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§ 18. Die spartanische Zucht (ἀγωγή).
ОглавлениеAus einem Kriegslager war Sparta entstanden (§ 11); nach langwierigen Kämpfen hatten die Einwanderer die alte Bevölkerung unterworfen und geknechtet. Nun galt es, diese Herrschaft zu behaupten. Offenkundig bewahrheitete sich der Satz, daß jede Herrschaft mit denselben Mitteln behauptet werden müsse, durch welche sie begründet wurde. Für die Spartaner galt es, ihren an Zahl weit überlegenen, stets zum Aufstand bereiten Untertanen gegenüber unausgesetzt auf der Hut und in Kriegsbereitschaft zu sein. So zielte die ganze Gemeindeordnung, welche schon Isokrates mit der eines Kriegslagers verglichen hat, auf die Ausbildung der Kriegsfertigkeit ab. Dabei kam der allgemein hellenische Grundsatz, daß jeder nicht für sich, sondern für sein Vaterland geboren sei, in extremer Weise zur Anwendung.
Gleich nach der Geburt wurden schwächliche und mißgebildete Kinder nach der Entscheidung der Phylenältesten im Taygetos ausgesetzt. Die kräftigen Knaben erhielten vom 7. Jahre an eine staatliche Erziehung unter der Oberleitung eines Paidonomos; sie wurden in Scharen (βοῦαι oder ἀγέλαι) und deren Unterabteilungen, Rotten (ῖλαι), eingereiht; an der Spitze dieser Abteilungen standen die tüchtigsten der Iranes (ἴρανες), der jungen Männer von [pg 40]20–30 Jahren. In der Regel bestand zwischen je einem von diesen und einem Knaben ein besonderer Freundschaftsbund zum Zweck der Ausbildung des letzteren. Gymnastische Übungen und Entbehrungen aller Art sollten den Körper abhärten. Proben ihrer Standhaftigkeit legten die Knaben alljährlich am Altar der Artemis Orthia ab, wo sie sich geißeln ließen und derjenige den Sieg gewann, welcher ohne Schmerzäußerung die Geißelung (διαμαστίγωσις) am längsten aushielt. Auch die Eigenschaften der List und Verschlagenheit suchte man bei den Knaben zu entwickeln. Die Mädchen wurden ebenfalls gymnastisch ausgebildet und die Stellung der Frau war eine viel freiere als im übrigen Griechenland, besonders bei den Ioniern. Die geistige Ausbildung, welche gegen die körperliche sehr zurücktrat, beschränkte sich auf die Gewöhnung an kurze, treffende („lakonische“) Reden, auf die Pflege der Musik, die Einübung lyrischer Chorgesänge, Marsch- und Schlachtenlieder und die Homerischen Epen.
Vom 20. Lebensjahre an hatten die Jünglinge, wenn sie durch einstimmige Wahl in eine der aus etwa 15 Personen bestehenden Zeltgenossenschaften (σύσκηνοι) aufgenommen wurden, an den gemeinsamen Männermahlen (ἀνδρεῖα, später φιδίτια, von den übrigen Griechen συσσίτια genannt) teilzunehmen, wobei das Hauptgericht in Blut gekochtes und mit Essig und Salz gewürztes Schweinefleisch, die berühmte schwarze Blutsuppe (βαφά oder αἱματία, auch ὁ μέλας ζωμός) war. Hierzu hatte jeder Teilnehmer einen bestimmten monatlichen Beitrag an Gerstenmehl, Wein, Käse, Feigen und Geld zu entrichten. Unablässige Schulung durch gymnastische und militärische Übungen bildete das Lebensziel auch der Erwachsenen. In der Tat gewann so Sparta ein Heer, das durch kriegsmäßige Geschlossenheit, strengste Subordination und klare Ordnung im Kommando [pg 41]einzig in Griechenland dastand. „Alle andern“, sagt Xenophon, dem hierin ein Urteil zustand, „sind Dilettanten, die Spartaner Künstler im Kriegführen.“