Читать книгу Yvonnes bester Freund - Robert Zuschrott - Страница 4
II
ОглавлениеSamstag war es und die Sonne schien schon beim Fenster herein, als Yvonne die Augen aufschlug. Heute war ihr zehnter Geburtstag und den wollte sie auf keinen Fall im Bett verbringen. Schnell gewaschen und angezogen rannte sie die Stiegen hinunter und traute ihren Augen nicht.
„Mami“, rief sie, stürmte los und fiel ihrer Mutter um den Hals. „Du hast mir so gefehlt.“
„Du mir auch, mein Engelchen.“
„Holst du mich heute nach Hause?“
„Leider erst in zwei Wochen. Ich habe nämlich noch ein paar Termine, die ich auf keinen Fall aufschieben kann. Ich hoffe, du bist mir deswegen nicht böse?“
„Aber nein. Ich habe doch Bobby.“
„Bobby?“
„Sie wissen schon. Der Junge aus Yvonnes Schule, der ihr das Gitarre spielen beibringt. Ich habe es ihnen am Telefon erzählt.“
„Wie bitte Frau Thomaschitz? Sie haben mit Mami telefoniert und mir nichts gesagt?“, fragte Yvonne und stützte ihre Hände in die Hüften. „Das war gemein.“
„Sei nicht böse auf Frau Thomaschitz. Sonst hätte ich ja nicht gewusst, womit ich dich an deinem Geburtstag überraschen könnte, mein Schatz“, sagte Frau Kramer, Yvonnes Mutter zauberte ein riesen Paket hervor. „Alles Gute zum Geburtstag, mein Schatz.“ Neugierig stürzte sich Yvonne auf das Paket, um es sofort auszupacken. Ihre Augen strahlten als sie eine nagelneue Gitarre samt einen dazugehörenden Koffer heraus blitzen sah.
„Du siehst, hin und wieder haben deine Mutter und ich auch Geheimnisse“, grinste Frau Thomaschitz. Vor lauter Freude fiel Yvonne ihrer Mutter um den Hals.
„Danke, Mami. Die ist wirklich wunderschön.“ Yvonne setzte sich hin und probierte die Gitarre sofort aus.
„Meine Güte, du machst ja richtige Fortschritte“, staunte Frau Kramer und Frau Thomaschitz lächelte im Hintergrund.
„Und ich werde noch besser. Das habe ich alles von Bobby gelernt“, protzte Yvonne.
„So aber jetzt muss ich aber wirklich los, sonst komme ich noch zu spät zu dieser Sitzung. Auf wiedersehen, mein Kind und noch mal alles Gute zum Geburtstag.“
„Baba Mami und vielen, vielen Dank für die schöne Gitarre.“
„Gern geschehen mein Schatz.“
„Auf Wiedersehen Frau Kramer“, verabschiedete sich noch Frau Thomaschitz und machte hinter ihr die Türe zu. Inzwischen hatte Yvonne die Gitarre schon wieder in den Koffer gepackt, denn die musste sie Bobby unbedingt zeigen.
Kaum im Park angekommen, hörte sie schon Bobby mit seiner Gitarre spielen.
„Hallo, kleine Prinzessin.“
„Hallo Bobby. Schau mal was ich von meiner Mami zum Geburtstag bekommen habe.“
„Das ist aber ein schönes Instrument. Wie alt bist du denn heute geworden?“
„Ganze zehn Jahre“, antwortete Yvonne stolz, packte gleich ihre neue Gitarre aus und setzte sich damit neben Bobby.
„Du bist ein richtiges Naturtalent und wenn du weiter so brav übst, können wir bald gemeinsam auftreten.“
„Meinst du wirklich?“
„Ja, aber pack die Gitarre erst mal ein, denn ich möchte dir etwas zeigen.“ Er nahm Yvonne an der Hand und ging mit ihr zu einem alten Haus. Von außen sah es aus, als ob es kurz vor dem Abriss stand. Yvonne schaute zwar etwas verschreckt aber sie vertraute Bobby und ging mit ihm rein. Drinnen staunte sie nicht schlecht als sie sah, wie schön es hergerichtet war.
„Und da wohnst du?“, fragte Yvonne.
