Читать книгу Fear Street 54 - Tödliche Liebschaften - R.L Stine - Страница 7
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Crystal zuckte voller Panik zusammen, als ein Klopfen an ihrer Haustür ertönte. Was sollte sie sagen? Wie sollte sie sich verhalten?
„Was würde Lynn an meiner Stelle machen?“, fragte sie sich, während sie die Treppe hinunterrannte.
Lynn würde mit ihrer verführerischen heiseren Stimme reden, die sie sich aus den Demi-Moore-Filmen abgeschaut hatte. Und sie würde sich ganz nah vor ihn stellen.
„Aber ich bin nicht Lynn“, dachte Crystal. „Ich würde mir wie ein Idiot vorkommen.“
Sie holte tief Luft und öffnete die Haustür.
Auf der Veranda stand Lynn. Sie hatte sich sorgfältig zurechtgemacht und ihr blondes Haar in hunderten von winzigen Zöpfen geflochten.
Sie schob sich die Sonnenbrille auf die Nasenspitze und blinzelte Crystal über ihren Rand hinweg an. „Gefällt’s dir?“, fragte sie und schüttelte ihre Zopfmähne.
„Super!“, bestätigte Crystal.
„Warum wirkst du dann so enttäuscht?“
„Ich hatte eigentlich gehofft, es sei jemand anders“, gab Crystal zu.
„Ach so.“ Lynn nickte und warf einen Blick auf das Nachbarhaus. „Ich weiß, wen du meinst.“
Crystal kicherte. „Komm rein.“
„Mann, hast du ein Glück, so nahe neben ihm zu wohnen“, sagte Lynn.
„Ja, klar.“ Crystal verdrehte die Augen und ging mit Lynn in die Küche. „Ich habe ihn erst fünfmal gesehen und vielleicht sechs Worte mit ihm gewechselt.“
„Und das war ja wohl nicht gerade ein großer Fortschritt“, dachte Crystal. Bisher hatte sie nur seinen Namen herausgefunden: Scott. Scott Collins.
Crystal nahm eine Packung Schoko-Eiscreme aus dem Gefrierschrank und holte zwei Löffel aus der Schublade.
„Du kannst wohl Gedanken lesen“, freute sich Lynn und ging ans Fenster, um einen Blick auf Scotts Haus zu werfen.
„Er wird wieder denken, ich würde ihn ausspionieren“, sagte Crystal, als sie sich mit der Eisschachtel neben Lynn ans Fenster stellte.
„Und – tust du das etwa nicht?“, zog die Freundin sie auf.
Sie starrten auf Scotts Haus und löffelten die Eiscreme. „Rate mal, was Jake mir erzählt hat“, flüsterte Lynn.
„Warum flüsterst du?“, flüsterte Crystal zurück.
Lynn lachte. „Keine Ahnung“, gab sie zu. „Scott wird Stürmer im Football Team. Jake sagt, mit Scott könnten die Tigers Meister werden.“
Schweigend sahen sie aus dem Fenster.
„Lynn, wie nett, dich zu sehen!“
Crystal zuckte zusammen. Sie drehte sich um. Ihre Mutter war in die Küche gekommen.
„Hallo, Mrs Thomas“, sagte Lynn. „Wie geht es Ihnen?“
Mrs Thomas füllte Wasser in den Teekessel und zündete einen Gasbrenner auf dem Herd an. Sie warf den beiden Mädchen einen musternden Blick zu.
„Ihr habt euch ja richtig fein gemacht“, bemerkte sie. „Findet etwa eine Party statt, von der ich nichts weiß?“
Crystal und Lynn lachten.
„Nein, keine Party“, antwortete Crystal und sah Lynn an. Das enge Kleid der Freundin war neu. Wahrscheinlich hatte Lynn extra Klamotten gekauft, um Scott auf sich aufmerksam zu machen.
Mrs Thomas lächelte die Mädchen an. „Ist wohl ein Geheimnis, wie?“
Crystal nickte. Ihre Mum war manchmal richtig cool. Sie musste nicht dauernd alles wissen, so wie die Mütter ihrer Freundinnen.
„Was machst du heute, Mum?“, fragte sie.
„Ich?“, erwiderte Mrs Thomas erstaunt. „Ich weiß nicht. Das Übliche.“
Crystal wusste, was das bedeutete: Mum würde zu Hause bleiben. Allein.
Das machte sie wie immer traurig. Sie wünschte, ihre Mutter würde einen Freund finden. Mrs Thomas war seit dem Tod von Crystals Dad nicht ein Mal – nicht ein einziges Mal – mit einem Mann ausgegangen.
