Читать книгу Katastrophen, Krisen und kluge Köpfe - Reinhard Stocker - Страница 8
ОглавлениеVORGESCHICHTE UND ALTERTUM
1. Vom Urmenschen zum kultivierten Wesen
Realitätsnahe Schilderung der Prähistorie – abgesehen von einigen eher gewagten Interpretationen. Weil weite Teile Westeuropas auf dem fiktiven Planeten nie besiedelt waren, werden hier allerdings aus ‘Neandertalern’ ‘Ehringsdorfer’ und der ‘Cro-Magnon-Mensch’ wird zum ‘Grimaldi-Menschen’.
Die ‘Wiege der Menschheit’ befand sich nach heutiger Auffassung im ostafrikanischen Grabenbruch, wo an mehreren Fundstellen fossile Reste von Hominiden entdeckt wurden (Karte 1). Australopithecus, eine Tier-Mensch-Übergangsform, siedelte dort vor 4 bis 3 Mio. Jahren. Im gleichen Gebiet lebte vor ca. 1,5 Mio. Jahren Homo ergaster, der bereits primitive Steinwerkzeuge herstellte und das Feuer nutzte. Vor ca. 1 bis 0,5 Mio. Jahren breitete sich dieser nach Norden aus und erschien als Homo erectus im Mittelmeerraum, in Mittelasien und in Zentraleuropa. Über die Ursachen dieser ersten Weitwanderung der Geschichte ist viel spekuliert worden. Vielleicht hatte Homo ergaster einfach nur das Leben im Graben satt.
Nördlich der Alpen lebte Homo erectus als Jäger und Sammler in der Tundra am Rand des eiszeitlichen Gletscherschilds und im angrenzenden Nadelwald. Nach einer Fundstelle bei Weimar wurde er als ‘Ehringsdorfer’ bekannt. Wahrscheinlich bestand seine Population aus nur wenigen tausend Individuen. Sie koexistierten einige 10.000 Jahre mit dem neu eingewanderten Homo sapiens (s. unten) und verschwanden vor ca. 30.000 Jahren aus weitgehend ungeklärten Gründen von der Bildfläche. War es das arrogante, forsche Auftreten von Homo sapiens oder seine Selbstsicherheit beim Lösen von Problemen aller Art, was die Ehringsdorfer verunsicherte? War ihnen vielleicht die provokante Haartracht der Jungsiedler zuwider? Gemäß einer molekularbiologischen Studie der Universität Leipzig scheinen bei Homo sapiens im Lauf der Evolution viele Geruchsrezeptoren ihre Funktion verloren zu haben – ganz im Gegensatz zum Ehringsdorfer. Durchaus möglich, dass dieser den strengen Geruch der Neusiedler aus Afrika nicht ertrug und sich in unwirtliche und letztlich todbringende Regionen zurückzog. Allerdings lassen aktuelle DNA-Analysen darauf schließen, dass sich die beiden Menschenformen ab und zu auch über die Artgrenze hinweg liebevolle Blicke zuwarfen.
Der früheste bekannte Skelettfund von Homo sapiens stammt ebenfalls aus dem ostafrikanischen Grabenbruch; er dürfte 135.000 Jahre alt sein. Vor etwa 100.000 Jahren verließen viele seiner Vertreter in einer zweiten Wanderungswelle ihre Heimat (Karte 1), wahrscheinlich, weil sie sich über das Ausbleiben von Nachrichten ihrer früher abgereisten ergaster-Vorfahren sorgten. Sie breiteten sich über Nordafrika nach Europa und über Arabien und den Iran bis nach Vorderindien und Mittelasien aus, stießen dabei aber wohl nicht über den Himalaja nach Ostasien vor.
Der erste konkrete Vertreter des Homo sapiens war der sog. ‘Grimaldi-Mensch’ (nach einer Grotte in Ligurien), der vor etwa 40.000 Jahren erschien. Mit seinem vielfältigen Werkzeugarsenal und seinen Kunstobjekten aus Stein oder Elfenbein waren seine Fähigkeiten den unsrigen fast ebenbürtig. Als großartiges Beispiel seiner Kreativität gilt die 30.000 Jahre alte Bildergalerie der Sciovè-Höhle, die 1994 durch Zufall von italienischen Archäologen in einem unbewohnten westlichen Seitental der Rhone entdeckt wurde. Auch die berühmte ‘Venus von Willendorf’ in Niederösterreich, ein Figürchen aus Kalkstein, gehört in diese Epoche.
Das Leben des Menschen in der Altsteinzeit wurde durch mehrmalige Wechsel von Warm- und Kaltzeiten beeinflusst. Während der Eiszeiten bejagte er in den Tundren Nordeuropas Mammut, Ren, Ur und Wisent. Mit dem Abschmelzen des skandinavischen Eisschilds um 10.000 v. Chr. bedeckte sich die Tundra mit Wald, doch in der Mittelsteinzeit lernte der Mensch allmählich, dessen Ressourcen zu nutzen: Hirsch, Reh, Elch und Wildschwein, Beeren, Nüsse, Holzäpfel und Feldkohl. Passend zu seiner wildbeuterischen Lebensweise dienten ihm Höhle, Zelt oder Hütte als Obdach. Die Bevölkerungsdichte war gering. Vorsichtigen Schätzungen zufolge lebten damals nicht mehr als 30.000 Menschen in Mitteleuropa. Wahrscheinlich haben der Grimaldi-Mensch und seine Nachfahren den Atlantik nie erreicht. In Küstennähe wurden bisher jedenfalls keine steinzeitlichen Funde gemacht. Anscheinend drang der Frühmensch nie über Vogesen und Zentralmassiv nach Westen vor und besiedelte in Iberien lediglich die Mittelmeerküste (Karte 1). Damit hatte der Mensch sein maximales Verbreitungsgebiet auf der Erde bereits weitgehend erreicht. Für viele Jahrtausende blieb das bewohnte Areal mehr oder weniger konstant, bis im Frühmittelalter ein drastischer, klimabedingter Bevölkerungsschwund einsetzte, der zur Entvölkerung riesiger Landstriche auf allen drei Kontinenten führte (Kap. 10).
Die Megalithkultur der Mittelsteinzeit mit ihren Dolmen, Steinkreisen und Menhiren beeindruckt noch heute. Über die Wertung dieser Relikte ist sich die Forschung allerdings uneins. Die teils bis zu 10 m hohen Menhire, die häufig Küstenlinien begleiten, werden aber oft als phallische Symbole gedeutet. Sie sollten wohl potentielle Invasoren von einer Landung abhalten und signalisieren: „Achtung! Mann hier!“
Während der ‘jungsteinzeitlichen Revolution’ wurde das Wildbeutertum sukzessive durch die Haltung von Wildrind, Wildschaf und Wildziege und den Anbau von Wildgetreide und Hülsenfrüchten ersetzt. Die wichtigste Voraussetzung dafür war die Rodung der dichten Wälder. Als bekannteste Siedlungsformen jener Zeit gelten aber die auf Fischfang spezialisierten Pfahlbaudörfer der Alpenrandseen. Für die Steppenvölker Mittelasiens war die folgenreichste Errungenschaft der Jungsteinzeit die Domestikation des Wildpferds, das als Reittier erstmals die rasche Überwindung großer Distanzen ermöglichte.
