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Es war später Nachmittag, als Ricky seinen Rucksack öffnete und eine Pistole herauszog.

„Los, Leute – jeder nimmt eine.“ Er holte fünf weitere Pistolen heraus, eine nach der anderen.

„Super! Das machen wir!“, schrie Pete begeistert.

„Okay!“, Gary war genauso begeistert. Er griff nach einer von Rickys Pistolen und tat so, als würde er auf Pete schießen. Pete ließ sich theatralisch zu Boden fallen.

Die Mädchen stöhnten einstimmig.

„Nicht noch ein Farbenkrieg“, seufzte Della.

„Ich hasse diese Kriegsspiele“, beklagte sich Suki.

„Dabei geht es doch nur darum, den anderen … in die Irre zu führen.“

„Was für eine hochgestochene Ausdrucksweise für sie“, dachte Della bitter. In den Stunden, seit sie Gary und Suki im Wald gesehen hatte, hatte sich ihre Verletztheit in Wut verwandelt.

„Ich hab das noch nie gespielt“, sagte Maia. „Werden Mannschaften gebildet, oder spielt jeder für sich allein?“

„Wir spielen in Mannschaften“, sagte Ricky und zog die Farbe für die Farbpistolen heraus.

„Ich mach nicht mit“, sagte Suki.

„Komm schon, Suki. Das macht Spaß“, bettelte Gary. „Ein paar von uns haben sich vor einigen Wochen einen Farbenkrieg im Shadyside Park geliefert. Am Ende waren wir alle total eingefärbt. Es war echt lustig.“

„Klingt nach einer richtigen Lachorgie“, sagte Suki sarkastisch.

„Okay. Ich mach mit“, verkündete Della plötzlich. Wenn Suki dagegen war, würde sie dafür sein! Sollte Gary sehen, wer die bessere Verliererin war.

„Ich auch, denke ich“, sagte Maia und sah zu Della hinüber.

„Super!“, schrie Gary. „Los komm, Suki.“ Er legte ihr eine Hand auf die Schulter. „Du bist die Einzige, die nicht mitmachen will.“

„Ich hab dir doch gesagt, dass ich Kriegsspiele nicht mag“, beharrte Suki und zog sich von Gary zurück.

„Das ist kein Krieg. Betrachte es einfach als Spiel – mit Schießen“, schlug Ricky vor.

Suki starrte ihn an und stieß ihm ihren Finger in den dicken Bauch. „Werde ich die Chance haben, mit Farbe auf dich zu schießen, Schorr?“

„Klar. Vermutlich“, sagte Ricky. „Oh. Mach das noch mal. Ich liebe das.“

„Halt die Klappe!“, sagte Suki, ballte eine Faust und drohte Ricky spielerisch damit. „Okay, du hast gewonnen. Ich mach mit. Aber nur, weil ich dich massakrieren werde, Schorr.“

„Mädchen gegen Jungen“, schlug Pete vor.

„Gute Idee“, stimmte Gary schnell zu.

Della war enttäuscht. Sie hatte sich vorgestellt, in Garys Mannschaft zu sein. Und bestimmt nicht in Sukis.

Geschäftig lud Ricky die Pistolen mit Farbe, gelb für die Mädchen, rot für die Jungen. „Denkt daran, zweimal getroffen und du bist gefangen. Dreimal getroffen und du bist tot“, sagte er ernst.

„Ich hätte wissen müssen, dass du die mitbringst“, sagte Pete und drehte seine geladene Pistole in der Hand. „Dein Rucksack war viel dicker als unsere.“

„Ich nehm sie überallhin mit“, sagte Ricky. „Ich hab sie für die Geburtstagsparty meines Cousins gekauft!“

„Wie lange wollen wir spielen?“, fragte Maia und sah auf ihre Uhr. „Wenn’s dunkel wird, hören wir doch auf, oder?“

„Bis dahin haben wir sie eingefärbt“, sagte Suki und nahm ihre geladene Pistole von Ricky in Empfang. Sie spritzte eine Ladung gelber Farbe in die Luft. Ricky starrte sie an. „Ich probiere nur“, sagte sie.

