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Kapitel 2

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Peter und Tracey saßen auf einem schwarzen Ledersofa in einem spartanisch eingerichteten Warteraum im Inneren des Gebäudes von Poseidon Tech. Eine Sekretärin hatte ihnen Espresso angeboten, aber Peter hatte abgelehnt. Tracey hingegen schlürfte genüsslich an ihrem Kaffee. Die Möbel waren modern, mit klaren Linien und ohne irgendwelchen Schnickschnack. Monitore an den Wänden zeigten Aufnahmen von verschiedenen abgeschlossenen Bergungsoperationen und der dabei eingesetzten Technik.

Peter richtete seine Aufmerksamkeit nun auf einen Film, in dem der Einsatz von Drohnen und Robotik zu sehen war. »Grobe Arbeiten.«

Tracey sah ihn verwirrt an. »Wie bitte?«

»Solche Roboter eignen sich lediglich für grobe Arbeiten.«

»Das stimmt nicht ganz, in Fabriken und Labors erledigen sie auch zahlreiche feinmotorische Aufgaben.«

»Ja, aber kannst du dir vorstellen, wie sie das Skelett eines Raptors freilegen? Das geht nun mal nur mit äußerster Vorsicht und Sorgfalt.«

Tracey platzierte ihre leere Espressotasse sorgfältig auf der dazu passenden Untertasse und stellte das Ensemble auf den schwarzen Couchtisch. »Warum entspannst du dich nicht ein wenig? Du wirkst reichlich angespannt.«

Peter zuckte mit den Schultern. »Ich bin Paläontologe. Ich bin es nicht gewohnt, dass so mit Geld nach mir geworfen wird. Ich habe mich an die Bettelei und an staatliche Zuschüsse gewöhnt.«

Tracey legte eine Hand auf sein Knie. »Es ist doch nur ein Treffen. Es verpflichtet uns zu gar nichts.«

Peter verzog das Gesicht zu einem schiefen Grinsen. »Der Privatsektor bringt mich irgendwie zum Kochen.« Gegen ihre Hand auf seinem Knie hatte er allerdings überhaupt nichts einzuwenden.

Tracey lächelte, aber es hatte nichts mit seiner Bemerkung zu tun. Sie war aufgeregt und versuchte gar nicht erst, diesen Umstand zu verbergen. »Bist du denn nicht zumindest ein wenig neugierig? Wenn sie uns mit dieser Menge Geld locken, müssen sie auf etwas wirklich Bedeutendes gestoßen sein.«

Doch Peter sah nicht überzeugt aus.

Tracey schaltete daraufhin einen Gang höher. »Okay, nehmen wir mal an, wir haben es tatsächlich mit einer privaten Ausgrabung zu tun. Dann gehen die Funde sowieso in ein Museum. Vielleicht nach Japan, wie du gesagt hast. Es ist ja nicht so, als würde eine fette Katze die Knochen ausbuddeln und zum Spaß an ihnen herumnagen.«

Peter schüttelte den Kopf. »Es ist nur so … das hier ist eine vollkommen andere Welt. Sie werden garantiert unzählige Forderungen an uns stellen, und sie werden erwarten, dass wir Ergebnisse liefern. Wir werden also keinen Einfluss auf ihre Bedingungen haben.«

»Wir haben doch vorher auch noch nie zu unseren eigenen Bedingungen gearbeitet. Die Stipendien sind vielleicht nicht an viele Anforderungen geknüpft, aber die Spezifikationen der Museen sind absolut hart und gnadenlos. Wie oft mussten wir schon eine Ausgrabung aufgeben, weil ein Skelett unvollständig war? Wie oft haben die Sponsoren von den Museen das Interesse verloren, weil auf den Knochen Bissspuren zu sehen waren, Zähne gebrochen oder Knochen zersplittert waren? Es war ihnen egal, dass uns die Funde unglaublich viel über das Fütterungsverhalten von Theropoden hätten erzählen können.«

Peter stieß einen langen Seufzer aus. »Du hast ja recht. Außerdem gehen sie einfach zu jemand anderem, wenn wir ablehnen.«

»Ganz genau. Hören wir also mit offenem und wachem Geist zu, was sie uns anzubieten haben.« Sie hielt inne und musterte ihn. »Du hättest dich ruhig ein bisschen schick machen können.«

»Sie bezahlen mich aber nicht für mein Outfit, sondern für mein Wissen und meine Expertise. Außerdem ist Poseidon ein Tech-Unternehmen. Hier laufen wahrscheinlich jede Menge Nerds in Jeans und T-Shirt herum.« Peters Blick wanderte durch den Warteraum. »Ich wette, sie beobachten uns auch gerade.«

Tracey blickte ihn mit zusammengekniffenen Augen an. »Jetzt klingst du paranoid.«

»Das mag sein. Lass es trotzdem ruhig angehen, wenn wir drin sind.«

Sie runzelte die Stirn. »Was meinst du damit?«

»Dass du an deinem Pokerface arbeiten sollst. Du darfst nicht so übereifrig aussehen.«

Sie stieß ihn in die Rippen. »Willst du damit etwa sagen, dass ich leicht zu haben bin? Das ist nämlich nicht der Fall.«

David Lennox, der in einen schwarzen Designeranzug gekleidet war, schlenderte jetzt in den Warteraum. Sein Gesicht leuchtete auf, als er die beiden Paläontologen sah. »Ah, Sie sind hier. Ausgezeichnet.«

Tracey und Peter standen auf. David begrüßte jeden von ihnen per Handschlag. »Ich nehme an, Ihr Flug war bequem.«

»Ich bin noch nie zuvor mit einem Privatjet geflogen«, erwiderte Tracey strahlend.

