Читать книгу Als sie schon älter waren - Roland Stieler - Страница 5
ОглавлениеIII. Kapitel
So vergingen seine Tage, durchbrochen nur von größeren Abwesenheiten, die sich ergaben im Zusammenhang mit Reisen in und durch die weite Welt , die ihm wichtig waren und die er auch gründlich vor- und nachbereitete.
Und trotz aller Beschäftigung, trotz aller Aktivitäten fühlte er sich zunehmend verzagt und niedergeschlagen. Manches Mal kam es ihm vor, als könne er seine Stimmung sogar als „depressiv“ bezeichnen.
Immer häufiger dachte er: Irgendwie mangelt es mir am Sinn dieses jetzigen Lebens ... Es gibt keine Antriebe von „außen“ – wie es früher mal war – vor allem die beruflichen und die familiären Pflichten fehlen ... Das Leben – wie ich es lebe – ist es noch für jemanden von Nutzen? ... Wem nütze ich denn noch? ... Genau gesehen gibt es keinen ... Seit Traute tot ist gibt es keinen. ... Kinder hast du nicht ... die Beziehungen zur Verwandtschaft sind nicht sehr eng und außerdem ist diese weit weg und zerstreut und hat ihre eigenen Sorgen ... kaum jemand ruft dich mal an ... Ist es ‚Einsamkeit’, die dich plagt, ist es die Nutzlosigkeit deines jetzigen Lebens, die dich quält?
Es kam ihm ein Zitat in den Sinn, das er als Motto zu dem Roman von Benoît Groult „Salz auf unserer Haut“ gefunden hatte: ein Satz von Helene Deutsch: „Einsam ist, wer für niemand die Nummer eins ist.“ Stimmt, sagte er sich. Stimmt genau ... dabei ist das mit der „Nummer eins“ ganz schön hochgegriffen. Man ist schon einsam – dachte er – , wenn man überhaupt keine „Nummer“ mehr ist für jemanden ... ja, okay: es gibt die Freunde, bei denen meine Telefonnummer nicht nur im Tele-Merker steht, sondern die dich auch mal anrufen, weil du für sie nicht ganz unwichtig bist – sonst würden sie es nicht tun. Aber: es reicht nicht, du bist für sie letztlich nur von relativ geringer Nützlichkeit. Auf jeden Fall, sagte er sich, gibt es einen inneren Zusammenhang zwischen der Einsamkeit und der Nützlichkeit oder Wichtigkeit für andere – und darauf macht diese Helene Deutsch aufmerksam. Aber ist diese Erkenntnis der Schlüssel, um mein Problem zu lösen? Ich kann doch keine Personen „backen“, für die ich wichtig bin oder gar die „Nummer eins“.
Irgendetwas musste er tun, um aus dieser psychisch belastenden Situation herauszukommen,
Ist die Lösung „eine Frau“ ?