Verstand verrieten, erklärte ungefragt und einem Reiseleiter nicht unähnlich: „Da drüben liegt Zuglio mit den Resten einer alten römischen Siedlung. In der Römerzeit war das eine bedeutende Stadt, deren Einfluss weit über die Stadtgrenzen hinausreichte. Von hier aus kontrollierte man eine wichtige Handelsstraße, die Via Julia Augusta, die Kaiser Augustus erbauen ließ und die von Aquileia nach Norden bis ins heutige Österreich führte. Ein Teil der Siedlung wurde ausgegraben, wie zum Beispiel das ehemalige Forum. Auch eine Therme wurde freigelegt. Ich möchte gar nicht wissen, welche Schätze da noch unter der Erde schlummern. Leider fehlt der Regierung immer dann das Geld, wenn es darum geht, unsere reichlich vorhandenen Geschichtsdenkmäler zu bewahren. Eine Schande, was da jüngst in Pompeji passiert ist! Mehr als zweitausend Jahre hat das antike Gladiatorenhaus überdauert, und heute, bei all der Technik, lässt man es so weit verfallen, dass es schlussendlich in sich zusammengestürzt ist. Typisch Süditalien: schlampig und korrupt!“

Camilieri verdrehte die Augen, schwieg um des Hochzeitsfriedens willen aber, obwohl es ihm sichtlich schwerfiel.

Das bemerkte der Padre gar nicht, so sehr hatte er sich in Rage geredet: „Aber da haben die Politiker vermutlich einiges mit den Touristen gemeinsam, die die Ausgrabungen meistens auch nur deshalb besichtigen, weil es sich halt so gehört. Dabei haben sie eigentlich nur das nächstgelegene Caffè im Sinn.“

Während der Padre ins Schimpfen über die Regierung, die Süditaliener und die Gäste des Landes geriet, meinte Camilieri zu Forza, der das Sträßchen hinaufbretterte, als führe er in der Rallye-Weltmeisterschaft um den Titel: „Langsam, wir sind ja nicht im Dienst und wollen den Tag unserer Hochzeit noch erleben.“

Zum Geistlichen sagte er, lediglich damit er irgendetwas sagte: „Sie kennen sich aber gut aus mit den alten Römern, Padre.“

„Das ist kein Wunder, mein Sohn“, erwiderte dieser, „schließlich reichen die Wurzeln unseres Glaubens bis in die Römerzeit zurück. Einer der Apostel war ein römischer Bürger: Paulus. Auf Italienisch Paolo, so heiße nebenbei bemerkt auch ich, doch ich bevorzuge die lateinische Version meines Namens.“

*

Nach der Rückkehr vom Bergkirchlein San Pietro und nachdem man den Padre vor dem Pfarrhaus aus dem Auto steigen lassen hatte, ließ Camilieri seinem Ärger freien Lauf. Er und Lydia, Forza und Eleonora saßen an der Hotelbar bei einem Espresso.

„Wenn der Pfaffe bei der Trauungspredigt auch nur ein schlechtes Wort über Süditalien verliert, dann stehe ich auf und gehe“, ärgerte er sich und warf mit einer gleichermaßen ausladenden wie abwertenden Handbewegung die Kaffeetasse um, die Gott sei Dank bereits ausgetrunken war. „Che polentone!“, setzte er noch grantig nach.

„Und was wird aus unserer Hochzeit?“, fragte Lydia.

„Dann heirate ich dich eben in Sizilien“, erwiderte Camilieri zuerst mürrisch, dann mit einem gewinnenden Lächeln, wie es nur Süditaliener von einer Sekunde auf die andere ins Gesicht zaubern können. Der laute Schepperer, den die Tasse beim Herabfallen auf den Steinboden verursachte, hatte die am Nachmittag im mehr oder weniger verlassenen Hotel – die Gäste wanderten durch den schönen Spätherbst oder badeten in der Therme – allein Dienst schiebende Chefin des Hauses herbeieilen lassen.

„Prego?“, fragte sie.

„Gut, dass Sie da sind“, überspielte Camilieri sein Missgeschick mit der Kaffeetasse, „wir sollten über das Hochzeitsmahl reden. Mein Kollege“ – er deutete auf Forzas stattlichen Bauch – „ist ein echter Feinschmecker und unsere Frauen“ – die nächste Handbewegung galt Lydia und Eleonora – „schätzen ebenfalls die Vorzüge der guten italienischen Küche.“

„Ma certo“, erwiderte die Frau des Hauses erfreut, „wir haben da zwei Möglichkeiten: Entweder wählen Sie aus unseren Spezialitäten der überregionalen italienischen und internationalen Küche, die großen Klassiker also, die alle kennen, auch die Gäste aus Österreich. Oder“, sie senkte die Stimme auf eine Lautstärke, die nach Verschwörung klang, der Tonfall sollte aber nur auf einen Geheimtipp einstimmen, „oder wir kochen für Sie tipicamente friulano.“

„Friulano“, antworteten Eleonora und Forza, beide in Cividale geboren und aufgewachsen und höchstens zum Einkaufen nach Udine oder Palmanova gekommen, gemeinsam mit der Österreicherin Lydia aus einem Mund. Die von Camilieri hingemurmelten Worte „überregional italienisch“ gingen im Antwortchor vollkommen unter.

„Fantastico!“, freute sich die Wirtin, „Bravo! Eine gute Wahl.“

Dann holte sie hinter der Bar ein Kochbuch von biblischem Format hervor und hievte es mit einem Schwung auf den Tresen, dass man kurzfristig um die Stabilität der in die Jahre gekommenen Holzkonstruktion zitterte. Alte Kochbücher konnten ein Gewicht auf die Waage bringen, das verstehen ließ, warum man Kutteln, fette Würste oder Bauchfleisch zu stärkenden Speisen verkochte. Allein zum Stemmen der Bücher benötigte man die daraus gewonnene Kraft …

Es begann ein Blättern und Gustieren, ein Betrachten von geschmackvollen Fotos, garniert mit einer intensiven Beratung durch die Chefin des Hauses, die zugleich der Küche vorstand. Dem Trend der Zeit folgend, schlug sie vor, der Speisenfolge die Schwere zu nehmen. So könnte man beispielsweise schwereren Antipasti einen leichteren ersten Gang folgen lassen, um beim zweiten wieder ein wenig deftiger werden zu können.

„Die Abwechslung zwischen ein wenig leichter und ein bisserl schwerer finde ich ausgezeichnet“, bestätigte Lydia.