Peter verzog erneut das Gesicht. So viel also zum Thema Pokerface. »Ja, es war ziemlich bequem.«

David schmunzelte. »Ausgezeichnet. Vielen Dank, dass Sie dieses Treffen so kurzfristig möglich gemacht haben. Wenn Sie mir bitte in den Konferenzraum folgen würden – das Team wartet bereits auf Sie.«

»Aber natürlich«, sagte Peter.

Sie folgten David einen schier endlosen Korridor entlang, bogen dann um eine Ecke und passierten eine Reihe von Einzelzimmern und ein Großraumbüro voller Schreibtische, die durch Trennwände separiert waren. Schließlich erreichten sie die große Holztür des Konferenzraums. David hielt ihnen die Tür auf und bat sie herein.

An einem langen Konferenztisch aus Mahagoni saßen drei weitere Männer in Business-Anzügen und eine Frau in einem Hosenanzug.

Tracey beugte sich zu Peter und flüsterte: »Ein Haufen Nerds in Jeans und T-Shirt?«

Er wollte entgegnen, dass hier schließlich die Führungskräfte versammelt waren … die großen Bosse, die alle Operationen von oben überwachten … diejenigen, die die finanziellen Entscheidungen trafen. Doch er kam nicht dazu. Nichtsdestotrotz fühlte er sich in seinem T-Shirt und seiner Cargohose jetzt doch ein wenig underdressed.

David deutete auf zwei leere Stühle. »Bitte nehmen Sie Platz.«

Peter und Tracey setzten sich an den massiven Holztisch. Vor ihnen lag jeweils ein mittelgroßer Stapel Papiere.

»Was ist das?«, fragte Peter, obwohl er eine ziemlich genaue Vorstellung davon hatte, worum es sich dabei handelte.

David setzte sich auf den Stuhl neben ihm. »Das, Dr. Albanese, ist die Geheimhaltungsvereinbarung von der wir gestern gesprochen haben.«

»Ich würde das Dokument gern lesen, bevor ich es unterschreibe.«

»Selbstverständlich. Nehmen Sie sich die Zeit, die Sie brauchen.«

Die um den Tisch versammelten Anzugträger sahen zu und warteten.

Peter schnitt eine Grimasse und beugte sich zu Tracey hinüber. »Starren sie uns jetzt die ganze Zeit an, während wir lesen?« Peter war sich darüber im Klaren, dass es eine Geste der Macht war, mit der sie Druck auf sie beide ausüben wollten.

»Sie haben alle Zeit, die Sie brauchen«, wiederholte David. »Aber wir können erst beginnen, wenn auf der letzten Seite Ihre Unterschrift steht.«

Tracey sah Peter an und zuckte mit den Schultern. Beide begannen, die Vereinbarung zu lesen. Was er da las, machte Peter zunehmend nervöser. Das Problem war allerdings weniger der Vertragstext. Dass sie überhaupt eine derartige Geheimhaltung betrieben, gab ihm zu denken.

Er blickte auf und fragte in die Runde: »Sie erwarten von uns doch nicht, dass wir etwas Illegales tun, oder? Denn wenn das der Fall ist, würde ich das Gespräch an dieser Stelle gern beenden.«

»Nein, hier ist nichts illegal, das versichere ich Ihnen«, sagte die Frau, die ihm gegenübersaß.

»Wer sind Sie, wenn ich fragen darf?«, fragte Tracey.

»Ich wollte mit der Vorstellungsrunde warten, bis Sie unterschrieben haben«, erklärte David. »Aber das ist Maggie Schechter, die Leiterin unserer Rechtsabteilung.«

Peter und Tracey sahen sich kurz an. Peter wollte gerade erklären, dass er darüber nachdachte, den Text zuerst seinem Anwalt zur Überprüfung vorzulegen, als Tracey ihren Stift zur Hand nahm und unterschrieb. Ihm klappte buchstäblich die Kinnlade nach unten. Sie dachte und handelte einfach immer zu schnell. Doch es spielte eigentlich auch keine große Rolle, da Peter noch nie im Leben einen Anwalt gehabt hatte.

Er nahm daher ebenfalls seinen Stift zur Hand und unterschrieb. Er und Tracey schoben die Papiere zu David hinüber, der sie freundlich entgegennahm und vor sich stapelte.

»Ausgezeichnet«, sagte David. »Um es noch einmal ganz klar zu betonen: Nichts, was heute hier in diesem Gebäude besprochen wird, darf mit anderen Parteien geteilt werden. Die Folge wären schwerwiegende rechtliche Konsequenzen.«

»Wir haben es verstanden«, sagte Peter unwirsch.

