Читать книгу Health Horse Agility - Renate Ettl - Страница 6

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1. AUSGANGSLAGE

1.1 Gesundheit statt Leistung

Das Konzept des Health-Horse-Agility-Trainings ist nach dem Gesundheitsprinzip und nicht nach den Grundsätzen der Leistungssteigerung aufgebaut. Das heißt, dass das Pferd in diesem Training nicht unbedingt schneller, höher oder weiter springen und laufen soll, sondern besser. Das Ziel ist, seine Bewegungen zu optimieren, um bestimmte Körperstrukturen planmäßig zu trainieren, damit diese eine Mehrbelastung (durch das Reiten) aushalten und somit langfristig gesund bleiben. Das eine schließt das andere aber nicht aus, denn ein gesundes Pferd ist logischerweise auch leistungsfähiger. Somit können auch gewisse Höchstleistungen erlangt werden, die sonst nicht möglich wären. Dies ist zwar nicht das primäre Ziel des Trainings, aber ein durchaus sinnvoller Nebeneffekt, der nicht nur dem Turnierreiter zugutekommt. Das gezielte Training schafft zudem wichtige Reserven für Extremsituationen und setzt auf diese Weise das Verletzungsrisiko deutlich herab.

Merke!

Das Konzept des Health Horse Agility ist nicht nach dem Leistungsprinzip, sondern nach dem Gesundheitsprinzip ausgerichtet.

Das Health-Horse-Agility-Konzept soll jedem Reiter ein Programm an die Hand geben, das er zielsicher umsetzen kann. Die Aufgaben und Übungen müssen dabei individuell an die Ausgangsposition von Reiter und Pferd angepasst werden. Zudem soll neben dem gesundheitsfördernden Aspekt auch der Spaß nicht zu kurz kommen, der letztendlich auch auf die Psyche einen positiven Einfluss hat. Denn nur ein gesunder Geist kann auch den Körper in seiner Genesung oder Gesunderhaltung unterstützen.


Durch den Einsatz von Hindernissen wie die Kufenwippe werden Muskelkraft, Balance und Koordination trainiert.

1.1.1 Die Aufgaben und Übungen im Health Horse Agility

Zwar steht das Leistungsprinzip im herkömmlichen Sinne nicht auf den Fahnen des Health-Horse-Agility-Konzepts, dennoch ist das Trainingsprogramm auf mehreren Leveln aufgebaut, um den Pferdebesitzer zu motivieren und den Fortschritt der Arbeit erkennen zu lassen. Zudem sollen die Übungen in den weiteren Stufen dazu dienen, die Kommunikation von Mensch und Pferd weiter zu verfeinern, die Aufmerksamkeit zu steigern, das Selbstbewusstsein zu stärken und die Bewegungen nachhaltig zu optimieren. Die Hindernisse und Übungen können zudem geführt, geritten, am Leitseil (Training auf Abstand) oder in Freiarbeit erarbeitet werden.

Die Hindernisse und Aufgaben sollte das Pferd möglichst selbst absolvieren und vom Menschen nur so viel Unterstützung erfahren, wie nötig ist, um die Aufgabe zu verstehen und sie sicher zu bewältigen. Selbstverständlich muss der Mensch eingreifen, wenn das Pferd einen Weg falsch einschlägt oder durch Fehltritte Unfälle und somit Verletzungen drohen. Der Eingriff erfolgt jedoch stets korrigierend, niemals strafend. Erfolgreiches Arbeiten wird zudem immer lobend begleitet.

Das weitgehend selbstständige Arbeiten des Pferdes motiviert das Pferd zur aktiven Mitarbeit und gibt ihm das Gefühl eigener Entscheidungsfreiheit. Der Ausbilder lenkt das Pferd jedoch über lobende und korrigierende Einflüsse sowie mithilfe der verwendeten Medien (Hindernismaterial) in die gewünschte Richtung. So kommen Hindernisse zum Einsatz, die das Pferd sowohl zu aktiven als auch passiven Reaktionen bestimmter Muskelgruppen verleiten. Das Muskeltraining geschieht nicht bewusst, sondern automatisch beim Lösen der Aufgabe. Hindernisse wie Stangen, Wippen, Pylonen, Brücken, Podeste oder unterschiedliche Trittmaterialien dienen nur als Mittel zum Zweck.


Das Hindernis – wie in diesem Fall der Drehteller – unterstützt die Hilfen des Reiters und aktiviert die Muskulatur, die auf diese Weise gezielt angesteuert werden kann.

