Читать книгу Verschlüsselt - Res Strehle - Страница 5
ОглавлениеVorwort zur neuen Auflage
Im vergangenen Jahr erhielt der Kölner Journalist und Dokumentarfilmer Peter F. Müller Geheimdokumente aus den USA und Deutschland. Sie bestätigen nach einem Vierteljahrhundert, dass sich der Schweizer Verkaufsingenieur Hans Bühler in eine sehr gefährliche Situation begab, als er im März 1992 nichtsahnend in den Iran aufbrach. Was er nicht wusste: Seine Firma Crypto war im Gemeinschaftsbesitz von CIA und BND. Die nach ihren Vorgaben gebauten Chiffriergeräte verhalfen den westlichen Geheimdiensten dazu, die verschlüsselten Nachrichten der Kundenländer zu knacken. Das ist der Anlass dieser Neuauflage.
Das Projekt, von der CIA mit dem Namen der römischen Göttin «Minerva» getarnt, war eines der erfolgreichsten Projekte der westlichen Geheimdienste in der Nachkriegszeit. Aber unter den 130 Kundenländern waren nicht nur «Schurkenstaaten», wo der Zweck der Aufklärung das Mittel der Täuschung allenfalls heiligen mag. Belauscht und geknackt wurden über die unsicheren Chiffriergeräte auch die Nachrichten anderer Länder, deren «Vergehen» einzig darin bestand, dass sie blockfrei waren.
Nicht nur sie zahlten einen hohen Preis. Auch die Schweiz wird sich aufgrund ihres vielfach bekräftigten Anspruchs auf Neutralität und ihrer Rolle als Vermittlerin in internationalen Konflikten rechtfertigen müssen. Sie hat auf ihrem Terrain eine Firma beherbergt, die auf Täuschung der Abnehmer angelegt war und hat deren Produkten das Etikett Schweizer Technologie umgehängt. Führende lokale Politiker haben mit ihrer Präsenz im Verwaltungsrat die Glaubwürdigkeit als Schweizer Firma bestätigt. Mehrere Untersuchungsverfahren nach Hinweisen auf den geheimdienstlichen Hintergrund der Firma wurden ergebnislos eingestellt, die Ermittler geben sich im Nachhinein der Lächerlichkeit preis. Eine neue Untersuchung jetzt, wo sich CIA und BND aus der Firma zurückgezogen haben, könnte endlich klären, wer wann vom Hintergrund dieser Firma wusste. Sicher ist es nicht, dass die Schweizer Politik und Justiz dazu den Mut und den Willen aufbringen.
Den höchsten Preis für den verdeckten Hintergrund ihrer Firma bezahlten die nicht eingeweihten Beschäftigten und ihre Familien. Sie litten teils jahrelang darunter, dass sie in lebensgefährliche Situationen gerieten, ohne die Hintergründe der Gefahr zu kennen. Hans Bühler sass mehr als neun Monate in einem iranischen Militärgefängnis. Wenn sich die Ermittler bei ihm auf psychische Folter beschränkt haben, dann wohl nur deshalb, weil sie zum Schluss gekommen waren, dass er nichts wusste. Nach seiner Rückkehr in die Schweiz erwogen Firma und Nachrichtendienste, ihn durch einen Gerichtsprozess so lange zu zermürben, bis er Ruhe gab. Die Drohung reichte, Bühler liess sich schliesslich angesichts des hohen finanziellen Risikos zum Stillhalten verpflichten.
Hans Bühler starb im Juli 2018. Der Fall hat ihn bis ans Lebensende beschäftigt, zeitweilig Tag und Nacht. Wer sein Nachwort in diesem Buch liest, wird auch nach 26 Jahren noch beeindruckt sein. Es ist die Tragik dieses Weltreisenden, dass er als Akteur unversehens in ein Puzzle der Weltgeschichte eingesetzt wurde, ohne das Einsetzen des letzten Puzzleteils in seiner Geschichte noch zu erleben.