„Fühle dich wie zu Hause“, antwortete Bobby. Überall im Wohnzimmer hingen Bilder von Bobbys ehemaliger Band. Bobby kam mit einem Stapel Fotoalben und blätterte mit Yvonne eines nach dem anderen durch. Er zeigte Yvonne alle Fotos und erklärte ihr alles so, dass sie es auch verstand. Yvonne war begeistert, denn sie hatte ja Bobby immer nur in den alten, zerrissenen Klamotten gesehen. Bobby hatte noch alle Anzüge und Kostüme aufbehalten, mit denen er mit seiner Band aufgetreten ist. Er führte extra für Yvonne eine kleine Modeschau durch. Yvonne pfiff und klatschte bei jedem Kostüm in dem Bobby auftauchte. „Und da habe ich auch noch etwas für dich“, sagte er und holte ein hellblaues Kleidchen mit weißen Spitzen aus dem Schrank. „Probier das einmal an.“
„Soll ich wirklich?“
„Aber ja.“ Kaum hatte sich Yvonne umgezogen, pfiff und klatschte Bobby. „Gefällt es dir?“
„Ja, das ist traumhaft. Wunderschön.“
„Ich habe es schon viele Jahre im Schrank. Es hätte eigentlich meiner Tochter gehören sollen, wenn sie noch leben würde. Jetzt gehört es dir, meine kleine Prinzessin. Ich wünsche dir damit alles Gute zum Geburtstag. Bleib so liebenswert und lebensfroh wie du bist.“ Yvonne fiel Bobby um den Hals und küsste ihn auf die Wange. Tränen der Freude standen in den Augen des kleinen Mädchens.
„Das Kleid ist wunderschön. Danke Bobby. Ich werde immer gut darauf aufpassen und nicht schmutzig machen. Das verspreche ich dir.“
„Ich weiß“, antwortete Bobby. Bobby improvisierte für Yvonne noch eine kleine Geburtstagsfeier. Sie lachten und alberten herum. Und das erste mal nach sehr langer Zeit spielte und sang Bobby auch wieder lustige und fröhliche Lieder. Yvonne sang und jauchzte mit, dass es nur so eine Freude war.
„Wir sind schon ein starkes Team wir zwei“, sagte Yvonne als der Abend hereinbrach und sie sich auf den Heimweg vorbereitete.
„Das sind wir und das werden wir auch immer bleiben“, antwortete Bobby als er sich von Yvonne verabschiedete.
„Danke für alles. Frau Thomaschitz macht sich sicher schon Sorgen.“
„Nichts zu danken. Habe ich doch gerne gemacht. Noch mal alles Gute und komm gut nach Hause.“
„Danke, Bobby. Tschüss bis morgen“, rief Yvonne noch und rannte, so schnell sie nur konnte, nach Hause.
Im Heim angekommen, stand Frau Thomaschitz bereits mit verschränkten Armen in der Türschwelle.
„Belieben das Fräulein auch wieder nach Hause zu kommen.“
„Tut mir leid, Frau Thomaschitz, aber Bobby hat für mich eine Geburtstagsparty gegeben und die war sooo lustig. Sehen sie nur. Das schöne Kleid hat er mir geschenkt.“
„Dieser Bobby hat dich wohl sehr gern. Er muss sicher dafür sein ganzes Taschengeld geopfert haben.“
„Äh... weiß ich nicht. Oder es hat seiner Schwester nicht mehr gepasst.“
„Kann auch sein. Es ist wirklich sehr schön. Hast du schon zu Abend gegessen?“
„Ja.“
„Dann ab mit dir ins Bett. Es ist schon spät.“ Das ließ sich Yvonne nicht zweimal sagen, denn so schön für sie der Tag heute auch war, so anstrengend war er auch.
„Das war heute mein aller, allerschönster Geburtstag“, dachte sich Yvonne. Eine Gitarre und ein wunderschönes Kleidchen, davon hätte sie nie zu träumen gewagt. Und dann die Party bei Bobby, die für sie der absolute Knaller war. Völlig fertig, aber mit einem Lächeln im Gesicht glitt Yvonne hinüber ins Land der Träume.
„Ich mag mich zwar täuschen, aber Yvonne kommt mir irgendwie verändert vor. Sie ist viel froher aber auch viel hektischer geworden. Meinen Sie nicht auch, Frau Thomaschitz?“, bemerkte Rosi, als ihr Frau Thomaschitz im Gang entgegen kam.
