Читать книгу Schattenwelten - Richard Baker - Страница 5
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ОглавлениеZenturio der Stadtwache Faustus Metellus sah missvergnügt in den Becher angeblichen Gewürzweins in seiner Hand. Nach den Gastwirten der Stadt Rom war ihr Gewürzwein, das einzige Mittel gegen das Fieber. Sein Stiernacken und seine Arme waren sonnenverbrannt. Sein Haar war wie bei allen Soldaten kurz geschoren. Seine gewölbten Brauen gaben seinem Gesicht etwas Spöttisches. Er sah sich um und murmelte, „und diese Bruchbude nennt sich ausgerechnet Tempel des Lucullus!“ Hätte Vetter Quintus nicht eine Caupona wählen können, wo mehr Leben los ist? Nicht ein einziges Freudenmädchen und selbst die Schanksklaven waren von einer erstaunlichen Reizlosigkeit. Aber wo sollte man denn noch Spaß haben können, wenn sich alles vor dem Fieber in seine Häuser und Wohnungen versteckte? Er nahm einen Schluck von dem überteuerten Wein und verzog das Gesicht und überlegte einen Moment den Wein wieder auszuspucken. Er donnerte den Becher auf den Tisch und schüttelte missbilligend den Kopf. Für diesen sauren Gallierwein hatte er gerade ein Sesterz bezahlt, den Wein tranken sonst höchstens Feldsklaven und der Becher kostete keinen As. Erstaunlich, in welch kurzer Zeit sich die Preise vervierfacht hatten. Er streckte sich und unterdrückte ein Seufzer. Dann rekelte er sich in eine bequeme Position und unter seiner Tunika und dem Militärumhang wölbten sich seine beeindruckenden Muskeln. Sein rotgelber Federbusch am Helm verriet den Legionär der Cohorte Urbanae, deren Soldaten in Rom Polizeiarbeit verrichteten. Er kaute an einem Fingernagel und seine Augen streiften angeödet durch den schmalen Schankraum. Die Lampen brannten und verströmten ölig wirkendes Licht. Außer ihm befanden sich ein paar Würfelspieler dort die lautstark Hase und Igel spielten. An den Wänden und Tischen waren obszöne Graffiti eingekratzt, die er aus purer Langeweile las. ›Septimus besiegte den Drusus im Hase und Igel Spiel. Drusus besiegte den Septimus im Lupara der Gnaeasa!‹ Er musste lächeln. Er kannte das Bordell, ganz in der Nähe das leider wegen des Fiebers geschlossen worden war. In der trotz der Nacht stickigen Hitze der Caupona stank es nach ranzigem Schweinefett, verschütteten Wein und Schweiß. Der Wirtsmann, ein Griesgram, wie man sie wohl nur noch in Suburaviertel von Rom antreffen konnte, lehnte am Tresen und beobachtete die Würfelspieler. Der einzige Gast, mit dem er reden hätte, können war ein alter Mann, der allein an seinem Tisch saß und stur in seinen Getreidebrei löffelte. Faustus sah das der Mann ein Becher Posca, Essigwasser zu seinem Wein trank und erkannte daran den ehemaligen Legionär. Der alte Veteran schien seine Umgebung nur übersehen zu wollen. Wie ein Jäger lockte er den Mann aus seinem Bau.„Posca von diesem Gesöff musste ich immer auf die Latrine unten in Gallia Superior.“Der Veteran drehte sich kurz um. „Schön, wenn man noch unbeschwert auf die Latrine kann!“, antwortete er und drehte seinen Kopf wieder zu seiner Schüssel.„Der Wein ist sauer“, sagte Faustus gespannt auf die Antwort des Alten.„Wo glaubst, du befindest du dich? Wir sind in der aventinischen Straße in Subura, das hier ist nicht Baheia oder Capua. Unsere Bürger sind schlicht und werden nicht in den Testamenten der Reichen genannt.