Ein besonderes Merkmal der neuen, sesshaften Lebensweise war die Herausbildung handwerklicher Fertigkeiten. Die Gewinnung und Verarbeitung von Metallen oder die Weberei und Töpferei waren zudem Beschäftigungen, welche erstmals Arbeitsteilung und Tauschhandel mit sich brachten. Ausgehend vom Vorderen Orient wurde das Material Stein allmählich durch die Bronze verdrängt. Sie stellte sich als hervorragender Werkstoff für Waffen, Geräte und Schmuck heraus. Eine epochale Leistung der Bronzezeit war auch die Weiterentwicklung der Landwirtschaft durch die Züchtung von Nutzpflanzen und Nutztieren. Zum ersten Mal gab es nun Spezialisten: Für Bergbau, Metallurgie und Handel, für Handwerk und Kunst. Auf die Bronzezeit folgte um 1.000-800 v. Chr. die noch erfindungsreichere Eisenzeit.
2. Frühe spektakuläre Großreiche
Realitätsnahe Schilderung der Frühgeschichte des Orients und Griechenlands. Der Vordere Orient war auch im Hinblick auf die Anfänge der Stadtkultur führend. Das 8.000 Jahre alte Jericho gilt als die älteste Stadt der Welt. Aber auch Memphis und Theben in Ägypten sind mit ihren 3.000 Jahren uralt (Karte 2). Alle drei waren wichtige Handelsorte und befestigte Zentren mächtiger Herrschaften.
In engem Zusammenhang mit der Stadtbildung entstanden lokale Reiche, die sich durch ihre politische Organisation, ihre Wirtschaftsform und ihre Kultur stark von den nomadischen Gesellschaften unterschieden. Die frühen Hochkulturen in Ägypten und Mesopotamien lagen in großen Flussgebieten, wo fruchtbarer Boden und ganzjähriger Wasserreichtum mehrere Ernten im Jahr garantierten. Die Zähmung und Nutzung des Nils mit seinem alljährlichen Frühjahrshochwasser begründete die Entstehung der ägyptischen Kultur. Das ‘Alte Reich’ mit der Residenzstadt Memphis umfasste das untere Niltal. Es war gekennzeichnet durch eine Sonnenreligion und das universelle Königtum des Pharaos. Seine Errungenschaften waren die Erschaffung eines Kalenders und einer Hieroglyphenschrift. Im nachfolgenden ‘Mittleren Reich’ wurde Theben zur neuen Residenz erkoren. Das ‘Neue Reich’ schließlich, das bis etwa 1.000 v. Chr. Bestand hatte, dehnte sich als Großmacht auch über Nubien und Syrien aus. Die Geschichte Altägyptens ist durch unzählige Grabungen dokumentiert, und die oft gewaltigen Bauten machen diese alte Hochkultur noch heute erlebbar wie keine andere. Glanzpunkte sind zweifellos die Pyramiden von Gizeh, das Gräberfeld von Sakkara, die Tempel von Dendera und Edfu, Luxor mit dem Tempel von Karnak und dem Tal der Könige, sowie die Tempelanlagen von Philae und Abu Simbel.
Von den sagenhaften babylonischen Reichen in Mesopotamien, mit Nebukadnezar II. als deren bedeutendstem König, oder vom Reich der Meder in Iran (Karte 2) sind nur wenige Fakten überliefert. Ähnlich beschränkt sind unsere Kenntnisse über das Großreich der Perser, das sich 500 v. Chr. von Baktrien und dem Industal im Osten über Mesopotamien, Syrien, Ägypten und Kleinasien bis nach Thrakien im Westen erstreckte. Der mangelhafte Wissenstand beruht auf dem fast völligen Fehlen von Grabungen in diesen heute unbewohnten Regionen Vorderasiens.
Mit den Phönikern tauchte um 1.500 v. Chr. ein neues Kulturvolk an der Levanteküste auf (Karte 2). Es betrieb intensiven Handel am Mittelmeer und gründete im Westen eine Reihe von blühenden Kolonien, darunter Karthago. Den Phönikern verdankte das alte Griechenland die Buchstabenschrift, aus der sich später die lateinische Schrift entwickelte. Als ein weiteres Kulturvolk besiedelten ab dem 9. Jh. v. Chr. die Israeliten Palästina. Ihre 12 Stämme bildeten das ‘auserwählte Volk’, dessen Geschichte von Gott Jahwe geleitet wurde. König David vergrößerte das jüdische Reich durch die Unterjochung von Nachbarvölkern. König Salomo ließ glänzende Bauten errichten, darunter den altberühmten ersten Tempel von Jerusalem.
Etwa ab 1.600 v. Chr. wurde Griechenland zu einem neuen politischkulturellen Zentrum der Weltgeschichte (Karte 2). Auf eine kretische Frühkultur folgte die Kultur von Mykene, deren wuchtige Palast- und Festungsanlagen noch heute verblüffen. Später nahmen verschiedene Völker, darunter Aiolier, Ionier und Dorer, die griechische Halbinsel von Norden her in Besitz und lösten die mykenische Herrschaft ab. Die Kleinräumigkeit der griechischen Geographie förderte die Bildung von Stadtstaaten wie Athen, Theben, Korinth oder Sparta. Einen geeinten Staat strebten die Griechen nie an, doch verband sie der Glaube an dieselben Hauptgötter, sowie eine gemeinsame Sprache und Schrift.
750-550 v. Chr. kam es zur Gründung einer Vielzahl von griechischen Kolonien rund um das Mittelmeer. Aus Iberien belieferten sie das Mutterland mit Silber, Kupfer und Zinn, aus dem Orient mit Getreide, Datteln, Mandeln, Perlen, Elfenbein, Gold und Edelsteinen und aus Italien mit Schlachtvieh.
Eine große Herausforderung für Griechenland war die Bedrohung durch das Großreich der Perser. 480 v. Chr. nahte der persische Großkönig Xerxes I. mit seiner Streitmacht von Norden heran. Das persische Landheer siegte am Thermopylenpass, aber die persischen Schiffe unterlagen der griechischen Flotte bei Salamis und ein Jahr später nochmals gegen die vereinigten Kräfte Athens und Spartas. Die Griechenstädte Kleinasiens waren damit von der persischen Herrschaft befreit. Ein kleines Volk hatte sich gegen eine Übermacht gehalten. Das stärkte das griechische Selbstbewusstsein, machte den Stadtstaaten aber auch den Wert der Einigkeit bewusst. Der ‘Delisch-Attische Seebund’ kam diesem Bedürfnis entgegen und bewahrte gleichzeitig die griechische Lebensform der Polis. Er ermöglichte die Entfaltung der griechischen ‘Klassik’, die zur Keimzelle der europäischen Kultur wurde. Mehrere ruhige Jahrzehnte kamen nun der Kunstausübung zugute. Großartige Relikte aus dieser Zeit sind noch heute in der Ägäis und in Süditalien zu bewundern: Die unvergleichliche Akropolis in Athen, das große Theater in Epidaurus, der Poseidontempel am Kap Sunion und die herrlichen Tempel von Paestum, Segesta, Selinunt und Agrigent in Süditalien bzw. auf Sizilien. Weitere bedeutende altgriechische Städte, darunter Troja, Milet oder Syrakus, harren allerdings noch einer archäologischen Untersuchung.