„Das habe ich auch schon bemerkt. Das hängt sicher mit diesem Bobby zusammen.“
„Sicher. Ich hatte meine erste große Liebe auch schon mit acht. Vielleicht sollten wir zum Dank diesen Bobby einmal zum Essen einladen.“
„Kommt gar nicht in Frage, Rosi. Wenn die anderen Mädchen Wind davon bekommen, bringen sie ihre Freunde auch gleich mit. Und wissen sie was das heißt?“ Rosi setzte plötzlich ein breites Grinsen auf.
„Ja, Frau Thomaschitz, Vergnügen.“
„Aber Rosi. Ihr Männerverschleiß muss sich nicht unbedingt auf die Kinder ausweiten. Außerdem sind diese noch viel zu jung.“
„Ach ja? Seit wann kommen Kinder beim Herumtollen und beim Spielen auf lüsterne Gedanken?“, sagte Rosi in einem forschen Ton und ging empört in ihr Quartier. Frau Thomaschitz musste lachen, denn sie kannte Rosi nur zu gut. Auch Rosi ist in der „Villa Hartenau“ aufgewachsen, dass Frau Thomaschitz seit gut 15 Jahren leitete. Rosi war zwar nicht gerade die Hellste, hatte aber ein gutes Herz und war für Männergeschichten immer zu haben. Und auch immer für Überraschungen gut. Rosis Kochkünste waren schon immer unübertroffen. Auch die Kinder liebten sie und alberten mit ihr herum.
„Yvonne hat sich wirklich sehr verändert seit sie Gitarrestunden bei diesem Bobby nimmt. Und das schöne Kleidchen, das er ihr geschenkt hat. Ein Traum, und steht der Kleinen sehr gut“, dachte sich Frau Thomaschitz, als sie gerade im Aufenthaltsraum bei ihren Strickarbeiten saß. Dabei konnte sie sich so richtig entspannen. Obwohl Yvonne alles andere als Stress bedeutet, denn das Mädchen war nicht nur sehr brav, sondern für ihr Alter auch noch sehr selbstständig. Frau Thomaschitz war eine sehr tolerante Frau, und ließ die Mädchen einfach Mädchen sein. Zum Teil sehr ruhig, aber zum Teil auch sehr lebhaft wie Yvonne. Yvonne durfte ihr lebhaftes Temperament in vollen Zügen ausleben. Natürlich bis zu einem gewissen Grad, und das wussten die Mädchen auch, denn Yvonne hatte auch die Gabe, jedes auch noch so ruhige Kind mitzureißen. Und da hatte Frau Thomaschitz alle Hände voll zu tun darauf zu achten, dass es nicht zu wild abgeht. Meistens geht es gegen Rosi, die es natürlich freut, dass sich die Kinder mit ihr beschäftigen. Auch Frau Thomaschitz wird zeitweise von den Mädchen nicht verschont. Bis es so weit ist und ihr Wort Gesetz wird. Deshalb wird sie von den Kindern richtig vergöttert.
Am nächsten Morgen glaubte Frau Thomaschitz ihren Ohren nicht zu trauen. Yvonne hatte nach langer Zeit ihre Kinderlieder-CD in den Player gesteckt und spielte fleißig mit. Obwohl sie noch sehr viele Fehler machte, und sich darüber fürchterlich ärgerte, war aufgeben für Yvonne ein Fremdwort. Vormittags übte sie fleißig im Heim, und nachmittags lernte sie von Bobby immer wieder neue Sachen dazu. Und sehr oft hatten die beiden einen riesen Spaß. Hin und wieder war Yvonne auch dabei, wenn Bobby an seinem Platz spielte, um seine Brötchen zu verdienen. Inzwischen kannte Yvonne jedes seiner Lieder und sang fröhlich mit.
Eines schönen Tages, als Bobby gerade eine Pause einlegte, um sich etwas zum Essen zu holen, nahm Yvonne einfach seine Gitarre und spielte unbekümmert weiter. Sofort hatte sich eine riesige Menschenmenge angesammelt und hörte dem Mädchen aufmerksam zu. Und sehr viele Leute warfen auch noch Geld in den Koffer. Bobby hatte sehr große Mühe, wieder an seinem Platz zu kommen. Er musste sich die Augen reiben, um zu glauben, was Yvonne hier veranstaltete. Da stand doch Yvonne mit seiner Gitarre, und spielte, und sang was das Zeug hält. Und die Leute klatschten und jubelten ihr zu. Da blieb Bobby nichts anderes übrig. Er stellte sich einfach mit Yvonnes Gitarre dazu und spielte mit ihr im Duett. Zum Schluss spielten die beiden ein Duett, das Bobby ganz neu für Yvonne und ihn geschrieben hatte.
