Читать книгу Planungsinstrumente für Wandern und Mountainbiking in Berggebieten - Reto Rupf - Страница 11

Оглавление

1 Einleitung

1.1 Outdoorsport in unserer Gesellschaft

Sport ist eine Freizeitbeschäftigung mit vielen positiven Auswirkungen. Dieser Überzeugung ist u.a. der ehemalige UNO-Generalsekretär Kofi Annan und er ernannte deshalb das Jahr 2005 zum „Jahr des Sports und der Sporterziehung“. Anlässlich seiner Eröffnungsrede äusserte sich Kofi Annan wie folgt:

Sport kann eine wichtige Rolle für die Verbesserung des Lebens jedes Einzelnen spielen, ja nicht nur des Einzelnen, sondern von ganzen Gesellschaften.“

(Deutscher Olympischer Sportbund, 2005)

Der ehemalige UNO-Sonderbeauftragte für Sport und Schweizerische Altbundesrat Adolf Ogi teilte Annans Aussage und bekräftigte diese immer wieder. Speziell die Bewegung in der Natur war ihm ein besonderes Anliegen. Heiner Geissler, ehemaliger deutscher Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit sowie Gründungsvorsitzender des Kuratoriums Sport und Natur sagte: „Natursport ist eine umfassende Charakterschulung.“ (Kuratorium Sport und Natur, 2012, 30). Mit diesen Auffassungen stehen diese gesellschaftlich anerkannten Persönlichkeiten nicht alleine, verschiedene wissenschaftliche Autoren stützen diese Aussagen und streichen dabei auch die Bedeutung der Outdooraktivitäten für die positive Entwicklung der Psyche, beispielsweise des Selbstwertgefühls heraus (Breitenmoser, 2001, Armour und Sandford, 2012, Deimel, 2013, Virkkunen et al., 2014). Daneben fördert Sport auch die physische Gesundheit und wird für Therapien nach Erkrankungen eingesetzt (Skinner, 2001, Woll und Bös, 2004, Banzer, 2013).

Aufgrund dieser grossen Bedeutung wurde das Sportverhalten in der Schweiz und in anderen Ländern verschiedentlich durch gross angelegte Studien untersucht – in der Schweiz beispielsweise in den Jahren 2000 und 2008 (Lamprecht und Stamm, 2000, Lamprecht et al., 2008a). Dabei stellten Lamprecht et al. (2008a) fest, dass ca. 73 % der Schweizer Wohnbevölkerung zwischen 15 und 74 Jahren mindestens ab und zu Sport ausübten, der Anteil der regelmässig Sporttreibenden zugenommen hat und insbesondere Outdoor-Sportarten immer mehr Zuspruch fanden1. Im Vergleich zu anderen Freizeitaktivitäten nimmt Sport in der Schweiz eine bedeutende Stellung ein. Unter den wöchentlich mindestens einmal ausgeführten Tätigkeiten führten „sich entspannen, nichts tun“ (ca. 78 %), „Sport treiben“ (ca. 63 %) und „ins Grüne gehen“ (ca. 54 %) die Rangliste an (Lamprecht und Stamm, 2000).

Gemäss Lamprecht et al. (2008a) waren „Radfahren, Mountainbike“ (35 %) sowie „Wandern, Walking, Bergwandern“ (33,7 %) die am häufigsten ausgeübten Sportarten. In absoluten Zahlen kann in der Schweiz mit ihren etwa 8 Millionen Einwohnern also von ca. 2 Millionen Radfahrern inkl. Mountainbikern sowie 1,9 Millionen Wanderern ausgegangen werden.2 Bei ersteren ist das Mountainbike sehr bedeutend, so lag bei den verkauften Fahrrädern deren Anteil in den Jahren 2006 bis 2012 zwischen 35,5 % und 46,1 % (velosuisse, 2013).

