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Zwei Pläne

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Das monotone Piepsen des Weckers holte Cathy Punkt 5 : 30 Uhr aus einem unruhigen Schlaf. Ohne sich groß aufzurichten, suchte sie mit ausgestrecktem Arm im Dämmerlicht nach der nervenden Uhr, um sie zum Schweigen zu bringen. Der Inhalt des Bechers, den sie tags zuvor auf dem Nachttisch abgestellt hatte, ergoss sich über ihrer linken Schulter. Nun schnellte Cathy hellwach empor.

»So ’n Mist«, wetterte sie und schlug ihre Bettdecke zurück. Sie verpasste dem Wecker, den sie aus Watford mitgebracht hatte und der noch immer nervtötend piepste, einen kräftigen Schlag und er verstummte augenblicklich. Es war noch dunkel und Cathy horchte in die Stille. Sie hoffte, dass ihre Großeltern nicht wach geworden waren, was bei dem Lärm, den der Wecker und ihr Gepolter veranstaltet hatten, sehr unwahrscheinlich war. Cathy sollte sich nicht täuschen, denn Sekunden später pochte es ganz sachte an ihrer Tür.

»Komm rein, ich bin wach«, rief sie leise und ihre Großmutter trat ins Zimmer. Unter ihrem langen gelben Nachthemd schauten lustige bunte Pantoffeln hervor.

Perl hatte eine große Stola um ihre Schultern gelegt. Ihr graues Haar hatte sie zu einem Zopf geflochten, der über ihrer Schulter hing.

»Was in Hedogs Namen veranstaltest du denn so früh schon hier drin?«, flüsterte Perl verschlafen.

»Entschuldige, ich wollte euch nicht aufwecken. Ich habe den Wasserbecher umgestoßen, als ich den blöden Knopf vom Wecker nicht gleich gefunden hatte. Jetzt ist mein Bett ganz nass.«

Perl entzündete die kleine Lampe an der Wand über der Waschschüssel, woraufhin sich ein gemütliches Licht in der kleinen Kammer ausbreitete.

»Wo willst du denn um diese Uhrzeit hin?«

»Ich wollte mit Annabelle und Finn zu Hesekiel. Wir wollen schauen, wie weit er mit dem magischen Spiegel ist.«

Perl schüttelte ungläubig ihren Kopf. »Magischer Spiegel. So ein Unfug und dann auch noch mitten in der Nacht, als ob das nicht bis zum Tagesanbruch Zeit hätte.« Perl schüttelte müde den Kopf. »Der alte Hesekiel schafft es aber auch immer wieder, euch Kinder in seinen Bann zu ziehen. Kein Wort glaub ich ihm. Ich geh Frühstück machen.«

»Nein, warte, Großmutter, das brauchst du nicht. Leg dich wieder hin. Ich komm schon allein zurecht«, beteuerte Cathy, doch Perl winkte nur ab.

»Soweit kommt es noch, ich bereite seit Jahrzehnten das Frühstück in diesem Haus und das wird sich nicht ändern«, erklärte Cathys Großmutter lächelnd und verschwand nach unten.

Nachdem Cathy sich gewaschen und angezogen hatte, fand sie sich in der Küche ein. Ihre Großmutter schüttete gerade heiße Milch in einen Becher und stellte ihn zu dem Topf Honig auf dem Tisch. »Bei aller Magie um diesen Spiegel, Cathy, vergiss nicht, dass du deine Mutter und Onkel Milo heute noch holen musst«, erinnerte Perl ihre Enkelin und schob ihr die Brötchen hinüber.

Cathy gab einen Löffel Honig in die Milch und begann zu rühren. »Keine Sorge, das vergess ich nicht, Großmutter.«

»Cathy, willst du dir das mit der Schule nicht doch noch einmal überlegen? Nicht, dass wir dich nicht sehr gern hier haben, aber ich habe doch Bedenken, ob das alles so richtig ist, was wir hier tun.« Nachdenklich füllte Perl einen weiteren Becher mit Milch und setzte sich an den Tisch.

»Keine Chance, du kannst aufhören, Großmutter. Ich geh nicht zurück. Ich werde Youla suchen und ich werde sie aufspüren. Sobald Hesekiel eine Möglichkeit gefunden hat, wie Mom und Onkel Milo ohne das Amulett zwischen Watford und Termonia hin und her reisen können, mache ich mich mit Finn und Annabelle auf den Weg.« Cathy war entschlossen und Perl wusste, dass daran nicht zu rütteln war.