„Wir sind doch ein tolles Team, wir zwei. Meinst du nicht auch?“
„Ja, kleine Prinzessin, und du spielst auch schon sehr gut.“
„Tja dank eines super Lehrers“, rief Yvonne ganz begeistert.
Bobby staunte nicht schlecht, als er seinen Koffer aufmachte. So voll war er überhaupt noch nie. Er nahm ein paar Scheinchen heraus und wollte sie Yvonne geben, die aber abblockte. „Du brauchst es doch viel nötiger als ich. Außerdem bekomme ich ja Taschengeld.“ Das ihm Yvonne geholfen hatte, wusste er nur zu gut. Aber auch, dass sich das auf keinen Fall wiederholen dürfe.
„Wie bist du eigentlich auf die Idee gekommen, dich einfach hinzustellen und zu spielen?“
„Wie du weggegangen bist, wollten die Leute auch gehen. Außerdem wollte ich es auch einmal ausprobieren und es hat Spaß gemacht. Vor allem, wie die Leute geklatscht haben. Aber ein komisches Gefühl hatte ich am Anfang schon.“
„Das nennt man Lampenfieber. So ist es mir am Anfang auch immer gegangen.“ Dann senkte Bobby den Kopf. „Weißt du, das was du heute gemacht hast, werde ich dir nie vergessen. Du hast in der kurzen Zeit wirklich sehr, sehr viel gelernt, aber das heute war zu gefährlich und darf sich auf keinen Fall wiederholen.“
„Warum? Ich könnte dir noch viel mehr helfen.“
„Du hast ein sehr gutes Herz, aber was hättest du gemacht, wenn uns wer von deinen Leuten gesehen hätte? Dann wäre es aus gewesen.“
„Es hat so viel Spaß gemacht, dass ich an das gar nicht gedacht habe“, sagte Yvonne leise und mit ebenfalls gesenktem Kopf. „Bist du jetzt böse auf mich?“, fragte Yvonne und sah Bobby mit einem treuherzigen Blick an. Bobby nahm seine kleine Prinzessin in den Arm und drückte sie an sich.
„Aber nein“, sagte er mit leiser Stimme. „Wie könnte ich jemals auf dich böse sein?“
„Ich verspreche dir, ich werde das nie, nie mehr tun. Aber jetzt muss ich ins Heim, denn morgen kommt meine Mami und holt mich nach Hause.“
„Dann wünsche ich dir noch einen schönen Abend“, sagte Bobby und begleitete seine kleine Prinzessin zur Tür.
„Tschüß, Bobby“, rief Yvonne noch und lief in Richtung Heim. Frau Thomaschitz hatte es bereits aufgegeben, Yvonne bei der Tür im Empfang zu nehmen, da sie es schon gewohnt war, dass Yvonne immer zu spät nach Hause kam. Außerdem waren ja Ferien. Umso beruhigender war es für sie, wenn sie der Kleinen am Abend noch beim Gitarre spielen zuhörte.
„Sag mal, kannst du auch bekanntere Lieder spielen?“,fragte Frau Thomaschitz.
„Welche?“, entgegnete Yvonne. Frau Thomaschitz setzte sich ans Klavier und spielte ein Lied von John Lennon. Frau Thomaschitz gab hin und wieder mal private Klavierstunden. Ein paar Lieder davon kannte auch Yvonne und spielte mit der Gitarre mit. Die beiden musizierten und sangen fast bis Mitternacht.
Rosi, die bei diesem Krach auch nicht schlafen konnte, hopste und tanzte mit einem Besen in der Hand fröhlich und vergnügt im Wohnzimmer herum. Es war sichtlich schwer für Yvonne, sich bei diesem urkomischen und köstlichen Anblick, zu konzentrieren. Ein Lachkrampf plagte den andern. Besonders, wenn Rosi ihre 105 Kilo in eleganter Art und Weise durch den Raum beförderte. Besonders ihr Rock and Roll war eine Augenweide. Als Rosi dann zum Tango ansetzte, war das Fass übergelaufen. Frau Thomaschitz beugte sich über das Klavier und Yvonne fiel vor lauter lachen fast die Gitarre aus der Hand. Schallendes Gelächter füllte das gesamte Haus. Beide hatten richtig Mühe, die richtigen Töne zu finden. Als Frau Thomaschitz und Yvonne ruhigere Lieder spielten, lies sich Rosi schweißgebadet in ein Sofa fallen. So viel Spaß hatte sie schon lange nicht mehr gehabt und schlief im Sofa mit einem breiten Grinsen im Gesicht ein. „Das können wir ruhig öfters machen“, flüsterte sie Frau Thomaschitz zu, als sich die beiden aus dem Aufenthaltsraum schlichen.
