Читать книгу Ihr Geld - Rheinische Post - Страница 3
ОглавлениеSo gut sind Anlageberater in der Region
VON ANDREAS GRUHN UND FLORIAN RINKE
Wie legt man 20 000 Euro an? Wir haben sechs Geldinstitute aus der Region getestet – mit erstaunlichem Ergebnis.
Eines ist bei allen Banken gleich: Mineralwasser. Wer mit einer Bank über eine Geldanlage sprechen möchte, bekommt es immer angeboten. Was es noch bei einer Anlageberatung gibt, wollten wir herausfinden. Mit einem vermeintlichen Erbe von 20 000 Euro im Gepäck gingen wir zu sechs Banken und baten um ein Beratungsgespräch. Wir fragten uns, was dran ist an dem Ergebnis der Studie der Uni Bochum, demzufolge nur 27 Prozent der privaten Investoren die Beratung durch Finanzinstitute für vertrauenswürdig halten.
Deutsche Bank Das Ledersofa im Foyer ist so bequem, wie man es bei einer der weltweit führenden Geldinstitute erwartet. Die Beraterin holt mich ab und geleitet mich in ein Besprechungszimmer, dann fragt sie los. Versicherungen interessieren sie nicht, sondern wie viel Erfahrung ich mit Anlagen habe. Und was ich mit meinem vermeintlichen Erbe erreichen möchte. Ich mache meine Angaben: Sicherheit ist wichtig. Aber einen Ertrag über der Inflation soll die Hinterlassenschaft auch bringen. Die Beraterin will es genauer wissen und unterzieht mich einem halbstündigen Verhör. Sie gibt sich nicht mit meiner Selbst-Einschätzung zufrieden und baut Risiken bei Aktien wie ein Drohszenario auf. "Ich verdiene keine Provision. Mir ist wichtig, dass Sie mit einem guten Gefühl rausgehen." Sie betont: Ohne Aktien lassen sich derzeit nicht die fetten Renditen erwirtschaften, aber wenn Sicherheit wichtig ist, sollte ich verzichten. Am Ende empfiehlt sie Wertpapierfonds ohne Aktiengeschäfte, aufs Festgeld habe ich verzichtet. Sie erklärt die Produkte bis ins Detail und geht das Beratungsprotokoll in jedem Komma durch. Eine Sorgfalt, die ich bei einer Investmentbank nicht erwartet hätte.
Sparkasse Kleve Die Beraterin erklärt, sie habe sich eine Stunde Zeit genommen. Es wird aber deutlich mehr. Eine halbe Stunde beansprucht der Finanz-Check. Versicherungen, Altersvorsorge, Konten und Renten werden in einem Fragebogen festgehalten. Dann wird mein Wissen abgefragt: Stimmt, als Zehnjähriger habe ich mal niederländische Gulden bei der Bank geholt. Aber ob das tatsächlich "Kenntnisse und/oder Erfahrungen in Fremdwährungsgeschäften/-anlagen" sind, wie es später im Beratungsprotokoll steht? Ich beantworte Fragen des Computers. Nun ja, schlaflose Nächste auch bei geringsten Verlusten habe ich nicht, aber Sicherheit ist mir schon wichtig. Der Computer erkennt eine "ausgeprägte Risikobereitschaft, der überdurchschnittliche Ertragschancen gegenüberstehen". Ich fühle, dass dies meine Vorstellungen eine Spur zu offensiv wiedergibt. Software-Probleme unterbrechen das Gespräch mehrmals. Als die 60 Minuten abgelaufen sind, geht es an die Produkte, darunter ein Aktienfonds, der noch kaum Daten aufweist. Die Beraterin mahnt: "Daraus sollten Sie nicht auf die Zukunft schließen." Eine Alternative kommt aber nicht zur Sprache.
Volksbank Düsseldorf-Neuss Auch hier gibt es zuerst einen umfangreichen Finanz-Check. Es wird über Versicherungen, Immobilien, das Girokonto, Altersvorsorge gesprochen. Am Ende soll ich einen Kundenstamm-Vertrag unterschreiben, der beinhaltet unter anderem, dass die Personalien an Kooperationspartner übermittelt werden dürfen. Den Passus streiche ich. Zweimal verlässt der Berater den Raum und erklärt, er zeige seinem Kollegen den Vorgang und das Angebot. Dessen Einschätzung erfahre ich nicht. Bei der eigentlichen Anlageberatung schätze ich selbst meine Risikobereitschaft. Ich zögere, ob ich mich auf Aktien einlassen soll. Der Berater schlägt vor, Aktien nur zu einem geringen Teil ins Portfolio aufzunehmen. Er stellt einen Korb mit einer breiten Streuung zusammen, die Anlagen werden gut erklärt, es gibt auch das übliche Beratungsprotokoll. Ich verlasse die Bank mit gemischten Gefühlen. Mit der Anlageberatung bin ich sehr zufrieden, der Drang zu weiteren Beratungen über Girokonto-Wechsel, Versicherungs-Check und Kundenstamm-Vertrag ist aber recht offensiv.
