Читать книгу Ein Schloss für Mara - Rita Lamm - Страница 5
2. Kapitel
ОглавлениеMara schloss die Tür ihres Büros. Sie wollte sich unten im Café des Museums einen Cappuccino holen. Vergangene Nacht hatte sie schlecht geschlafen. Jetzt brauchte sie dringend einen Muntermacher. Sie ging den Flur entlang und dann die Treppe hinunter. Ihre Hand glitt über das schmiedeeiserne Geländer. Über ihr bildeten hohe Bögen aus Stein kleine Himmel. Auf den einzelnen Zwischenstufen waren mit weißem und rotem Marmor Sterne eingelegt. Mara mochte das alte Gebäude, in dem im neunzehnten Jahrhundert eine höhere Schule untergebracht war. Auf halber Höhe des Treppenhauses stand ein Fenster offen, durch das angenehm warme Luft hereinströmte. Sie lehnte sich hinaus. Gegenüber, in dem kleinen Schuhladen, wurde das Schaufenster neu gestaltet. Frau Melter, eine der Servicefrauen des Cafés, öffnete im Vorgarten die großen beigefarbenen Sonnenschirme und wischte mit einem Lappen den Tau von den Tischen und Stühlen. Mara ging weiter. Sie war froh, hier arbeiten zu dürfen. Die meisten der Kommilitoninnen, die mit ihr Kunstgeschichte studiert hatten, hatten keine feste Anstellung in einem Museum oder Ähnlichem, sondern mussten sich mit irgendwelchen Jobs, die nicht das Geringste mit dem Studium zu tun hatten, zufriedengeben. Mara hatte Glück gehabt, als sie sich vor eineinhalb Jahren um die Stelle beworben hatte.
In der Eingangshalle standen Frau Taufrisch, eine der Sekretärinnen, und Susanna, Maras Praktikantin, zusammen vor dem schwarzen Brett. „Heute steht schon wieder was von der Ausstellung in der Badischen Zeitung!“ rief Frau Taufrisch Mara entgegen und heftete einen Zeitungsartikel an die schon mit Meldungen volle Pinnwand.
Mara stellte sich zu den Beiden.
Sie las die Überschrift: „Die Figurensammlung Il Legri verzaubert.“
„Alles nur Lobeshymnen“ sagte Frau Taufrisch und lächelte Mara an.
„Oder hier: Das Museum für Neue Kunst wird zu einem Sommerzauber."
„Ein Spiel aus Farben erfreut den Besucher“ las Susanna und darunter: „Der Kuratorin ist ein Glücksgriff gelungen“.
Gerade kam ihr Chef, Herr Martin, aus der Säulenhalle. Dort drängte sich eine Gruppe von Kunstinteressierten um die Skulpturen. Seit die Ausstellung eröffnet war, konnte sich das Museum kaum mehr vor Besuchern retten.
Herr Martin trat zu ihnen und sagte: „Also unglaublich! Man hat ja das Gefühl, dass alle nur noch die Ausstellung sehen wollen.“ Er stand da und drehte an seiner Armbanduhr, so als würde sie nicht richtig sitzen. Mara fand ihren Chef attraktiv; schlank mit dunklem Haar, das er manchmal fast schulterlang trug und einem vornehm geschnittenen Gesicht. Oft schwarz gekleidet, wirkte er wie ein wohlerzogener Sohn aus einer spanischen Adelsfamilie. Sie wusste, dass er in Wirklichkeit aus einem kleinen Dorf im Nordschwarzwald kam und dass er seit Februar mit einer recht unscheinbar wirkenden Norddeutschen verheiratet war. So war es oft, die schönsten Menschen hatten die langweiligsten Partner. Herr Martin hörte auf, an seiner Uhr zu drehen und schaute Mara mit einem leicht verschmitzten Lächeln an.
„Frau Köster, ich muss sagen, ich habe mich getäuscht, ich hatte es ja nicht geglaubt. Aber Ihre Ausstellung kommt an. Gratulation.“
„Danke“ antwortete Mara und lächelte stolz zurück. Sie warf einen siegessicheren Blick in die Säulenhalle, nickte Frau Taufrisch und Susanna zu und ging in Richtung Café davon.