„Zehn Minuten wird nicht geschossen“, sagte Ricky. „Das lässt uns genug Zeit, uns zu verteilen und unsere Positionen einzunehmen.“

Das Spiel schien die einzige Gelegenheit zu sein, bei der Ricky ernst war. Della stellte fest, dass sie ihn besser leiden konnte, wenn er keine furchtbaren Witze riss und nicht verzweifelt versuchte, komisch zu sein. Unglücklicherweise wusste Della von Gary, dass Ricky nicht so gut in dem Spiel war. Er gab ein zu großes Ziel ab und wurde ständig getroffen.

Ein Schatten fiel über den Zeltplatz. Della sah zum Himmel. Ein paar dicke, graue Wolken störten das klare Blau. Die Luft wurde plötzlich kälter.

Die Jungen verließen als Erste die Lichtung und zogen nach Süden. Die Mädchen beschlossen, ein paar Minuten zu warten und dann Richtung Westen zu gehen. Sie würden sich aufteilen und die Jungen einkreisen. Nachdem Ricky, Gary und Pete lachend und witzelnd abgezogen waren, streifte Suki sich ein olivgrünes Sweatshirt über; sie sagte, dass sie das für eine effektivere Tarnung halte.

„Wow, noch ein starkes Wort. Zwei an einem Tag“, dachte Della. Sie hatte Suki noch nie gemocht. Obwohl sie sich nie groß Gedanken über sie gemacht hatte. Sie waren nicht mit den gleichen Cliquen zusammen. Doch jetzt hatte Della viele Gründe, über Suki nachzudenken, und ebenso viele Gründe, sie nicht zu mögen.

Oder war sie unfair? Schließlich hatte sie mit Gary Schluss gemacht. Irgendwie.

„Los. Gehen wir“, sagte Maia. In ihrer kleinen Hand sah die Pistole groß und fehl am Platz aus.

Gemeinsam gingen sie in den Wald.

„Irgendwie ist das sexy“, sagte Suki.

„Häh? Sexy?“ Della verstand nicht.

„Ja. Du weißt schon. Jagen und gejagt werden.“

„Oh.“

„Ja, aufregend“, sagte Suki und stieg vorsichtig über einen heruntergefallenen Ast.

Ein Windstoß ließ die grünen Blätter an den Bäumen wispern und beben. Eine große Wolke schob sich über die Sonne, und plötzlich wurde der Wald dunkel.

„Lässt sich die Farbe eigentlich wieder rauswaschen?“, fragte Maia. Ihr Mut war nur von kurzer Dauer gewesen. Sie klang wieder furchtbar besorgt.

„Ja, natürlich“, sagte Della scharf. „Ricky hat uns gesagt, dass sie sich rauswaschen lässt. Sie wird wieder weggehen.“

Maia sah sie mit großen Augen an. Della rief sich zur Ordnung. Schließlich hatte sie sich über Suki geärgert. Sie konnte ihre Wut nicht an Maia auslassen.

„Trennen wir uns, und schwärmen wir aus“, sagte Suki und fuchtelte mit der großen, grauen Pistole herum.

„Okay“, stimmte Della schnell zu. Ihr wurde klar, dass sie sich darauf freute, allein zu sein, weg von allen.

„Wie finde ich euch, wenn ich mich verlaufe?“, fragte Maia und zerrte am Ärmel ihres Sweatshirts.

„Geh von der Sonne weg. Nach Osten. Dann kommst du zurück zum Zeltplatz“, riet ihr Della.

Maia sah zur Sonne hoch, wie um sich zu vergewissern, dass sie noch da war. „Okay. Bis später.“ Sie drehte sich um und entfernte sich langsam durch die Bäume, die Pistole in der ausgestreckten Hand.

„Hör auf Schritte“, rief Della hinter ihr her. „Niemand wird hinter dir auftauchen können, ohne dass du vorher laute Schritte hörst.“

„Danke!“, rief Maia zurück.

„Sie ist noch ein richtig kleines Mädchen“, sagte Suki ruhig.

Es klang eigentlich gar nicht verächtlich, aber Della gefiel der Gedanke nicht, dass Suki ihre Freundin kritisierte. „Sie ist okay“, erwiderte sie scharf.

„Du, Della, Gary ist wirklich nett“, kam es plötzlich von Suki.

Della war sich nicht sicher, ob sie richtig gehört hatte.