Auch im internationalen Kontext wird die Bedeutung der Freizeitbeschäftigung Sport, im Speziellen Wandern und Mountainbiking durch verschiedene Studien belegt. Im EU-Durchschnitt sind 49 % der Befragten regelmässige Sportler, was gegenüber dem Wert von 2004 mit 38 % (TNS Opinion & Social, 2004) einen markanten Anstieg darstellt. Dabei bevorzugten im EU-Durschnitt 48 % der Sportler die Natur oder den Park als Umgebung, d.h. Outdoorsport (TNS Opinion & Social, 2010). In Schweden und Finnland gaben in der EU-Sportstudie 2010 72 % der Befragten an, dass sie sich wöchentlich mindestens einmal sportlich betätigten. In Dänemark waren es ca. 64 %, also etwa gleich viel wie in der Schweiz.

Ein Trend ist von eher passivem Naturgenuss, wie Vögel beobachten und Spazieren, hin zu eher aktiven, materialintensiven Sportarten wie Klettern, Mountain Biking, Kanufahren usw. zu beobachten (Eagles et al., 2002). Die Bedeutung der neuen Sportarten unterstreichen die Umsatzzahlen der Outdoorsport-Industrie in Europa, welche ein jährliches Wachstum von ca. 2 % verzeichnet und im Jahre 2010 einen Umsatz von 6 Milliarden Euro erreichte (Neue Zürcher Zeitung, 2011). Weitere Indizien für den Trendwechsel zu aktivem Outdoorsport sind der wachsende Zuspruch zu Veranstaltungen wie dem „Bergfestival“ oder dem „International Mountain Summit“ in Brixen, Italien oder zu Büchern mit dem Thema „Berge“, die sich grosser Nachfrage erfreuen, obwohl die Buchbranche ansonsten mit Schwierigkeiten kämpft (Neue Zürcher Zeitung, 2011). Vogt (2009) spricht allerdings eher von einem medialen, denn von einem realen „Wanderboom“ in der Landschaft.

Jedenfalls bleibt die zweifellos intensive Nutzung der Natur für und durch den Outdoorsport nicht ohne Konsequenzen. Verschiedentlich treten Konflikte auf, die auch in der Öffentlichkeit heftig diskutiert werden, beispielsweise in Zeitungen (Buschor, 2010, Blick, 2012, Huff Post, 2012, Neue Zürcher Zeitung, 2012, Arnet, 2013, Tagesanzeiger, 2013a) oder auch in Online-Blogs (Deutsche Initiative Mountainbike e.V., 2012, Tagesanzeiger, 2013b). Diese Konflikte im Outdoorsport betreffen einerseits die Sportler untereinander, beispielsweise Mountainbiker und Wanderer (Moore, 1994, von Janowsky und Becker, 2002, Cessford, 2003, Reichhart und Arnberger, 2010, Wyttenbach, 2012) oder andererseits Beeinträchtigungen der Natur durch Outdoorsportler (Leung und Marion, 2000, Ingold, 2005, Pickering et al., 2010b).

1.2 Einschätzung künftiger Entwicklungen

Der Tourismus hat in den vergangenen Jahren international erheblich an Bedeutung gewonnen. Auch in der Schweiz ist der Tourismus mit Einnahmen von ca. 35,5 Milliarden Franken im Jahr 2010 und vielen Arbeitsplätzen besonders in Bergregionen eine wesentliche Branche (Schweizer Tourismus-Verband, 2012). Das Thema „Outdoorsport und Natur“ nimmt im Schweizer Tourismus eine wichtige Stellung ein und wird denn auch im Internetauftritt von Schweiz Tourismus (www.myswitzerland.com) prominent dargestellt. Der Werbeslogan „Schweiz. ganz natürlich.“ spricht neben der Kultur auch die Natur an. Bei näherer Betrachtung der Webseite von Schweiz Tourismus fällt die starke Propagierung der Erlebnisse Wandern, Velo fahren und Mountainbiking auf, ebenso werden Berge und Schweizer Pärke als Reiseziele bestens platziert (Schweiz Tourismus, 2013).