Und da es heute so schön warm war, ging sie nach draußen und setzte sich in den Vorgarten. Gut gelaunt hielt sie mit Frau Melter einen kleinen Schwatz über das schöne Wetter, nahm einen Löffel voll Milchschaum von ihrem Cappuccino und ließ ihn auf der Zunge zergehen. Er schmeckte süßlich. Wenn ihr Chef sich schon mal zu einem solchen Kompliment hinreißen ließ, sollte das was heißen, war er doch sonst mit Lob sehr sparsam.
Nachher musste sie gleich mal Giuseppe anrufen und ihm erzählen, wie begeistert das Freiburger Publikum auf seine Kunstwerke reagiert. Sie kannte ihn aus der Zeit des Studiums. In Florenz hatten sie einen gemeinsamen Sommer verbracht. Danach war er nach Bergamo in seine Heimat zurückgekehrt. Vor zwei Jahren hatte sie ihn auf dem Nachhauseweg von Sardinien besucht. Er hatte ihr erzählt, dass er vergeblich nach einem Ausstellungsraum suche. Ihr hatten seine Arbeiten gut gefallen. Farbenkräftige, fröhliche Skulpturen aus zusammengeschweißten, bemalten Eisenteilen. `Die Fröhlichen` hatte er seine Sammlung genannt. Nichts an den Figuren war düster oder schwer, alles war Leichtigkeit, Spiel und Freude.
Als es darum ging, für das kommende Jahr das Ausstellungsprogramm zusammenzustellen, hatte sie an ihn gedacht. Über den Sommer bot etwas Leichtes, eher Verspieltes sicher mehr Reiz ins Museum zu gehen, als etwas Schweres, Tiefsinniges, bei dem die Betrachter immer wieder nach dem Sinn oder einer Aussage suchten, um dann mit fragendem Blick das Museum zu verlassen. Es war ihr gelungen, Herrn Martin zu überzeugen. Und jetzt solch ein Erfolg! Sollte mal einer sagen, sie hätte kein Gespür für ihre Arbeit. Mara blies den Rauch ihrer Zigarette gegen den blauen Himmel und lehnte sich zurück. Die Sonne schien ihr warm ins Gesicht.
Es war kurz nach achtzehn Uhr, als Mara mit ihrem Fahrrad nach Hause fuhr. Beim Italiener in der Kartäuserstraße hatte sie selbstgemachte Tortellini, gefüllt mit frischem Ricotta und Spinat, gekauft, die wollte sie sich zum Abendessen kochen. Frischen Parmesan hatte sie auf jeden Fall im Kühlschrank. Vielleicht hatte sie noch einen guten `Montepulciano` in ihrem Weinregal im Wohnzimmer liegen. Mara bog in die Oberaustraße ein und überquerte kurz darauf die Dreisam. Sie stieg vom Fahrrad und lehnte es an das Geländer der Brücke. Minutenlang schaute sie hinunter ins Wasser, fixierte ohne nur ein einziges Mal wegzuschauen einen Felsen, der vom Wasser umspült wurde. Sie mochte dieses Spiel, das sie früher das `Bootsfahrspiel` genannt und mit Sandra am Dorfbach gespielt hatte. Man schaute so lange auf einen Punkt, bis man das Gefühl hatte, die Brücke bewege sich unter einem und nicht das Wasser. Die Brücke wurde zum Schiff und mit diesem Schiff konnte man wegfahren. Irgendwohin. Vielleicht auf eine Insel in der Südsee, einen Ort, an dem es keine Angst gab? Mara wartete und schaute und endlich fuhr ihr Schiff los. Sie stand an der Reling. Sie spürte den Fahrtwind und die Gischt des Meeres in ihrem Gesicht.
Das Geländer der Brücke war aus Schmiedeeisen. Seit einiger Zeit hatten verliebte Paare angefangen, Schlösser mit ihren Namen und einem Datum zu versehen und am Geländer zu befestigen. Würde sie jemals zu den Glücklichen gehören und hierherkommen, um ein Schloss anzuhängen, den Schlüssel ins Wasser zu schmeißen und so die Liebe zu besiegeln?
