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Kapitel 1: Die Schöne geht fort

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Natürlich weiß jeder, wie das Märchen über die Schöne und das Biest endet. Das Biest hat sich, durch ihre Liebe erlöst, in einen schönen Prinzen verwandelt, die Schöne geheiratet, und falls sie nicht gestorben sind, so leben sie bis heute, wie es normalerweise in den Märchen vorkommt. Stimmt es aber wirklich? Nein, natürlich nicht. Die Schöne konnte gar nicht glücklich sein, denn sie liebte nicht den Prinzen, sie liebte in Wirklichkeit das Biest. Und wenn man wirklich liebt, wie es bei der Schönen der Fall war, dann liebt man eben nur diese einzige Person und keine andere. Am Anfang freute sie sich zwar über seine Erlösung, aber sie war irgendwie auch enttäuscht. Denn sie fand den schönen Prinzen eigentlich eher abstoßend. Und außerdem begann er nach seiner Verwandlung eitel zu werden und wurde von Tag zu Tag immer selbstgefälliger und eingebildeter.

„Warum hast du mir“, meinte er eines Tages zu seiner Frau, „immer noch keinen Nachfolger geboren?“

Die Schöne antwortete nicht. Sie wußte, daß er recht hatte. Sie wünschte sich ein Kind, aber sie wußte nicht, warum sie bis jetzt noch keins bekam, und ob es wirklich ihre Schuld war oder an etwas anderem lag. Sie lief in ihre Gemächer und weinte bitterlich. Was sollte sie denn sonst tun?

Es vergingen Tage, Wochen, Monate, ja ein ganzes Jahr, und sie bekam immer noch kein Kind. Und der Prinz wurde immer grober und unverschämter zu ihr. Dann faßte sie einen Entschluß und sagte zu ihm eines Tages:

„Mein Herr und Gebieter, ich fürchte, daß ich Euch Euren Wunsch nach einem Nachfolger nicht so einfach erfüllen kann, denn ich glaube, daß ein böser Fluch auf meinem Körper haftet. Um zu erfahren, was für ein Fluch es ist, möchte ich Euch nun bitten, mich zu meinem Vater gehen zu lassen, um ihn um Rat zu fragen, und falls erforderlich, weitere Schritte zu unternehmen, damit unserem Problem abgeholfen werden könne.“

„Ach, geh nur, scher dich fort, zu deinem Vater oder sonst wohin. Such von mir aus Rat und Hilfe bei allen Hexen der Welt. Aber komm mir gar nicht wieder, solange du nicht die Lösung hast, denn ich habe keine Lust mehr, sich eine Ehefrau zu halten, die keine Kinder kriegt, sondern will endlich einen Nachfolger haben, wie es sich für einen so mächtigen, angesehenen und gutaussehenden Fürsten gehört. Ich gewähre dir großzügig eine Frist von drei Jahren. Wenn du bis dahin keine Lösung findest, so lasse ich mich von dir scheiden und heirate eine würdigere.“

Und damit ging sie. Fort von diesem verwünschten Schloß, das sie einst in großer Furcht betrat, um dem Biest zu dienen, in dem sie aber ein paar wunderschöne Jahre voll Erwartung und Liebe verbrachte, bevor das Biest zu dem schrecklichen Prinzen und ihrem Gemahl geworden ist. Denn danach war es nicht mehr so schön.

Sie ging zunächst zu ihrem Vater. Ihr alter Vater war zwar froh, seine Tochter wiederzusehen, aber nicht froh, daß sie traurig war. Er tröstete sie, wie er konnte und schlug ihr vor, nach der Scheidung einen kräftigen Holzfäller zu heiraten. Aber die Schöne lehnte es ab. Etwas sagte ihr, daß dies nicht die richtige Lösung ist. Sie wußte, daß nunmehr Märchengestalten an der Reihe waren, ihr zu helfen.

Sie wartete zunächst auf das Rumpelstilzchen, dann auf eine Hexe oder Fee. Aber niemand kam. Dann schaute sie in Blumen hinein und setzte seltene Pflanzen ein mit der Erwartung, daß dort vielleicht ein kleines Mädchen wächst. Im Winter versuchte sie, ein Kind aus dem Schnee zu bauen, aber es wurde nicht zu einem lebendigen Schneewittchen. Damit war sie langsam mit ihrer Weisheit am Ende und fand sich mit dem Gedanken ab, daß sie sich scheiden läßt – was ihr im Grunde gar nicht so mißfiel wie die Vorstellung, den kräftigen Holzfäller heiraten zu müssen. Denn sie sehnte sich heimlich stets nach ihrem alten Biest.

Die Rückkehr des Biestes

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