»Äußerst schwerwiegende rechtliche Konsequenzen«, wiederholte David.

»Worum geht es denn eigentlich?«, fragte Tracey, die begierig darauf war, endlich mehr darüber zu erfahren, weshalb man sie hierher eingeladen hatte.

David hob seinen rechten Zeigefinger in die Luft. »Zuerst einmal die Vorstellungsrunde.« Er wies zur Kopfseite des Tisches. »Das ist Brad Oster, unser CEO.« Der Mann nickte. David deutete auf den Mann zu Osters rechter Seite. »Das ist Fred Yates, unser Director of Operations und neben ihm sitzt Ernest Preston, der Projektmanager für Bergungsoperationen im pazifischen Raum.« Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: »Und Maggie, die Leiterin unserer Rechtsabteilung, haben Sie ja bereits kennengelernt.«

»Sie haben also Fossilien gefunden«, begann Peter, der endlich zur Sache kommen wollte.

Die Vertreter von Poseidon Tech tauschten kurze Blicke aus.

»Nicht so ganz«, sagte Brad Oster.

Ernest Preston drückte auf einen Knopf auf dem Tisch, und ein Monitor an der Wand leuchtete daraufhin auf. Zu sehen waren Bilder einer Insel. »Dies ist die unbekannte Insel, die wir entdeckt haben.« Koordinaten blitzten auf dem Bildschirm auf und überlagerten die Bilder.

»Die Insel ist eigentlich zu groß, um sie zu übersehen«, meinte Tracey.

»Sie umfasst 221.329 Quadratmeilen, um ganz genau zu sein, und sie befindet sich im Westpazifik, im südchinesischen Meer. Sie ist ungefähr so ​​groß wie Madagaskar.«

»Das ist unglaublich«, stieß Peter hervor.

»Warten Sie ab«, sagte Ernest. »Es gibt mehr zu berichten.« Er zeigte nun einige Luftbilder der Insel. Sie war mit üppiger Vegetation bewachsen und an einigen Stellen hoben sich kahle Felsformationen in die Höhe. »Die Insel weist nicht einen einzigen Strand auf. Stattdessen ist sie umgeben von steilen Felsen, die vom Wasser aus einige Hundert Fuß hoch sind. Deshalb haben wir eine Operation mit ferngesteuerten Drohnen gestartet, die uns diese Bilder hier geliefert haben.«

Peter kniff die Augen zusammen, weil die Bilder so verschwommen waren. »Ich hatte gehört, Poseidon Tech wäre berühmt dafür, hochauflösende Daten zu sammeln.«

Ernest lächelte. »Das sind wir, aber die elektromagnetischen Eigenschaften der Insel, die sie vor der Satellitenerkennung abschirmen, beeinträchtigen leider auch unsere Ausrüstung. Das bedeutet, dass wir ein Team auf der Insel absetzen müssen, um nach den Überresten von Flug 207 suchen zu können.«

»Konnten Sie denn bestätigen, dass sich das Flugzeug überhaupt auf der Insel befindet?«, fragte Tracey.

Ernest holte ein weiteres Foto auf den Monitor, auf dem trotz der schlechten Bildqualität ein Wrack auf einer Lichtung zu erkennen war. »Wir haben dieses Bild aufgenommen und glauben, dass es sich dabei um das Wrack von Flug 207 handelt. Wenn Sie sich die zylindrische Form genau ansehen, ähnelt sie dem Rumpf eines Flugzeugs.«

Peter kniff die Augen zusammen. »Okay … das ist ja alles schön und gut, aber wenn Sie uns dazu holen wollen, müssen Sie noch etwas anderes gefunden haben.«

Ernest grinste und holte drei weitere Fotos auf den Bildschirm, die sich nebeneinander als Kacheln anordneten. Tracey schnappte nach Luft. »Was ist das?«

Es waren Luftbilder, die große Gestalten auf drei unterschiedlichen kleinen Lichtungen zeigten. Die Bilder waren leider sehr unscharf.

»Wir hatten gehofft, dass Sie uns das sagen können«, sagte Ernest gespannt.

»Sieht aus wie Tiere«, sagte Tracey. »Große Tiere. Sehen Sie sich mal die Dimensionen im Vergleich zu den umliegenden Bäumen an.«

»Uns fehlt allerdings eine Skala, um die Größe genauer einschätzen zu können«, sagte Peter.

»Nach unseren Schätzungen, basierend auf unserer Ausrüstung, ist das, was wir hier sehen, ungefähr fünfzehn bis zwanzig Fuß hoch und fünfundzwanzig bis dreißig Fuß lang.«

»Es hat einen Schwanz«, sagte Tracey mit zusammengekniffenen Augen. »Zumindest sieht es für mich so aus.«

»In der Region gibt es Tierarten, die mit Hirschen und Rindern verwandt sind. Außerdem Tiger, Krokodile und kleine Reptilien«, zählte Ernest auf. »Doch diese Wesen hier passen zu keiner bekannten Art.«

»Sie denken doch nicht etwa, dass Sie es hier mit Dinosauriern zu tun haben, oder?«, prustete Peter feixend. Tracey stimmte mit ein und kicherte. Doch sonst lachte niemand am Tisch.