“„Es gehört schon Mut dazu, diese Pinte Lucullus Tempel zu nennen“, merkte Faustus an.„Lucullus“, sagte der Veteran versonnen. „Sein Geld hat er als Legat einer Legion aus den Provinzen gepresst. 50 Millionen allein aus Dyrrachium sagt man.“ Der Veteran blickte zum ersten mal zu Faustus. „Diese Schänke hier ist gewissermaßen Lucullus Tempel, denn mit dem Verkauf seiner sauren Weine an die Legionen hat Lucullus sein Geld verdient. Warum sollte also der Wirt sie nicht so nennen sollen. Glaubst du, weil Lucullus den Kirschbaum nach Italia brachte, macht ihn das unantastbar? Trotzdem wünsche ich ihm ein langes Leben. Die Reichen; sagt man liegen den Göttern am Herzen und sie heben sie in Höhen.“ Der alte Veteran kicherte, „um sie tiefer stürzen zu lassen.“Faustus stand auf, er nahm seinen Schemel und setzte sich an den Plankentisch des alten Mannes. „Alter Veteran, wo hast du im Schatten deiner Freunde deine Knochen überall hingehalten alter Mann?“„Im ersten Bürgerkrieg in den angeworbenen Legionen von Sulla dem Schlachter. Dann in Phrygien in der achten Legion und zu deiner Frage Knabe ich finde, es war reine Zeitverschwendung“, sagte er verdrossen und streckte dann seine Hand vor. Der goldene Ring eines Evokati steckte an seinem Mittelfinger. Legionäre, die ihre Dienstzeit verlängerten, waren Evokati, die angesehensten unter allen Soldaten. Ihr Wort war mächtiger als das jedes Centurios. In Schlachten verteilte man die Evokati in die verschiedensten Manipel, um mit deren Siegessicherheit und Kälte den jungen Legionären ein Vorbild zu geben.„Ich bin aus der Subura.“ Er zog seine Hand zurück und fragte: „Kennst du dich hier wenigstens aus Junge?“„Die Subura? Etwas. Zumindest die suburanische Hauptstraße. Ich muß heute hier meine Patrouille machen. Das Fieber hat auch einige gute Legionäre der Stadtwache erwischt.“„Dann schau dir an, wie wir in den Seitenstraßen leben! Nicht auf der Hauptstraße mit seinen feinen Geschäften und Häusern gehe in die Gassen und siehe in die dunklen Eingänge der Insulas und in den dunklen feuchten Löchern in den vermieteten Kellern wird die Seuche aus Gier geboren!“Er drehte seinen Ring am Finger. Faustus wünschte sich, sein Vetter würde bald kommen, der Anblick des alten Mannes und mehr seine Worte waren deprimierend. Er wünschte, Quintus Metellus würde sehr bald kommen und einen guten Ledersack Wein mitbringen, das Gesöff in seinem Becher schmeckte nach Sauerampfer.Jemand kam herein, Faustus drehte sich um, aber anstatt das vertaute Gesicht seines Vetters zu sehen, war ein schlankes Mädchen eingetreten. Sie war sehr wohl geformt aber die Tunika, die ihren Körper umschmeichelte, war vom Alter grau geworden. Die Pella, die sie um ihre Schultern trug war aus grüner Seerer Seide und auch in seinem verschlissenen Zustand sehr kostspielig. Die Tunika war mit einem roten Band dicht unter ihrem Busen gebunden. Faustus beneidete den Stoff ihrer Tunika, der so dicht an ihrem üppigen Busens liegen durfte. Ihr Gesicht war auffallend blass und sehr fein geschnitten. Ihr langes schwarzes Haar war nachlässig zu einer Turmfrisur gesteckt und mit Bändern und Perlen geschmückt. Wie verzaubert sah Faustus sie an und konnte nicht verhindern, dass sein Starren ganz und gar nicht der Würde seines Amtes angemessen war und der seit Gründung der Cohorte Urbanae Dessintresse an Rom