Jürg Schmid, Direktor von Schweiz Tourismus, nimmt Trends hin zu Aktiv-Ferien und Outdoor-Aktivitäten wahr. Insbesondere hebt er ein langfristiges Wachstumspotenzial im Sommertourismus für die Schweiz hervor (Schweizer Radio und Fernsehen, 2013) und streicht Chancen zur Inwertsetzung der schweizerischen Naturlandschaft insbesondere in Bergregionen hervor. Bei fortschreitendem Klimawandel bilden Bergregionen im heissen Sommer Rückzugsgebiete für Menschen aus Tallagen und Städten. Wenn Bergregionen infolge ansteigender Schneegrenze zunehmend Probleme mit dem Wintertourismus bekommen, so empfiehlt Schmid ihnen pro-aktiv auf den Sommertourismus zu setzen, Angebote zu kreieren und auf den Markt zu bringen (Schweizer Radio und Fernsehen, 2013).

Die Touristiker der Schweizer Bergregionen arbeiten intensiv darauf hin, mehr Sommergäste für Aktiv- und Outdoor-Erlebnisse in ihre Regionen zu holen. Wandern, Velo fahren und Mountainbiking sind wichtige Aktivitäten für ihre Gäste. Deshalb ist mit einer Zunahme von Sportlern in der Natur zu rechnen. Als direkte Folge davon werden die Infrastrukturen wie Wege, Gaststätten, Zugänge usw. der erwarteten Gästezahl angepasst oder neue erstellt wie z.B. Flowtrails. So wurde im Jahr 2010 vom Kanton Graubünden ein grosses Projekt „Graubünden Bike“ lanciert, um den Mountainbike-Sport im ganzen Kanton zu fördern (Fachstelle Langsamverkehr, 2010).

Um den Gästen wertvolle Erlebnisse zu bieten und dabei die Beeinträchtigungen der Natur möglichst gering zu halten, aber auch um für die sich verändernden Rahmenbedingungen vorzubereiten (Job et al., 2011), bedürfen diese Regionen einer sorgfältigen Planung unter Einsatz verschiedener Szenarien. Dabei stellt sich die Frage, wie diese Planung angegangen werden soll. Bislang wurden Planungen in Regionen oft von externen Experten durchgeführt und anschliessend je nach rechtlicher Umsetzung von den Stimmbürgern der Region gutgeheissen oder abgelehnt. Die Akzeptanz solcher Planungen war aufgrund der ungenügenden Partizipation der betroffenen Bevölkerung von unterschiedlicher Qualität (Müller und Kollmair, 2004).

Beim Management von Ökosystemen, Schutzgebieten und Regionen erlangt die partizipative Planung immer grössere Bedeutung, da sie zu besseren Ergebnissen führt (Brody, 2003). Insbesondere ist dies bei der Planung und im Management von Grossschutzgebieten der Fall, in welchen der Naturschutz und die touristische Nutzung integriert werden müssen (Schmitz-Veltin, 2005). Diese Notwendigkeit wurde erkannt und die Beteiligung der Bevölkerung ist deshalb Bestandteil von verschiedenen, neueren Richtlinien zur Schutzgebietsentwicklung, beispielsweise auf internationaler Ebene von der IUCN (Thomas und Middleton, 2003) oder in der Schweiz bei der Planung von Pärken von nationaler Bedeutung (Bundesamt für Umwelt - BAFU, 2008a). Als Untersuchungsregion für die vorliegende Studie wurde deshalb ein Schutzgebiet von nationaler Bedeutung in der Schweiz ausgewählt, die Biosfera Val Müstair.

1.3 Planungsansätze im Bereich Outdoorsport

Spezielle Planungs- und Managementansätze für den Bereich Outdoorsport sind vor allem im Zusammenhang mit Schutzgebieten bekannt. Insbesondere in Europa dominieren dabei Naturschutz- und Managementkonzepte für Arten und Lebensräume, jedoch weniger Managementkonzepte für Besucher (Alexander, 2008). Dazu bilden erholungsbezogene Schutzgebiete wie Naturpärke oder touristisch genutzte Landschaften eine Ausnahme (Pröbstl, 2010).