Peter errötete verlegen. »Oh, kommen Sie schon! Das kann doch nicht Ihr Ernst sein.«

Brad zuckte mit den Schultern. »Vor einem Moment haben Sie auch noch nicht geglaubt, dass es noch unbekannte Inseln auf der Welt gibt.«

»Guter Einwand«, sagte Tracey und wirkte nun fassungslos. Sie stand auf und näherte sich dem Monitor. Kurz davor hielt sie inne und sah Brad Oster an. »Darf ich?«

Er nickte. »Natürlich.«

Tracey ging mit dem Gesicht so nahe wie möglich an den Bildschirm heran und strengte ihre Augen an, um die Tiere genauer betrachten zu können. »Ist das die beste Auflösung, die Sie herstellen konnten?«

»Ich fürchte ja«, antwortete Ernest.

»Also, damit ich das richtig verstehe«, sagte Peter, der immer noch ruhig auf seinem Stuhl saß. »Sie haben uns hierher eingeladen, damit wir diese Tiere auf den Fotos bestimmen, weil Sie glauben, dass es sich dabei um Dinosaurier handeln könnte?«

»Wir wissen nicht, was wir da aufgenommen haben«, antwortete Ernest. »Wir hatten allerdings gehofft, dass Sie diese Tiere direkt von Angesicht zu Angesicht auf der Insel identifizieren würden.«

»Sieh dir mal diese Formen an«, sagte Tracey, die den kurzen Austausch komplett ignorierte. »Schau dir den Körperaufbau an. Entweder haben sie wirklich extrem kurze Hälse, oder sie beugen sich die ganze Zeit nach unten, und mehrere Tiere derselben Art treten immer zusammen auf.« Sie betrachtete das dritte Bild noch länger als die anderen. »Diese hier sehen anders aus. Sie wirken gedrungen und sind vielleicht gehörnt. Das lässt sich nicht so genau sagen.«

Peter schnaubte. »Ich bitte dich, Tracey. Diese Fotos haben ungefähr die gleiche Qualität wie die vom Loch-Ness-Monster.«

»Es sind Pflanzenfresser«, fuhr sie fort und ging einfach über Peters Bemerkung hinweg.

»Woran erkennen Sie das?«, fragte Ernest fasziniert.

»Größere fleischfressende Theropoden sind Einzelgänger. Sie würden also zwischen den Beutetieren nur ein Exemplar davon sehen oder vielleicht zwei. Die Fleischfresser wie die Velociraptoren oder Deinonychus, die in Rudeln gejagt haben, waren deutlich kleiner als die Tiere, die wir hier sehen.«

Brad Oster und David Lennox tauschten ein Lächeln aus.

»Wie ich sehe, haben Sie eine gute Wahl getroffen«, sagte Brad zu David.

»Die beiden sind die Besten auf ihrem Gebiet«, versicherte David ihm strahlend.

»Sie haben vielleicht ein paar unbekannte Pflanzenfresser gefunden«, warf Peter ein. »Aber wir sind Spezialisten für Fleischfresser, speziell für das Fressverhalten von Theropoden. Wir werden Ihnen also nicht groß weiterhelfen können.«

»Sehen Sie, genau das ist der springende Punkt«, entgegnete Ernest. »Was wir Ihnen gezeigt haben, sind die einzigen Bilder der Fauna auf dieser Insel. Es ist sozusagen nur eine Momentaufnahme. Wir wissen nicht, welche anderen Tierarten es dort vielleicht sonst noch gibt.«

Tracey kehrte zu ihrem Platz neben Peter zurück. »Wo Beutetiere sind, gibt es normalerweise auch Raubtiere.«

»Ganz genau«, sagte Ernest, erfreut darüber, dass sie seinen Gedanken so gut folgen konnte. »Wenn wir ein Team von Geophysikern auf die Insel schicken, wollen wir vorbereitet sein, falls diese auf … was haben Sie gesagt … Theropoden oder etwas in der Art stoßen.«

»Sollte Ihr Team wirklich auf Theropoden stoßen, haben Sie so oder so ein Problem«, erwiderte Peter.

»Ich dachte, Sie glauben nicht, dass wir es mit Dinosauriern zu tun haben«, sagte David.

Dieser Einwand erwischte Peter offenbar kalt. »Ich … ich glaube nach wie vor nicht daran«, stotterte er.

»Lassen Sie uns für einen Augenblick einfach mal annehmen, dass es dort unten Raubtiere gibt …«, meinte David. »… Fleischfresser. Wer könnte unser Team besser beraten als Sie beide?«

Peter hob abwehrend beide Hände. »Wenn es dort tatsächlich riesige lebendige Fleischfresser gibt, will ich auf keinen Fall auf derselben Insel mit ihnen sein.«

»Das Erkundungsteam wird von einem voll bewaffneten Security-Team begleitet werden«, versicherte ihm Ernest.

»Kommen Sie schon, Dr. Albanese«, mischte sich David wieder ein. »Das ist doch eine einzigartige Gelegenheit, neue Arten entdecken zu können. Wenn es sich tatsächlich um Dinosaurier oder etwas ähnliches handelt, bekommen Sie hiermit die beispiellose Gelegenheit, diese katalogisieren und dokumentieren zu können.«

»Warum ist Poseidon Tech so interessiert an neuen Arten?«, fragte Tracey.