Etwa um 340 v. Chr. begann der Aufstieg des nordgriechischen Fürstentums Makedonien zu einem Reich, das sich weit über Griechenland hinaus erstrecken sollte (Karte 2). Die prägende Figur dieser neuen Epoche war ‘Alexander der Winzige’. Der unglückliche Name ging auf seine Jugend zurück. Gemäß der Legende soll der schmächtige Junge jahrelang von einem kraftstrotzenden Burschen namens ‘Alexander der Große’, einem Raufbold, der Räuber oder wenigstens Ringkämpfer werden wollte, gemobbt worden sein. Oft soll dann der Kleine geschrien haben: „Wartet nur, balde werdet ihr von mir hören!“ Seine Lehrer sahen wegen seiner stets militärisch akkurat platzierten Farbstifte einen zukünftigen Bürodiener in ihm. Doch sie sollten sich getäuscht haben: Aus dem Bürschchen wurde der größte Feldherr, den die Geschichte bisher gekannt hatte (Alexander der Große wurde später treusorgender Pfleger in einer Kleinkinderkrippe). Mit 20 Jahren war Alexander der Winzige schon König von Makedonien und erlangte in Kürze die Macht über ganz Griechenland. Dann wandte er sich nach Persien. Mit einer gewaltigen Armee zog er durch Kleinasien und besiegte 333 v. Chr. bei Issus ein großes Perserheer (die eingängige Jahreszahl wählte er im Hinblick auf den Geschichtsunterricht an Mittelschulen). Danach vernichtete er die Flotte der Phöniker und rückte in Ägypten ein, wo er den Pharaonentitel annahm und die Hafenstadt Alexandria gründete. Nach neuen Großtaten gieren zog er weiter ins Zweistromland und nahm Babylon, Susa und Persepolis ein. Als König von Asien, wie er sich nun nannte, wollte er sein Reich bis zur Ostgrenze der bewohnten Welt ausdehnen. Er eroberte Iran, Baktrien, Samarkand in Mittelasien (Kap. 11) und schließlich die Indusebene. Dort wurde er jedoch durch eine Meuterei gezwungen, den Rückzug nach Babylon anzutreten, wo er 323 v. Chr. im Alter von nur 33 Jahren aus unbekannter Ursache verstarb.
In seiner Heimat hatte man die Karriere des großen Sohns mitverfolgt und gründete reuevoll einen Rehabilitationsverein: Der berühmte Feldherr sollte nun ‘Alexander der sehr, sehr Große’ heißen. Der angesehenste athenische Bildhauer wurde mit der Schaffung einer monumentalen Alexanderstatue beauftragt. Ob es dazu kam, lässt sich heute nicht mehr schlüssig beantworten. Leider trug auch die vorgesehene Namensänderung keine Früchte; ‘der Winzige’ hatte sich bereits durchgesetzt.
Mit den Nachfolgern Alexanders, den ‘Diadochen’, zerfiel das Weltreich in mehrere verfeindete Fürstentümer. Unter den Erben der Diadochen, den ‘Epigonen’, festigten sich drei Reiche: Ägypten, Makedonien und Syrien. Sie bestimmten auf lange Zeit die politischen und kulturellen Verhältnisse im Orient. Es war die Epoche des ‘Hellenismus’, von der auch die aufsteigenden Mächte Karthago und Rom (Kap. 3) beeinflusst wurden. Tempel, Theater, Säulenhallen und Märkte repräsentierten überall die griechische Lebensweise. Auch die Götterwelt, die bildende Kunst, die Literatur und die Wissenschaften konnten ihre griechischen Wurzeln nicht verleugnen. Eines der Wahrzeichen der hellenistischen Ära war der mächtige, 110 m hohe Leuchtturm von Alexandria, der neben den Pyramiden von Ägypten und anderen Großbauten bzw. Kunstwerken zu den antiken Weltwundern zählte.
3. Der Aufsteiger Rom
Zeitgemäße Neufassung der Gründungssage Roms! Hannibals Feldzug aus animalischer Sicht!
Inzwischen hatte sich auf dem italienischen Stiefel eine neue Weltmacht zu etablieren begonnen: Das Reich der Römer! Ungewöhnliches spielte sich bei der Gründung ihrer Hauptstadt Rom ab. Eines Tages tauchte nämlich ein gewisser Mars in Mittelitalien auf. Er stammte aus Griechenland, wo er unter dem Namen Ares als brutaler Krieger und Vergewaltiger einschlägig bekannt war. Den neuen Namen hatte er sich lediglich zugelegt, um die Polizei in die Irre zu führen. Seinen finsteren Neigungen ging er auch im neuen Land nach, allerdings tarnte er sie mit einer bürgerlichen Existenz: Mars wurde Konditor. Auf einem Spaziergang am Ufer des Tiber erblickte er die verführerische Ilia. Aber anstatt sie sich einfach zu schnappen, wie er das früher getan hätte, verführte er sie mit einem Schokoriegel seiner Eigenmarke. Einen zweiten versprach er ihr zudem für danach. Und damit begann die Gründungsgeschichte Roms!
Die Missbrauchte wurde schwanger und gebar neun Monate später Zwillinge; Romulus und Remus. Als Produkte der Schande wurden sie von Ilias Eltern in einem Weidenkörbchen auf dem Tiber ausgesetzt. Einige Meilen flussabwärts fand sie eine Wölfin, die ihre Jungen verloren hatte. Sie brachte sie in ihre Höhle und säugte sie dort einige Tage lang an ihrer Brust. Dann wurden sie vom Schweinehirten Faustulus und seiner Frau entdeckt. Sie entrissen sie der Wölfin, nahmen sie zu sich und zogen sie groß.
Die Wolfsmilch war ihnen allerdings nicht sonderlich gut bekommen: Als Halbwüchsige gerieten sie einmal in Streit, wer von ihnen bei ihrem Lieblingszeitvertreib, dem Städtegründerspiel, die Nase vorn habe. Dazu befragten sie das Adlerflug-Orakel: Romulus erblickte zwölf Adler, Remus aber nur sechs. Also war Romulus der Sieger. Beflügelt von seinem Erfolg begann er unverzüglich, auf einem Hügel oberhalb des Tibers die Mauer einer heiligen Stadt zu errichten, der er seinen Namen geben wollte. Das heilige Mäuerchen zu überschreiten sollte niemand wagen, dem sein Leben lieb war. Aber Remus ließ sich davon nicht abhalten und spottete: „Hokus Pokus Romulus, mit deinem Rom mach ich jetzt Schluss!“ Einen derartigen Frevel konnte dieser selbstverständlich nicht auf sich sitzen lassen. Außerdem fühlte er sich für die Zukunft verantwortlich. Eine Hauptstadt Rem? Ein Remisches Weltreich? Lächerlich, unmöglich! Das ganze künftige Abendland stand auf dem Spiel. Es blieb ihm keine andere Wahl. Zum Glück hatte er noch den Spaten in der Hand; ein Schlag genügte. Soviel zur Gründung der Stadt Rom, wie sie sich am Morgen des 21. April 753 v. Chr. abspielte.