Volksbank Krefeld Bevor mir ein Produkt empfohlen wird, will mich der Berater kennenlernen: Beruf, Ziele, Lebenssituation? Weil ich mir vorstellen könnte, irgendwann Eigentum zu erwerben, empfiehlt er mir einen Bausparvertrag mit Einmalzahlung. Einen Teil des Geldes könnte ich in einen offenen Immobilienfonds stecken. Ich bin unsicher – und der Berater nimmt darauf Rücksicht. Sollte ich mich für den Fonds entscheiden, müssten wir noch einmal detaillierter sprechen und auch ein Beratungsprotokoll ausfüllen. Dann zeigt er mir Alternativen. Für eine Entscheidung würde es wohl noch ein weiteres Gespräch brauchen, aber mit dem ersten Eindruck bin ich zufrieden.
Sparkasse Mönchengladbach Diesmal begrüßt mich eine Frau. Wir sind ungefähr gleich alt, unterhalten uns nicht nur über Geldanlagen, sondern auch über Privates. Wir sprechen über meine Pläne für die Zukunft – und über die Vorzüge des Lebens im Grünen. Ich baue schnell Vertrauen auf, und sie nimmt Rücksicht auf meine Bedürfnisse. Ich will kein Risiko eingehen, also erwähnt sie zwar Fonds, geht aber nicht weiter darauf ein. Auch sie empfiehlt mir einen Bausparvertrag und einen Sparkassenbrief. Ein Verlustrisiko ist hierbei ausgeschlossen, eine Verzinsung oberhalb der Inflationsrate bei einer Laufzeit von fünf Jahren leider auch. Das räumt sie offen ein, aber andere Produkte ohne Risiko kann sie nicht anbieten. Ich bin trotzdem zufrieden – nicht mit den Zinsen, aber mit der sehr guten Beratung.
Commerzbank Solingen Zunächst muss ich einen Crashkurs im Finanzmanagement absolvieren. Der Berater erklärt mir, was Anleihen, Fonds und Pfandbriefe sind. Mir raucht der Schädel, ohne Vorkenntnisse hätte ich nicht alles verstanden. Doch der Berater ist bemüht, meine Fragen zu beantworten. Dann geht es um meine Risikofreudigkeit. Das Computerprogramm spuckt "Stabilität" als Anlagestrategie aus. Als Produkte empfiehlt mir der Berater allerdings für die Hälfte meines Kapitals einen Dachfonds der Allianz mit einem Aktienanteil von bis zu 30 Prozent. Dabei würde ich nicht direkt in Aktien, Immobilien oder ähnliches investieren, sondern in Investmentfonds, die dies wiederum tun. Die Verbraucherzentrale warnt davor, dass sich Dachfonds oft als Anlage mit hohen Gebühren entpuppen. Die andere Hälfte des Geldes soll ich in einen Schatzbrief der Allianz stecken, mit garantierten 1,75 Prozent Zinsen und Überschussbeteiligung. Ein Beratungsprotokoll füllen wir nicht aus. Das will er nach dem Gespräch machen und mir per Post schicken. Ein Versuch, es während des Gesprächs zu machen, scheitert. Denn den Dachfonds lehnt das Programm als Empfehlung ab: Der hohe Aktienanteil entspreche nicht meiner Risikoneigung. Als ich drei Tage später den Umschlag mit dem Beratungsprotokoll öffne, folgt die böse Überraschung: Statt des Schatzbriefes wird mir plötzlich für rund 15 000 Euro ein Immobilienfonds einer Commerzbank-Tochter empfohlen. In den Dachfonds soll ich nur noch knapp 5000 Euro investieren. Das war so nicht besprochen!
Sechs Banken, sechs Gespräche, aber eine Erkenntnis: Trotz aller Computerprogramme, Analysen und üblicher Geschäftspraktiken eines Geldinstituts kommt es letztlich auf den Berater an. Wie gut geht er auf Kundenwünsche ein? Schafft er es, Finanzprodukte verständlich zu erklären? Und handelt es sich wirklich um eine Beratung, oder doch eher um ein Verkaufsgespräch? Wie viel Zeit die Berater den tatsächlich empfohlenen Produkten widmeten, wich erheblich voneinander ab. Noch etwas ist klar geworden: Je leichter verständlich das Produkt, desto niedriger oftmals die Zinsen. Und je dicker die Unterlagen, die man anschließend mit nach Hause nimmt, desto genauer sollte man hinsehen. Und das ist sicherlich die wichtigste Erkenntnis: Niemals sollte man in eine Anlageberatung gehen, ohne sich vorher schon mal selbst informiert zu haben.