In einem war man sich ebenfalls einig: Verlangte ein Rezept von alters her Pancetta, den italienischen Bauchspeck mit gehörig Fett, dann würde man dies nicht ändern, 21. Jahrhundert hin oder her. Kalorien zählen konnte man nach der Hochzeit lange genug. Schließlich kreierte man ein Festmenü, das sich schmecken lassen konnte (richtigerweise müsste man ja sagen: schmecken lassen hätte können, doch dazu später): Während der Wartezeit, bis auch der letzte Gast der Hochzeitsgesellschaft den Weg vom Bergkirchlein herunter gefunden hätte, sollte es beim Herumstehen im Foyer des Ristorante winzige würzige Fleisch-, Gemüse- und Reisbällchen auf kleinen Spießchen geben. Dazu Prosecco di Valdobbiadene – natürlich DOCG, Denominazione di Origine Controllata e Garantita. Und für die Österreicher, die Chefin verzog das Gesicht und machte eine Miene, als rede man von Urwaldafrikanern, nein, von Leuten vom Mond, obwohl die Grenze zur Alpenrepublik keine Dreiviertelstunde mit dem Auto entfernt lag, für die Österreicher zur Überbrückung der Wartezeit Birra.

„Gösser“, sagte die Chefin dann doch ein wenig stolz, weil sie die bekannte österreichische Biermarke in ihrem Ristorante führte, und schaute erwartungsvoll zu Lydia. Die zählte aber eindeutig zur Prosecco-Fraktion.

„Prosecco“, freute sich auch Eleonora, „e molto buono.“

Camilieri, durstig und ein wenig sauer, weil man ihn vorher überstimmt hatte, bestellte als Einziger eine Kostprobe des Bieres, während die anderen die Einladung der Wirtin auf ein Gläschen des Prosecco erfreut annahmen.

Vor dem eigentlichen Mahl würde man in weiterer Folge ein wenig gekochtes Gemüse servieren, das sich jeder am Tisch nach Geschmack, Lust und Laune mit Olio extra vergine di Oliva aus Umbrien, Aceto balsamico di Modena und etwas Sale marino marinieren konnte. Dann sollten Prosciutto di San Daniele, Montasio-Käse und Oliven als Antipasti folgen. Die Nudeln des ersten Ganges würden mit Salsiccia, typisch friulanischer Wurst, und erntefrischen Tomaten zubereitet werden. Für den Hauptgang beabsichtigte die Wirtin Anleihen beim wichtigsten Fest der Christenheit, Pasqua, zu nehmen und empfahl Zicklein.

„Dieses Gericht“, erklärte sie, „wird mit frischem Rosmarin und Knoblauch geschmort. Es kommt normalerweise nur zu Ostern auf den Tisch. Aber eine Hochzeit ist ja auch ein Neubeginn, also so etwas wie eine Auferstehung.“

Bevor eine Nachfrage möglich war, wie das denn gemeint sei, präsentierte die gute Frau auch schon die Vorschläge für die Dolci: Torten, Kuchen und Kekse. Und als Krönung Cassata siciliana, eine Festtagstorte aus Sizilien, zu Ehren des von der Insel stammenden Bräutigams als große Ausnahme in der ansonsten friulanischen Speisenfolge. Feinstes Biskuit wurde dafür mit zuckergesüßter Ricotta gefüllt, unter die man Likör, Schokoladestückchen und kandierte Früchte mengte, darüber eine Haube aus Panna mit Vanillezucker.

„Commissario“, schloss die Hotel- und Küchenchefin mit Begeisterung, „das wird Ihnen, Ihrer Braut und Ihren Gästen schmecken. Und natürlich auch dem Signor Forza und – noch darf ich so sagen – der Signorina Eleonora.“

Zu diesem Zeitpunkt wusste es niemand und es hätte wohl die gute Stimmung gestört: Bis man das Mahl veramente genießen konnte, sollte wesentlich mehr Zeit vergehen als geplant.

*

Nach dem Genuss von Prosecco und Bier beschlossen die zukünftigen Bräute und Bräutigame, einen abendlichen Spaziergang zu unternehmen, um in der frischen Bergluft den Tag ausklingen zu lassen.

Platz zum Spazieren gab es genug, denn obwohl Arta Terme nur rund zweitausendzweihundert Einwohner zählte, erstreckte sich die Gemeinde über eine beträchtliche Fläche. Im und um den Ort dominierten sattgrüne Wiesen, ringsum gab es viel, viel Wald und in einem großen Halbkreis um das Tal hohe Berge, von deren Gipfeln bereits im Oktober der erste Schnee weiß herableuchtete. Einige Ortsteile wie das Zentrum selbst oder das erwähnte Piano d’Arta, wo Camilieri und Co Quartier bezogen hatten, verströmten mit ihren Hotels und der Nähe zur Therme den mondänen Charme eines ein wenig in die Jahre gekommenen Kurortes, was besonders Lydia gefiel. Denn als Historikerin konnte sie sich gut hineinversetzen in die Zeit, als der Kurort seine letzte Hochblüte erlebt hatte: Bürger aus ganz Norditalien waren hierher gekommen, weil sie sich Linderung ihrer Leiden erhofften. Man spazierte und diskutierte, man kommentierte das öffentliche Leben und erholte sich gleichzeitig davon. Unter ihnen war der Freimaurer und Dichter Giosuè Carducci gewesen, der, so glaubte sich Lydia zu erinnern, sogar mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet worden war. Das bestätigten dann auch eine Tafel und eine Statue des Dichters in einem kleinen Park unweit des Hotels.

Verstecktes Herzstück des Ortes aber war die Therme, an der die vier ebenfalls vorbeischlenderten. Auffallend hier mitten in Karnien waren besonders die spitzen Türmchen am Dach, die ein wenig an asiatische Pagoden erinnerten und im Ort anscheinend Schule gemacht hatten. Denn immer wieder entdeckten sie Dächer, die an die Türmchen der Therme erinnerten, so auch beim Hotel, in dem die Hochzeiter nächtigen und feiern wollten. Im Gegensatz zu anderen Bädern herrschte die Therme hier aber nicht über den Ort, sondern sie schien sich geradezu verschämt unten im Tal des But zu verstecken. Historisch wertvoller als die Therme, darauf wies natürlich wieder Lydia hin, waren die Kirchen des Ortes, darunter einige Kapellen aus dem 15. Jahrhundert, wie die Heiliggeistkapelle und die Kapelle des heiligen Nikolaus. Damit hatte sicher auch der historisch interessierte Padre seine helle Freude.