Später, als sie gegessen hatte, ging sie auf den Balkon. Sie goss die frisch gepflanzten Blumen und lauschte dem eifrigen Zwitschern der Vögel an diesem Frühlingsabend. So ausgeglichen hatte sie sich schon lange nicht mehr gefühlt. Vielleicht hatte Tante Paula ja doch Recht. Es gab Zeiten in ihrem Leben, da war sie an freien Wochenenden losgezogen, hatte im Schwarzwald Wanderungen unternommen oder war nach Basel ins Museum gegangen. Aber seit Monaten zog sie es vor, zu Hause zu bleiben. Nur hier fühlte sie sich sicher. Hier gab es keine Räume voller Menschen, aus denen sie nicht hätte flüchten können, falls sie von einer Angstattacke überfallen wurde.
„Muss das sein?“ schrie eine schrille Frauenstimme im Hof. Es war Frau Meier.
„Ich bin nicht betrunken“ grölte Herr Meier. „Lass mich. Das ist auch mein Haus!“
Mara schaute über die Brüstung ihres Balkons und sah, wie Herr Meier wieder einmal die wenigen Stufen zur Haustür hoch wankte und sich am Geländer festhielt.
„Du widerst mich an“ Frau Meier stand unter der offenen Haustür. „Kannst Du das nicht lassen?“
„Kannst Du das nicht lassen?“ äffte Herr Meier seine Frau mit schwerer Zunge nach und schob sie zur Seite.
„Lass mich rein!“
Mara hörte, wie die Haustür zugeschlagen wurde. Als sie noch mal hinüberschaute, sah sie, wie Frau Meier die Fenster schloss und die Gardinen vorzog, als könne sie damit verhindern, dass die Nachbarn etwas mitbekamen.
Am nächsten Tag hatte Mara frei und das schöne Wetter lockte sie nach draußen. Gemütlich schlenderte sie am Flussufer entlang. Es waren nicht all zu viele Menschen unterwegs. Sie setzte sich nahe des Fußweges auf eine Bank und drehte sich eine Zigarette. Sie schlug ihre Beine übereinander und widmete sich ihrem Buch.
Plötzlich saß Mephisto vor ihr. Freudig wedelte er mit dem Schwanz.
„Mephisto! Was machst Du denn hier?“ Natürlich erschien neben Mephisto auch gleich sein Herrchen.
„Das ist ja eine Überraschung, so sieht man sich wieder.“ „Hallo“ Mara blickte in leuchtend blaue Augen, die ihr bei der ersten Begegnung gar nicht aufgefallen waren.
Mephisto legte seinen Kopf auf Maras Oberschenkel. Sie musste ihn streicheln. Sie genoss es, ihre Hand durch das wuschelige Fell gleiten zu lassen und musste an Felix denken. Daran, was für ein guter Freund er für sie gewesen war und wie sehr sie als Kind darunter gelitten hatte, als er tot war.
„Mein Hund hat ja einen Narren an Ihnen gefressen“ meinte der Mann.
„Mephisto! Sei doch nicht so aufdringlich“.
„Lassen Sie ihn doch. Ist er in Ordnung?“
„Ja, ja, alles okay. Er ist mit dem Schrecken davongekommen“, beschwichtigte er. „Und ich ja wohl auch.“
Er stand etwas unbeholfen da. In der einen Hand hielt er Mephistos Leine und in der anderen einen Stock, an dem unübersehbar Spuren von Mephistos Gebiss zu erkennen waren. Mephisto hatte sich bei Mara seine Streicheleinheiten abgeholt. Nun schaute er sein Herrchen erwartungsvoll an.
„Mephisto lauf!“ rief dieser und warf den Stock in einem weiten Schwung die Uferböschung hinunter. Der Hund rannte los und brachte gleich darauf den Stock zurück. Er legte ihn mit einem herausfordernden Blick seinem Herrchen vor die Füße.