„Dabei ist sie so hübsch“, dachte Crystal. Ihre Mutter hatte strahlend grüne Augen und lockiges rotbraunes Haar – wie Crystal. „Ich wette, viele Männer würden gern mit ihr ausgehen. Wenn sie bloß ein bisschen Interesse zeigen würde!“
Mrs Thomas unterhielt sich mit den Mädchen, während sie ihren Tee aufgoss; dann ging sie ins Wohnzimmer und schaltete den Fernseher ein.
„Alle Mädchen in Shadyside reden schon über Scott“, bemerkte Lynn, als sie sich wieder vor das Küchenfenster stellten. „Alle fragen sich, wen er wohl um ein Date bitten wird.“
Crystal hörte ein Knarren auf der Treppe. Einen Augenblick später schlurfte ihre Schwester Melinda in die Küche.
„Ach, hallo“, sagte Melinda, überrascht, Lynn zu sehen.
„Hi, Mel“, entgegnete Crystal freundlich. „Komm doch rein.“
Melinda ging zur Spüle, nahm ein Glas aus dem Geschirrständer und füllte es mit Wasser.
Lynn hatte sich noch nicht mal die Mühe gemacht, Melindas Begrüßung zu erwidern. Crystal sah sie finster an.
„Hi, Melinda“, sagte Lynn.
Ein unbehagliches Schweigen erfüllte den Raum, während Melinda ihr Wasser trank. „Wie geht’s?“, wollte sie schließlich von Lynn wissen.
„Ach, fast hätte ich es vergessen“, warf Lynn ein und wandte sich wieder Crystal zu. „Rate mal, wem ich heute Vormittag in der Turnhalle begegnet bin! Das errätst du nie – Todd Warner.“
„Oje“, dachte Crystal bestürzt und warf einen Blick auf Melinda. Ihre Schwester runzelte düster die Stirn.
„Es ist doch nicht meine Schuld, dass Lynn Todd erwähnt“, dachte Crystal unglücklich.
„Ach, du hast Todd gesehen?“, fragte Crystal und bemühte sich, gelangweilt zu klingen. Sie wünschte, Lynn würde das Thema wechseln.
„Er geht jetzt in Warfield aufs College“, fuhr Lynn fort. „Aber du hättest echt hören sollen, wie er nach dir gefragt hat, Crystal! Der hat dich mit Sicherheit noch nicht vergessen.“
Im vergangenen Jahr war Melinda ernsthaft in Todd verliebt gewesen. Nicht, dass sie ihm die leiseste Andeutung gemacht hätte. Und dann hatte Todd sich mit Crystal verabredet … und Melinda war total ausgerastet.
„Habe ich was Falsches gesagt?“, fragte Lynn. Nervös drehte sie an einer Haarsträhne und sah erst Crystal und dann Melinda an.
„Nein“, antwortete Melinda verkrampft. „Es ist Crystal bloß peinlich, weil sie mir Todd weggeschnappt hat.“
„Das ist nicht wahr, Melinda!“, widersprach Crystal heftig. „Ich habe ihn dir nicht weggeschnappt. Ich bin ihm ein paarmal im Einkaufszentrum begegnet, und dann hat er sich mit mir verabredet. Was hätte ich tun sollen?“
„Du warst doch gar nicht an ihm interessiert. Du hast doch bloß –“ Melinda unterbrach sich. Sie nahm die Brille ab und rieb sich die Augen. „Vergiss es einfach, okay?“
„Okay“, stimmte Crystal rasch zu.
Ein langes, angespanntes Schweigen entstand.
„Also, Melinda“, ergriff Lynn schließlich das Wort. „Wie findest du euren neuen Nachbarn?“
Melinda wurde rot.
„Wie traurig!“, dachte Crystal. „Melinda wirft mir vor, ich hätte ihr Todd weggeschnappt. Aber bei Jungs wird sie so schüchtern, dass sie noch nicht mal über sie reden kann, ohne verlegen zu werden. Und dann ihre Klamotten! Wie kann sie erwarten, dass ein Junge sich für sie interessiert, wenn sie ständig diese grauenhaften braunen Pullis und ausgeleierten Jeans trägt? Als hätte sie Angst davor, hübsch zu sein.“
„Scott sieht ziemlich gut aus“, musste Melinda zugeben.
„Mel geht in dieselbe Englischklasse wie Scott“, informierte Crystal ihre Freundin.
Lynn riss die Augen weit auf. „Du gehst in dieselbe Klasse wie er? Echt wahr? Dann siehst du ihn ja fast jeden Tag! Wie ist er denn?“
Melinda zuckte mit den Schultern. Sie trank einen großen Schluck Wasser, bevor sie antwortete. „Er wirkt nett. Ich weiß nicht. Er ist ziemlich still. Eher zurückhaltend.“
„Also, ich sag euch was“, meinte Lynn. „Ich werde mit dem Typen ausgehen.“
Crystal schüttelte den Kopf. „Dann wirst du mit Scott und mir mitkommen müssen – und mit allen anderen Mädels von der Shadyside Highschool!“ Sie lachte.