und den Pflichten ausdrücken sollte. Bei Hercules reiß dich zusammen, forderte er sich stumm auf, doch sein Blick verweigerte den Befehl und ruhte weiter auf dem wohl geformten Mädchen. Sie hatte schon bessere Tage gesehen, verriet der Zustand ihrer Kleidung und auch das sie stolz war. Was machte sie bei Abend nur in dieser Spelunke, Rom war sehr gefährlich. Wenn sie eine Sklavin war, dann handelte ihr Besitzer unverantwortlich solch ein kostbares Vögelchen zu diesen Zeiten unbegleitet auf Besorgungen zu schicken. Er glaubte, selten ein so schönes und vor allem geheimnisvolles Mädchen gesehen zu haben. Trotz ihres ärmlichen Aufzugs hatte sie die stolze Haltung einer Patrizierin. Während er sie neugierig betrachtete und im Geiste auszog, wurde ihm bewusst es geschah selbst in seiner Vorstellung mit Respekt.„Septima ist ein schönes Kind!“, sagte der Veteran hingerissen. Seine Stimme hatte etwas an Wärme gewonnen.Das Mädchen betrachtete einen kurzen Moment lang Faustus, der spürte, wie ihm das heiße Blut in sein Gesicht schoss. Sie ging zur Theke; der Stoff der Tunika klebte auf ihren langen Beinen. Sie nahm einen Weinkrug und streckte ihn dem Wirt entgegen. Er schöpfte den Wein aus einem anderen Fass und goss ihr ein. Sie trank, ohne den Wein mit Wasser zu verdünnen, wie man das eigentlich machte, um die Wirkung des Alkohols zu dämpfen und bei Verstand zu bleiben. Nur Trunkenbolde oder in geselliger Runde verzichtete man manchmal auf das Wasser. Sie leerte das Trinkgefäß in einem Zug und verlangte einen weiteren Becher Wein doch diesmal ließ sie sich vom Wirt auch Wasser geben.„Sie trinkt so, als wäre sie aus Brundisium hergerannt!“, bemerkte Faustus mit dem dümmlichen Grinsen eines Verliebten zum Veteranen.Sie drehte sich um, und betrachtete nun ungeniert Faustus. Gern hätte er einige schwere Dinge gehoben, er bedauerte, dass sie nicht auf dem Marsfeld sein konnte, um ihm beim Harpastumspiel zu sehen. Wenn er den Ball durch die gegnerische Mannschaft trug, fühlte er sich wie Mars. Er überlegte gerade, wie er ohne gegen die Sitten zu verstoßen, mit dieser bezaubernden Frau in Kontakt kommen könnte.Faustus fragte den Veteranen: „Kennst du sie?“Caelius meinte grienend, „leider nicht so gut, wie ich es mir trotz meiner fortgeschrittenen Jahre wünschte.“Faustus spürte Eifersucht und murmelte etwas von alten Böcken, die lieber im Haus bei ihren Liebsten sein sollten, anstatt Damen mit ihren Blicken zu belästigen. Mit sich ringend stand er auf und wollte sie fragen, ob er sie nachhause begleiten solle, denn draußen trieben sich üble Kerle herum. Er wollte behaupten, es sei die Pflicht eines Legionärs der Cohorte Urbanae das zu tun. Er könnte so zumindest ihren Namen und ihre Adresse erfahren und welchem Stand sie angehörte.Er kam nicht dazu, Quintus Metellus rief von der Tür her seinen Namen.„Faustus lass uns einen Becher Wein trinken und uns dann beeilen. In der Subura wartet Arbeit auf uns, Vetter. Du weißt, die verdammten Hausverwalter legen die Leichen einfach in den Straßen ab und diesmal werden wir ihnen ein saftiges Bußgeld abverlangen.“Faustus nickte, war aber mit den Gedanken noch immer beim Mädchen, das eine Münze auf den Tisch legte und verschwand. Er schaute ihr hinterher und fragte dann den Wirt: „Wer ist das Mädchen?“„Das ist die Tochter von Liborius dem Schneider.