Irgendwie erweckte Arta Terme insgesamt in Claudio Camilieri den Eindruck, einmal mit erheblichen Mitteln aus dem Boden gestampft und dann von den Bewohnern wieder in den Schlaf gewiegt worden zu sein. Die Hinweistafeln zu den Wanderwegen durch Ort und Umgebung waren zwar exakt, aber grau und verwittert. Die Läden vieler Häuser waren geschlossen und auf den Fassaden zu viele Vendesi-Schilder zu lesen. Vielleicht lag es einfach an der Jahreszeit, in der er und Forza in Arta Terme heiraten wollten: Spätherbst, zwar mit dem schönsten Wetter, das man sich vorstellen konnte, aber eben keine Ferienzeit. Die markanten Berggipfel ringsum stachen schroff in einen blauen Himmel, den kein Wölkchen trübte. Man ahnte, dass es nicht mehr lange so bleiben und bald die Herbststürme mit Kälte und Regen übers Land ziehen würden.

*

Geraume Zeit nach Mitternacht hämmerte es an Camilieris Zimmertür. Bis der Commissario aus dem Schlaf fand, dauerte es. Lydia erwachte schneller und rüttelte ihren Bräutigam fest an den Schultern. „Wach auf, Claudio, da ist jemand an der Tür.“

„Chiuso“, murmelte der Angesprochene im Halbschlaf, bevor er sich abrupt aufrichtete. „Eh, was soll das?“, schimpfte er dann laut in Richtung Tür. „Hast du keine Uhr?“

„Commissario“, tönte es von draußen, „machen Sie auf! Ein Notfall!“

„Ist den Zechern an der Bar der Wein ausgegangen?“, fragte Camilieri grantig.

„Nein … viel schlimmer … tot“, drang es durch die Tür.

Leise flüsterte Camilieri Lydia ins Ohr: „Scusi, Bella, ich befürchte, ich muss einmal kurz nachsehen, was da draußen los ist.“ Laut rief er zur Tür, während er in seine Hose schlüpfte: „Tot? Wer ist tot?“

Vor der Tür wurde es still, statt einer Antwort Schweigen. Camilieri, der sich inzwischen auch ein Hemd übergestreift hatte, riss die Tür auf und blickte dem Dorfpolizisten in die Augen.

„Also, was ist los?“, herrschte er ihn an.

„Commissario“, antwortete der Beamte der Polizia municipale, „in der Therme wurde ein Toter gefunden.“

„Das ist schlecht, aber nicht meine Angelegenheit. Ich bin im Urlaub“, erwiderte Camilieri forsch und wollte die Tür wieder schließen.

„Ich weiß, Commissario“, entgegnete der örtliche Polizist, „es tut mir auch leid, Sie zu stören. Wo Sie doch übermorgen heiraten wollen. Aber Sie sind von der Kripo – und Sie sind hier. Ihre Kollegen in Tolmezzo, die eigentlich zuständig wären, gehen nicht und nicht ans Telefon.“

„Hm.“

„Und für die Spurensicherung brauchen wir einfach einen Profi am Tatort.“

Camilieri dachte kurz nach. „Stimmt“, meinte er dann. „Was man am Anfang nicht begutachtet und bewertet, ist unwiederbringlich verloren. Warten Sie eine Minute, ich komme mit Ihnen.“ Er ging zurück zum Bett und drückte Lydia einen Kuss auf die Lippen. „Ich bin so schnell wie möglich zurück, das verspreche ich.“

Lydia seufzte: „Ich bin schon zufrieden, wenn du unseren Hochzeitstermin schaffst.“

Ohne zu antworten, stürmte Camilieri aus dem Zimmer und eilte zu Forzas Tür. Er klopfte heftig und rief: „Aufwachen, Forza, es gibt Arbeit!“

Ein paar Minuten später sprangen die drei in den Alfa, der am Hotelparkplatz abgestellt war. Forza hinters Steuer, daneben auf den Beifahrersitz Camilieri und auf die Rücksitzbank der Beamte der Polizia municipale, der sie aus dem Bett geholt hatte. Der Mond tauchte das Gelände in fahles Licht, was sich schlagartig änderte, als Forza den Motor anließ und ungeachtet der Straßenverkehrsordnung, die für Ortsgebiet Abblendlicht vorsah, die Scheinwerfer einschaltete und aufblendete.

Als der Alfa mit quietschenden Reifen aus dem Parkplatz bog, wurde dem Dorfpolizisten im Fond rasch klar, warum Aufblendlicht: Schon nach ein paar Hundert Metern Fahrt, beim Einbiegen in die Viale delle Terme, brach aufgrund der Geschwindigkeit das Heck des Alfa aus. Doch Forza fing den Wagen geschickt ab. Nach rund dreihundert Metern in der schnurgeraden Straße, die vom höher gelegenen Ortsteil Piano d’Arta zum Fluss hinunterführte, hatten die Ermittler bereits hundert Sachen drauf. Dem Dorfpolizisten erstarrte das Antlitz zu Eis – sonst schrieb er an dieser Stelle bereits bei sechzig Stundenkilometern saftige Strafmandate. Und die Anrainer der abschüssigen Gasse dürften Forza mit seinem grellen Scheinwerferlicht und dem lauten Motorenlärm, die er ihnen durch die Fenster in die Schlafzimmer schickte, ohnehin von ganzem Herzen verflucht haben.

An der Kreuzung mit der Strada statale 52 bis Carnica, der Hauptstraße durch das Tal des But, lenkte Forza scharf nach links, wieder mit ausbrechendem Heck, um unmittelbar darauf in die Zufahrtsstraße zur Therme rechts wegzubiegen. Eine scharfe Kehre noch, mit leicht abhebenden Rädern ging es über die Brücke des Flusses und Forza stellte den Wagen direkt vor dem Eingang ins Thermalbad ab.

„Bene!“, lobte der Commissario, „das ging ja wirklich professionell.“

Nach einem zufälligen Blick auf Forzas Unterschenkel, den die Hose beim Aussteigen kurzfristig freigab, lachte Camilieri auf und fügte hinzu: „Besser als das Anziehen!“

Forza verstand nicht sofort. Erst nachdem der andere auf seine Füße gedeutet hatte, erkannte er das Malheur: Da hatte er doch glatt zwei verschiedenfarbige Socken erwischt!

„Merda“, murmelte er, „das kommt von der Hetzerei.“

Und Camilieri schoss durch den Kopf, dass Eleonora wohl noch ein gutes Stück Arbeit mit ihrem Giuseppe haben würde. Nur der Dorfpolizist dachte nichts. Seinem Gesicht fehlte nach dem Aussteigen völlig die Farbe, es glich den Nebelfetzen, die im bleichen Mondlicht gespenstisch vom Wasser des But aufstiegen.

