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1. Das Frankenreich um 800 Der geographische Rahmen
ОглавлениеZu den wichtigsten politischen Auszeichnungen, die in Deutschland verliehen werden, zählt der „Internationale Karlspreis der Stadt Aachen“. Mit ihm werden jährlich am Himmelfahrtstag Persönlichkeiten ausgezeichnet, die sich um die europäische Einigung verdient gemacht haben. Bereits den Zeitgenossen galt Karl der Große, nach dem dieser Preis benannt ist, als pater Europae12. In der Tat schuf er ein Reich, das zur Wiege der europäischen Staatenwelt wurde. Seinen Kern bildete das regnum Francorum, das er 768 von seinem Vater Pippin geerbt hatte und seit dem Tod seines Bruders Karlmann 771 allein beherrschte. Der Name, „Reich der Franken“, leitet sich ab von den rechts des Niederrheins siedelnden germanischen Völkerschaften, für die seit dem 3. Jahrhundert die Sammelbezeichnung Franci gebräuchlich wurde13. Zu ihnen gehörten, mit jeweils eigenen Anführern, unter anderem die Brukterer, Chamaver, Amsivarier und Chattuarier. Ihre Siedlungsgebiete lagen im Vorfeld bedeutender römischer Städte wie Köln, Xanten und Nimwegen. Deshalb werden sie auch in den römischen Quellen erwähnt, und auf einer spätrömischen Straßenkarte, der sogenannten Tabula Peutingeriana, findet sich ihr Name gegenüber Nimwegen und Xanten eingetragen14. Wahrscheinlich gehörten zu den Franken auch noch Völkerschaften, die weiter östlich und nordöstlich siedelten; wenn uns ihre Namen nicht bekannt sind, so liegt dies einmal an der Entfernung zur Rheingrenze, zum anderen daran, dass ihre Gebiete wohl sehr früh an die Sachsen verloren gingen15.
Vielleicht erlitten dieses Schicksal auch die Salfranken oder Salier, die sich Mitte des 4. Jahrhunderts mit Zustimmung des römischen Kaisers in Toxandrien niederließen, einer Landschaft in der heutigen niederländischen Provinz Nord-Brabant. An ihrer Spitze standen spätestens seit dem 5. Jahrhundert die Merowinger, die als Stammvater nicht, wie andere germanische Königsgeschlechter, Wotan, sondern einen Meergott in Stiergestalt betrachteten. Damit folgten sie seegermanischer Tradition, während die meisten anderen fränkischen Völkerschaften zum rhein-wesergermanischen Kulturkreis zählten.
Seit der Mitte des 4. und vor allem im 5. Jahrhundert drangen fränkische Gruppierungen in Gallien ein, zunächst bis zur Somme, dann ins Pariser Becken, und schufen eine eigene Herrschaft auf römischem Boden. Als Begründer des fränkischen Großreichs gilt Chlodwig, der 481/482, also nach dem Erlöschen des weströmischen Kaisertums, an die Macht gelangte16. Er besiegte den nordgallischen Heermeister Syagrius (486/487) und dehnte nach weiteren Kämpfen die Grenzen seines regnum bis zu denen der Westgoten und Burgunder aus17. Als er 496 oder 497 gegen die Alemannen kämpfte, soll er auf dem Höhepunkt der Schlacht gelobt haben, sich taufen zu lassen, wenn er den Sieg erringe. Er gewann die Schlacht und empfing wohl am Weihnachtstag 498 in Reims die Taufe durch den dortigen Bischof Remigius18. Damit trat er vom Heidentum zum katholischen Christentum über, also nicht zum Arianismus, dem Goten, Vandalen und Burgunder anhingen. Der wesentliche Unterschied zwischen beiden Lehren besteht darin, dass die Arianer die Wesensgleichheit Christi mit dem Vater leugnen. Chlodwigs Entschluss, katholisch zu werden, hatte zur Folge, dass auch das Volk zu diesem Glauben bekehrt wurde. Dies ermöglichte eine Symbiose der fränkischen Eroberer mit der gallorömischen Bevölkerung, die katholisch war.