»Aber wo wollt ihr eure Suche beginnen?«

»Zunächst werden wir uns nach einem weiteren Portal umsehen. Das am Brunnen ist ja leider nur im Winter zu sehen. Aber es gibt sicher noch andere. Wir müssen nur die Augen offen halten.« Voller Zuversicht schaute Cathy ihre Großmutter an. »Ich finde diese Hexe und bringe sie zur Strecke. Und wenn es das Letzte ist, was ich tun muss. Sie wird nicht ungestraft davonkommen, nicht solange ich das verhindern kann.« Cathy stopfte sich den letzten Bissen ihres Brötchens in den Mund und stand auf. Sie ging zu ihrer Großmutter hinüber und gab ihr einen Kuss auf die Wange.

»Danke, du bist die Beste. Ich hab dich lieb. Muss jetzt los, Finn und Annabelle warten. Bis später.« Sie schlüpfte in ihre Jacke und die Schuhe, nahm den Bogen und die Pfeile und trat vor die Tür. Ein frischer Wind blies ihr um die Nase.

Cathy sog die Frische des Morgens in sich hinein. Es roch nach Frühling und sie liebte diesen Duft. Die ersten Frühlingsboten steckten ihre farbenfrohen Köpfe bereits aus der Erde und ein paar Vögel zwitscherten munter durcheinander. Cathy blickte zufrieden nach oben. Am Himmel über dem Berg zeichnete sich die Morgenröte ab.

»Hallo Frau Sonne, na, schälst du dich auch langsam aus deinem Bett?«, begrüßte Cathy den Tag, schloss ihre Jacke und überlegte kurz, ob sie den Weg zu Annabelles und Finns Haus zu Fuß oder durch die Luft beschreiten sollte. Sie entschied sich zu laufen. Obwohl sie das Fliegen in letzter Zeit für sich entdeckt hatte, ging sie auch gern zu Fuß. Sie liebte dieses Land und es fühlte sich an, als sei sie nie irgendwo anders gewesen. Cathy konnte sich nicht mehr recht vorstellen, wie es vorher gewesen war, als sie nichts von der Existenz Termonias ahnte. Sie spürte, dass dieser Ort ihr zu Hause war und dass es vorherbestimmt war, dass sie hier lebte. Als sie bei ihren Freunden ankam, begann Cathys Herz ein bisschen schneller zu pochen. Sie blickte in den liebevoll angelegten Garten. Annabelle hatte sich große Mühe gegeben, den Garten so schön wie möglich zu gestalten, und Cathy fand, das war ihr gelungen. Man konnte an der Farbenpracht der Blütenspitzen, die sich bereits über der Erde zeigten, erahnen, wie sich in wenigen Wochen ein Meer bunter Blüten rechts und links des Weges entfalten wird. Hyazinthen, Tulpen, Krokusse, Narzissen und viele andere Blumen, solche die Cathy völlig unbekannt, aber nicht minder schön waren, warteten hier vor dem Haus auf weitere wärmende Sonnenstrahlen, dazu der helle Anstrich am Haus, den Finn angebracht hatte. Cathy gefiel die wundervoll frische, junge und sehr gepflegte Oase. Viel Arbeit hatten die drei in den letzten Wochen in das Haus gesteckt, und es hat sich gelohnt. Cathy verbrachte fast jede freie Minute bei Annabelle und Finn, denn das Haus war in einem bedauernswerten Zustand gewesen, als die drei aus Itros zurückkamen. Das Geschwisterpaar Quinx hatte vorher jahrelang im Tempel gelebt und Barkasan und Youla gedient. Nach der Befreiung Termonias und der Zerstörung des Tempels kehrte die beiden in ihr Elternhaus zurück. Cathys Großeltern hatten über die Jahre zwar versucht, das Haus vor dem gänzlichen Zerfall zu bewahren, aber ein unbewohntes Haus verlor im Laufe der Zeit seinen Glanz, ganz gleich, ob man kleinere Reparaturen durchführte oder nicht. Doch nun sah das Haus wieder belebt und frisch aus und Cathy war sehr stolz, dass sie dazu beigetragen hatte. Sie mochte Annabelle unheimlich gern und ihren Bruder erst recht. Noch immer hatte sie das Gefühl, dass Heerscharen von Ameisen in ihrem Bauch zu tanzen begannen, wenn sie Finn Quinx näher kam.