„Keine schlechte Idee. Aber jetzt heißt es schlafen gehen.“
„Okay, Gute Nacht, Frau Thomaschitz.“
„Schlaf gut.“ Yvonne war schon richtig müde und schlief auch schon bald in ihrem Bettchen ein.
Frau Thomaschitz freute es, dass sich Yvonne in kurzer Zeit zu einem richtigen Profi auf der Gitarre entwickelt hat.
„Dieser Bobby hat wirklich ganze Arbeit geleistet“, dachte Frau Thomaschitz. Ihr war es nur recht, denn erstens kommt die Kleine nicht auf dumme Gedanken, die sie in Schwierigkeiten bringen könnte, und zweitens hatte sie jetzt jemanden, mit dem sie im Heim musizieren kann. Seit Frau Thomaschitz nicht mehr unterrichtete, hatte sie kaum noch Zeit gefunden, sich hinter das Klavier zu klemmen und zu spielen. Auch sie kannte die Musik der „Rock Action“ sehr gut. Umso erstaunter war sie, dass Yvonne die Lieder dieser legendären Band kannte und sogar spielte. Diese Gruppe war doch weit vor ihrer Zeit gewesen. Vielleicht war dieser Bobby ein Fan dieser Band.
„Du kannst mir ja auch das Gitarrespielen beibringen“, sagte Rosi am nächsten Morgen, als ihr Yvonne nach dem Frühstück in der Küche half.
„Vielleicht. Aber du könntest ja beim nächsten Mal ein paar Töpfe und Pfannen aus der Küche mitnehmen und Schlagzeug spielen.“
„Keine schlechte Idee“, sagte Rosi begeistert.
„Aber vorher musst du noch singen lernen“, lachte Yvonne, als zur selben Zeit die Küchentüre aufging und Frau Thomaschitz herein blinzelte.
„Yvonne, Besuch für dich.“
„Mami“, rief Yvonne laut, lies alles liegen und stehen, und rannte aus der Küche in Richtung Aufenthaltsraum. Beide sahen der Kleinen noch kurz nach. Dann schälte Rosi die Kartoffel weiter und wackelte sehr heftig mit ihrem leicht überdimensionalen Hinterteil. Aufgestachelt vom musikalischen Vorabend, pfiff und sang sie laut, falsch, aber mit viel Begeisterung dazu. Frau Thomaschitz sah Rosi noch an, lachte, und ging danach kopfschüttelnd in den Aufenthaltsraum, wo sich Yvonne und ihre Mutter liebevoll umarmten. „Mami hat jetzt zwei Wochen Urlaub und ich darf mit nach Hause“, strahlte Yvonne übers ganze Gesicht.
„Aber vorher machen wir zwei noch einen ausgedehnten Stadtbummel. Was hältst du davon?“
„Super“, rief Yvonne und fiel ihrer Mutter gleich noch mal um den Hals. „Da kann ich ja noch einmal Bobby sehen, bevor es nach Hause geht“, dachte sich Yvonne und freute sich schon richtig darauf.
„Wie geht’s dir eigentlich mit deinem Gitarrenkurs?“
„Ihre Tochter ist schon ein richtiger Profi. Sie ist ein richtiges Naturtalent. Wir haben gestern schon das erste Mal gemeinsam miteinander musiziert“, entgegnete Frau Thomaschitz. „Und Rosi hat den Boden so richtig zum wackeln gebracht, weil sie mit unserem Besen getanzt hat.“ Yvonne krümmte sich neuerlich vor lachen, als sie ihrer Mutter davon ausführlich berichtete. Frau Thomaschitz bestätigte ihr dies mit schallendem Gelächter. Da konnte sich Yvonnes Mutter bei dieser delikaten Schilderung der beiden auch nicht mehr zurückhalten und lachte lautstark mit.