“„Aber warum lässt der Mensch sie abends allein auf die Straße?“, rief Faustus mit verärgerter Stimme.Der Wirt sagte: „Von wegen allein, hast du nicht den bulligen Soldaten, ihren Bruder vor der Tür bemerkt? Jeder aus Subura weiß das man die Leichen von denen findet die Liborius Tochter nicht mit Respekt behandeln. Selbst der schlimmste Wüstling selbst der Arzt Lucinius hält sich mit Blicken und Taten zurück, wenn das Mädchen mit dem grünen Schulterumhang kommt.“„Weißt du auch, wo sie wohnt?“„In der Nähe frage am Tempel.“„Arzt Lucinius?“ Quintus Metellus war plötzlich hellhörig geworden. „Was hatte denn der hier zu suchen?“„Er soll im Auftrag des Senats die Armen behandeln, er lässt sich manchmal hier sehen aber behandelt nur diejenigen, die ihn üppig bezahlen und die ansehnlichen Frauen unter den Armen mit dem, was sie eben haben.“Quintus nickte und bezahlte den Wein für Faustus. „Komm die Pflicht, lässt sich nicht länger umgehen.“Draußen auf der dunklen Straße tanzten die Schatten. Holzscheite der Straßenbeleuchtung brannten in den eisernen Dreibeinen, die an den wichtigsten Straßenkreuzungen standen. Es roch nach verrottetem Abfall und irgendwo aus einer Seitengasse drang das Knurren von wilden Hunden. Vor ihnen verengte sich die Straße und der Mond reflektierte sich auf unzähligen Stellen als gelber Punkt auf dem seifigen feuchten Basalt. Quintus schaute hoch in den sternenlosen Himmel. „Kein Windhauch bringt Besserung“, klagte er. Seltsam und schwer lastete die ungewohnte Stille auf den beiden Männern.„Als sei Rom in sein Leichentuch gewickelt“, meinte Faustus. „Nachts werden die Waren auf ungezählten Fuhrwerken und Marktkarren in die Stadt gebracht, die die Stadtbewohner am Morgen verlangen. Die mit Eisenringen bespannten Wagenräder poltern wie eine steinerne Lawine über das Straßenpflaster, es ertönen Schreie, Kommandos ...“„Und die nie versiegenden Flüche, Faustus. Du vergisst das Fluchen die Zweitsprache unserer Stadt.“Faustus lächelte, „genau Quintus und genau diese Geräusche vermisse ich nun.“Quintus nickte: „Ja man vermisst den Atem Roms erst, wenn man es eine Weile nicht mehr hört.“ Quintus sah in die dunkle Straße. Roms Bewohner schliefen in dieser Stille nicht viel besser als zuvor im Lärm denn es war der Schlaf des Toten.„Irgendetwas Neues vom Gericht?“, fragte Faustus merkwürdig still und versonnen.Quintus, der einige Jahre älter als sein junger Vetter war, kannte die typischen Symptome der Krankheit Eros gegen die es nur ein Heilmittel gab mit der Angebeteten zu schlafen.„Das Übliche wie seit Wochen aber die Todesfälle gehen langsam innerhalb der Mauern zurück und steigen dafür stetig in Transtiber. Dieser schmierige Arzt, von dem uns der Gastwirt erzählte, hat dem Prätor ein sehr nachlässiges Zeugnis vom Ableben des Ädilen Fuser gegeben. Eine komische Geschichte denn er verschwieg die blaue Zunge des Leichnams, die nur im Bericht des Bestatters vermerkt ist.