Annabelles Bruder hatte ihr gehörig den Kopf verdreht und Cathy war verliebt bis über beide Ohren. Diese Verliebtheit machte es ihr jedoch schwer, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Noch hatte sie ihre neu erworbenen Fähigkeiten nicht jederzeit voll und ganz im Griff und Finns Anwesenheit während ihrer Übungsstunden lenkte sie immer wieder aufs Neue ab. Annabelle rollte dann stets genervt mit den Augen und scheuchte ihren Bruder fort, damit sie mit Cathy in Ruhe trainieren konnte.

Noch einmal atmete Cathy tief ein, um sich ein bisschen zu beruhigen, dann klopfte sie an die Tür.

»He, du bist ja überpünktlich«, wurde sie von Annabelle begrüßt. »Komm rein! Mein Bruder liegt noch immer in den Federn. Er hat gestern bis in die tiefe Nacht in dem Buch gelesen, dass du ihm geschenkt hast. Eigentlich tut er kaum noch was anderes, wenn du nicht hier bist.«

Cathy lächelte zufrieden. Als sie das letzte Mal in Watford gewesen war, um noch ein paar Sachen zu holen, hatte sie beschlossen, einige ihrer Bücher nach Termonia mitzunehmen. Ein paar ihrer Märchen und Fabeln hatte sie Finn gegeben, der sichtlich begeistert über die Drachenbuchreihe war, aber die Geschichte des jungen Zauberers hatte es ihm besonders angetan. Er schaffte es nur mit Mühe, das Buch wegzulegen, doch Annabelle bestand darauf, dass erst die Pflichten erledigt wurden.

»Hm, wenn ich geahnt hätte, dass er sich die Nächte um die Ohren schlägt, hätte ich ihm wohl besser keine Bücher geben sollen«, sagte Cathy und marschierte geradewegs an Annabelle vorbei die Treppe hoch. »Keine Sorge, ich schmeiß ihn aus dem Bett.«

»Tu das, ich mach derweil das Frühstück. Hast du Hunger?«, fragte Annabelle ihrer Freundin hinterher.

»Nein, danke, Hunger hab ich seit Omas leckerem Frühstück nicht mehr. Aber eine Tasse Tee, die trinke ich noch mit.«

Wenig später stand Cathy mit klopfendem Herzen vor Finns Tür, atmete noch einmal tief durch und trat dann leise ein.

Die Decke bis an die Nasenspitze gezogen schnarchte Finn vor sich hin. Cathy musste schmunzeln, als sie die knarzenden Töne vernahm, die ihr Freund von sich gab. Das Buch, das er gelesen hatte, lag aufgeschlagen auf dem Boden. Es hatte den Anschein, als war Finn über dem Lesen eingeschlafen und das Buch war heruntergerutscht. Leise ging sie hinüber zum Bett, hob das Buch auf und legte es auf den kleinen Tisch, der neben Finns Schrank stand. Dabei stieß sie gegen den Wasserkrug, der bedrohlich zur Seite kippte. In letzter Sekunde konnte Cathy verhindern, dass er umfiel, jedoch nicht ohne Geräusche zu machen.

»Annabelle, lass mich schlafen und hör auf, solchen Lärm zu machen«, moserte Finn unter seiner Decke hervor und drehte sich ohne aufzuschauen an die Wand.

»Ich bin’s. Wach auf du Schlafmütze«, lachte Cathy und zuppelte an der Bettdecke. Dann setzte sie sich auf die Bettkante.

Verschlafen drehte Finn sich zu ihr um und grinste. »Ach, du bist das. Na dann …«, freute er sich, griff nach ihrer Hand und zog sie zu sich herunter.

Die Ameisen in Cathys Bauch schienen ein Wettrennen zu veranstalten. Ihr Herz pochte so schnell, dass sie befürchtete, es könnte sich überschlagen. Sie lag neben ihrem Freund und ihre Gedanken rasten wie Kugelblitze durch ihren Kopf.

Finn hielt sie in seinem Arm und strich ihr zärtlich über den Rücken. »Von dir lass ich mich gerne wecken«, hauchte er leise und küsste ihren Hals.