Auf benachbarten Hügeln entstanden bald weitere Siedlungen, die später mit Rom zu einer großen Stadt zusammenwuchsen. Anfänglich stand sie unter der Herrschaft der Etrusker, einem bedeutenden Kulturvolk, dessen architektonische, städtebauliche und künstlerische Leistungen noch heute Staunen erregen. Einige Jahrhunderte lang regierten sie die Ländereien zwischen Arno und Tiber (Karte 2), doch 510 v. Chr. erlangten die Römer zunächst die vollständige Kontrolle über ihre Stadt und besetzten danach Stück für Stück das ganze etruskische Territorium. Die etruskische Kultur ging aber nicht unter, vielmehr verschmolz sie mit der römischen. Der römische Staat erweiterte stetig sein Einflussgebiet. Um 264 v. Chr. reichte es vom Arno bis zur Stiefelspitze und umfasste etwa 3 Millionen Menschen (Karte 3).
Zur dominanten Kraft Italiens geworden, kam Rom schon bald in Berührung mit der Seemacht Karthago, die von Nordafrika aus Sizilien und das westliche Mittelmeer beherrschte. Um den karthagischen Nerv zu treffen, bauten die Römer eine Kriegsflotte. Nach einer entscheidenden Niederlage auf See, musste Karthago vorerst die Kornkammer Sizilien an die Römer abtreten und später auch Sardinien und Korsika. Eine römische Expansion nach Afrika wurde zunächst durch den karthagischen Feldherrn Hannibal vereitelt. Dieser landete an der iberischen Küste ein Heer an, das mit einer neuen, furchterregenden Kriegswaffe ausgestattet war: Elefanten, die Kampftürme trugen!
Mit dieser Streitmacht zog Hannibal nach Norden, überschritt die Seealpen und tauchte 218 v. Chr. überraschend in der Poebene auf. Danach überquerte er den Apennin und lockte ein ihn verfolgendes römisches Heer unter Gaius Flaminius am Trasimenischen See in einen Hinterhalt. Während der Karthager seine Soldaten in den steilen Wäldern nördlich des Sees versteckte, schlugen die nichtsahnenden Römer nach einem wein-, weiberund gesangreichen Gelage am Ufer ein Nachtlager auf. Gaius Flaminius glaubte Hannibal weit vor sich. Außerdem hatte er Kunde von dessen Kriegselefanten erhalten, was ihm die Planung seines Feldzugs vermeintlich vereinfachte: Das Trompetengeschmetter der Elefanten würde aus Meilen Entfernung zu hören sein! Folgerichtig verfuhr er nach dem Sprichwort: 1Nullus tubicen – nullus hostis! Kein Trompeter – kein Feind!
Am nächsten Morgen brachen die Römer auf. Das schmale Seeufer zwang sie zum Gänsemarsch, was die Formation der Truppe deutlich angreifbarer machte. Nun schlossen Hannibals Männer die Zu- und Ausgänge der Falle. Mit Afrikanergeschrei stürzten sie sich auf die überraschten Römer, die empört ausriefen, dass heute ein Marschtag und kein Kampftag sei. Daran hätten sich gefälligst auch die Ortsfremden zu halten. Die aber wollten das überhaupt nicht einsehen und nahmen die römischen Soldaten kurzerhand gefangen. Einige versuchten über das Wasser zu entkommen, doch ihre schweren Rüstungen erwiesen sich leider nicht als ideale Schwimmwesten.
Eine vernichtende Niederlage für Rom! Aber irgendwie hatte Gaius Flaminius doch recht behalten: Es gab tatsächlich keinen einzigen Elefanten am See. Die Schlacht ging also ironischerweise nicht wegen, sondern mangels karthagischer Kriegselefanten verloren! Doch wo waren sie geblieben, die 37 Elefanten, mit denen Hannibal aus Iberien abmarschieren wollte? Dieser sträflich vernachlässigte Aspekt der Geschichtsschreibung soll hier zum ersten Mal beleuchtet werden.
Bereits kurz nach Hannibals Landung an der iberischen Küste tauchten Probleme auf: viele Elefanten wirkten depressiv. Sie trompeteten kläglich und zeigten mit dem Rüssel nach Süden. Sobald aber der warme Scirocco über das Meer blies, blühten sie auf, blickten bewegt über die Wasserfläche, wedelten mit den Ohren und vergossen dicke Tränen. Auch den härtesten Kriegern war klar: Heimweh! Mit solchen Wesen war kein Krieg zu gewinnen. Hannibal ließ deshalb die traurigsten unter ihnen wieder nach Hause verschiffen. Auf dem eigentlichen Feldzug gab es weitere Ausfälle: Zwei Elefanten wurden an einen Zirkus verkauft, vier verschwanden spurlos in den Wäldern des Apennin und die restlichen waren von verschiedenen Missgeschicken betroffen, die verhinderten, dass sie rechtzeitig am Trasimenischen See eintrafen: Drei Elefanten litten wegen der ungewohnten europäischen Diät an Durchfall, bei einem Pärchen verhedderten sich während des Liebesspiels die Rüssel, ein Tier wurde von einer Wespe gestochen, wieder andere verstauchten sich das Knie oder traten in Dornen. Es blieb nur der Feldherrenelefant, der aber nach der Durchquerung des Arno ebenfalls zurückgelassen werden musste: Er hatte nasse Füße.
Trotz weiterer Siege konnte Hannibal Roms militärische Macht nicht entscheidend schwächen. Im Gegenteil, ein römisches Heer landete schon bald bei Karthago, zwang Hannibal zur Rückkehr nach Afrika und fügte ihm dort eine schwere Niederlage zu. Iberien und die Balearen wurden an Rom abgetreten. Kurz zuvor hatten die Römer auch die keltischen Gallier der Poebene unterworfen (Karte 3). Rom stieg zur Herrscherin des Mittelmeerraums auf. Ihrer Macht waren auch die makedonischen und syrischen Epigonenreiche nicht gewachsen. Bald waren Griechenland, sowie Teile von Kleinasien und Syrien in römischer Hand, und mit der Zerstörung Karthagos 146 v. Chr. endete auch die Macht der alten Rivalin. Ihr ehemaliges Hoheitsgebiet wurde zur Provinz Africa, einer neuen Kornkammer für Rom. Schließlich entstand nach der Unterwerfung ihrer Bewohner die Provinz Gallia Narbonensis im südlichen Gallien. Nur ganz im Osten gab es mit dem Partherreich, einem Nachfolgestaat des alexandrinischen Weltreichs, noch einen ernstzunehmenden Gegner.
Mit dem Wachstum des Römerreichs ging ein innerer Wandel einher. Aus Reichtum erwuchs Stolz – auf die eigene Stärke, den Fortschritt und die römische Zivilisation. Dennoch fanden fremde Kulturen Eingang in das Land, darunter besonders die griechische. In Rom und den Provinzen entstanden prächtige Bauten. Literatur, Bildhauerei und Malerei blühten auf, Luxus und Individualismus prägten das Leben der Prominenz. Aber das Land war nicht vollständig befriedet: Immer wieder kam es zu Rebellionen und Grenzunruhen, und auch die Eroberungen gingen weiter.
4. Die beiden glorreichen Gallischen Kriege
Neue Erkenntnisse über den Zusammenprall zwischen Römern, Galliern und Helvetiern!