„Mephisto!“ Der Mann hob den Stock auf und warf ihn noch mal mit aller Kraft weit von sich weg. „Das kann er über Stunden machen.“ Er blickte seinem Hund hinterher, der mit wedelndem Schwanz im hohen Gras am Flussufer den Stock suchte. Dann wandte er sich ihr zu und, als müsse er sich ein Herz fassen, fragte er: „Gehen wir ein Stück zusammen?“
„Gerne“ antwortete Mara und stand auf.
Sie gingen nebeneinander her. Auf einer schmalen Brücke überholten sie eine junge Frau mit einem Kinderwagen.
„Was lesen Sie?“, fragte ihr Begleiter. Mara schaute auf den Einband ihres Buches und sagte: „Wie schütze ich mich vor Hundebesitzern.“
„Quatsch!“
„Kennen sie Elisabeth George?“
„Nein“
„Sie schreibt gut. Klassische Krimilektüre nach englischer Tradition.“
„Aha, Miss Marple lässt grüßen. Ich les` nicht soviel, ich komm` nicht so dazu.“
„Haben Sie Familie oder einen stressigen Job, oder beides?“ fragte Mara.
„Stressig? Manchmal. Ich bin am Theater, hier am Großen Haus“ sagte er.
Nach einer kurzen Pause fragte er: „Und was machen Sie?“
„Ich arbeite beim Museum für Neue Kunst und über den Sommer mache ich für Touristen Stadtführungen.“
„Das ist sicher auch eine interessante Abwechslung.“
„Geht so“, antwortete Mara. Auf gerade diese Abwechslung hätte sie liebend gerne verzichtet.
„Lassen Sie mich raten. Sie sind Bühnenbildner?“
„Nein. Ich bin Schauspieler.“
Ein Jogger mit hochrotem Gesicht rannte an ihnen vorbei. Mara betrachtete den Schweißfleck auf seinem T-Shirt.
„Sie sind wirklich Schauspieler?“
„Ja natürlich.“
„Ach, übrigens, ich heiße Oscar und Sie?“
„Mara“ erwiderte sie und dachte, so, das haben wir jetzt auch geklärt.
„Gehen Sie ab und zu ins Theater? Kommen Sie doch mal vorbei, wenn Sie das interessiert.“
Mara schaute nervös auf ihre Armbanduhr.
„Oh, es ist schon spät. Ich muss los!“
„Sehen wir uns wieder?“ fragte Oscar.
„Ja! Tschüss“ rief Mara schon aus einiger Entfernung. Sie wusste selbst nicht, wovor sie wegrannte.
Mara öffnete das Fenster ihres Büros, packte ihr Vesperbrot aus und setzte sich auf die Fensterbank. Sie nahm einen Bissen und trank einen Schluck Tee. Zurzeit trank sie ` Innere Ruhe`-Tee. Vielleicht half er ihr. Er schmeckte schrecklich gesund. Von dem Zustand der inneren Ruhe war sie, seit sie mit Guiseppe` s Kunstwerken so Furore machte, wahrlich weit entfernt. Ein Pressetermin jagte den nächsten und dazwischen meldete sich immer wieder Herr Martin mit neuen Ideen. Und diese hatten meistens nicht den Charakter von einsamen Meetings in ihrem Büro, sondern er dachte an mehr Führungen, mehr Vorträge und Zusatzveranstaltungen. Sie streckte sich und rieb sich die Augen. Wie sollte sie das alles bewerkstelligen und dabei nicht völlig verrückt werden? Am liebsten wäre sie nach Hause gegangen und hätte sich in ihrem Bett vergraben oder wäre in ein anderes Leben gewechselt.Wenn das nur ginge, sich wie in einem Fantasyfilm in eine andere Zeit beamen.
Sie packte die Hälfte ihres Brotes wieder ein. Mit dem restlichen Tee in ihrer Tasse goss sie die Grünlilie, die auf der Fensterbank stand.
„Du siehst so anders aus.“ Tante Paula stand im Blumenbeet, stützte sich auf dem Spaten ab und betrachtete ihre Nichte. Sie war in ihrer Gartentracht: grüne Latzhose, die vor lauter Erde fast braun war, ein verwaschenes Hemd mit weiten Ärmeln und Strohhut und lieferte so die ideale Vorlage für die Titelseite einer Fachzeitschrift für Gartenbau.