*

In der Zwischenzeit herrschte in der Therme bereits Chaos. Menschen liefen wild durcheinander, ein Sinn, gar eine Struktur hinter ihrem hektischen Tun war nicht zu erkennen. Camilieri schnappte sich als Ersten den Nachtwächter, der – obwohl es eine weitere Befragung werden dürfte – erstaunlich gelassen dasaß und der Dinge harrte, die bis zu seinem wohlverdienten Frühstück noch kommen sollten.

„Sie haben die Leiche also gefunden“, begann der Commissario.

„Sì“, bestätigte der Mann.

„Wie lange waren Sie zu dem Zeitpunkt schon in der Therme?“

„Eine gute Viertelstunde, schätze ich.“

„Ist Ihnen vorher irgendetwas aufgefallen? War etwas anders als sonst?“

„No.“

„Denken Sie bitte genau nach, jede Kleinigkeit kann von Bedeutung sein.“

„Nein, Commissario, es war alles wie sonst. Obwohl … “, der Nachtwächter zögerte.

„Ja? Was obwohl?“

„Ein Fenster war offen. Ich bemerkte es an der Zugluft.“

„Zeigen Sie mir das Fenster!“ Und zu Forza sagte er: „Kommen Sie mit, Kollege.“

Der Nachtwächter führte die beiden zu dem Fenster und erklärte: „Hier, dieses Fenster war offen. Ich spürte gleich beim Hereinkommen Zugluft. Das ist aber nichts Besonderes. Jede zweite Nacht ist hier irgendwo ein Fenster geöffnet. Die Badegäste machen es tagsüber auf, wenn die Hitze zu groß wird oder die Luft schlecht ist, und das Personal merkt es beim Zusperren nicht.“

Vorsichtig, um nicht eventuell vorhandene Spuren zu zerstören, trat der Commissario an das Fenster heran und schaute hinaus.

„Viel sieht man nicht. Wir werden uns das Ganze nach Tagesanbruch von draußen anschauen“, sagte er zu Forza.

„Und was haben Sie dann gemacht?“, setzte dieser die Befragung des Nachtwächters fort.

„Na, das Fenster geschlossen“, antwortete der Mann leicht genervt.

„Und dann?“, drängte Forza.

„Dann habe ich meinen Rundgang fortgesetzt. Wie jede Nacht.“

„Dabei ist Ihnen nichts mehr aufgefallen?“

„Nein, alles war wie immer. Bis ich in die Halle mit dem Schwimmbecken gekommen bin. Da habe ich auf der Wasserfläche etwas treiben sehen.“

„Sonst war nichts anders?“, insistierte Forza. „Nicht die kleinste Kleinigkeit?“

„Na ja“, meinte der Nachtwächter nach einer kurzen Nachdenkpause, „es hat hier herinnen so komisch gerochen.“

„Wie – komisch?“

„Nach Verwesung. Zusätzlich zum Schwefelgeruch, der vom Wasser aufsteigt.“

Commissario Claudio Camilieri pfiff durch die Zähne. Er sagte zu Forza: „Wissen Sie, was das bedeutet?“

Ohne eine Antwort abzuwarten, fuhr er fort: „Das bedeutet, dass unser Toter da gar nicht mehr frisch ist.“

„Sie meinen also, dass er woanders ermordet und erst danach hierher verfrachtet wurde?“, fragte Forza nach, ob er den Commissario richtig verstanden habe.

„Wenn er denn ermordet wurde“, antwortete Camilieri. „Es war ja noch nicht einmal ein Pathologe da. Wir kennen die Todesursache also nicht.“

„Alles andere als ein Mord kommt wohl kaum infrage. Oder glauben Sie, er wäre irgendwo da draußen eines natürlichen Todes gestorben und dann hereinspaziert, um in der Therme endgültig unterzutauchen?“

Camilieri lachte kurz auf: „Sehr wahrscheinlich ist es nicht, zugegeben. Aber bevor wir keine Gewissheit haben, darf nichts von Vornherein ausgeschlossen werden.“

„Stimmt. Trotzdem fällt mir keine andere Möglichkeit ein. Es ist wohl auch schwer vorstellbar, dass er draußen eines natürlichen Todes gestorben ist und heute Nacht von irgendwem hereingetragen und ins Wasser gelegt wurde. Warum sollte man das tun?“

„Ja, ja, Sie haben ja recht, Forza“, sagte der Commissario, „ich wollte lediglich ausdrücken, dass wir keine vorschnellen Schlüsse ziehen sollten.“

„Und im Wasser ertrunken kann er auch nicht sein“, dachte Forza weiter laut nach, „denn gestern war die Therme geöffnet. Wie aber die gute Nase unseres Wachmannes hier bestätigt hat und man auch jetzt unschwer feststellen kann“ – er rümpfte die Nase –, „muss er schon länger tot sein als ein paar Stunden. Sonst würde er ja nicht so streng riechen.“

„Gut“, gab sich Camilieri gegenüber der Logik seines Kollegen geschlagen, „gehen wir also davon aus, dass er vor einiger Zeit irgendwo da draußen ermordet wurde. Stellt sich also die Frage, warum irgendjemand das Risiko in Kauf nahm, beim Versuch entdeckt zu werden, die Leiche hierher zu transportieren. Warum hat er sie nicht in den Wäldern, die sich ringsum erstrecken, gefahrlos verscharrt? Oder einfach liegen gelassen? Bis ein Jäger oder ein Schwammerlsucher sie gefunden hätte, könnten Monate vergehen.“

„Diese Frage ist berechtigt, Commissario. Warum schleppt man sein Opfer einige Tage nach der Tat an einen Platz, wo eine Entdeckung ziemlich wahrscheinlich ist?“

„Weil man will, dass es entdeckt wird.“

„Das könnte man auch einfacher haben“, gab Forza zu bedenken.