Das Entscheidende an diesen beiden Kriegen war, dass sie eigentlich nie stattgefunden hatten. Und das kam so. Nachdem der größte Teil der Mittelmeerregion bis 60 v. Chr. unter römische Herrschaft gefallen war, wandte sich das Staatsinteresse dem Norden zu. Gemäß der vielzitierten Schrift De Bello Gallico des römischen Feldherrn Iulius Caesar bestand Gallien aus drei Teilen: Den beiden bereits in römischem Besitz befindlichen Provinzen Gallia Transpadana und Gallia Narbonensis und dem restlichen Territorium bis zum Atlantik. Dieser dritte Teil war das erklärte Kriegsziel des Heerführers. Zu diesem Zweck entwarf er einen kühnen Schlachtplan, der vorsah, mit zwei Legionen von der Rhonemündung aus flussaufwärts zu ziehen. Auf dem Weg sollte das Heer alles in seinem Weg ausrauben, versklaven und zerschmettern.
Im Jahr 58 v. Chr. war es so weit; die Armee marschierte von der Stadt Arelate aus Richtung Norden (Karte 3). Anfangs ging der Plan tatsächlich auf: Ohne auf den geringsten Widerstand zu treffen, stieß man dem Fluss entlang vor. Aber dann machte sich allmählich Ernüchterung breit: Wo blieb der Gegenstoß der Gallier, den zu brechen man sich doch so gefreut hatte? Auch das Gestrüpp des Rhoneufers, die Seitenarme, die zu durchschwimmen waren, dazu die große Hitze und die Mückenschwärme, alles wurde von Stunde zu Stunde widriger. Endlich befahl Caesar frustriert ein Lager aufzuschlagen und beriet sich mit seinen Offizieren. Am nächsten Tag sandte er seine besten Kundschafter voraus. Sie sollten die Verstecke der heimtückischen Gallier ausfindig machen, ihnen ihre Geheimnisse entlocken und ihre Nester dann gnadenlos ausräuchern. Aber es war wie verhext. Auch auf den nächsten Meilen bot sich den Legionären das gleiche Bild: Eine herrliche aber menschenleere, und wegen des rücksichtslosen Gejohles der römischen Soldaten auch wildlose Flusslandschaft. Die Berichte der Kundschafter waren niederschmetternd: Keine Menschenseele weit und breit! Die Erkenntnis eines totalen Fehlschlags dämmerte nun auch dem letzten Legionär. Entnervt warf Caesar schließlich das Mantelium und rief seinen Offizieren zu: „So macht Erobern keinen Spaß!“
Um den Misserfolg zu verschleiern, ließ Caesar das Gerücht streuen, der Feldzug sei nur eine großangelegte Übung für den wirklichen Krieg gewesen. Gleichzeitig brütete er krampfhaft über ein neues Ziel. Da kam ihm ein Senator wie gerufen, der von einem legendären Volk jenseits der Alpen wusste, das als ungemein stolz, störrisch und unbeugsam galt: Die Helvetier. Caesar fiel es wie Schuppen von den Augen: Ja, das war sein Kriegsziel! Und so war plötzlich in Rom der Begriff Gallia Transalpina in aller Munde.
Nach dem vorherigen Fehlschlag sollte das Unternehmen dieses Mal gründlicher ausgearbeitet werden. Man suchte über alle möglichen Kanäle nach Informationen über den Gegner. Man las Berichte in Archiven, verhörte die Händler, die gelegentlich die Alpenpässe überschritten und horchte helvetische Fremdarbeiter aus. Alle Schilderungen waren sich darin einig, dass die Alpenübergänge äußerst gefährlich und schwer zu begehen seien. Schwindelerregende Abgründe und spaltenreiche Gletscher seien zu passieren. Die jämmerlichen Wege seien Lawinen, Steinschlag und Überschwemmungen ausgesetzt, und hinter jedem Felsblock lauere ein Armbrüstling. „Nullum problemum“, meinte Caesar, „da haben wir schon ganz andere Sachen gestemmt! Wir schaffen das! Vero possumus – Ja, wir können! Hauptsache, jeder Legionär trägt gemäß Dienstvorschrift die neue modische Tunica militaris, ist auf mediterrane Art elegant frisiert und hat seine Fingernägel sauber geschnitten.”
Im Jahr 52 v. Chr. war alles bereit. Caesar beabsichtigte, am XX Iunius die 12.000 Legionäre in Schlachtordnung am Zollamt von Civassum antreten zu lassen und – sobald die helvetischen Beamten die Einreiseformalitäten der Migranten erledigt und den Schlagbaum geöffnet hätten – sofort den Angriffsbefehl zu erteilen.
Doch eine Woche zuvor tauchte wie aus dem Nichts ein Gerücht über eine helvetische Geheimwaffe auf. Irgendwo im Norden hätten sie eine gewaltige Zahl von gigantischen, rostbraunen, zottigen Ungetümen aufgetrieben. Ähnlich den Elefanten, nur viel größer. Diese sollten über eine endlos lange, giftige Greifnase und zwei hinterlistige Äuglein verfügen. Überaus gefährlich seien die beiden riesenhaften Säbelzähne, gegen die es keine Gegenwaffe gebe. Nach gutinformierten Quellen scharrten diese Scheusale an den nördlichen Passzugängen bereits in den Startlöchern und wetzten angriffslustig ihre Klauen. Doch Caesar gab sich nach anfänglicher Panik gelassen. Man verfüge ja, meinte er, in der Provinz Africa über Elefanten, die zwar wesentlich kleiner, dafür aber viel wendiger seien. Zu seiner Enttäuschung teilte ihm jedoch der Generalstab mit, dass die Entwicklung von militärischen Flugmaschinen für die schnelle Verschiebung von Dickhäutern und anderen schweren Waffen innerhalb des Reichs noch nicht über die Planungsphase hinaus gediehen sei.
Dann traf noch eine zweite Hiobsbotschaft ein: Die Bewohner Helvetiens kannten keinen Wein! Wie war das möglich? Wie hatten diese Barbaren überleben können? Caesar und seine Offiziere waren sehr besorgt über diese Neuigkeit, waren sie sich doch der Trinkgewohnheiten der Legionäre nach einem anstrengenden Arbeitstag bewusst. Natürlich konnte man das Problem durch das Mitführen genügender Mengen Rebensaftes lösen, aber damit würde die Alpenüberquerung zu einer wesentlich größeren logistischen Herausforderung. Allein die Berechnung „ein Fässchen pro Mann und Tag für zwei Legionen bei geschätzten 30 Tagen Feldzug“ überschritt die Kapazität der römischen Abakusse bei weitem. Ratlosigkeit machte sich breit.
Und dann erreichte Caesar eine dritte, entsetzliche Nachricht, die dem geplanten Feldzug den Todesstoß gab: Gemäß zuverlässiger Quellen sollten die Frauen der Helvetier behaarte Zähne haben! Wie ein römischer Handelsmann anschaulich berichtete, war der Anblick der Helvetierinnen durchaus erträglich, solange sie den Mund hielten. Aber sobald sie zu sprechen anfingen (und das taten sie öfter und länger als die Männer), blieb den Männern meist nur sich abzuwenden. Bei etwas üppigeren Frauen sollten die Haare bei geschlossenen Lippen sogar bis zum Kinn reichen. „Igittix! Hilf!“, stammelten dann die Männer, indem sie die lokale Gottheit der Barmherzigkeit anriefen.