“Ein Karren rumpelte einsam auf dem Kopfsteinpflaster dahin, nachdem der Wagen, der von einem Esel gezogen wurde, dicht bei ihnen war erkannten die beiden Männer die Fracht. „Der Zug des Apollo bedeckt die Häupter – der Zug des Apollo bedeckt die Häupter“, rief ein Sklave in monotonem Stakkato wie ein gelangweilter Marktausrufer. Er lief mit dem Totenglöckchen klingelnd vor dem Wagen dahin. Leichen lagen kreuz und quer darin, wie weggeworfen und achtlos übereinandergestapelt. Die Staatssklaven der vom Ädilen beaufsichtigten Müllabfuhr würden die namenlosen Leichen aus dem aventinischen Stadttor hinausbringen und dann in die riesigen Müllgruben werfen. Es waren verbittert wirkende Männer mit dem Schicksal nach ihrem tot selbst in die bestialischen Gruben geworfen zu werden, die ihre Schicksalsgenossen dorthin brachten. Sklaven, Bettler und Tierkadaver wurden nachts eingesammelt und vor die Stadtmauer gekarrt und weggeworfen.Faustus und Quintus traten schnell nach hinten, weg von dem schrecklichen Wagen. Sie mieden den Anblick der Toten, denn Geister können nachtragend sein. Sie zogen sich schnell ihre Umhänge über den Kopf, aus Zeichen des Respekts und um die Toten nicht zu beleidigen, obwohl auf dem Karren nur Sklaven und Bettler, wie Brennholz geschichtet lagen.„Ein schlechtes Omen für die heutige Nacht“, sagte Faustus.Als der rumpelnde Marktkarren vorübergezogen war, meinte Quintus Metellus in besorgtem Ton: „Der Prätor hätte mit dem Senat die Stadt verlassen sollen. Für einen guten Beamten kann diese Situation nicht gut für die Laufbahn sein!“„Dann rate es ihm, er hält viel von dir!“, sagte Faustus. „Capua ist um diese Jahreszeit wunderschön. Der Prätor legt seine Amtsbefugnisse sehr großzügig aus, der Präfekt der Cohorte murrt schon.“„Du kennst ihn. Er ist halsstarrig und gibt sein Amt nicht wegen der Seuche auf und sein Vater berät ihn in Amtsdingen. Caecilius Lucullus ist ein schlauer alter Fuchs, der dir Gesetze hervorzaubert, die nur noch die Bibliothekare der Senatsbibliothek kennen.“Schweigend gingen sie langsam nebeneinander die menschenleere Straße dahin. Die Trinkwasserbrunnen plätscherten. Am Ende der Straße bewegte sich eine menschliche Gestalt torkelnd über das Straßenpflaster. Er unterbrach seinen Lauf immer wieder, um schwankend an einer Mauer gestützt zu verschnaufen. Er schrie etwas Unverständliches vor sich hin und drückte sich von der Mauer ab und schwankte dann weiter in Richtung einer der schwarzen Gassen.„Idiot!“, brüllte ihm Faustus hinterher. „Der schafft es nicht bis nachhause. Selbst Hercules hätte in unseren Straßen des Nachts Furcht erregende Gefahren zu erwarten als Nemëische Löwen.“„Ja unsere römischen Raubtiere sind immer auf Beutezug. Zu den Dieben und Straßenräubern kommen neuerdings die Verrückten, die nicht mit der Wimper zucken, wenn sie dir ihren Dolch ins Herz bohren.“Faustus sah dem betrunkenen Mann hinterher: „Wenn wir bei Tagesanbruch seine ausgeplünderte Leiche finden, wird es unmöglich sein seinen Mörder zu finden, dafür ist die Gegend hier viel zu bevölkert und alle schweigen, aus Angst sich mit einer Aussage in Gefahr zu bringen.“Sie bogen in eine breite Hauptstraße ein, in der kleine Häuser neben hohen Insulas dicht an dicht standen. Sie gingen weiter nach Westen in Richtung des aufragenden Circus Maximus, der wohl nie fertiggebaut werden würde. Abwässer rannen in breiten Kanälen die Straße entlang. Das Wasser der Trinkbrunnen plätscherte über das Becken hinaus und verwandelte die Straße in einen See.„Ein Glück das Rom auf Hügeln erbaut ist.“Quintus nickte, „ein Glück das Wasser abwärtsfließt.