Das Rad muss nicht neu erfunden werden, denn viele Reitsportdisziplinen bieten einen großen Fundus an Möglichkeiten, die für das Gesundheitstraining genutzt werden können. Aufgaben und Hindernisse aus den Sparten der klassischen Dressur können ebenso in das Health-Horse-Agility-Programm aufgenommen werden wie Übungen aus der Zirzensik, dem Extreme Trail, dem Trailparcours der Westernreiter oder dem Agility-Sport. Immer muss jedoch der Gesundheitsaspekt einer Übung im Vordergrund stehen. Dies erfordert das Verständnis des Ausbilders, welche Effekte bei welcher Übung entstehen und welche Aufgaben für das jeweilige Pferd passend sind.

1.1.2 Individuelles Trainingsprogramm

Die Übungen und Aufgaben im Health-Horse-Agility-Konzept werden für jedes Pferd individuell ausgewählt. Den Trainingsparcours beeinflusst insbesondere die Ausgangslage des Pferdes. Hierzu wird zunächst ein Befundungsprofil erstellt, das Auskunft über die Fitness des Pferdes, dessen gesundheitliche Beeinträchtigungen, eventuelle Exterieurmängel, den Charakter und seinen Ausbildungsstand gibt.


Bei Verletzungen kann ein Osteopath beispielsweise durch passive Mobilisationen dazu beitragen, die Heilung zu beschleunigen.

Aus der Sammlung verschiedener Übungen werden zielgerichtet die passenden Aufgaben ausgewählt. Alle Übungen, die für das jeweilige Pferd als gesundheitsfördernd eingestuft werden, können ins Programm aufgenommen werden. Dabei ist oftmals nicht die Übung an sich „gut“ oder „schlecht“, da dies mitunter stark von der Intensität und der Qualität der Ausführung abhängig ist, sondern die Aufgaben sind für das entsprechende Pferd entweder passend oder ungeeignet. Aus diesem Grund muss eine Übung stets mit Bedacht für jedes Pferd gezielt ausgewählt werden. Mit dem Programm des Health Horse Agility muss kein Reiter seine Leidenschaft für eine bestimmte Reitweise oder Disziplin aufgeben. Vielmehr kann er seine Disziplin mit dem Gesundheitstraining sinnvoll ergänzen. Das Gesundheitstraining nach dem Health-Horse-Agility-Prinzip dient nicht nur dem Ausgleich von Defiziten, sondern ist zusätzlich eine Abwechslung im Trainingsalltag und stellt somit auch ein ideales Ausgleichstraining dar.

Merke!

Das Health-Horse-Agility-Training gleicht Defizite aus, fördert die Vielseitigkeit und steigert die körperliche und psychische Belastbarkeit.

1.2 Gesundheitliche Beeinträchtigungen des Pferdes

Nicht nur alte Pferde sind von gesundheitlichen Beeinträchtigungen betroffen. Jedes Pferd kann von dem einen oder anderen Gesundheitsproblem geplagt sein. Die Ursachen können sehr unterschiedlich sein und reichen von Erbkrankheiten über traumatische Ereignisse bis hin zu degenerativen Erscheinungen. Häufig leiden Pferde auch an inneren Erkrankungen wie Gastritis und Magengeschwüren. Lungenprobleme, Leberschwäche oder Nierenleiden sind weitere Erkrankungen, die sich zunächst nicht unmittelbar äußern und sich dennoch auf den Einsatz des Pferdes auswirken.

Verletzungen und Erkrankungen des Bewegungsapparats gehen häufig mit Lahmheiten einher und sind deshalb offensichtlicher. Sie kommen bei Pferden relativ häufig vor, insbesondere treten Sehnenläsionen und Gelenksarthrosen auf. Neben der Unterstützung von Tierarzt und Therapeut kann das Health-Horse-Agility-Training dazu beitragen, die Pferde schneller wieder fit zu bekommen.

Neben den Erkrankungen und Verletzungen gibt es noch weitere krank machende Faktoren. Der Pferdebesitzer kann viel zur Gesunderhaltung seines Pferdes beitragen, wenn er die natürlichen Bedürfnisse der Equiden kennt und berücksichtigt. Hierzu gehören insbesondere eine naturnahe Haltung und Fütterung. Zusätzlich gilt es, den reiterlichen Einsatz dem Belastungspotenzial des Pferdes anzupassen und ein besonderes Augenmerk auf ein gut sitzendes Equipment (vor allem Sattel und Zaumzeug) zu legen. Selbstverständlich ist die genetische Veranlagung der Physis und Psyche eines Pferdes für die Einsatz- und Belastungsfähigkeit mit zu berücksichtigen.

Das Health-Horse-Agility-Training trägt dazu bei, den Aufbau defizitärer Strukturen gezielt zu fördern, um ein schadloses Reiten zu ermöglichen. Damit ist das Gesundheitstraining die beste Prävention, weil die Pferde länger gesund und fit bleiben.


Die Zweibeinwippe bietet hervorragende Möglichkeiten, die Schultermuskulatur zu kräftigen und die Balance zu verbessern.

Health Horse Agility

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