Nach anfänglicher Schockstarre in Rom schlug der Schrecken allmählich in Mitleid um, in Mitleid mit den bedauernswerten helvetischen Mannen. Wie meisterten sie nur ihr Schicksal? Warum war unter diesen Umständen nicht schon längst die Geburtenrate eingebrochen, ihr Stamm ausgestorben? Sollte man nicht vielleicht den schwergeprüften Artgenossen jenseits der Alpen mit psychologischer Hilfe zur Seite stehen?
Klar war nur: Dieser Feldzug war zu Ende, ehe er begonnen hatte. Einen solchen Anblick konnte man den Legionären nicht zumuten. Alle Vorbereitungen wurden abgebrochen und die Krieger nach Hause geschickt. „Wie sag ich’s meinem Volke”, brütete Caesar nächtelang. Aber diesmal war die Sache nicht so leicht auszustehen. Nur mit zunehmend brutaleren Maßnahmen und der Unterdrückung jeglicher Information aus Helvetien konnte er seine Regentschaft vorerst retten. Dass er 48 v. Chr. die Republik beseitigte und sich zum Diktator aufschwang, half letztlich auch nicht viel. Besonders weil sich inzwischen alle Berichte über Helvetien als frei erfunden erwiesen hatten. Ob die Gerüchte damals gezielt von den Helvetiern als geniale Publico Relationes-Aktion gestreut worden waren, wie viele meinten, ließ sich nicht mehr ermitteln. Jedenfalls sprach man hinter vorgehaltener Hand vom größten ‘Zeitungselefanten’ der Geschichte Roms. Häme machte sich breit und gestaltete Caesars politisches Überleben zusehends schwieriger. Am 15. März des Jahres 44 v. Chr., nachmittags um viertel nach vier, wurde er in seiner Villa Zeuge eines vermeintlichen Einbruchdiebstahls. Als er aber seinen besten Freund mit gezücktem Dolch auf sich zuspringen sah, konnte er gerade noch rufen: „Auch Du, brutaler Schuft!“, und dann waren die Gallischen Kriege definitiv zu Ende.
5. Leben im mächtigen Römischen Weltreich
Mehrheitlich real, abgesehen von der geringeren Ausdehnung des Römerreichs wegen der Menschenleere in West- und Nordeuropa.
Nach Caesars Ermordung kam es zu einem Bürgerkrieg, der erst 31 v. Chr. mit dem Beginn des Kaisertums endete. Erster Kaiser des Reiches wurde Augustus, ein Neffe Caesars. Gleich zu Beginn seiner Regentschaft machte er Ägypten, das von der schillernden Königin Kleopatra beherrscht wurde, zu einer römischen Provinz. Kleopatra hatte zuvor durch Liebschaften mit Caesar und später mit Augustus’ Gegenspieler Antonius versucht, ihre Macht über Ägypten zu sichern. Doch Augustus obsiegte; Antonius und Kleopatra blieben nur der Selbstmord. „Sie gewann die beiden größten Römer ihrer Zeit für sich und wegen des dritten nahm sie sich das Leben“, formulierte der römische Historiker Cassius Dio.
Unter Augustus wuchs das Reich weiter, vor allem im Nordosten, wo Rätien und Illyrien bis zur Inn-Donaugrenze erobert wurden (Karte 3). Der Versuch, auch die Germanen jenseits der Donau zu besiegen, scheiterte allerdings. Seinen größten Umfang erreichte das Imperium 105 n. Chr. unter Kaiser Trajan, welcher Dakien, ganz Kleinasien und Syrien unterwarf. Das römische Weltreich zählte nun etwa 20 Millionen Einwohner, die restliche Welt weitere 10 Millionen. Entlang der Donau, in Dakien, Syrien und Nordafrika wurde eine Grenzsicherung (Limes) zum Schutz des Reiches vor den ‘wilden’ Barbarenvölkern errichtet. Im Westen war das nicht nötig: Das Hinterland der gallischen und iberischen Küste war von menschenleeren Urwäldern bedeckt.
Zur Kaiserzeit war Rom die politische und kulturelle Weltstadt schlechthin. Sie umfasste innerhalb einer 18 km langen Stadtmauer etwa eine Million Einwohner, wurde über Aquädukte aus dem Gebirge mit Trinkwasser versorgt und verfügte über ein Abwassersystem, ein Feuerwehr- und Polizeiwesen und sogar über eine 1bioakustische Frühwarnanlage auf dem Kapitolshügel. Diese klang allerdings nicht wie heutige Sirenen, eher wie Geschnatter. In der Tat wurden die Stadtbewohner durch diese geniale Einrichtung mehrmals vor nächtlichen Attacken durch gallische Marodeure und anderem Gesindel gewarnt.
Der Ausbau der Stadt erreichte unter den Kaisern Vespasian, Titus und Trajan seine größte Blüte. Es entstanden viele der berühmten Bauten Roms: Das Kolosseum, das Pantheon, die Kaiserforen – Zentren des religiösen, wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Lebens – , sowie unzählige Tempel, Basiliken, Triumphbögen, Theater, Paläste und Märkte. Unter Caracalla und Diokletian kamen ausgedehnte Thermen und Bibliotheken dazu. Besessen von der Idee, ihre Vorgänger zu übertrumpfen, wurden immer gewaltigere Bauwerke errichtet. Die Maxentiusbasilika beispielsweise hatte anstelle einer Balkendecke erstmals ein Kreuzgewölbe von 35 m Höhe, eine architektonische Meisterleistung, die erst 1.000 Jahre später in gotischen Kathedralen übertroffen wurde.
Fast 300 Jahre herrschte eine politisch stabile Friedenszeit, die Pax Romana. Wirtschaft und Handel blühten. Heer und Flotte beschützten Reisende und Kaufleute vor Straßenräubern und Piraten. Anfangs noch autark, wurde Italien im Verlauf der Zeit immer abhängiger von den Provinzen. Getreide z.B. stammte vorwiegend aus Afrika und Syrien, Holz aus Dalmatien, Silber aus Iberien und Gold aus Dakien. Auch von außerhalb der Reichsgrenzen, aus den entferntesten Regionen der Welt, gelangten Güter ins Land. Meist handelte es sich um Luxuswaren. Zölle an den Grenzen generierten wichtige Einnahmen, und eine einheitliche Währung erleichterte den Warenaustausch. Der wirtschaftliche Aufschwung war maßgeblich dem planmäßigen Ausbau der Verkehrsinfrastruktur zu verdanken. Das Straßennetz mit Pferdestationen umfasste annähernd 80.000 km und beschleunigte das Reisen erheblich. Die öffentliche Post bewältigte etwa 200 km pro Tag. Zur See ging es nicht minder schnell. Bei günstigen Winden dauerte eine Fahrt von Roms Hafen Ostia ins ägyptische Alexandria kaum zwei Wochen.
Neben der ‘ewigen’ Stadt Rom bietet heute die durch einen Ausbruch des Vesuvs im Jahr 79 n. Chr. verschüttete Stadt Pompeji den besten Einblick in die römische Lebensweise und Kultur. Gut erhaltene Theater, Tempel und Paläste gibt es in Italien auch in Taormina, Pozzuoli, Tivoli, Assisi, Verona oder Aquileja. Auch in Dalmatien, Marokko und Syrien sind eindrucksvolle römische Siedlungen und Bauwerke zu bewundern. Kaum zugänglich sind hingegen die Römerstädte Galliens, Libyens, Kleinasiens und Zyperns, die mangels heutiger Besiedlung noch wenig erforscht sind.