Suki starrte ihr in die Augen, als wartete sie gespannt auf eine Reaktion. Della zwang sich, sich nichts anmerken zu lassen. So leicht würde sie Suki nicht ihre Gefühle zeigen.

„Du hast mit ihm Schluss gemacht, richtig?“, fragte Suki.

Doch bevor Della antworten konnte – und was sollte sie auch antworten? –, steuerte Suki auf den Wald zu, stieß große Dornenranken zur Seite, um sich den Weg frei zu bahnen; ihre hohen, weißen Reebok-Turnschuhe zermalmten die toten Blätter unter ihren Füßen.

Della lehnte sich gegen einen glatten, weißen Baumstamm und beobachtete Suki, bis sie im Wald verschwunden war. Was wollte sie eigentlich? Versuchte sie, sich zu entschuldigen, dass sie sich so schnell an Gary herangemacht hatte? Sagte Suki ihr den Kampf an? Versuchte sie, freundlich zu sein? Machte sie sich lustig über sie?

Della ging ungefähr in die Richtung, die die anderen beiden Mädchen eingeschlagen hatten. In ihrem Kopf drehte sich alles. Sie versuchte herauszubekommen, was Suki mit ihren überraschenden, beiläufigen Bemerkungen beabsichtigt hatte. Sie achtete nicht wirklich darauf, wohin sie ging. Die große Plastikpistole in ihrer Hand hatte sie total vergessen, die Pistole, die sie bereithalten sollte, falls sie auf einen der Jungen stieß.

Das Knacken von Schritten brachte sie in die Realität zurück. Sie wirbelte herum und duckte sich, als ein Strahl roter Farbe über ihren Kopf schoss. Sofort ließ sie sich auf die Knie fallen, hob ihre Pistole und feuerte, ohne zu zielen.

„He!“, hörte sie Ricky schreien.

Sie spähte durch das hohe Unkraut hindurch und sah ihn an einem Fleck gelber Farbe auf seinem Sweatshirt reiben.

„Volltreffer!“, brüllte sie lachend. Gebückt lief sie blitzschnell nach links und duckte sich hinter einen breiten Baumstamm.

„Na warte!“, rief Ricky und rannte mit Höchstgeschwindigkeit auf sie zu. Er feuerte und jagte eine Ladung roter Farbe in die Luft. Bevor sie den Baum erreicht hatte, platschte sie auf den Boden.

Della feuerte zurück, einmal, zweimal, aber sie verfehlte beide Male ihr Ziel. Dann lief sie los und rannte einen schmalen Pfad zwischen Tannen und Kiefern entlang.

Sie drehte sich noch rechtzeitig genug um, dass sie sehen konnte, wie Ricky mit einem großen, gelben Farbklecks vorne auf seinem schwarzen T-Shirt über einen niedrigen Baumstumpf stolperte und kopfüber in den Dreck fiel. Seine Pistole fiel ihm aus der Hand und knallte auf den Boden.

Mit einem triumphierenden Lächeln im Gesicht bog Della von dem Pfad ab und rannte weiter. Sie stieß Äste und Dornensträucher aus dem Weg, lief so schnell sie konnte. Das machte Spaß, fand sie. Jetzt würde Ricky sie niemals finden.

Plötzlich wurden die Wolken dicker und verdeckten die Sonne, sodass es in dem dichten Wald fast so dunkel war wie in der Nacht. Krächzende Vögel zogen ihre Kreise und ließen sich dann auf hohen Ästen nieder. Der Wind wirbelte verstaubte und trockene Blätter um ihre Turnschuhe.

Sie fröstelte, und ihr wurde klar, dass sie sich nicht gemerkt hatte, in welche Richtung sie gelaufen war.

„Wo bin ich?“

Sie sah nach der Sonne, um ihren Standort zu bestimmen, aber die schwarzen Wolken verdunkelten sie nahezu ganz. „Ein super Rat, den ich Maia gegeben habe, die Sonne zu beobachten“, sagte sie sich. Wahrscheinlich hatte die arme Maia sich auch verirrt.

„Hallo – Maia!“, rief sie laut. Es war ihr egal, ob die Jungen sie hörten oder nicht.

Keine Antwort.

„Maia! Suki! Hört ihr mich?“

Keine Antwort.

