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Buster – der Mann der Stunde

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„Weißt du, was wir machen? Wir rufen Buster an!“ Buster war ein Bekannter von Papa. Er war ein Bettelmann und wohnte auf der Straße. Karla hatte ihn nur einmal zuvor gesehen. Als Karla und Papa damals fischen gewesen waren, war Buster mit seinem Einkaufswagen aufgetaucht. Er hatte Karlas Wasserflasche so gerne haben wollen, und hatte sie letztendlich auch bekommen. Er war richtig nett gewesen, auch wenn er wirklich komisch aussah.

„Buster hat sowohl ein Handy, als auch einen Führerschein. Das ist die Lösung“, meinte Papa. Karla fand es merkwürdig, dass Buster auf der Straße wohnte, dass er einfach so herumflanierte mit seinem Einkaufswagen, dass er nachts unter all seinen ekeligen und schmutzigen Decken döste. Im Winter schlief er bei Tag, denn bei Nacht war es zu kalt, um draußen zu liegen. Papa hatte erzählt, dass er im Winter die ganze Zeit über in Bewegung bleiben musste, um sich warm zu halten.

Papa rief also Buster an, der hatte zufällig sofort Zeit. Es verstrich ein wenig Zeit bis Buster kam. Schließlich musste er ja immer sein ganzes Zuhause mitnehmen. Endlich hörten sie es vor der Türe rattern. Karla sprang auf und lief zur Tür. Buster parkte seinen Einkaufswagen, sagte artig Guten Tag und bedankte sich dafür, dass sie ihn angerufen hatten. Das taten nämlich nicht viele. Er war froh, helfen zu können und kurz darauf befanden sie sich auch schon in Papas gelbem VW auf dem Weg zum Tierarzt. Karla saß auf dem Rücksitz mit Miez-Muzo auf dem Schoß und vorne saßen Buster und Papa. Sie plauderten miteinander.

Beim Tierarzt angekommen, ernteten sie viele verwunderte Blicke, als sie das Wartezimmer betraten. Einige wechselten ihren Sitzplatz, als sich die vier setzten. Karla dachte, dass sie das sicher taten, weil Buster nicht so gut roch. Und Papa sah wohl auch nicht ganz normal aus, mit seinen langen Haaren und seiner komischen Golfhose. Die Hose reichte nämlich nur bis zu den Knien, darunter trug er karierte Strümpfe. Und Karla selbst hatte den ganzen Nachmittag lang an der Feuerstelle im Garten gespielt, sodass auch ihre Kleidung nicht mehr ganz sauber war. Und der Kater war zerkratzt und blutig und erbärmlich anzusehen. Karla fand, dass er mehr wie ein Teppich aussah, als wie ein Tier.

Miez-Muzos Ohr sollte genäht werden. Deshalb musste er eine Spritze bekommen. An Karlas Wange kullerten kleine Tränchen herab. Papa nahm sie an der Hand und sagte, dass sie auch draußen warten könnten. Aber Karla wollte bei Miez-Muzo bleiben. Und Buster und Papa wollten bei Karla bleiben. Darum nahmen sie sich alle an den Händen und schauten zu, wie der Tierarzt Miez-Muzo wieder zusammennähte. Es war schnell überstanden. Man müsste ihm fünf Tage lang Penicillin geben und dann wäre der Kater wieder so gut wie neu, meinte der Tierarzt.

Karla war erleichtert, als sie wieder im Auto saßen. Sie fand, dass sie alle das Problem richtig gut gemeistert hatten und Papa meinte, sie sollten das auf dem Heimweg mit einem Eis und einem Würstchen von der Wurstbude für Miez-Muzo feiern. Papa fragte Buster, ob er mit ihnen zu Abend essen wollte. Das war wohl das Mindeste, was sie für ihn tun konnten, da er so freundlich war und ihnen geholfen hatte.

Buster sagte ja und als sie zu Hause angekommen waren, wollte er gerne ein Bad nehmen. Wo Buster wohnte, gab es nämlich keinen Wasseranschluss. Papa sagte, dass das kein Problem sei, denn warmes Wasser hatten sie genug. Und so konnten Karla und Papa das Essen vorbereiten, während Buster badete.

Es wurde der schönste Abend der Welt. Buster sah ganz sauber aus. Papa hatte ihm ein altes, sauberes Hemd von ihm geschenkt und eine Hose und Socken geliehen, währenddessen Busters eigenes Zeug gewaschen wurde. Er stank nicht mehr und aß mehr als Karla und Papa zusammen.

Danach gab es Kaffee für die Erwachsenen, eine Limo für Karla und dann spielten sie Monopoly. Buster wollte gerne die Bank sein. Das hätte er nämlich schon oft gemacht, sagte er. Aber bei all dem Geld wurde er immer ein bisschen nervös und Karla bemerkte, dass er schummelte. Schlussendlich verlangte sie, dass er die Geldkasse an sie übergab.

„Es ist wohl besser, wenn ich das mit dem Geld mache“, sagte sie streng.

„Schau an! Du wirst deiner Mutter ja immer ähnlicher“, rief Papa und dann mussten sie alle lachen. Es war so gemütlich. Karla hatte Kerzen angezündet und Papa hatte Kekse auf den Tisch gestellt. Sie fand, dass Buster der liebste auf der Straße lebende Mann war, den sie kannte. Er war allerdings auch der Einzige. Sie war nicht einmal sauer, dass er schummelte, denn er war ja schließlich auch nicht wie alle anderen.

Buster durfte auf der Couch übernachten und Karla gab ihm eine große Umarmung und bedankte sich vielmals für seine Hilfe, als sie sich eine gute Nacht wünschten. Am nächsten Morgen war er weg, noch bevor sie aufgestanden waren. Die Kleidung, die er sich ausgeborgt hatte, lag fein säuberlich zusammengelegt auf der Kante des Sofas. Auch das Kissen und die Decke hatte er schön zurechtgelegt. Seine eigenen Klamotten waren nicht mehr im Trockner und eigentlich konnte man gar nicht sehen, dass er dagewesen war. Karla war enttäuscht. Warum war er einfach so gegangen? Wo war er hingegangen? Papa meinte, dass er gegangen war, weil er es nicht aushielt für eine längere Zeit in einer kleinen Box eingesperrt zu sein.

„Er ist eben ein freier Vogel mit einem gebrochenen Herzen, der ständig frische Luft braucht, um sich am Leben zu halten“, stellte Papa fest.

Karla konnte das mit dem freien Vogel nicht so ganz verstehen. Sie fand auch nicht, dass das Haus eine kleine Box war. Aber sie hoffte, dass sie Buster wieder einmal sehen würde.

Bevor sie zur Schule musste, sah sie noch kurz nach Miez-Muzo. Er lag ganz zusammengerollt unter dem Sofa, sah aber aus, als würde er es bequem haben. Karla dachte, dass Buster wohl ein wenig wie eine Katze war. Er kam und ging, wie es ihm passte. Und hin und wieder musste man ihm das Ohr zusammennähen oder seine Klamotten waschen und ihm etwas Essen und zum Aufwärmen anbieten.

Solche freien Vögel kann man nicht einsperren, sonst sterben sie vor Sehnsucht, hatte Papa gesagt. Doch man konnte hier und da ein bisschen Erste-Hilfe leisten, wenn sie es nötig hatten, dachte sich Karla. Sie mochte es, Erste-Hilfe zu leisten. Dann fühlte sie sich nämlich tüchtig und brav. Und brav und tüchtig fühlt man sich schließlich nicht allzu oft.

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