Camilieri ergänzte: „Weil man will, dass das Opfer entdeckt wird, und gleichzeitig irgendetwas damit ausdrücken möchte.“

„Ausdrücken?“

„Ja, beispielsweise eine Warnung mitschicken: Ihr anderen, passt auf, dass es euch nicht gleich ergeht! Forza, wir sollten, sobald es hell wird, den Platz vor dem Fenster inspizieren. Vorher brauche ich aber dringend einen Caffè.“

„Den könnte ich auch vertragen“, bestätigte Forza und rief in die Runde, in der Beamte der Polizia municipale, vom Unglück benachrichtigte Thermenführungskräfte und der Chef des Nachtwächters hektisch durcheinanderredeten und planlos durch die Gegend eilten:

„Gibt’s hier irgendwo Caffè?“

„Könnte ich vielleicht auch einen haben?“, meldete sich der Nachtwächter schüchtern zu Wort. „Oder kann ich schon gehen?“

„Sie müssen noch hierbleiben“, antwortete Camilieri, „bis Sie uns das Fenster, das geöffnet war, von außen gezeigt haben.“

Der Nachtwächter seufzte.

Camilieri verspürte Mitleid: „Aber einen Caffè können Sie natürlich mit uns trinken. Falls wir hier überhaupt einen kriegen.“

*

In der Therme dampfte nicht nur das heiße Wasser, auch die Köpfe der Ermittler rauchten. Und der Magen des Nachtwächters knurrte. Caffè hatte man zwar auftreiben können, aber von einem Cornetto keine Spur.

Völlig anders zeigte sich die Lage im friedlichen Rest von Arta Terme. Tiefe Nachtruhe lag über dem Ort. Alle schliefen. Oder, besser gesagt: die meisten. Der Padre beispielsweise war munter. Wer jetzt glaubt, der fromme Mann Gottes betete vielleicht einen Rosenkranz, der irrt. Nein, der Padre nutzte die Stunden der Nacht, um seiner wahren Leidenschaft nachzugehen, dem, was er als seine eigentliche Berufung verstand. Tagsüber hatte er wenig Zeit dafür, ständig störte jemand. Einmal starb einer aus der überalteten Kirchengemeinde, dann stand wieder ein Fest im Jahreskreis vor der Tür, derzeit kam noch die Doppelhochzeit der beiden Kriminalpolizisten aus Cividale dazu. Herrgott, hatten die in der Langobardenstadt denn keine eigenen Kirchen zum Heiraten? Doch jetzt in den Nachtstunden quälte ihn das aber kaum. Jetzt war es Zeit, um den archäologischen Studien nach Herzenslust nachzugehen. Der Padre tauchte tief in die Welt der Griechen und Römer ein. Er las alte Texte und freute sich über manches Stück aus diesem verschwundenen Kosmos, das er sein Eigen nennen durfte: eine kostbare Gewandfibel aus dem alten Rom oder eine Münze mit dem Porträt des Kaisers, in dessen Regierungszeit sie geprägt worden war. Santa Vergine Maria, dachte er und ließ den Sesterz von Kaiser Augustus behutsam durch seine Finger gleiten. Diese Münze war zweitausend Jahre alt! Was war mit ihr damals wohl bezahlt worden? Wein in der Taverne? Brot und Bohneneintopf? Oder gar Liebesdienste in einem Bordell? Der Padre schmunzelte und dankte dem Herrn, dass er ihn ausgerechnet nach Arta Terme berufen hatte, wo eine alte Römerstadt in unmittelbarer Nachbarschaft lag. Wahre Schätze konnte man da in den Ausgrabungsstätten bestaunen, wahre Schätze schlummerten da noch unter der Erde.

Eine andere schlief ebenfalls nicht: die Wirtin und Küchenchefin des Hotels, in dem in wenigen Stunden eine Doppelhochzeit gefeiert werden sollte – das war schon sehr, sehr lange nicht mehr da gewesen. Für die Vorbereitungen des Hochzeitsmahls eigneten sich die ruhigen Nachtstunden hervorragend. Da war man ungestört, da konnte man mit aller Sorgfalt in der Küche arbeiten, während tagsüber laufend wer was wollte. Eine Reservierung hier, eine Auskunft dort, frische Leintücher für den Bettwäschewechsel, dazwischen schnell die Einkäufe für die Küche, danach ein Espresso für den ersten Lieferanten des Tages, bevor dieser weiterfuhr, ein freundliches Lächeln für den nächsten … mit einem Wort: Tagsüber gab es kein kreatives Umfeld für die Küchenkunst, das herrschte erst während der Ruhe der Nacht. Und so widmete sie sich nun den Vorbereitungen für das festliche Mahl, modellierte an den süßen Kunstwerken der Dolci, rührte, marinierte, parierte und filetierte, was demnächst auf den Festtagstisch kommen sollte. Das war wichtiger, als zu schlafen.

Andere wieder schliefen tief und fest. Lydia beispielsweise, die, in Leintuch und Decke gekuschelt, vor sich hin träumte. Wild vermischten sich Erinnerungen mit Befürchtungen. Erinnerungen daran, wie sie Camilieri kennengelernt hatte, als er sie aus den Fängen des Phantoms befreit hatte. Erinnerungen an den Espresso, bei dem der Funke zwischen den beiden übergesprungen war. Erinnerungen an die erste gemeinsame Nacht hoch oben unter dem Dach des Berggasthofs in Sauris. Befürchtungen, ob der Kulturunterschied zwischen dem Sizilianer, auch wenn er jetzt in Cividale lebte, und ihr, der Österreicherin, nicht zu groß sein würde. Sicher, wäre sie nicht überzeugt davon, dass Claudio der Rechte war, hätte sie niemals nur knapp zwei Monate nach der ersten Begegnung schon einer Hochzeit zugestimmt. Aber war der erste Eindruck immer der richtige? Wie würde sich das gemeinsame Leben gestalten, wenn der eine im Friaul Verbrecher jagte, die andere in Österreich ihren historischen Forschungen nachging? Würden gemeinsam verbrachte Wochenenden genügen, um die Beziehung stabil zu halten? Dazu gelegentliche Urlaube zu zweit? Andererseits, sie kannte genug Ehen, in denen die Partner Tag für Tag aneinanderklebten und die trotzdem – oder deshalb? – nicht funktionierten. An ein Aufgeben des Berufs dachte auf jeden Fall keiner der beiden. Für Claudio käme das sowieso nicht infrage, er war zu sehr Südländer. Und sie? Sie war ein viel zu emanzipiertes Kind der 68er-Nachfolgegeneration, um für Heim und Herd ihren Job an den Nagel zu hängen. Nein, das mussten sie auf andere Art und Weise hinkriegen. Gemeinsam vor Ort ließen sich die Probleme ja relativ leicht lösen. Am Telefon freilich, wenn sie in Graz sitzen würde und er in Cividale, würde es schon wesentlich schwieriger werden …

Auch Eleonora schlief in dieser Nacht. Vermutlich besser als Lydia, weil sich ihr das Ferneheproblem nicht stellte. Im Gegenteil: Giuseppe lebte in Cividale, sie lebte in Cividale, beide arbeiteten im Kommissariat Tür an Tür – sie als Assistentin in der Vermittlung, er als Adlatus des Commissario. Da könnte höchstens zu viel Nähe zum Problem werden, doch davor hatte sie keine Angst. Italienische Frauen liebten die Nähe! Angst verspürte sie eher vor Giuseppes Mutter, die in ihr immer noch den Störenfried sah, der der armen Mamma den Figlio wegnehmen wollte. Völliger Blödsinn! Ein großer, kräftiger Kerl wie ihr Giuseppe sollte doch Mann genug für zwei Frauen sein – für sie, Eleonora, seine fürsorgliche und liebende Ehefrau, und für die andere, Elisabetta Forza, seine fürsorgliche und liebende Mutter.

