Читать книгу SEHEH ERNTEN FLIEGEN - Robert Eder - Страница 6
1.)
ОглавлениеWir standen in der Nachmittagssonne auf der gegen Mittag geneigten Hochfläche des leisen Berges. Wir - das sind JAN, ein etwa zehnjähriger schlanker Junge mit feuerroten Haaren und ich URS, ein alter aber noch kräftiger Mann der ihn lehren soll. Vor uns lag das Mohnfeld auf dem noch die letzten Blüten rot aufleuchteten. Aus meinem Umhang gab ich JAN ein Stück Feuerstein und bat ihn die Schlagsteine und die Geweihsprosse zu holen. Als das Gewünschte zur Hand war, sagte ich: „JAN nun spalte eine gebogene Klinge ab, nicht stärker als die Hälfte der Dicke deines kleinen Fingers“. JAN setzte sich hin und nahm den Flint zwischen die Fußsohlen. Fachkundig setzte er die Geweihsprosse an, schlug nach meinem Nicken mit dem Klopfstein auf die Sprosse und eine Klinge löste sich von dem Flintstück. Er zeigte sie mir, schön scharf und sichelförmig gebogen. „Sehr gut JAN, nun nimm dem Rücken jede Schärfe, denn damit wirst du den ganzen Nachmittag arbeiten.“ Brav bearbeitete JAN die Klinge und nach kurzer Zeit war der Rücken der Klinge gerundet und auf einem Stück Granit angeschliffen. „Nun JAN, brich mit einer Flintkante, im Abstand der Dicke einer Linse, Kerben in die Klinge. Sei vorsichtig und denke daran, irgendwann wirst du so ein Werkzeug aus dem viel schwerer zu bearbeitendem Obsidian fertigen.“ „Ja URS, ich gebe mir große Mühe.“ Geschickt fertigte der Junge die Zahnung der Klingenschneide und freute sich ob meiner Zustimmung. Wir begaben uns an den Rand des Mohnfeldes und ich zeigte JAN wie die jungen grünen Mohnkapseln anzuritzen sind. „JAN schneide nicht zu tief. Die Kapseln dürfen nicht durchgeschnitten sondern nur ganz leicht geritzt werden, dann geben sie den Saft her, aber sie wachsen normal weiter und die Mohnkörner werden genauso gut wie in nicht geritzten Kapseln.“ Nach wenigen Versuchen hatte Jan den Dreh heraus und die Arbeit ging geschickt voran. Nach der dritten Reihe beendete ich die Arbeit und wir gingen zum Haus der Diener des Heiligtums um zu essen. Danach begaben wir uns mit den vielen anderen Dienern des Heiligtums zu den Zäunen, welche die Hochfläche umgeben und kontrollierten sie. Sie bestehen aus an beiden Enden im Feuer gehärteten Stöcken, die immer zu dreien über Kreuz in den Boden gerammt sind um auf diese Weise ungebetene Besucher, wie auch Bären und Wölfe fernzuhalten. Nachdem Alles in Ordnung befunden worden war, zogen Alle in einer Reihe zum Heiligtum, in dem der OMIC das heilige Feuer hütet. Am Wege dorthin sagte ich zu JAN: „Der oder die OMIC ist ein Mensch, der viele glückliche Winter erlebt hat. Die Alten suchen einen OMIC in ihren Reihen und erwarten, dass er Alle glücklich und gesund durch den Winter bringt und die notwendigen Arbeiten zum richtigen Zeitpunkt tun lässt. Er ist der höchste Diener der GROSSEN MUTTER und führt das Heiligtum. Zum Zeichen des Dankes und der Verbundenheit mit der GROSSEN MUTTER legt er seinen Namen ab und ist fürderhin nur der OMIC.“
Vor dem Heiligtum versammelten sich Alle und OMIC betete in den Sonnenuntergang: „GROSSE MUTTER! Wir danken dir für den Tag. Du lässt die Früchte und Tiere gedeihen, schick uns Regen und Sonnenschein wie wir es brauchen. Gib uns Gesundheit, Glück und Nahrung.“ Alle wiederholten: „Gib uns Gesundheit, Glück und Nahrung.“
Nachdem die Menge sich zerstreut hatte, setzten Jan und ich uns auf den Boden um das Erscheinen des Abendsternes, als Zeichen dass das Gebet erhört wurde, zu erwarten. Nach einiger Zeit, die wir geschwiegen und das Abendrot betrachtet hatten fragte JAN: „Urs denkst du wieder an SIE?“ „Nein JAN, nicht daran wie Sie waren, sondern an die Zeit als ich so alt war wie du.“ „Bitte erzähl mir alles davon, bitte.“ „Gut JAN du sollst die Geschichte meines vergangenen Volkes hören, aber nicht heute, denn morgen wollen wir den Mohnsaft ernten.“ „Schau URS der Abendstern dort.“ „Ein Zeichen, dass unsere Wünsche und Gebete erhört worden sind.“ „Du wirst mir erzählen?“ „Ja, aber nicht Alles schon morgen und jetzt gehen wir in unsere Hütte komm.“ –