Brad Oster beugte sich in seinem Sitz nach vorn. »Das sind wir nicht. Aber wir haben eine Vereinbarung mit der vietnamesischen Regierung, nach der wir nur bezahlt werden, wenn wir den Flugschreiber finden. Haben wir keinen Erfolg dabei, verlieren wir eine erhebliche Menge an bereits investiertem Geld. Deshalb stellen wir Berater wie Sie und ein voll ausgerüstetes Security-Team ein, um unsere Investitionen schützen zu können.«

Peter hob eine Augenbraue. »Berater? Was für Berater?«

»Neben Ihnen haben wir noch zwei Tropen-Biologen, einen Jäger beziehungsweise Fährtenleser und natürlich das Security-Team, das aus ehemaligen Army-Soldaten besteht, an Bord. Alle sind sehr gut ausgebildet.«

»Also Söldner«, sagte Peter trocken.

Tracey beugte sich nun ihrerseits gespannt vor. »Was ist mit uns? Was geschieht, wenn wir tatsächlich neue Arten finden?«

»Ihr oberstes Ziel soll es sein, das Erkundungsteam zu beraten, damit es nicht in Schwierigkeiten gerät, während es versucht, das Wrack zu lokalisieren«, erklärte Ernest.

»Daneben haben Sie vollkommene Freiheit. Was auch immer Sie finden und dokumentieren, gehört komplett Ihnen«, fügte Brad hinzu.

»Wenn Sie damit so viel Geld verdienen wollen, hoffe ich doch, dass Sie mehr zu bieten haben als nur eine Gelegenheit zu forschen«, wandte Peter ein.

Brad Oster nickte David zu, der daraufhin zwei Umschläge zu Peter und Tracey schob. »Wir sind bereit, Ihnen ein äußerst großzügiges Angebot zu machen. Der erste Scheck im Umschlag sind die 30.000 Dollar, die wir jedem von Ihnen für das heutige Treffen zugesagt haben. Der zweite ist unser Angebot für Sie, wenn Sie sich bereit erklären, sich dem Team auf der Insel anzuschließen. Die Summe verdoppelt sich, wenn wir damit Erfolg haben, das Wrack zu lokalisieren und den Flugschreiber nach Hause zu bringen.«

Peter starrte auf seinen Umschlag, so als könne dieser jeden Moment hochspringen und ihn beißen. Tracey hingegen öffnete ihren und betrachtete den ersten Scheck. Als sie ihn hinter den zweiten schob, schnappte sie unwillkürlich nach Luft.

Peter sah sie besorgt an. »Was ist los?«

»Das ist aber eine mächtig große Zahl«, sagte sie fassungslos.

»Wie viel denn?« Peter öffnete seinen Umschlag nun auch und zog schnell den zweiten Scheck heraus. Kurz darauf traten seine Augen fast aus dem Kopf. »Ach du lieber Himmel.«

»Ich nehme mal an, das bedeutet, dass Sie interessiert sind?«, fragte David lächelnd.

»Ich … ich … ich …«, stammelte Peter.

»Wir müssen zuerst darüber nachdenken«, sagte Tracey betont ruhig.

»Selbstverständlich, Dr. Moran. Dieses Angebot läuft allerdings ab, sobald Sie diesen Raum verlassen.«

»Wir haben Verpflichtungen gegenüber der Universität einzuhalten«, platzte Peter heraus, der immer noch vollkommen entgeistert war. »Wir haben eine wichtige Ausgrabung, die bereits terminiert ist.«

»Wir haben mit Ihrer Dekanin gesprochen«, erklärte David. »Sie wird, falls Sie sich für unsere Expedition entscheiden sollten, uneingeschränkt kooperieren. Es hat natürlich geholfen, dass wir eine großzügige Spende für das Paläontologie-Programm Ihrer Universität in Aussicht gestellt haben, wenn wir auf Sie beide zählen dürfen.«

Tracey jubelte beinahe vor Freude. »Pete, das ist der absolute Hammer! Die perfekte Win-win-Situation. Wir werden fürstlich bezahlt, und unsere Uni kann noch dazu weitere Ausgrabungen finanzieren.«

»Und wir könnten gefressen werden«, ergänzte Peter trocken. »Erinnerst du dich noch an diesen Film?«

David schmunzelte. »Dr. Albanese, in Ihrem Vortrag, bei dem ich vor Kurzem anwesend war, haben Sie doch selbst gesagt, dass Hollywood allerlei Mythen über Dinosaurier propagiert hat. Bei dem hohen Sicherheitsgrad unserer Operation und Ihrem Know-how werden Sie bestimmt nicht auf irgendeiner Speisekarte stehen.

Und vergessen Sie nicht: es besteht durchaus die Möglichkeit, dass es auf dieser Insel gar keine Dinosaurier gibt. Dann sind Sie einfach nur mit dabei und werden sehr großzügig fürs Nichtstun bezahlt.« Davids Gesichtsausdruck verriet deutlich, dass er genau wusste, dass er Peter am Haken hatte – genau genommen hatte Peter sogar den Haken, die Pose und die gesamte Schnur verschluckt.