Gleichwohl blieb das Merowingerreich ethnisch und kulturell zweigeteilt: Im Westen, zwischen Seine, Marne und Maas, herrschte mit seiner zahlenmäßig starken und geschlossen siedelnden gallorömischen Bevölkerung das romanische Element vor, im Osten hingegen, an Rhein, Elbe und Donau, das fränkisch-germanische. Die romanische Bevölkerung, die dort lebte, wurde frankisiert oder zur Auswanderung nach Westen und Süden veranlasst. Innerhalb des regnum Francorum lässt sich seit dem 7. Jahrhundert eine zunehmende Differenzierung in die drei Großlandschaften Austrien, Neustrien und Burgund beobachten19. Hervorgegangen aus merowingischen Teilreichen, entwickelten sie ein Eigenbewusstsein, das bis zum Ende der karolingischen Herrschaft Bestand haben sollte. Ihr Umfang ist nicht immer klar zu fassen und schwankte im Laufe der Zeit. Austrien oder Austrasien, das „Ostland“, bezog sich zunächst auf die Gebiete an Rhein, Mosel und Maas bis hin nach Reims, sollte sich dann aber, bedingt durch die karolingische Expansion, Richtung Osten in die rechtsrheinischen Regionen verschieben. Als Reichsvolk verstanden sich die Bewohner des zentral gelegenen Neustrien; es reichte vom Kohlenwald (an Maas und Schelde) bis zur Loire, bevor sich die Bezeichnung auf den Raum zwischen Seine und Loire reduzierte und das Gebiet zwischen Rhein und Seine den Namen Francia media annahm20. Kern des dritten Teilreichs, Burgund, war die von den Städten Mâcon, Lyon, Vienne und Grenoble gebildete Achse. Im Norden reichte es bis in die Franche-Comté, im Süden bis in die Provence. Selbst Orléans gehörte zeitweise zu Burgund, dessen Hauptort Chalons-sur-Saône war.
Nahm das Frankenreich bereits unter den Merowingern eine wichtige Stellung in Europa ein, so wurde diese Position unter Karl dem Großen geradezu überragend21. Es gewann „für die französische und die italienische nicht weniger als für die deutsche Geschichte und darüber hinaus für das gesamte abendländische Mittelalter vorbereitende, grundlegende Bedeutung“. Natürlich besaß Karl kein Konzept, dem er von Anfang bis Ende seiner Regierung folgte. Gleichwohl ergibt sich der Eindruck, er habe seine Herrschaft zielstrebig ausgedehnt: im Norden durch die Unterwerfung der Sachsen, im Süden durch die Eroberung des Langobardenreichs, im Südosten durch seinen Sieg über die Awaren und die Eingliederung der Bayern. So entstand ein Großreich, das fast die gesamte westliche Christenheit umfasste22. Nur die Britischen Inseln, das byzantinische Unteritalien und das nicht von den Arabern besetzte Nordspanien unterstanden nicht seiner Herrschaft. Karls Biograph Einhard widmet dieser Leistung einen eigenen Abschnitt23:
„Dies sind die Kriege, welche der großmächtige König während der siebenundvierzig Jahre, die er regierte, in verschiedenen Ländern mit der größten Einsicht und durchaus glücklich geführt hat. In ihnen hat er das Reich der Franken, das er nach seinem Vater schon groß und mächtig übernommen hatte, so herrlich erweitert, daß sein Umfang fast verdoppelt ward. Denn während früher nichts weiter als der zwischen Rhein und Loire, zwischen Ozean und dem balearischen Meer gelegene Teil Galliens und von Germanien der Teil zwischen Sachsen und Donau, Rhein und Saale, an der Grenze zwischen den Thüringern und den Soraben, der von den sogenannten Ostfranken bewohnt wird, und außerdem nur noch die Alamannen und Baiern zum Frankenreich gehörten, hat er durch die erwähnten Kriege zuerst Aquitanien, Waskonien, das ganze Pyrenäengebirge und das Land bis zum Ebro unterworfen, der im Gebiet der Navarrer entspringt, die fruchtbarsten Gefilde Spaniens durchfließt und unter den Mauern der Stadt Tortosa ins balearische Meer mündet; hierauf ganz Italien, das sich von Aosta in einer Länge von mehr als tausend Meilen bis Südkalabrien ausdehnt, wo bekanntlich die Grenze zwischen Griechen und Beneventanern ist; ferner Sachsen, das keinen kleinen Teil von Germanien ausmacht und für doppelt so breit gilt als der von den Franken bewohnte, während es ihm in der Länge gleichkommen mag; sodann beide Pannonien, das auf der andern Donauseite anstoßende Dacien, auch Istrien, Liburnien und Dalmatien, mit Ausnahme der Seestädte, die er aus Freundschaft und wegen des mit ihm geschlossenen Bündnisses dem Kaiser von Konstantinopel überließ; endlich auch alle die barbarischen und wilden Völkerschaften, die Germanien zwischen Rhein und Weichsel, Meer und Donau bewohnen, so ziemlich die gleiche Sprache reden, in Sitten und Tracht aber sehr voneinander verschieden sind, und zwar so, daß er sie tributpflichtig machte. Die bedeutendsten darunter sind die Welataben, Soraben, Abodriten, Boemanen; mit diesen hat er auch Krieg geführt, die übrigen weit zahlreicheren unterwarfen sich ihm freiwillig.“
Auch in unseren Augen besaß dieses Reich ungewöhnliche Ausmaße24. Es umfasste die alte fränkische Trias Austrien, Neustrien und Burgund, darüber hinaus Aquitanien, das weite Land südlich der Loire, nicht zu vergessen die Gascogne, das auch Gothien genannte Septimanien und die Provence; ferner alle rechtsrheinischen germanischen Völkerschaften, den Ostalpenraum, Teile der Pannonischen Tiefebene; in Italien schließlich das Langobardenreich, das Patrimonium Petri sowie das Herzogtum Spoleto. Im Norden reichte es bis an die Nordsee, im Westen (mit Ausnahme der Bretagne) an den Atlantik, im Süden ans Mittelmeer, den Golf von Lion und die Adria, in Italien bis zu den Abruzzen; die Grenze zum arabischen Emirat von Córdoba verlief südlich der Pyrenäen, von den Dänen wurde es durch die Elbe, später die Eider getrennt. Im Osten lässt sich die Saale-Elbe-Linie nachzeichnen, die zudem durch eine Reihe vorgelagerter Völkerschaften, die sich in verschieden gestufter Abhängigkeit befanden, gesichert wurde.
