Читать книгу Planungsinstrumente für Wandern und Mountainbiking in Berggebieten - Reto Rupf - Страница 8
ОглавлениеVorwort
Die Bewegung in der freien Natur ist für mich seit meiner Kindheit ein wichtiger Bestandteil meines Lebens: zu Fuss wandernd, rennend oder mit dem Mountainbike durch Felder, Wälder und Berge, mit Skiern durch die weite Bergwelt oder in letzter Zeit auch vermehrt mit verschiedenen Booten auf Fluss, See oder Meer – mit Freunden, Familie oder ganz alleine. Durch diese Aufenthalte ist mein Bewusstsein für den Wert und die Sensibilität der Natur über die Jahre immer weiter gewachsen. Gleichzeitig verbrachte ich praktisch mein ganzes Leben in Berg- und alpinen Randregionen und verstehe deshalb die Notwendigkeit der Bevölkerung, mit der Natur Wertschöpfung zu generieren, sprich: den Lebensunterhalt zu erwirtschaften. Neben Land- und Forstwirtschaft stellen Tourismus und Freizeit weitere Einkommensmöglichkeiten dar. Langfristig darf durch diese Nutzung die Natur jedoch nicht beeinträchtigt werden. Die Suche nach einem verträglichen Miteinander von Schutz und Nutzung ist daher das Thema, das mich seit vielen Jahren beschäftigt. Klar scheint mir, dass es dieses Miteinander gibt. So beschreiben Biologen Gewöhnungseffekte von Wildtieren an Menschen. Können also detaillierte Kenntnisse über Wildtiere in der Natur mit dem Wissen über die Wünsche und das Verhalten von Erholungsuchenden zusammengebracht werden, müsste mit einer sorgfältigen Planung und entsprechendem Management eine konfliktarme Koexistenz von Natur und Freizeitnutzung erreichbar sein. – Diesem Thema habe ich mich verschrieben und es bildet den Rahmen der vorliegenden Arbeit.
Zur Freizeitnutzung in der Natur gibt es viele noch offene Fragen. Eine Frage, die mich bis heute nicht losgelassen hat, wurde am AIEST-Kongress 2003 in Athen von Timothy Tyrrell diskutiert (Tyrrell et al., 2003): „How many visitors were there?“ Dieser Vortrag von Timothy hat mich sofort fasziniert, doch es dauerte noch zwei Jahre, bis ich mich selbst an diese Frage wagte – im Sommer 2005 sollten im Schweizerischen Nationalpark (SNP) die Besucherzahlen neu geschätzt werden. Ich ergriff die Gelegenheit, das automatische Zählsystem im SNP zu überprüfen und war vom Ergebnis mehr als überrascht. Die automatischen Zählsysteme konnten nur etwa die Hälfte der Besucher erfassen (Rupf-Haller et al., 2006, Wernli et al., 2009). Da sich einige Studien mit Hochrechnungen auf solche Besucherzahlen berufen (Küpfer, 2000, Job, 2008, Mayer et al., 2010, Backhaus et al., 2013, Mayer, 2013), war ich motiviert, eine bessere Basis für Besucherzählungen und -management zu erarbeiten. Für Wildtiere und die Planung, resp. für das Management von Räumen wie Grossschutzgebiete, Pärke oder Tourismusdestinationen ist es zudem entscheidend, wie sich diese Erholungsuchenden im Raum bewegen. Ich suchte also nach neuen Methoden zur Erörterung dieser Frage, die schliesslich Bestandteil des Projektes mafreina – „Management-Toolkit Freizeit und Natur“ wurde (Rupf et al., 2010).
Ein weiteres Schlüsselerlebnis war das Zusammentreffen mit Wolfgang Haider anlässlich der Konferenz MMV3 (The Third International Conference on Monitoring and Management of Visitor Flows in Recreational and Protected Areas) 2006 in Rapperswil (Siegrist et al., 2006) und an der Leisure-Future-Konferenz 2007 in St. Gallen (Unbehaun et al., 2008). Er berichtete mir von seinen Studien und Befragungen unter Anwendung von Discrete-Choice-Experimenten. Sofort war ich von der Methodik begeistert. Diese beinhaltete für mich Potenzial, einen weiteren Bestandteil in meinem Suchen nach dem Miteinander von Schutz und Nutzung der Landschaft beizusteuern.
Im Anschluss an die Leisure-Future-Konferenz 2007 kam ich mit Ulrike Pröbstl ins Gespräch und diskutierte mit ihr meine Ideen bezüglich der Kombination von Monitoring von Outdoorsport-Aktivitäten und Choice-Experimenten. Sie brachte zusätzlich das vielversprechende Planungsinstrument der Agenten-basierten Modelle zur Diskussion. Nach einem Austausch mit Hans Skov-Petersen, dem Entwickler des Simulationsmodells kvintus.org, war ich überzeugt, einen sich optimal ergänzenden Methodenmix gefunden zu haben, um einen innovativen Beitrag zur Weiterentwicklung der Planungs- und Managementmethodik für die nachhaltige Entwicklung im Bereich „Freizeit und Natur“ leisten zu können.
Zum Abschluss stellte sich die Frage, ob ich neben der Familie, meinem beruflichen Engagement und den damit verbundenen Verantwortungen und Herausforderungen noch eine Dissertation in Angriff nehmen könnte und möchte. – Ich habe es gewagt, und das Resultat liegt hiermit vor: „Choice-Experimente als Grundlage für Agenten-basierte Modelle zur Planung im naturorientierten Outdoorsport – Wandern und Mountainbiking in Tourismus- und Bergregionen sowie Schutzgebieten“.
Hinweis zum Sprachgebrauch:
Die Arbeit ist in deutscher Sprache verfasst. Allerdings werden englische Fachbegriffe wie beispielsweise Decision-Support-System für Entscheidungsunterstützungssystem teilweise ohne deutsche Übersetzung verwendet.