Peter und Tracey sahen aus wie ein Paar, das gerade dabei war, sich zu verloben, wobei sie auf ihre Schecks starrten, als wären diese ein gigantischer Diamantring. Sie flüsterten sich gegenseitig etwas zu und schließlich wandte sich Tracey an David. »Wir sind dabei!«

So kam es, dass Peter und Tracey in Windeseile mit Poseidon Tech verheiratet waren.

Hawaii

In einem der Biologielabore der Universität von Hawaii saßen gerade ungefähr zwanzig Studenten auf ihren Laborhockern und beugten sich über ihre mit Erde gefüllten Einweg-Plastikbecher, in denen eine winzige Pflanze spross. Jeder von ihnen hatte zwei etikettierte Becher vor sich. Auf dem einen Becher stand Experiment, auf dem anderen Kontrolle. Neben den Bechern lagen mehrere Pipetten. Einige der Studenten sahen auf ihre Sämlinge herab, andere blickten nach vorn zum Dozententisch.

Dr. Allison McGary stand gerade vor der Gruppe und erklärte den nächsten Schritt. »Wenn wir gleich die Gibberellin-Hormone hinzufügen, erinnern Sie sich bitte an die drei Ergebnisdimensionen, die es zu beobachten gilt …« Sie machte eine kurze Pause und wartete darauf, dass einer der Studenten ihren Gedanken vervollständigte.

»Keimung, Wachstum und Blüte«, ergänzte eine Studentin, die ganz vorn saß.

Allison lächelte. »Das ist richtig. Bitte denken Sie daran, das Hormon nur in den Becher mit der Aufschrift Experiment zu träufeln.« Etwas tauchte plötzlich in ihrer peripheren Sicht auf. Durch das kleine, quadratische Fenster in der Tür zu ihrer Linken war ein Mann zu sehen, der sie aufmerksam beobachtete, doch sie kannte ihn nicht.

Ihr Assistent Mark näherte sich jetzt ihrem Tisch. Sie gab ihm die Flasche mit Wachstumshormonen. »Mark wird nun mit der Flasche herumgehen. Nachdem Sie die Behandlung vorgenommen haben, werde ich ihn den Hemmstoff verteilen lassen, der für Ihren Becher mit der Aufschrift Kontrolle bestimmt ist.« Als sie wieder nach links blickte, war der Dekan durch das Fenster der Tür zu sehen und winkte sie mit dem Finger zu sich.

Na großartig. Was hatte sie denn jetzt schon wieder angestellt, dass Dekan Munoz sie während eines Seminars aus ihrem Labor holte? »Mark, übernimmst du bitte kurz?«

***

Allison hatte gerade noch genug Zeit, vor dem Flug nach Vietnam kurz ihren Ehemann Patrick anzurufen. »Denk daran, dass du das Fläschchen-Protokoll sorgfältig führst.«

»Natürlich mache ich das«, antwortete Patrick.

»Und dass die Flaschen und Sauger jedes Mal sterilisiert werden.«

»Ja, Liebling.«

»Und ihr Schlaf-Protokoll ist ebenso wichtig.«

»Ich werde alles aufschreiben. Möchtest du, dass ich auch ihren Stuhlgang wiege?«

»Ich meine das ernst, Pat.«

»Ja, ich weiß. Hab eine gute Reise und ein erfolgreiches Meeting. Ich liebe dich.«

»Ich liebe dich auch«, antwortete Allison. »Ich rufe dich an, sobald es vorbei ist.« Dann beendete sie das Telefonat.

Sie fühlte sich unwohl bei dem Gedanken daran, ihr vier Monate altes Baby zurückzulassen. Nach ein paar Monaten wieder zur Arbeit zu gehen, war eine Sache, zum südchinesischen Meer zu fliegen, um an einer Expedition teilzunehmen, hingegen eine ganz andere.

Aber da war dieser Scheck gewesen. Dieser über alle Maßen gewaltige Scheck. David Lennox hatte ihr versichert, dass es mehr Geld sei, als sie in ihrer gesamten Karriere als Botanikerin jemals zu sehen bekommen würde, und er hatte recht. Sie hasste es, es zuzugeben, aber das hier waren die College-Gebühren für die kleine Amber Rose. Dieser Scheck bedeutete Sicherheit.

Patrick war erst vor Kurzem entlassen worden, was in diesen Zeiten für die Karriere eines Chemikers exemplarisch war. Der großzügige Scheck würde außerdem dafür sorgen, dass sie ihr Haus behalten konnten. Zumindest war er dadurch zu Hause, um auf ihre kleine Amber Rose aufpassen zu können. Als Allison gezögert hatte, war er es gewesen, der sie sanft davon überzeugt hatte, das Angebot von Poseidon Tech anzunehmen, auch wenn er die Details gar nicht kannte.