“Beide grinsten für einen kurzen Moment. Bald errichten sie die Hinterseite des monumentalen Circus Maximus. Der größte Circus der Welt mit einer Gesamtlänge von 600 Metern und eine Breite von 140 Metern. Konsul Gaius Iulius Caesar ließ im Jahr seines ersten Konsulats 145.000 Plätze aus Stein und Marmor errichten und die alten Holztribünen herausreißen. Die Holztribünen des Circus waren nun in zu windschiefen Anbauten und Balkonen an den acht stöckigen Mietshäusern verwandelt, einsturzgefährdet und feuergefährlich.Faustus starrte abwesend zum Bauwerk er legte seine Hand zum Schwur auf sein Herz und verkündete: „Ich werde bald heiraten, Quintus!“Der Liktor grinste und sein von den Schnitten der Mörderklingen entstelltes Gesicht strahlte plötzlich Wärme und eine lebenslustige Güte aus. „Die Frau, die dir dein Vater auf dem Sterbebett ausgesucht hat oder das Mädchen nach, dem du dich bei dem Wirtsmann erkundigt hast?“„Diesmal ist es Liebe“, schwur Faustus. „Sie schreibt mir einmal die Woche und mein Vater war ein guter Freund ihres Vaters. Er hat ein kleines Weingut in Apullia.“„Das klingt bekannt in meinen Ohren, versuche dein Eheglück mit der Tochter eines geizigen Bauern. Ich bin kein Patrizier und die Stellung eines Menschen ist mir im Prinzip egal, aber erkundige dich, ob sie das römische oder latinische Bürgerrecht besitzt. Sonst macht dir vielleicht diese Heirat unmöglich deine Laufbahn fortzusetzen und du hast noch zehn Jahre vor dir, mögen die Götter verhüten das aus dir ein neureicher Emporkömmling wird. Du kennst Zenturio ...“Ein Ruf unterbrach Quintus Gedankengänge. Genagelte Soldatenstiefel knallten auf dem feuchten Straßenpflaster. Quintus drehte sich um. Ein junger Soldat kam angerannt. Er blieb stehen und donnerte mit seiner Faust gegen sein bronzenes Brustharnisch und salutierte vor Zenturio Faustus. „Der Arzt ist erschlagen!“, keuchte der junge Legionär außer Atem.Quintus grinste, der junge Soldat war zu hübsch, um ein guter Legionär zu sein. Man munkelte, dass der Präfekt der Stadtcohorte seine 400 Kopf zählende Polizeitruppe nicht nur nach rein dienstlichen Erfordernissen aussuchte. Der Dienst in der Cohorte war für Viele sehr verlockend, doppelter Sold und Dienst in Rom. Es kamen immer sehr viel mehr Bewerber, als es offene Stellen gab.„Der Arzt?“ Faustus sah verblüfft aus. „Welcher Arzt denn?“„Der Seuchenarzt Suburas, Zenturio. Man hat ihn gefunden, in seiner Praxis auf der suburanischen Straße.“„Meinst du etwa der Arzt Licinius?“, fragte Quintus.Der junge Soldat nickte, „Ihr solltet besser mitkommen und einen Bericht für den Prätor schreiben.“„Bei Morden ist der Prätor nur zuständig, wenn das Opfer das Bürgerrecht besessen hat und bei Licinius Visage zweifle ich das zu bezweifeln, das irgendwer ihm überhaupt irgendein Bürgerrecht verleiht.“ Dann sah er den jungen Legionär an und meinte: „Du hast lange Beine, renne du zum Haus des Prätors auf dem Aventin und melde es ihm.“ Beklommen blickte er vom gewaltigen Circus hinter sich auf die in der Dunkelheit verschwommenen Straße. Er schüttelte den Kopf: „Licinius erschlagen, ein Arzt, der es meiner Meinung nach verdient hat, aber bei Jupiter ausgerechnet, wo er noch Fragen wegen des Todes von Fuser beantworten sollte!“„Du konntest den schmierigen Wüstling nicht leiden, oder?“„Nein und er wird bekommen haben, was er sich im Laufe der Zeit verdient hat. Aber sein Mord ist auffallend schnell, nachdem er die Leiche Fusers untersuchte und uns die blaue Zunge verschwieg, geschehen!“