„Okay. Wir sind also beide auf ihn scharf!“, rief Lynn.
Crystal merkte, dass Melinda wieder rot wurde. Sie wandte sich Lynn zu. „Dann müssen wir ein paar Regeln aufstellen, um unsere Freundschaft nicht zu gefährden. Du weißt schon, von Anfang an.“
„In Ordnung“, stimmte Lynn fröhlich zu. „Was zum Beispiel?“
„Regel Nummer eins: Egal, wer von uns mit ihm ausgeht – du oder ich … oder Melinda –“
„Hör bloß auf“, stöhnte Melinda. „Bei so einem Typen habe ich doch nicht die geringste Chance!“
„Das ist nicht wahr“, widersprach Crystal. Sie konnte es nicht ausstehen, wenn Melinda sich selbst heruntermachte. Klar war ihre Schwester nicht unbedingt attraktiv, dazu auch noch schüchtern und etwas langweilig. Aber wenn sie sich bemühen würde, hätte auch sie bei den Jungen Chancen.
„Es ist wahr“, beharrte Melinda und starrte ins Wasserglas. Sie drehte sich um und stellte es im Spülbecken ab, wo es scheppernd umfiel.
Erbost funkelte Crystal sie an. „Du versuchst es ja noch nicht mal! Darf ich dir eine Kleinigkeit verraten, die einen großen Unterschied machen würde? Ich sag ja nicht, du sollst dir die Fingernägel lackieren. Aber du könntest sie doch wenigstens mal feilen und –“
„Crystal, bitte –“, sagte Melinda warnend.
Ihre Schwester seufzte. „Okay. Tut mir Leid.“
Crystal wandte sich wieder an Lynn. „Egal wer von uns mit ihm ausgeht, du, ich oder Melinda –“, dabei grinste sie Melinda schielend an, und ihre Schwester musste lachen, „die anderen beiden versprechen hoch und heilig, dass sie sich für diejenige ehrlich freuen. Was meint ihr dazu?“
„Abgemacht“, sagte Lynn.
Melinda konnte sich nicht zu einer Antwort aufraffen.
„Regel Nummer zwei“, fuhr Crystal fort und streckte zwei Finger in die Höhe. „Keine schmutzigen Trikks. Keine Versuche, die anderen auszustechen.“
Lynn klatschte in die Hände. „Au ja, wie unser eigener kleiner Wettbewerb!“
„Also dann“, verabschiedete sich Melinda. „Ich geh wieder mein Buch lesen.“
„Was liest du denn?“, rief Crystal ihr hinterher. Melinda sollte nicht glauben, sie müsste verschwinden.
Ihre Schwester antwortete, ohne sich umzudrehen: „Stolz und Vorurteil.“
Lynn folgte Melinda aus der Küche. „Ich bin gleich wieder da“, rief sie Crystal zu. „Ich muss auf die Toilette.“
Sie blieb im Türrahmen stehen und wandte sich um. „Ach, das habe ich fast vergessen. Ich hab dir ja was mitgebracht. Hier – teste ihn mal.“
Sie warf Crystal einen kleinen Gegenstand zu. Es war ein neuer Lippenstift – Mokka Glanz.
„Danke“, rief Crystal ihrer Freundin hinterher. Die glänzende Kaffeefarbe wirkte so appetitlich, dass sie am liebsten reingebissen hätte. Crystal malte ihre Lippen an und betrachtete ihr Spiegelbild in der Tür des Backofens.
Plötzlich hatte sie das Gefühl, beobachtet zu werden. Sie warf einen Blick über die Schulter. „Lynn?“, rief sie.
Niemand antwortete.
Sie spähte aus dem kleinen Fenster über dem Spülbecken.
Scott stand in seinem Garten – und starrte sie durch das Fenster an! Er hielt eine Hacke in der Hand. Anscheinend wollten die Nachbarn den Garten neu bepflanzen.
Crystal zwang sich zu einem Lächeln. „Vielleicht gefalle ich ihm ja“, dachte sie.
Zu ihrer großen Bestürzung machte Scott ein angewidertes Gesicht.
Er hob die Hacke mit beiden Händen hoch über den Kopf.
Dann schlug er damit auf die Erde ein. Immer wieder.
Crystal keuchte vor Schreck. „Was ist denn mit dem los?“, murmelte sie verdutzt.
Irgendwas stimmte hier nicht.