Die Geheimhaltungsvereinbarung, die sie hatte unterschreiben müssen, bezog sich nämlich auch auf Ehegatten. Alles, was er wusste, war, dass sie eine Menge Geld dafür bekommen würde, an einem weit entfernten Ort Pflanzen zu katalogisieren. Allisons Dekan Munoz hatte ebenfalls sanften Druck auf sie ausgeübt, denn die Gelegenheit, unbekannte Pflanzenarten zu entdecken und zu katalogisieren, war zu attraktiv, um sie nicht zu nutzen. Dazu kam außerdem eine großzügige Spende an die Universität.

Jetzt befand sie sich auf Honolulus Großflughafen, dem Daniel K. Inouye International Airport, und wartete auf den Privatjet von Poseidon Tech. Ihre Eltern hatten ihre Leidenschaft für Wissenschaft und Mathematik immer gefördert, ebenso wie die Eltern von Patrick die ihres Sohnes. Ökonomisch gesehen vielleicht nicht die beste Studienwahl, denn normalerweise erhielten Wissenschaftler keine großen Schecks und flogen auch nicht in Privatjets. Deshalb hatte Allison beschlossen, Amber Rose zu einer Business-Karriere oder zu einem Job in der Gesundheitswirtschaft zu ermutigen. Ihr Kind sollte sich eines Tages keine Sorgen um ihren Arbeitsplatz oder ihre berufliche Zukunft machen müssen.

Allison gestand sich ein, dass sie verdammt neugierig auf diese unerforschte Insel war, die sich einer Entdeckung bisher so erfolgreich widersetzt hatte. Aufgrund der Lage und der geografischen Isolation konnte es gut sein, dass sich dieser Ort als ein neues Galapagos herausstellte. Außerdem würde ihre Teilnahme an der Expedition dabei helfen, etwas Abstand zu Dekan Munoz zu gewinnen.

Die beiden hatten sich von Anfang an nicht verstanden. Obwohl Allison fest angestellt war, hatte Munoz sie ganz offensichtlich auf dem Kieker. Es war ein klassischer Konflikt zwischen zwei sehr unterschiedlichen Persönlichkeiten (zumindest war das die offizielle Sichtweise der Personalabteilung). Große Egos, die aufeinanderprallten und sich dann offen bekämpften, waren im Wissenschaftsbetrieb nicht selten, aber Allison konnte es sich nicht leisten, ihren Job zu verlieren. Nicht jetzt.

Dann war plötzlich David Lennox aufgetaucht, ihr Ritter in glänzender Armani-Rüstung, mit seinen großen Schecks und seiner Spende an die Universität. Poseidon Tech war genau zum richtigen Zeitpunkt auf der Bildfläche erschienen. Es war das exemplarische Beispiel für ein Deus-ex-Machina-Ereignis, und wie durch ein Wunder war Allison eine schwere Last von den Schultern genommen worden.

Zum ersten Mal seit langer Zeit hatte sie das Gefühl, dass alles gut werden würde.

Baltra Island, Galapagos

Nachdem sie gerade ihren Kurs in Biologie der neotropischen Region zusammengefasst und abgeschlossen hatte, telefonierte Mary Tambini mit ihrer Mutter, während sie ihre Tasche für Vietnam packte.

»Wohin bist du denn jetzt schon wieder unterwegs?«, fragte ihre Mutter.

»Das kann ich dir leider nicht sagen.«

Ihre Mutter seufzte am anderen Ende der Leitung verärgert auf. »Bisher hast du es mir doch immer sagen können.«

Mit einer Hand steckte Mary zusammengerollte T-Shirts in ihren Koffer. »Ich habe eine Geheimhaltungsvereinbarung unterschreiben müssen, deshalb kann ich es dir wirklich nicht sagen.«

»Eine Geheimhaltungsvereinbarung? Kommt der Auftrag von der Regierung?«

»Auch dazu darf ich eigentlich nichts sagen. Aber nein, mit der Regierung hat es nichts zu tun.«

»Mary, worauf lässt du dich da gerade ein?«

»Das kann ich dir nicht sagen, aber das Ganze ist wirklich gut bezahlt. Sehr gut bezahlt.«

»Ist deine Uni denn damit einverstanden?«

Mary stopfte jetzt Socken in ihr Gepäck. »Ist sie. Ich habe die volle Unterstützung meines Dekans.«

»Was ist mit diesem netten jungen Professor? Ich dachte, du hättest eine Beziehung mit ihm.«

»Nein, das habe ich nicht.«

»Mary, du wirst auch nicht jünger. Du bist doch so ein kluges Mädchen. Du musst endlich einen netten Mann in dein Leben lassen. Deine Schwester hat jemanden getroffen, der sehr nett ist …«

»Mom, meine Schwester und ich könnten kaum unterschiedlicher sein. Fran ist immer zu Hause geblieben und hat nichts aus ihrem Leben gemacht.«

Es war also mal wieder eines dieser Gespräche. Es genügte offenbar nicht, dass Mary sich einen Doktortitel erarbeitet und eine Tenure-Track-Position an einer großen Universität errungen hatte. Ihre Mutter hatte nämlich eine Checkliste, auf der ganz andere Punkte standen. Diese drehten sich darum, dass Mary einen netten, jungen Kollegen kennenlernen und sesshaft werden würde, dann sollte sie heiraten und ein paar Kinderchen in die Welt setzen. Was ihre Mutter einfach nicht verstehen wollte, war, dass dies automatisch das Ende ihrer Karriere bedeuten würde, für die sie so lange und so hart gekämpft hatte.