„Das Gleiche könnte ich auch zu Dir sagen“ antwortete Mara.
„Nein, ich meine, in letzter Zeit sahst Du oft so abgekämpft aus. Aber heute wirkst Du verändert. Was ist los?“
Mara, die auf dem gepflasterten Fußweg auf und ab ging, blieb auf Höhe von Tante Paula stehen und schwieg. Eine Amsel saß auf dem Stein bei der Trauerweide und sang ihr helles Lied.
Tante Paula ließ nicht locker: „Komm, sag es mir“.
„Ich hab jemanden kennen gelernt.“
„Und weiter?“ Tante Paula schien vor Neugierde fast mit ihrem Spaten umzukippen.
„Nichts weiter“ Mara trat mit dem Fuß gegen die Steine der Beetumfassung.
„Dir muss man aber auch die Würmer einzeln aus der Nase ziehen.“ Tante Paula stach den Spaten in die dunkle Erde, nahm ihre Nichte an der Hand und führte sie nach hinten zur Bank bei der Trauerweide.
Mara folgte willig.
„Er arbeitet beim Theater.“ Mara zog ihren Tabak aus der Tasche und fing an, sich eine Zigarette zu drehen.
„Und was ist da das Problem?“ Tante Paula nahm ihren Hut ab und legte ihn neben sich auf die Bank.
„Ich darf mich nicht verlieben, ich kann keine Beziehung führen. Wie soll ich das denn machen? Es gibt so viele Sachen, die ich nicht kann.“ Mara zündete sich die Zigarette an und blies den Rauch hörbar in die Luft.
Tante Paula hustete und wedelte mit der Hand.
„Jeder, der mitbekommt, dass ich an Panikattacken leide, nimmt doch Reißaus. Wer will denn schon mit einer Psychopatin zusammen sein?“
„Jetzt sei doch nicht so.“
„Doch, ist doch wahr“ beharrte Mara.
„Das mit dem Theater, wie soll das denn gehen? Kannst Du mir das mal sagen?“
„Wart' s doch mal ab. Du bist nicht nur Krankheit und Panikattacken, es gibt so vieles anderes, was Dich ausmacht!“
„Blah, blah, blah“
„Du bist eine attraktive Frau. Du hast Charme und Bildung, bist erfolgreich im Beruf.“
Mara drückte mit dem Schuh die Zigarette aus und hob die Kippe auf.
„So ist es recht“ sagte sie, als Mara den Zigarettenstummel in ihre Jackentasche steckte.
„Es gibt immer einen Weg. Wenn dieser Mann in Ordnung ist und Dich wirklich liebt so wie Du bist und er es ehrlich meint mit Dir, dann wird das schon alles richtig werden, glaub mir.“
Tante Paula setzte ihren Strohhut auf und ging wieder zurück zu ihrem Spaten.
„Du hast gut reden“ murmelte Mara. Sie blieb auf der Bank sitzen und betrachtete den mannshohen Stein neben sich. Tante Paula hatte ihn vor Jahren aus einem nahen Steinbruch herantransportieren lassen. Deutlich erkannte sie die eingemeißelten Zeichen, die vier Elemente Erde, Wasser, Luft und Feuer.
„Aus welcher Mythologie stammen eigentlich diese Zeichen?“
„Von wem wohl?“
„Navajos“ rief Mara und Tante Paula nickte. Mara stand auf und fuhr mit den Fingern die gemeißelten Linien nach. Seit Urzeiten waren die Menschen von der Erde abhängig, die sie trägt und ernährt. Vom Wasser, das ihnen Leben spendet. Sie brauchten die Luft zum Atmen und sie wussten um die Kraft des Feuers, das sie wärmte. Sicher kannten sie Mut und Angst. Im Leben mit der Natur bedeutete Angst Kampf und Flucht. War der Mensch nicht darauf ausgerichtet bei Gefahr, zu fliehen? Sie konnte nicht fliehen, wenn sie Angst hatte. Auch wenn sich ihr Körper auf Flucht einstellte, ihr Herz raste und sie schnell atmete.