Anders präsentiert sich die Situation in den USA, Kanada und Australien, wo verschiedene Managementkonzepte für Besucher entwickelt worden sind. Im Fokus dieser Konzepte steht die Ermöglichung von Naturerlebnissen durch Outdooraktivitäten. Als wichtigste Basiskonzepte sind das „Recreation Opportunities Spectrum – ROS“ (Clark und Stankey, 1979) und das „Limits of Acceptable Change – LAC“ (Stankey et al., 1985) zu nennen. Darauf aufbauend entstanden einige Weiterentwicklungen mit Kombinationen verschiedener Elemente, so beispielsweise das „Visitor Activities Management Planning – VAMP“ (Graham et al., 1988), das „Visitor Impact Management – VIM“ (Graefe et al., 1990) oder das „Visitor Experience and Resource Protection – VERP“ (Eagles et al., 2002).

Diese oben genannten Managementkonzepte eignen sich vor allem für Gebiete mit einem hohen Schutzstatus. Sie sind oft sehr allgemein gehalten und schwierig auf den europäischen oder schweizerischen Kontext übertragbar. Trotzdem lassen sich einige Ideen, beispielsweise die Zielorientierung für lokal angepasste Konzepte, aufnehmen (Nilsen und Taylor, 1997). Den Schutzstatus von Regionen auf internationaler Ebene regelt die Welt-Naturschutzorganisation IUCN (International Union for the Conservation of Nature and Natural Resources). Sie entwickelte sechs verschiedene Schutzkategorien vom „Strengen Naturschutzgebiet / Wildnisgebiet – Ia und Ib“ bis hin zu „Geschützte Landschaft / Geschützte Meeresregion - V“ und „Schutzgebiet mit nachhaltiger Nutzung Natürlicher Ressourcen – IV“ (IUCN, 1994, EUROPARC, 2010). Verbunden mit diesen Schutzkategorien sind Leitlinien für den Aufbau und das Management der entsprechenden Schutzgebiete aufgestellt (Eagles et al., 2002, Phillips, 2002, Thomas und Middleton, 2003), welche auch die Nutzungsmöglichkeiten definieren.

In Europa stellen die Natura 2000-Schutzgebiete eine wichtige Initiative zur Erhaltung der biologischen Vielfalt dar (European Commission, 2014); insbesondere deshalb, weil es sich dabei nicht nur um einzelne Schutzgebiete handelt, sondern vielmehr um einen Verbund derselben, also einem System auf der Grundlage der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (Garbe et al., 2005). Diese naturnahen Landschaften bilden allerdings auch Anziehungspunkte für die Ausübung von Outdoorsport-Aktivitäten (Pröbstl und Prutsch, 2009), was wieder zu Problemen zwischen Sport und Naturschutz führen kann und deshalb planerisch gelöst werden muss.

Die Planung für den Outdoorsport darf sich jedoch nicht nur auf Schutzgebiete beschränken, sondern muss aufgrund der auftretenden Konflikte auch in anderen Räumen durchgeführt werden, um eine nachhaltige Entwicklung zu fördern. In der Schweiz erfolgt diese Planung für den Outdoorsport gemäss Raumplanungsgesetz hauptsächlich mit kantonalen Richtplänen und kommunalen Nutzungsplänen (Schweizerische Eidgenossenschaft, 1979). Seit Mitte der 1990er-Jahre wurde in der Schweiz ein neues Planungsinstrument, das Landschaftsentwicklungskonzept LEK, erarbeitet. Es ist als ein Instrument für die Entwicklung von Planungen für Gemeinden oder Regionen zu betrachten und kann als Grundlage für die rechtlich verbindliche Nutzungs- und Richtplanung eingesetzt werden. Im Gegensatz zu den anderen Planungen wird im LEK dem Einbezug der Bevölkerung eine grosse Bedeutung zugemessen (Winter, 2000).

Die IUCN empfiehlt ebenso diverse Beteiligte in den Planungsprozess auf verschiedenen Ebenen einzubeziehen (Phillips, 2002). Allerdings werden die eigentlichen Nutzer geschützter Landschaften, die Besucher oder Outdoorsportler, nicht genannt. Der Einbezug dieser Personen und deren Bedürfnisse in die Planung ist für ein gelungenes Management unabdingbar (Cole, 2004). Ebenfalls von entscheidender Bedeutung für das Management von Gebieten im Zusammenhang mit der Freizeitnutzung ist die Kenntnis von Bedürfnissen und Verhaltensweisen der verschiedenen Besucher, die mitunter sehr unterschiedlich sein können (Thapa et al., 2002).