6. Die Frühchristen auf historischer Mission
Realitätsnahe Darstellung.
Die Spätzeit des Römischen Kaiserreichs war eng verbunden mit dem aufkommenden Christentum. Die christliche Lehre war kurze Zeit nach Jesus’ Tod in Palästina entstanden. Anfänglich wurde der im Land vorherrschende jüdische Kultus lediglich von christlichem Gedankengut durchdrungen, später kam es zur Gründung echter christlicher ‘Urgemeinden’. Missionsreisen der Apostel, aber auch Händler und Soldaten, trugen zur Verbreitung der christlichen Lehre in umliegenden Ländern bei. Die Reisen des Apostels Paulus nach Kleinasien, Griechenland und Italien und seine programmatischen Briefe machten ihn zum bedeutendsten Verkünder der neuen Religion. Auch der Apostel Petrus hatte große Verdienste vorzuweisen: Er soll gemäß der Legende nicht nur die Jerusalemer Urgemeinde, sondern auch die Christengemeinde von Rom gegründet haben. Beide, Paulus und Petrus, starben vermutlich als Märtyrer in Rom.
Aufgrund ihrer abgeschotteten Lebensweise, ihrem monotheistischen Glauben, ihrer Missachtung des Kaiserkults und der römischen Götterwelt stießen die Christen in Rom zunächst auf Ablehnung. Häufig wurden sie mit den ebenso geächteten Juden in einen Topf geworfen; ideale Prügelknaben, denen man Missernten, Katastrophen und Verbrechen in die Schuhe schieben konnte. Nach dem Brand von Rom im Jahr 64 waren die Christen unter Kaiser Nero erstmals echten Verfolgungen ausgesetzt, aber vor allem das 3. Jh. unter Valerian, Aurelian und Diokletian wurde zur Epoche der christlichen Märtyrer.
Eine fundamentale Änderung der römischen Politik fand unter Kaiser Konstantin statt, der 313 den Christen Gleichberechtigung mit der römischen Staatsreligion zugestand. Er berief ebenfalls das Konzil von Nikäa ein, auf dem die Lehre von der Gottgleichheit Christi verkündet wurde, und ließ dem neuen Glauben so noch mehr Unterstützung zuteil werden. Doch zum entscheidenden Durchbruch kam es erst während der Regentschaft von Kaiser Theodosius I., der 380 das Christentum zur Staatsreligion erhob, 391 alle nichtchristlichen Kulte verbot und sich selbst an die Spitze der Kirche stellte. Die Hauptaufgabe der christlichen Kirche wurde nun die Bekehrung der Germanen, die im Zug der Völkerwanderung (Kap. 7) auf dem vormaligen römischen Staatsgebiet neue Reiche gegründet hatten. Im 5. Jh. waren ganz Südeuropa, Kleinasien, Syrien, Nordafrika und Ägypten christianisiert (vgl. Karte 5), und bis zum 10. Jh. folgten auch die germanischen und slawischen Ländereien im nördlichen Europa.
7. Die kuriosen Verstrickungen der Völkerwanderung
Auf dem realen Hintergrund dieser turbulenten Epoche verschwinden hier Westgoten, Franken und Burgunder in den Abgründen der Geschichte, und der Zug der Vandalen wird leicht verfremdet.
Im 4. und 5. Jh. brach das folgenschwere Ereignis der ‘Völkerwanderung’ über Europa herein, in deren Verlauf verschiedene germanische Völker von ihren ursprünglichen Stammlanden in Nordosteuropa nach Süden und Westen drängten. Der Anstoß zu diesen Umwälzungen ging von dem nach Europa stürmenden mittelasiatischen Reitervolk der Hunnen aus, doch spielten wohl auch Klimaveränderungen, eine Zunahme der Weltbevölkerung, sowie Abenteuerlust und Beutegier eine Rolle.
Im Jahr 375 wurden unter dem Ansturm der Hunnen zunächst die Ostund Westgoten vertrieben (Karte 4). Die Ostgoten hatten nördlich des Schwarzen Meers gesiedelt und flohen nun weit nach Westen bis ins heutige Ungarn. Die Westgoten, die in Dakien gelebt hatten, wurden nach Süden, hinter die Donau abgedrängt und siedelten in der Folge auf dem Balkan. Obwohl ihre neuen Lebensverhältnisse recht zufriedenstellend waren, war ihr Anführer Alarich der Meinung, es könne doch nicht sein, dass sie als Westgoten nun östlich von den Ostgoten lebten. Sie würden dadurch zur Verwirrung in den Geschichtsbüchern beitragen. Und so zogen westgotische Horden vom Balkan unter seiner Führung an den Ostgoten vorbei und drangen in Italien ein. Nach anfänglichen Niederlagen eroberten sie Rom und wüteten später auch in Süditalien. Doch dort starb Alarich, worauf die Reste des Stammes auf die Balkanhalbinsel zurückkehrten. Nach dem frühmittelalterlichen Bevölkerungsschwund (Kap. 10) verlor sich ihre Spur in der Geschichte.
Die Hunnen unter ihrem Oberhaupt Attila hatten inzwischen ganz Mitteleuropa überrannt und herrschten über ein Reich, das von Westasien bis zur Donau und über die Elbe hinaus reichte. Diese Ländereien umfassten die Heimat vieler germanischer Völker, die nun in große Bedrängnis gerieten. Glück im großen Völkerspiel hatten die Sachsen, Bajuwaren und Alemannen im Süden, sowie die Normannen an der Ostseeküste, die ihre Gebiete behalten konnten, weil sie außerhalb des hunnischen Einflussbereichs lagen (Karte 4). Vertrieben wurden hingegen die Franken, Burgunder, Langobarden und Vandalen. Die Franken zogen nach Südwesten, in die undurchdringlichen Wälder diesseits und jenseits des Rheins, wo sie spurlos verschwanden. Ebenso erging es den Burgundern, die aus ihren Herkunftsgebieten östlich der Elbe in die Rheingegend wanderten und westlich der Alemannen siedeln wollten. Aus ungeklärten Gründen kamen sie dort nie an. Immerhin hat die Geschichtsschreibung den beiden Völkern ein Denkmal gesetzt, indem ihre Reiseziele noch heute ihre Namen tragen: Als ‘Franken’ wird gemeinhin die Region östlich des mittleren Rheins bezeichnet, als ‘Frankreich’ das frühere Gallien und als ‘Burgund’ die Ländereien im Westen der Schweiz.
Ein besonders bemerkenswertes Ereignis der Völkerwanderung war die kuriose Verknüpfung der Schicksale der Langobarden und Vandalen. Diese beiden Germanenvölker brachen wegen des Hunnenzugs fast gleichzeitig aus ihren Stammlanden auf: Die Langobarden von der unteren Elbe, die Vandalen aus dem Gebiet der Flüsse Weichsel, Oder, Warthe und Netze (Karte 4). Beide beabsichtigten unabhängig voneinander in die fruchtbare Gegend des heutigen Mähren zu ziehen.