Ein wohliger Schauer nach dem anderen huschte über Cathys Körper. Sie lag ganz still, mochte sich weder rühren noch atmen, aus Angst, das himmlische Gefühl könnte zu schnell verstreichen. Dann schaute sie ihn verliebt an. Einen Bruchteil einer Sekunden blickten sich beide in die Augen, dann küsste Finn seine Freundin. Finn hatte Cathy schon oft geküsst, aber dieser Kuss, das spürte sie tief in ihrem Herzen, war anders als alle anderen zuvor. So hatte er sie noch nie geküsst und Cathy wusste, wohin das führen könnte, wenn sie es zulassen würde. Doch so neu, schön und aufregend dieses Gefühl war, und so sehr sie Finns Nähe genoss, Cathy war noch nicht bereit für den nächsten Schritt. Befangen hangelte sie sich aus seiner Umarmung.

»Hab ich was falsch gemacht?«, fragte Finn nervös.

»Nein, hast du nicht«, sagte sie etwas atemlos und zupfte ihren Pulli zurecht. »Annabelle wartet mit dem Frühstück. Ich geh besser wieder runter zu ihr. Und du sieh zu, dass du aus den Federn kommst. Wir wollen Hesekiel nicht warten lassen.«

»Cathy …« Finns Stimme hatte einen seltsamen Klang.

Cathy stand an der Tür mit der Klinke in der Hand. Sie hielt in der Bewegung inne und drehte sich zu ihm um.

»Ich lieb dich. Ich will, dass du das weißt.« Das Gesicht ihres Freundes spiegelte die Ernsthaftigkeit und Ehrlichkeit seiner Worte wider.

Cathy spürte ein Glücksgefühl in sich aufsteigen. »Ich dich auch.« Lächelnd verließ sie das Zimmer und lief in Gedanken versunken die Stufen hinab.

Annabelle empfing sie fröhlich: »Na, hast du den Langschläfer wach bekommen?«

»Ja, kein Problem«, erwiderte Cathy und hoffte, dass Annabelle ihr nichts anmerkte. So unbekümmert es ihr möglich war, plapperte sie los: »Was glaubst du, wie weit wird Hesekiel sein? Ob er etwas gefunden hat, das er magisch beeinflussen kann, um meine Mom und Milo sicher durch die beiden Welten zu bringen?«

»Ich weiß es auch nicht, aber wie ich Hesekiel kenne, wird er sich ganz sicher etwas einfallen lassen. Hier dein Tee.« Annabelle schob Cathy einen dampfenden Becher über den Tisch.

»Danke.« Cathy setzte die Tasse an den Mund und pustete leicht hinein. Dann nippte sie und eine kleine Geschmacksexplosion offenbarte sich ihrem Gaumen. Cathy schmeckte Kamille und Minze, aber auch einen angenehmen blumig süßen Geschmack, den sie nicht zuordnen konnte. Sie stellte den Becher ab und lächelte zufrieden.

»Schmeckt ja klasse. Was ist das für ’ne Sorte?«

»Ich nenne ihn Tränenmeer.«

»Tränenmeer? Muss ich gleich weinen, oder was?«

Annabelle lachte. »Nein, ganz sicher nicht. Ich habe die Mixtur selber hergestellt. Zum einen ist es der Saft der Meerweide und zum anderen ein paar Silbertränen. Die wiederum schützen vor Gluroxgeifer, wie wir, dank Hesekiel, wissen. Und noch ein paar andere Kräuter wie Minze, Salbei und Kamille. Schön, dass er dir schmeckt«, freute sich Annabelle.

Cathy schaute Annabelle skeptisch an. »Gluroxgeifer? Ich bitte dich, Annabelle. Wo sollen wir denn mit diesem Schleim noch in Berührung kommen? Es gibt keine Glurox mehr.«

»Man kann nie vorsichtig genug sein. In Itros gab es sie schließlich noch, oder was waren das für Viecher, die auf und um Schloss Torvitas Wache standen? Nein, meine Liebe, ich bin vorsichtig, gerade, was diese Monster angeht.«

Cathy spürte die Anspannung, die Annabelle jedes Mal dann überkam, wenn sie nur über diese furchtbaren Kreaturen sprachen.

»He, Annabelle. Da sind keine Glurox mehr. Ganz bestimmt. Zytra ist tot und mit ihr starben diese Monster«, versuchte Cathy, ihre Freundin zu beruhigen.

»Was ist los? Habt ihr alles alleine aufgefuttert?« Finn kam die Treppe herunter und stoppte augenblicklich, als er das ängstliche Gesicht seiner Schwester sah. »He Annabelle, was ist mit dir? Hast du einen Geist gesehen?«

Cathy gab ihm durch einen strengen Blick zu verstehen, dass er ruhig sein und sich setzen sollte.