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die meisten Planungskonzepte expertenbasiert von aussen erarbeitet und dabei der direkte Einbezug der Nutzerinteressen bis auf einzelne Ausnahmen wenig berücksichtigt worden sind. Bei allen Konzepten ist zudem die Wirkungsevaluation der geplanten Massnahmen in der Planungsphase nicht formuliert. Diese erfolgt erst nach der Realisierung (Thomas und Middleton, 2003, Hockings et al., 2006) – pointiert ausgedrückt, werden die Massnahmen nach dem „Trial and Error“-Prinzip geplant und realisiert.

1.4 Herausforderungen und allgemeine Zielsetzung

Die beschriebene grosse Bedeutung des Outdoorsports mit den besonders häufig ausgeführten Aktivitäten Wandern und Mountainbiking verlangt eine nähere Betrachtung dieser Aktivitäten. Bisherige Studien beschäftigten sich praktisch ausschliesslich mit einer der beiden Sportarten: für das Wandern u.a. Brämer (2000, 2008a, 2013b), Dichter (2003) oder Lamprecht et al. (2009) und für das Mountainbiking u.a. Wöhrstein (1998), Gilomen (2005) oder Kornexl und Brunner (2009). Da Konflikte zwischen den verschiedenen Freizeitsportlern auftreten und vermehrt in verschiedensten Medien diskutiert werden, liegen interessante Aspekte zur Erläuterung und Lösung solcher Konflikte jedoch in einer integrierten Betrachtungsweise des Wanderns und Mountainbikings. Dabei ist der Fokus nicht auf die Sportarten zu legen, sondern vielmehr auf die Sportler an sich, d.h. die Wanderer und Mountainbiker mit ihren Bedürfnissen und ihrem Verhalten.

Die Beeinträchtigung der Natur durch die Freizeitnutzung und im Speziellen durch Wandern und Mountainbiking beleuchten verschiedenste Arbeiten, u.a. bezüglich Pflanzen und Boden von Wöhrstein (1998), Thurston und Reader (2001), Pickering et al. (2003, 2010b, 2011), Marion und Wimpey (2007) oder bezüglich Wildtiere von Margraf et al. (1999), Ingold (2005) sowie Hirnschall et al. (2012), um nur einige zu nennen. In diesem Bereich ist auch das von der Schweizerischen Kommission für Technologie und Innovation geförderte Projekt „mafreina – Management-Toolkit Freizeit und Natur“ positioniert, aber zusätzlich auf Wintersport ausgerichtet (Rupf et al., 2010, Rupf et al., 2011). Die vorliegende Arbeit steht im Zusammenhang mit diesem Projekt, fokussiert aber auf soziale und methodische Aspekte zur Konfliktlösung im Bereich Wandern und Mountainbiking.

Die bereits heute bestehenden, grossen Herausforderungen für Planungen im Bereich Natur und Freizeit in Agglomerationsnähe und in Bergregionen und Schutzgebieten werden künftig noch zunehmen, da aufgrund des Ausbaus der Infrastruktur und verschiedensten Marketingmassnahmen in Tourismusdestinationen eine Erhöhung der Gästezahl angestrebt wird. In einem integrierten, neuartigen Planungsprozess ist der Einbezug der Bedürfnisse der Sportler aber auch der lokalen Bevölkerung sehr sinnvoll (Schroth, 2007) und die Evaluation von Planungs-Massnahmen vor deren Realisierung unabdingbar. Mit den bisherigen Planungswerkzeugen konnte dieser Schritt kaum umgesetzt werden, die Abschätzung der Wirkung von Massnahmen basierte auf der Erfahrung von Experten.

So ist bei derartigen Planungen konkret die Frage zu beantworten, wie ein System von Erholungsuchenden in der Natur auf Veränderungen reagiert, wenn neue Infrastrukturen gebaut werden oder sich die Anzahl der Outdoorsportler verändert. Zu derer Beantwortung wird ein Planungsinstrument benötigt, welches das Verhalten von Individuen zu modellieren vermag und welches sich für den Einsatz als Hilfsmittel bei partizipativen Planungsprozessen eignet.

Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, ein Instrumentarium zu entwickeln, mit welchem die formulierten Herausforderungen gemeistert werden können, um damit einen Beitrag zu einer optimierten Planung im Bereich Outdoorsport, insbesondere in Tourismus- und Bergregionen sowie Schutzgebieten zu leisten.

1.5 Aufbau der Arbeit

Outdoorsport im Sommer, speziell Wandern und Mountainbiking in den Alpen wird in Kapitel 2 thematisiert. Ein wichtiger Punkt dabei bilden die Konflikte zwischen den Sportlern sowie Beeinträchtigungen der Natur durch den Outdoorsport. Spezielle Beachtung wird den erforderlichen Infrastrukturen für Wandern und Mountainbiking geschenkt. Weitere wichtige Themen in diesem Literaturteil sind die Planungstheorien und -konzepte im Bereich des Outdoorsports. Ferner werden Planungsinstrumente wie technische Methoden zur Erfassung der Raumnutzung von Sportlern erläutert und die Funktionsweise von Agenten-basierten Modellen sowie die Grundlagen für den Einsatz von Discrete-Choice-Experimenten erörtert.

Kapitel 3 ist der Darstellung der Methodik dieser Arbeit gewidmet. Als erstes werden das Untersuchungsgebiet, die Biosfera Val Müstair, vorgestellt und die Anforderungen des eingesetzten ABM dargelegt. Anschliessend wird der Einsatz des GPS-Loggings aufgezeigt. Ein zentraler Teil dieses Kapitels und dieser Arbeit bildet die Erläuterung der Entwicklung der Discrete-Choice-Experimente und der darauf aubauenden Decision-Support-Systeme.

Die Ergebnisse der Untersuchungen dieser Studie werden in Kapitel 4 vorgestellt. Aus dem GPS-Logging wird die räumliche Nutzung von Wanderern und Bikern in der Biosfera Val Müstair hergeleitet. Anschliessend werden die Resultate der Befragung mit den Choice-Experimenten detailliert präsentiert. Dabei wird auf die Unterschiede zwischen Wanderern sowie Mountainbikern eingegangen und innerhalb der Sportarten werden verschiedene Ansprüche und Vorlieben erörtert. Daraus werden die Input-Parameter für das ABM vorgestellt und Ergebnisse der Simulation präsentiert.

Die Forschungsfragen werden in Kapitel 5 aus den eigenen Untersuchungen im Kontext mit der Literatur erörtert. Zu Beginn werden ideale Grundlagen für ein Outdoorsport-ABM thematisiert und darauf mögliche Typisierungen von Wanderern und Mountainbikern mit den entscheidenden Parametern für die Wahl von Touren und Wegen vorgestellt. Im Weiteren werden die angewendeten Methoden reflektiert und deren Weiterentwicklungen vorgeschlagen. Die Arbeit schliesst mit konkreten Folgerungen für die Pilotregion Biosfera Val Müstair mit einem Ausblick auf die Anwendung von Agenten-basierten Modellen bei der naturschutzorientierten Planung und dem Destinations- und Schutzgebietsmanagement.

1 Im Juni 2014 publizierte das Schweizerische Bundesamt für Sport eine neue Sportstudie (Lamprecht et al., 2014), deren Ergebnisse in der vorliegenden Arbeit jedoch nur noch punktuell ergänzend berücksichtigt werden konnten. Grundsätzlich dient die Sportstudie des Jahres 2008 (Lamprecht et al., 2008a) als Basis der Arbeit. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Sportaktivität der Schweizer Bevölkerung zwischen den Jahren 2008 und 2014 weiter anstieg, da es mehr Personen gab, die häufiger Sport treiben, während der Anteil an Nichtsportlern stabil blieb.

2 Nach Lamprecht et al. (2014) stiegen diese Anteile auf 44,3 % (Wandern, Bergwandern) und 44,6 % (Radfahren, Mountainbike), wobei 6,3 % Mountainbike-Sport betrieben.

Planungsinstrumente für Wandern und Mountainbiking in Berggebieten

Подняться наверх