„Das hätte ich nur zu gerne gesehen“, prustete Frau Kramer. Inzwischen lief Yvonne hinauf, um ihr Köfferchen, dass sie am Vorabend bereits gepackt hatte, und die Gitarre zu holen. Kurz darauf kam sie schon die Stiegen heruntergesaust.
„So Mami, wir können fahren. Auf Wiedersehen, Frau Thomaschitz“, rief Yvonne noch und rannte zum Auto.
„Ich wünsche euch noch einen schönen Urlaub.“
„Auf Wiedersehen, Frau Thomaschitz“, verabschiedete Frau Kramer sich und ging zum Auto. Yvonne hatte ihre Sachen bereits im Kofferraum verstaut und saß bereits im Wagen, und ab ging die Post.
„Endlich wieder mit Mami shoppen“, dachte sich Yvonne und schlenderte mit ihrer Mutter durch die Gassen beim Hauptplatz. Natürlich waren auch Straßenmusikanten tätig. Aber keiner spielte so schön, wie Bobby. Kaum gedacht, sah sie ihn schon an einer Ecke stehen und spielen. „Bin gleich wieder da“, sagte sie zu ihrer Mutter und lief zu ihm. Frau Kramer ging inzwischen in ein Geschäft hinein, um sich eine neue Bluse zu kaufen. Yvonne warf ein paar Euro in Bobbys Gitarrenkoffer und gab ihm noch ein Küsschen auf die Wange. Bobby zwinkerte ihr zu und wackelte vergnügt mit seinem Hintern.
„Diese Leute sind wirklich zu bedauern. Kein zu Hause, keine Arbeit, kein Geld“, meinte Frau Kramer dazu.
„Wie recht du hast, Mami,“ antwortete Yvonne und lächelte. „Denkste, alle sind nicht gleich“, dachte sich Yvonne im Geheimen.
„Sag mal, wieso laden wir diesen Bobby nicht einmal zu uns ein? Schließlich müssen wir uns ja bei ihm bedanken, dass er dir das Gitarrespielen beigebracht hat.“
„Meinst du das wirklich?“
„Aber ja, und keine Angst, ich werde ihn nicht beißen. Am besten ist, wir laden ihn am Wochenende ein.“ Yvonne war von dem Vorschlag ihrer Mutter sichtlich beeindruckt. Die einzige Sorge die sie hatte, war, dass Bobby kein Schulfreund war, sondern der Straßenmusikant. Doch der Gedanke war schnell wieder verflogen, denn Frau Kramer hatte noch jeden ihrer Freunde gemocht.
Am nächsten Morgen schlich sich Frau Kramer in Yvonnes Zimmer um die Kleine zu wecken. Umso mehr war sie erstaunt, Yvonne nicht mehr in ihrem Zimmer anzutreffen. Sie folgte dem fröhlichen Gesänge und traf Yvonne in der Garage an. Yvonne hatte sich in die Küche geschlichen und Putzzeug geholt und putzte vergnügt an ihrem Fahrrad, das vom langen Herumstehen ganz verstaubt war.
„Ah da bist du. Du bist heute aber schon früh auf.“
„Guten Morgen, Mami.“
„Dein Fahrrad ist ja wieder richtig sauber geworden, im Gegensatz zu dir, mein Schatz. Und die Garage hast du auch in einen See verwandelt.“
„Ach das bekommen wir schon wieder hin, außerdem bin ich ja noch nicht fertig“, antwortete Yvonne, die bereits den ganzen Schmutz vom Fahrrad im Gesicht und auf der Kleidung hatte.
„Warte, ich helfe dir. Gemeinsam sind wir schneller.“
„Aber mach dich nicht schmutzig“, grinste Yvonne. Frau Kramer holte noch einen Kübel mit sauberen Wasser, und dann ging es los. Schelmisch begann Yvonne zwischendurch auch ihre Mutter zu putzen und verpasste ihr eine schwarze Nase. Das lies sich Frau Kramer natürlich nicht gefallen und begann auch an Yvonne zu schrubben. Schon ging der riesen Spaß los und dieser setzte sich auch noch in der Badewanne fort. Die beiden spritzten und plantschten herum, dass es nur so eine Freude war. „Genau das hat mir auch so gefehlt“, sagte Yvonne noch, als sie von Ihrer Mutter wieder abgetrocknet wurde.