Diese andere, die Mutter Giuseppe Forzas, schlief ebenfalls in dieser Nacht. Aber nicht in Arta Terme, sondern zig Kilometer entfernt daheim in ihrer kleinen Wohnung in Cividale. Sie sollte erst am nächsten Vormittag mit ihrem Bruder Giorgio anreisen – am Tag vor der Hochzeit, die Brautleute hatten das so gewünscht! Da steckte sicher Giuseppes Zukünftige dahinter! Manchmal hatte sie sie in Gedanken schon als Tipa, eine Tussi, bezeichnet, wofür sie sich schämte. Einmal hatte sie es auch gleich gebeichtet, aber es passierte ihr immer wieder. Bei der Vorstellung, dass also diese Tipa in Kürze ihre Schwiegertochter werden sollte, wälzte sie sich im Schlaf. Und sie, die Mamma, würde dann nur mehr die zweite Geige spielen. Bei den sonntäglichen Ausflügen mehr geduldet als erwünscht, an den Festtagen zwar eingeladen, aber nur weil es sich so gehörte. Von Herzlichkeit keine Spur! Wer konnte es der guten Frau verdenken, dass sie angesichts dieser Sorgen und der bevorstehenden Fahrt nach Arta Terme schlecht schlief in dieser Nacht. In Wahrheit war sie erleichtert, als sie vom nächsten Bauernhof, der in dem kleinen Städtchen Cividale nicht weit entfernt lag, den Hahn krähen hörte und endlich aufstehen durfte.

*

Ob Camilieri und Forza in der Therme drinnen einen Hahn krähen hörten, wissen wir nicht. Möglich wäre es ohne Weiteres, denn auch in Arta Terme lagen die Bauernhöfe nicht weit vom Zentrum des Ortes entfernt. Sehr wahrscheinlich war es angesichts des Lärms und der Hektik, die herrschten, allerdings nicht. Man hatte zwar endlich die eigentlich zuständigen Kollegen in Tolmezzo erreicht, doch die hatten ein wenig übernächtig geklungen, so als wären sie nicht aus dem Schlaf geschreckt worden, sondern noch gar nicht im Bett gewesen. Dabei war gar kein aktueller Fall aus deren Rayon bekannt. Und natürlich waren sie noch nicht da, wahrscheinlich noch nicht einmal weggefahren, obwohl sie ins Telefon mehr gegrunzt als gesprochen hatten, sie würden sich unverzüglich auf den Weg machen.

Camilieri war das mittlerweile egal, die Nacht war ohnehin schon versaut … Inzwischen hatte sein kriminalistischer Instinkt längst von ihm Besitz ergriffen. Er war jetzt ganz Bulle, der nicht eher ruhen würde, bis er den Fall gelöst und den oder die Verantwortlichen für die Sauerei in der Therme dingfest gemacht hatte. Was er nicht wusste, war, wie sich das mit seinen Hochzeitsplänen in Einklang bringen lassen und wie er den Kollegen aus Tolmezzo näherbringen würde, dass er mit deren Auftauchen längst nicht von der Bildfläche zu verschwinden gedachte.

Forza quälten andere Sorgen. Die Idee vom Cornetto zum Caffè, die ihm der Nachtwächter ins Ohr gesetzt hatte, hatte sich in ihm so einzementiert, dass er die gesamte Therme nach einem Kühlschrank, einem Selbstversorgerautomaten oder irgendetwas Ähnlichem durchsuchte, das die gewünschte Begleitung zum Getränk enthalten könnte. Oder zumindest etwas Vergleichbares, er war inzwischen nicht mehr wählerisch.

Als er auf seinem Rundgang wieder einmal Camilieri über den Weg lief, der glaubte, Forza sei in Sachen Spurensuche und -sicherung unterwegs, sagte dieser: „Forza, mir scheint, es dämmert draußen. Wir sollten die Stelle vor dem Fenster in Augenschein nehmen, das vorhin laut unserem Kollegen da geöffnet war.“ Dabei zwinkerte er dem Nachtwächter zu, der sich angesichts der Titulierung als Kollege durch einen echten Commissario geschmeichelt fühlte. „Am besten Sie kommen mit und zeigen uns die Stelle! Sie kennen sich hier eindeutig besser aus als wir.“

Der Nachtwächter ging voran, Camilieri und Forza im Schlepptau. Sie durchquerten das Foyer und begaben sich in die Nachtluft, die zu dieser Jahreszeit trotz schöner Tage bereits empfindlich kalt war und langsam dem kaum weniger kühlen Morgen Platz machte. Der Nachtwächter führte sie zu dem Platz, wo sich das Fenster befand. Knapp davor hielt Camilieri ihn und Forza an den Ärmeln zurück.

„Vorsicht! Vielleicht gibt es Spuren auf dem Boden. Dieses Fenster stand gestern bei Ihrem Rundgang also offen?“, fragte er noch einmal. „Sì, Commissario“, bestätigte der Nachtwächter mit Engelsgeduld.

Forza hatte sich inzwischen gebückt und untersuchte den Rasen, der rund um das Fenster eigentlich mehr Erde als Wiese war. Doch die Schäden in der Grasnarbe waren alt und vertrocknet.

„Der Rasen hier ist ziemlich hinüber. Durch die lange Trockenheit ist die Erde hart wie Beton, da dürfte man kaum Spuren finden.“

„Wäre auch zu schön gewesen“, brummelte Camilieri. Er inspizierte das Fenster und analysierte: „Wenn der Täter die Leiche wirklich durch dieses Fenster in die Therme gebracht hat, dann muss er ordentlich bei Kräften sein. Das Fenster ist rund eineinhalb Meter hoch. So hoch muss man einen Körper erst einmal stemmen.“

„Oder es waren zwei“, gab Forza zu bedenken.