»Mary, du sollst nicht so schlecht über deine Schwester reden. Sie hat alles richtig gemacht.«

»Mom, ich kann jetzt nicht weiter mit dir telefonieren. Ich wollte dir nur kurz Bescheid sagen, dass ich für eine Weile nicht erreichbar sein werde und du dir keine Sorgen machen brauchst.«

»Ich will doch nur, dass du ein gutes Leben hast, mein Liebes.«

»Ich habe ein gutes Leben, Mom. Ich muss jetzt los, sonst verpasse ich meinen Flug.«

»Pass auf dich auf.«

»Das mache ich doch immer. Hab dich lieb. Bye!« Sie beendete den Anruf hastig. Die Gespräche mit ihr wurden immer nerviger und anstrengender. Offenbar dachte ihre Mutter, ihre unaufhörliche Nörgelei würde sie irgendwie nachgiebiger machen. Jetzt war ihr bewusst, was ihr Vater all die Jahre hatte ertragen müssen.

Doch sie war fest entschlossen, sich ihr neues, aufregendes Abenteuer nicht madig machen zu lassen … dessen kleiner Bonus nebenbei darin bestand, dass sie von den anmaßenden Erwartungen ihrer Mutter für eine Weile verschont blieb. Wenn diese nur den Scheck und die Summe darauf hätte sehen können, die jetzt ihr Sparkonto füllte, würde sie vielleicht anders über das Leben ihrer Tochter urteilen.

David Lennox war ihr von den Galapagos-Inseln über das Mindo-Tal an den Westhängen der Anden in Ecuador zur Tiputini-Biodiversity-Forschungsstation im ecuadorianischen Amazonasgebiet hinterhergeeilt und hatte sie schließlich auf dem Rückweg zu den Galapagos-Inseln abgefangen. Jetzt war sie hier und flog in Kürze nach Vietnam, wo ein Hubschrauber sie zu einer der Offshore-Ölplattformen von Vietnam Petrocorps bringen würde. Dort würde ein weiterer Hubschrauber bereitstehen, um sie zu einer unerforschten Insel zu bringen, auf der sie Tierarten katalogisieren sollte, die offenbar für sehr lange Zeit in absoluter geografischer Isolation existiert hatten.

Das war schon immer ihr Leben gewesen … ständig unterwegs von einem Ort zum anderen … und jetzt deutete alles auf einen ganz besonderen Auftrag hin. Poseidon Tech hatte eine beträchtliche Summe an die California State University gespendet, woraufhin sie ohne Probleme von ihren Lehrverpflichtungen entbunden worden war, damit sie an dieser Expedition teilnehmen konnte. Offenbar war diese Sache äußerst dringend.

Ihr Telefon klingelte. »Hallo? Ja, klar… ich bin gleich unten.«

Ihr Fahrer wartete bereits auf sie. Sie zog schnell den Reißverschluss ihres Koffers zu und rollte ihn durch den Raum. Als sie die Tür öffnete, stand plötzlich Lyle im Hausflur. Er trug sein übliches enges schwarzes T-Shirt mit dem V-Ausschnitt. Sein Bizeps spannte die Ärmel. Das T-Shirt schmiegte sich so eng an seinen Oberkörper, dass sie darunter ein echtes Sixpack erkennen konnte.

Als er Mary sah, leuchtete sein Gesicht sofort auf. Er biss sich auf die Unterlippe. »Hi, Mary.«

»Ich habe leider gerade überhaupt keine Zeit, Lyle. Ich muss mich beeilen, sonst verpasse ich meinen Flug.«

»Ich wollte mich nur von dir verabschieden.«

Ihr gelang ein höfliches Lächeln. »Dann mach's gut, Lyle. Viel Glück.«

Er nickte, aber das war anscheinend noch nicht alles gewesen. Es gab offensichtlich noch etwas, was er zu sagen hatte. Seine Augen verrieten es. »Ich würde mich freuen, wenn wir uns wiedersehen könnten, wenn du zurück bist.«

»Ich weiß gar nicht, wie lange ich weg sein werde.«

»Das ist egal. Ich werde auf dich warten.«

Mary runzelte die Stirn. Sie hatte versucht, ihm subtile Hinweise zu geben, und als das nicht funktioniert hatte, weniger subtile. Doch Lyle war entweder störrisch oder einfach nur extrem schwer von Begriff. Sie umarmte ihn kurz. »Pass auf dich auf, Lyle. Ich wünsche dir ein großartiges Leben und alles Gute.«

Er umarmte sie zurück, aber es fühlte sich merkwürdig an. Er trat beiseite und ließ sie vorbeigehen.

Als sie über den Hotelflur zur Lobby ging, konnte sie nicht anders, als sich ein wenig schuldig zu fühlen. Es hatte durchaus Spaß gemacht, mit ihm Zeit zu verbringen, aber ihre Karriere ließ etwas Permanentes im Moment einfach nicht zu. Was sie aber vollkommen in Ordnung fand. Sie wollte alles genau so, wie es jetzt war.

INSEL DER URZEIT

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