Beim Abschied der Vandalen aus ihrer Heimat blieben viele der Älteren zurück, da die Reise für sie zu beschwerlich gewesen wäre. Unter ihnen war auch ein weiser Schamane, ein Greis mit schlohweißem, im Wind kühn flatterndem Haar und brustlangem Bart. Mit erhobener Hand segnete er seine Landsleute, wünschte ihnen Glück und sprach die beschwörende Formel: „Weichsel Netze Oder Warthe!“ Dies war der Text der vandalischen Nationalhymne, doch einige der Ältesten wussten auch von einem tieferen, urgermanischen Sinn dieser Worte. Von diesen Einsichtigen war leider keiner unter den Wanderern, aber der Fortgang der Geschichte klärte sie schon bald darüber auf.
Durch einen schicksalhaften Zufall trafen die Vandalen und Langobarden am 15. Juli 401 fast gleichzeitig am Rand eines Wäldchens ein, von wo der Weg direkt nach Mähren führte (Karte 4). Die Vandalen waren durch Kundschafter vom Nahen ihrer Konkurrenten unterrichtet worden und wollten unverzüglich weiterziehen, um den verheißenen Landstrich zu besetzen. Doch sie hatten sich die Bäuche am Vortag mit den überall reichlich prangenden Weichselkirschen vollgeschlagen, dazu aber nichts getrunken! Das sollte sich nun rächen! Immer mehr von ihnen klagten über Unwohlsein. Am Ende war fast die ganze Horde gezwungen, für ein paar Stunden im Wäldchen auszutreten. Zu spät erkannten sie den verborgenen Sinn der Formel: Sie hatten die Früchte zu sich genommen, ohne zu trinken („Weichsel netze!“) und mussten dafür nun durch Warten büßen („oder warte!“). Die Langobarden konnten ungehindert die Stelle passieren. Sie gelangten ohne Zwischenfälle nach Mähren und nahmen das Land in Besitz. Der Zorn der vom Schicksal betrogenen Vandalen kannte keine Grenzen. Ihr Wutgeheul war im ganzen mittleren Donauraum zu hören; ein Lärm, den es in dieser Gegend erst 1.500 Jahre später wieder geben sollte (Kap. 48).
Nach dieser Schlappe benahmen sich die Vandalen auch wie solche. Es blieb ihnen nichts übrig, als an den verhassten Langobarden vorbei nach Italien zu ziehen. Auf ihrem Weg schlugen sie alles kurz und klein. Wie die geflüchteten Bewohner einer Siedlung von Reihenhäuschen nach ihrer Rückkehr schockiert feststellen mussten, übertrafen die Taten der Vandalen die schlimmsten Befürchtungen: Zertrampelte Stiefmütterchen, vertrocknete Geranien, ungelüftete Klos, ungemachte Betten, zerknitterte Vorhänge, verdrecktes Geschirr, leere Metkrüge, geplünderte Eisschränke! Am unverzeihlichsten aber: Die Vandalen hatten vor ihrer Abreise weder Staub gesaugt noch den Rasen gemäht!
Auch in Oberitalien zermalmten sie alles, was ihnen unter die Füße geriet. Sie hatten keinen Sinn für die Alpenrandlandschaft und verpassten in ihrer Rage sogar die Abzweigung zum italienischen Stiefel. Woher nur verfügten die Vandalen über die unbändige Energie, tausende von Kilometern zu marschieren; und das scheinbar ohne jegliche Ermüdungserscheinungen? Wie schafften sie es, Stock und Stein, Flüsse und Gebirge scheinbar mühelos zu überwinden? Nach heutiger Auffassung beruhte ihr Erfolg vor allem auf ihrer neuartigen, luftigen Fußbekleidung, die später zum Inbegriff zwanglosen Wanderns wurden. Ein umtriebiger Schuhmacher in Italien namens Vendal war fasziniert von dieser germanischen Innovation; sie wurde zur Geschäftsidee seines Lebens. Unmittelbar nach dem Abzug der Migranten eröffnete er eine Werkstatt und machte schon bald ein Vermögen, an dem seine eingängigen Werbeslogans nicht ganz unschuldig waren. „Für Vendal-Sandalen bezahlen sogar Vandalen!“, „Für wendiges Wandern wählen Vandalen Vendal-Sandalen!“ oder kurz und bündig „Wenn Sandal für Vandal: dann Vendal!“
Das ergrimmte Volk überquerte den Apennin und zog südwärts entlang der iberischen Küste, bis es im Jahr 411 erschöpft Gibraltar erreichte (Karte 4). Seine Wut war endlich verpufft. Wieder zur Besinnung gekommen, kürten die Vandalen Geiserich zu ihrem König. Dieser führte die Migranten in Ziegenfellbooten über die gefährliche Meerenge nach Nordafrika. In Karthago ließen sie sich nieder und errichteten dort in den nächsten Jahrzehnten ein germanisches Reich. Bald erlangten sie die Seeherrschaft im westlichen Mittelmeer. Der Verlust der Kornkammer Afrika trug wesentlich zum Niedergang des Römerreichs bei. Eigentlich war ja nur ein Unwohlsein die Ursache dafür, dass die Vandalen in Nordafrika anstatt in Mähren gelandet waren. Das Warten hatte sich aber letztlich gelohnt!
Nach dem Tod des Hunnenführers Attila im Jahr 451 zerfiel sein Reich. Die Reste seines Volks ließen sich an der Donau nieder. Aber damit war die Völkerwanderung noch nicht zu Ende. Nun wurden nämlich die in Ungarn ansässigen Ostgoten ihres Landes überdrüssig. Sie zogen unter ihrem König Theoderich nach Oberitalien und eroberten 493 Ravenna, dessen Umgebung ihre neue Heimat wurde (Karte 4). Herrliche frühchristliche Baudenkmäler haben sich dort aus dieser Zeit erhalten.
Die drei Nachfolgestaaten des Römischen Reichs waren das Ostgotenreich, das sich über Italien und Illyrien erstreckte, das Vandalenreich im westlichen Mittelmeerraum und das Oströmische Reich unter Kaiser Justinian, das die Osthälfte des früheren Römerreichs einnahm. Nach dem Tod Theoderichs unterwarf Justinian die Ostgoten und die Vandalen und vereinte die drei Staaten nochmals zu einem einheitlichen Kaiserreich. Doch nun gefiel den Langobarden ihr Wohnsitz Mähren nicht mehr. Im Jahr 568 machten sie sich auf und drangen wie zuvor die Ostgoten in Norditalien ein. Sesshaft wurden sie vor allem in der westlichen Poebene, der ‘Lombardei’, die von nun an ihren Namen trug. Sie wurden immer mächtiger, sodass das Langobardenreich bald fast ganz Italien, die Gebiete der Alemannen und Bajuwaren und die Mittelmeerküste Iberiens umfasste (Karte 5).
Mit der Abwanderung vieler germanischen Völker und dem Zerfall des Hunnenreichs entstand in Osteuropa ein Bevölkerungsvakuum. Dieses wurde im 6. Jh. durch von Osten nachstoßende slawische Stämme gefüllt (Karte 4). Am Ende dieser letzten Migrationswelle waren die Gebiete östlich einer Linie Rügen-Böhmen-Adria mehrheitlich von Slawen besiedelt.
1Nullus tubicen – nullus hostis: hört sich echt an, ist aber erfunden
1bioakustische Frühwarnanlage: die schnatternden Gänse im Iunotempel retteten gemäß der Legende im Jahr 387 v. Chr. die Stadt vor einer gallischen Erstürmung