„Möglich, zu blöd, dass der Boden so trocken ist. Sonst hätten wir zumindest diese Frage schnell geklärt.“

„Wir kennen ja noch nicht einmal die Identität des Opfers“, bremste Forza.

„Stimmt“, sagte Camilieri und fragte den Nachtwächter: „Haben Sie eigentlich einen genaueren Blick auf die Leiche geworfen? Kennen Sie den Toten?“

„No, Commissario, noch nie gesehen. Aber ich habe auch nicht genau geschaut und gleich die Polizia gerufen.“

„Ja, ja, das haben Sie schon richtig gemacht“, beschwichtigte Camilieri.

„Wir sollten trotzdem die Spurensicherung auf das Fenster ansetzen“, schlug Forza vor, den Gesprächsfaden von vorhin aufnehmend.

„Das sollen die Kollegen aus Tolmezzo tun. Ich bin überzeugt, dass wir bei dem Fenster nichts Brauchbares mehr finden werden.“

„Gehen wir also wieder rein?“, fragte der Nachtwächter, dem in der Morgendämmerung langsam kalt wurde.

„Sì“, antwortete Camilieri, „hier ist die Party vorbei.“

Plötzlich bückte sich Forza noch einmal und meinte beiläufig: „Das würde ich nicht sagen, Commissario! Schauen Sie, was ich gefunden habe!“

Er hockte am Boden und streckte den beiden seine Hand entgegen. Zwischen Daumen und Zeigefinger hielt er ein kleines schwarzes rundes Gebilde.

„Was ist das?“

„Ein Knopf!“, antwortete Forza immer noch von unten.

„Ein Knopf?“, fragte Camilieri ungläubig, bis er zu verstehen begann: „Sie glauben, der gehört dem Täter?“

„Möglich wäre es schon“, sagte Forza und erhob sich. „Vielleicht hat er ihn verloren, als er die Leiche durch das Fenster ins Innere der Therme bugsierte. Dafür musste er sich sicher an der Hausmauer anlehnen, da könnte der Knopf abgerissen sein.“

„Hm“, meinte Camilieri nachdenklich, „dann hätten wir ja so etwas wie eine erste Spur.“ In verschwörerischem Tonfall fügte er hinzu, wobei er vor allem den Nachtwächter mit eindringlichem Blick fixierte: „Vorerst kein Wort davon zu den Kollegen aus Tolmezzo, ist das klar? Sonst wird alles nur noch komplizierter!“

Der Nachtwächter nickte beflissen und fragte: „Kann ich jetzt gehen?“

Camilieri sagte: „Was meinen Sie, Forza, kann er gehen?“ Forza meinte lakonisch: „Er hat uns schon viel geholfen.“ Und mit einem Blick auf die Uhr fügte er hinzu: „Außerdem dürfte sein Dienst längst zu Ende sein.“

„Nun denn“, sagte Camilieri zum Nachtwächter, „gehen Sie ruhig. Und danke!“

Das war wirklich ungewöhnlich an diesem frühen Morgen in Arta Terme: dass sich ein Commissario für etwas bedankte, das per Gesetz ohnehin zu tun gewesen wäre, nämlich in einem – vermutlichen – Mordfall als Zeuge Rede und Antwort zu stehen.

Als sich der Nachtwächter außer Sichtweite befand, legte Camilieri seinen Arm väterlich um Schulter und Nacken seines Kollegen: „Forza, wir haben ein Problem.“

„Ich weiß: eine Leiche und eigentlich keine Zuständigkeit, um in diesem Fall zu ermitteln. Aber das hat Sie ja noch nie gestört.“

„Das meinte ich nicht. Ich dachte an unsere Frauen. Wie sagen wir es ihnen?“

*

Als die Sonne über dem Bergkirchlein San Pietro aufging und ihre Strahlen das zu Füßen liegende Arta Terme streiften, wussten bereits viele von dem Toten in der Therme. Der Padre beispielsweise. Gläubige, die die Frühmesse besucht hatten, hatten ihm davon erzählt. Der Padre reagierte, wie man es von einem Mann Gottes erwarten durfte: Er schloss das bedauernswerte Opfer in die Fürbitten ein, ungeachtet der Tatsache, dass die Gottesdienstbesucher weder dessen Herkunft noch Rang oder Religionszugehörigkeit, ja nicht einmal die Hautfarbe kannten, die seit dem Flüchtlingsansturm in Lampedusa auch in Norditalien eine immer bedeutendere Rolle spielte. Wenn einen aber der Herr heimholte, dann zählte das alles nicht mehr …

Die Hotelchefin hatte ebenfalls schon vom Unglück gehört, und zwar vom Bäcker, der die Panini und Cornetti für das Frühstück der Gäste lieferte. Er wusste es von seiner Freundin, die im Wellnessbereich der Therme, dem Centro Benessere, arbeitete. In einem Rundruf hatte das Management des Hauses die Mitarbeiter noch vor Sonnenaufgang telefonisch davon informiert, dass sie sich heute mehr Zeit mit dem Frühstück lassen konnten. Das Heilbad bleibe aus nachvollziehbaren Gründen bis auf Weiteres geschlossen, der Dienstplan sei null und nichtig.

Ausgehend von den Thermenbediensteten war in Kürze der ganze Ort über die nächtlichen Vorkommnisse im Bilde. Jeder kannte jemanden, der jemanden kannte, der von der Schließung der Therme betroffen war. Ein ähnliches Szenario wie damals, als Giosuè Carducci den Nobelpreis für Literatur erhalten hatte: „Hast du schon gehört? Der bärtige Dichter, der damals den Sommer bei uns verbrachte, ist Nobelpreisträger … “ Die Mundpropaganda funktionierte in Dörfern eben ausgezeichnet, damals wie heute.

*

Zum Frühstück kehrten Camilieri und Forza ins Hotel zurück. In der Zwischenzeit waren die Kollegen aus Tolmezzo endlich eingetroffen und begannen sich mühsam zu erarbeiten, was Camilieri aufgrund seiner Beobachtungs- und Kombinationsgabe längst wusste: dass der Fundort der Leiche nicht der Tatort sein konnte, dass das Opfer schon länger tot sein musste, dass die Leiche durch ein Fenster in die Therme geschafft worden war, dass der Täter bei diesem Manöver einen schwarzen Knopf verloren hatte. Letzteres freilich nur mehr vermutlich, denn theoretisch konnte der Knopf bereits lange unter dem Thermenfenster gelegen haben und von jemand anderem stammen. Und das war es dann auch schon, was an gesicherten Informationen vorlag. Weder Identität noch Nationalität des Opfers waren bekannt. Doch darum sollten sich die Kollegen aus Tolmezzo kümmern, Camilieri und Forza würden schon rechtzeitig davon erfahren!