Plötzlich wurden die Vögel still. Es war unheimlich, dachte Della, so, als hätte jemand ihren Gesang abgeschaltet, wie man einen Fernseher abstellt.

Die Stille war seltsam, unnatürlich.

„Fang jetzt nicht an, krankhaft zu reagieren!“, schalt sie sich selbst.

Der Wind drehte. Irgendwo hinter ihr knackte ein Ast. Della machte einen Satz, als er mit einem lauten Krachen auf den Boden aufschlug. Sie wirbelte herum, weil sie dachte, dass jemand hinter ihr wäre.

„Maia? Suki?“

Wo waren sie?

Sie drehte sich um und machte sich auf den Weg zurück zum Zeltplatz. Sie war nicht sicher, ob es die richtige Richtung war, aber dem Gefühl nach ging sie richtig. Sie hatte einen ziemlich guten Orientierungssinn. Allerdings war sie noch nie zuvor allein mitten im Wald gewesen.

Etwas Gutes hatte es, auf einer Insel zu sein. Der Wald würde nicht endlos weitergehen. Wenn sie geradeaus ging, müsste sie schließlich herauskommen. Sie ging doch geradeaus? Sie wusste es nicht.

Das Gelände stieg an und fiel wieder ab. Della wurde bewusst, dass sie hier vorher nicht gewesen war. Dickes Moos wuchs an einer Seite eines umgekippten alten Baums. Moos. Moos auf einem Baum. Es wuchs nur an der einen Seite des Baums, erinnerte sie sich. Aber an welcher? Sie starrte das Moos an. An der Nordseite? Der Ostseite? Sie konnte sich nicht erinnern.

„Maia? Suki? Ist da jemand?“

Da war jemand.

Ein knackendes Geräusch. Hinter ihr? Schritte?

Sie schaute sich um. Niemand war da.

Sie drehte sich wieder um und ging an dem bemoosten Baum vorbei. Das Gelände war jetzt hügelig, die Hänge wurden steiler, während sie weiterging.

Noch ein Knacken. Und noch eins.

Ganz bestimmt folgte ihr jemand. Diesmal drehte sie sich nicht um. Wahrscheinlich war es einer der Jungen, der einen Überraschungsangriff plante. Obwohl man bei dem Krach nicht mehr von Überraschung reden konnte.

Was sollte sie tun?

„Zähl bis zehn, wirbele herum und feuere“, plante sie im Stillen.

Della ging weiter, durch große Farne, die sich in dem starken Wind bis zum Boden neigten. Drei … vier … fünf …

Die Schritte hinter ihr wurden lauter. Wer immer es war, er kam näher.

Acht … neun … zehn!

Sie wirbelte herum, fiel auf die Knie und zog den Abzug.

Ein Strahl glänzender, gelber Farbe zischte durch die Luft, bespritzte Blätter und Baumstämme und tropfte auf den dunklen Boden.

Ein Eichhörnchen drehte sich um und sauste davon. Es machte beim Rennen über die Blätter laute, knackende Geräusche.

Ein Eichhörnchen. Es war nur ein Eichhörnchen.

Sie lachte laut und schoss eine weitere Ladung Farbe in die Luft.

Sie war von einem Eichhörnchen verfolgt worden. Und sie hatte nach ihm geschossen.

Na klasse!

Schätze, ich habe ihm gezeigt, dass es nichts bringt, sich mit Della O’Connor anzulegen.

Sie feuerte noch einmal auf einen Baumstamm und verfehlte ihn um fast dreißig Zentimeter.

Jetzt war es nahezu dunkel, aber sie fühlte sich irgendwie erleichtert. Das Eichhörnchen hatte sie aufgeheitert. Sie hatte keine Angst mehr. Es war dumm, Angst zu haben.

Wovor auch?

Langsam lief sie einen steilen Hang hinunter und kam dann durch ebenes Gelände, dessen Boden dick mit wohlriechenden Kiefernnadeln und getrockneten Kiefernzapfen bedeckt war.

Plötzlich trat nur einige Schritte vor ihr jemand hinter einem Baum hervor.

„Pete? Gary?“

Sie blieb abrupt stehen.

Es war keiner ihrer Freunde. Es war ein Mann, den sie noch nie gesehen hatte. Und er bewegte sich sehr schnell auf sie zu.

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