Читать книгу Dich gibt's nur dreimal für mich - René Kemp - Страница 7

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2014

Samstag, 07. Juni 2014

Gestern Nachmittag, ein Mädchen in der Straßenbahn, 15 Muttermale formierten sich, dicht gedrängt, auf ihrem linken Oberarm. Niedliche Form von Überfluss. Und durch das Aufschreiben solcher Momente will ich mir das Erinnerte über offener Flamme gefügig machen.

Sonntag, 08. Juli 2018

Beschissene Typen, die am frühen Sonntagabend aus ihren BMWs steigen, in Jogginghose und Daunenjacke, weil sie aus dem Fitnesscenter kommen.

»Ich würde gerne einen Eiskaffee trinken, aber der ist so teuer«, sagt einer im Vorbeigehen. Wirklich? Ein Kaffee kostet 2 Euro, aber ein Eiskaffee 8000 Euro oder wie? Was heißt denn hier »teuer«? Ich habe mal einem Finanztypen erzählt, weil er es wissen wollte, was für mich der Sinn von Geld sei und wie ich damit umgehe. Er sagte dann, ich sei »Anarchist«. Keine Ahnung, was er damit meinte.

Donnerstag, 03. Juli 2014

Nur noch diffus empfinden, das Wesentliche hat sich in die Ferne verlegt, vieles ist unglaublich scheiße und dumm, aber das Schlimmste ist die Durchschaubarkeit, nichts ernst nehmen, aber alles tragisch. Kommen daher die Pickel im Gesicht?

Sonntag, 06. Juli 2014

»Del’s Theme« von George Braith jetzt schon endlos, hintereinander weg, seit gestern schon, der Frauenchor am Anfang macht mich wahnsinnig, beruhigt, übertönt das eigene Getöse im Kopf, versöhnt, mit was eigentlich, pumpt Sinn in den Moment, schiebt den morbiden Schwachsinn zur Seite, macht nicht durstig, macht nicht hungrig, ist nicht kalt und ist nicht warm, aber meins.

Man muss den Unterschied beachten zwischen: Gottseidankallein und Leidereinsam

Sonntag, 13. Juli 2014

Diese Togetherness überall, Sozialpflicht, Sozialgeräuschpflicht, das Konzept der Mikro-Mehrheit, Nestwärme für Erwachsene, es existieren fast nur noch Gruppen und Menschen, die sich an irgendwelchen Stellen ankapseln und andocken, warum gibt es keine Lobby für ein gesundes »Nein«.

Mittwoch, 30. Juli 2014

Jeden Tag bekomme ich Emails, die mich auf Stipendien und Preise hinweisen, Ausschreibung beginnt, Ausschreibung endet BALD, letzte Schangse, »nur für Künstler aus NRW-Rheinland-Pfalz-unter 35« usw., Stiftungen, zwielichtige und pompöse, Preise mit Namen, Richtlinien, »Profile«. Der Stress, den alleine die Betreffzeile schon auslöst bei mir….

Beschreibungen, Berichte über das eigene Schaffen in dieser sich selbst aussaugenden Nullsprache, die nur sehr wenig sagt, von dem, was eigentlich ist. Es ist überhaupt wieder eine große Zeit für die Nullaussage.

Mittwoch, 01. Oktober 2014

Der Himmel im Spätseptember: mürbe machend, scheiße, deutschgrau - ich stehe trotzdem auf. Im Zug kann ich mich nicht auf das Buch konzentrieren, und das Volk macht sich immer noch lustig über Durchsagen in breitem Sächsisch. Zweitausendvierzehn ist das Jahr. Dann sehe ich ein hübsches iranisches Mädchen und beobachte sie ein bisschen. Sie ist zu jung. Ich werde alt.

Am Hauptbahnhof trinke ich einen Kaffee, gucke dabei enthirnt in den laufenden Fernseher und merke gar nicht, dass ich einem afrikanischen Baby beim Verhungern zuschaue. Der zierliche Thailänder, der hier höchst gay aber autoritär das Sagen hat, fragt plötzlich laut, wem denn »die Tasche da gehört«, »Terroristen überall« sagt seine russische Kollegin, ein Typ in Signalweste, der an seinem Handy hängt, gibt sich als Besitzer zu erkennen.

Rechtschreibfehler auf N24, warm, 22 Grad, sieht nach Regen aus, um 19.15 Uhr geht die Sonne unter, nicht nur die Wüste breitet sich aus, auch die Dunkelheit, »DAX setzt Talfahrt fort«.

Dich gibt's nur dreimal für mich

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