Lydia und Eleonora hatten sich gerade erst gesetzt und Cappuccino bestellt, als ihre künftigen Männer den Frühstücksraum betraten. Camilieri wollte Forza den Vortritt lassen, weniger aus Höflichkeit, sondern um ihn als Schutzschild zu benutzen, sollten ihnen die Damen ihre Abwesenheit bis in die Morgenstunden übelnehmen. Forza durchschaute das Manöver und bedeutete Camilieri vorzugehen. Das Ergebnis: Beide setzten sich nach kurzem Zögern gleichzeitig in Bewegung, stießen im Türrahmen zusammen, zwängten sich ein und blockierten sich gegenseitig. Etwas Besseres hätte ihnen gar nicht passieren können. Eleonora und Lydia lachten laut und herzlich auf, als ihre Zukünftigen wie Dick und Doof in der Tür stecken blieben. Da fehlte nur mehr die Melone, die sich Oliver Hardy in solchen Situationen erzürnt zurechtzurücken pflegte …

„Ciao a tutti“, grüßte Camilieri verlegen, vielleicht ein wenig zu salopp dafür, dass er so knapp vor der Hochzeit – und noch dazu im Urlaub – fast eine ganze Nacht dienstlich verbracht hatte. Doch sein komischer Auftritt gemeinsam mit Forza hatte die Stimmung derart gelöst, dass er auch ohne Gruß bei Lydia herzlich willkommen gewesen wäre. Dasselbe galt für Eleonora, deren Ärger sich seit jenem Zeitpunkt immer mehr aufgestaut hatte, als sie allein, ohne Giuseppe neben sich im Bett aufgewacht war. Jetzt aber war aller Unmut verflogen.

Camilieri und Forza schauten sich überrascht an, setzten sich an den Frühstückstisch und orderten zweimal „Espresso doppio“. „Das muss ja eine lustige Ermittlung gewesen sein“, versuchte Lydia in Anspielung auf die Tür-Nummer Näheres zu erfahren. Denn das hatte sie in den zwei vergangenen Monaten bereits gelernt: Ein Commissario sprach nicht gerne über seine Arbeit.

„Uffa!“, stöhnte Camilieri. „Um ehrlich zu sein, war’s überhaupt nicht lustig. Egal, wie oft man damit konfrontiert wird, man gewöhnt sich einfach nicht daran, und jeder Tote erschüttert einen von Neuem.“

„Wieso musstet ihr überhaupt ausrücken, obwohl ihr auf Urlaub seid?“, wollte Lydia wissen.

„Die Kollegen in Tolmezzo, die eigentlich zuständig sind, waren zuerst nicht zu erreichen“, erklärte Camilieri. „Mittlerweile sind sie aber wieder aufgetaucht.“

„Komisch“, meinte Lydia, „aber jetzt ist es ja Gott sei Dank vorbei.“

„Ja“, freute sich auch Eleonora, „jetzt können wir uns ganz auf unsere Hochzeit konzentrieren. Ich freue mich schon so auf morgen. Du dich doch auch, Giuseppe, oder?“

„Sì.“

Obwohl sich Camilieri in Sizilien mit der Mafia sowie in Cividale mit der Obrigkeit angelegt hatte und auch sonst keinen Konflikt scheute, obwohl Forza mit dem Dienstwagen fuhr, als sei er der logische Anwärter auf den nächsten Formel-1-Weltmeistertitel, obwohl sie gemeinsam erst vor Kurzem einen Dreifachmörder, der einem Phantom glich, zur Strecke gebracht hatten, wagte keiner der beiden, den Frauen zu sagen, dass sie vielleicht doch noch ein wenig in diesem Fall weiterermitteln würden. Stattdessen schwiegen sie und tranken Caffè.

Bald nach dem Frühstück – Forza hatte beim Kuchenbuffet, das Lydia an eine gut sortierte Konditorei ihrer Heimat erinnerte, ordentlich zugegriffen, Camilieri hingegen kaum – fanden sich alle ein, die mit der Hochzeit zu tun hatten: die Wirtin, der Taxifahrer, der Padre …

Alles beherrschendes Thema war natürlich der Mord und daraus resultierend die Frage, ob und, wenn ja, wie sich die Vorkommnisse in der Therme auf die Hochzeitszeremonie auswirken würden.

„No“, stellten Lydia und Eleonora klar, „alles bleibt wie geplant.“

Forza und Camilieri schauten sich betreten in die Augen, blieben aber nach wie vor stumm.

„Haben Sie schon eine Spur?“, fragte der Padre unvermittelt.

„Da muss ich Sie an die Kollegen aus Tolmezzo verweisen“, erwiderte Camilieri schroff, „die sind zuständig.“

Seit den abschätzigen Bemerkungen des Padre über die Süditaliener auf der Fahrt zur Hochzeitskapelle war der Priester Camilieri unsympathisch. Freunde würden sie wohl keine mehr werden. Um des lieben Hochzeitsfriedens willen hielt sich der Commissario aber zurück und beschränkte die Konversation mit dem Kirchenmann auf das Notwendigste.

„Ich meinte ja nur“, stammelte der Padre irritiert, „weil Sie die halbe Nacht in der Therme ermittelt haben.“

Camilieri stutzte: Woher wusste der Padre davon?

Ungefragt lieferte dieser die Erklärung: „Zumindest hat man es mir bei der Frühmesse so erzählt.“

Forza war gesprächiger als Camilieri und erklärte: „Viel mehr als Ihre Kirchgänger wissen wir auch nicht, Padre. Unsere Informationen haben wir hauptsächlich von einem Nachtwächter, der die Leiche bei seinem Rundgang gefunden hat. Er konnte uns ein paar interessante Hinweise geben, wir werden sehen, ob sie uns weiterhelfen.“

„Na ja“, verabschiedete sich der Padre, „mich geht es ja nichts an. Wenn die Hochzeit wie geplant stattfindet, dann weiß ich, was ich wissen wollte.“

Er drehte sich um und verließ grußlos den Frühstücksraum. Camilieri kaute an einer entsprechenden zynischen Replik, in etwa so: Vielleicht geht’s ein wenig freundlicher, schließlich stamme nur ich aus dem korrupten Süden Italiens, die anderen nicht … Er ließ es aber bleiben.

Karnische Hochzeit

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