Finn jedoch rollte mit den Augen, während er zum Tisch ging, nahm die Kanne und goss sich Tee ein. Dann brach er ein Stück vom Brotlaib ab, tauchte es in ein Honigglas und stopfte sich das süße Stück Brot in den Mund.

»Nicht schon wieder, Schwesterchen. Dir jagen diese Teufel doch nicht immer noch Angst ein?«, schmatzte er.

»Doch, das tun sie. Und ihr zwei tätet gut daran aufzuhören, mich wie ein Kleinkind zu behandeln! Ich weiß, dass es keine Gluroxkrieger mehr geben dürfte. Ich war ja schließlich dabei, als wir ihnen den Garaus gemacht haben. Und doch sollten wir nicht allzu sicher sein. Immerhin werden wir uns auf die Suche nach dieser Hexe machen und glaubt mir, ich kenne Youla besser als jeder andere. Diese Zauberin besitzt große magische Fähigkeiten, und ich rede hier von der verbotenen Sorte der Magie.« Unwirsch begann Annabelle den Tisch abzuräumen.

»He, lass den Honig hier. Ich war noch nicht fertig«, protestierte Finn.

»Jetzt schon«, zischte Annabelle ihren Bruder an.

»Lass gut sein, Finn. Essen kannst du später auch noch. Du bist manchmal so unsensibel, weiß du das«, wies Cathy ihren Freund zurecht und half beim Aufräumen. »Wir sollten jetzt aufbrechen.«

»Unsensibel? Ich? Alles klar, ich versteh schon.« Kopfschüttelnd stand Finn auf und ging nach draußen. Krachend fiel die Tür ins Schloss, wodurch die beiden Mädchen erschrocken zusammenzuckten.

Cathy ging zu Annabelle hinüber und legte ihr den Arm um die Schulter. »He, er meint es nicht so, Annabelle. Komm schon, du hast ja recht, und dein Tee ist wirklich allererste Sahne. Wenn er dann noch schützt, was wollen wir mehr.« Cathy trocknete die letzen Teller ab und sah durchs Fenster, wie Finn draußen derweil ein paar Holzscheite zusammenraffte.

»Schon gut. Du brauchst ihn nicht in Schutz zu nehmen. Er ist manchmal eben plump, wie ein Grullop.«

In diesem Moment kam es Cathy in den Sinn, dass sie, obwohl sie schon seit gut vier Monaten in Termonia lebte, noch immer nicht wusste, was genau ein Grullop war.

»Sag mal, Annabelle, wo findet man diese Grullops? Und was sind das eigentlich für Viecher? Von Milo weiß ich nur, dass sie wohl gut schmecken sollen.«

»Ich selbst hab auch noch keins gesehen, aber von Glox weiß ich einiges über diese Tiere. Sie sollen sehr scheu sein, und größer noch als ein Omihyn. Sie haben sechs Gliedmaßen, die hinteren vier dienen zur Fortbewegung und die beiden vorderen nutzen sie wie Greifarme. Ihr Fell schimmert golden und sie stellen sich auf die Hinterbeine, um an die besten Blätter zu gelangen. Glox erklärte mir, wer einem Grullop einmal in die schwarzen Augen geschaut hat, dem soll ein langes Leben bestimmt sein. Angeblich leben sie in den Wäldern von Termonia. Was den Geschmack angeht, so denke ich, dass Milo dir einen Bären aufbinden wollte. Nie im Leben hat er eines dieser Tiere zu Gesicht bekommen. Ich jedenfalls würde es nie übers Herz bringen, eins zu verspeisen, wenn es mir über den Weg liefe. Es sind sehr magische Wesen, die sich nur dort ansiedeln, wo sie sich in Sicherheit glauben. Die Glurox haben Jagd auf sie gemacht und wahrscheinlich die restlichen hier lebenden Grullops ausgerottet. Das jedenfalls befürchtet Glox, und dass die, die ihnen nicht in die Falle gegangen sind, die Wälder und Termonia für immer verlassen haben.«

»Was meinst du, hat Glox einem Grullop ins Auge geschaut? Zumindest würde das sein hohes Alter erklären«, vermutete Cathy und stellte den letzten Becher in den Schrank.

»Ich weiß nicht, wir können ihn ja fragen. Er ist ganz sicher auch bei Hesekiel.«

Eine halbe Stunde später waren die drei auf dem Weg nach Jorba zu Hesekiel.


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