Bei dem Gebiet, das wir beschrieben, handelt es sich um mehr als das Frankenreich, denn Karl war seit 774 auch König der Langobarden und empfing am Weihnachtstag des Jahres 800 die Kaiserkrone. Dementsprechend bezeichnete er sich in seinen Urkunden als Karolus serenissimus augustus a Deo coronatus magnus pacificus imperator Romanum gubernans imperium, qui et per misericordiam Dei rex Francorum atque Langobardorum25. Mit den Langobarden werden wir uns im Folgenden nicht mehr beschäftigen, denn Italien spielt im Rahmen einer „Deutsch-Französischen Geschichte“ nur eine untergeordnete Rolle. Richten wir unsere Aufmerksamkeit also auf die Gebiete nördlich der Alpen, das regnum Francorum, und beginnen unseren Überblick mit den Grenzregionen im Süden, Norden und Osten26.
Die Südgrenze wurde von der sogenannten Spanischen Mark gebildet. Ähnlich wie Italien war auch sie durch einen Gebirgszug, die Pyrenäen, vom übrigen Reich getrennt. Nachdem Pippin der Jüngere 759 das von den Arabern besetzte Septimanien erobert hatte, griffen die Karolinger weiter nach Süden über die Pyrenäen aus und konzentrierten sich nach dem Desaster von Roncesvalles auf den östlichen Pyrenäenraum. Als Grenze gegen das Emirat von Córdoba mussten sie sich mit einer Linie zufriedengeben, die südlich von Barcelona zunächst etwa dem Lauf des Flusses Llobregat folgte und im Landesinnern, in Zentralkatalonien, dem seines Nebenflusses Cardener und dem Mittellauf des Segre. Dies war zugleich die Grenze der marca hispanica. Die Bezeichnung „Spanische Mark“ wird nur in literarischen Texten verwandt und findet sich nicht in Herrscherdiplomen. Entgegen der landläufigen Meinung handelte es sich nicht um eine administrative Einheit. Die wichtigsten Grafschaften in dem fränkisch beherrschten Gebiet waren Barcelona (das Ludwig der Fromme als Unterkönig von Aquitanien 801 erobert hatte), Girona, Empúries, Roussillon und Urgell-Cerdagne. Wenngleich die Geographen der Antike in den Pyrenäen die Demarkationslinie zwischen Gallien und Hispanien sahen, bildete dieser Gebirgszug nur im Westen und im Zentrum eine Grenze. Im Osten hingegen stellte die Verbindung von Barcelona nach Perpignan kein Hindernis dar, so dass sich die Landschaft Katalonien zu beiden Seiten der Pyrenäen ausdehnen und schon in westgotischer Zeit eine politische Einheit begründen konnte. Angriffe der Araber, die erst im Laufe des 9. Jahrhunderts allmählich nachließen, trugen dazu bei, die Bindung der Grafschaften dieses Raums an den rex Francorum zu stärken, denn auf seine Hilfe waren sie angewiesen. Der politischen und kulturellen Einheit des katalanischen Raums wurde erst im Jahre 1659 ein Ende bereitet, als Spanien im Pyrenäenfrieden alle Territorien nördlich des Gebirges an Frankreich verlor.
Können wir im Süden des Reichs eine relativ deutliche Grenze festmachen, so gilt dieser Befund auch für den Norden, wo der dänische König zu einem ernsthaften Rivalen Karls des Großen emporstieg27. Als Grenze galt die Elbe, deren Schutz den vorgelagerten Abodriten, einem westslawischen Stamm, anvertraut worden war. Zu ihnen unterhielt Karl ein freundschaftliches Verhältnis, das jedoch einen Gegensatz zum Dänenkönig Gudfred heraufbeschwor, der seinerseits wirtschaftliche Interessen im Stammesgebiet der Abodriten verfolgte. 808 kam es zu einem dänischen Angriff auf Karls Verbündete, die sich zum größten Teil unterwerfen mussten. Die Situation änderte sich grundlegend, als Gudfred ermordet wurde und ihm ein frankenfreundlicher Herrscher folgte. 811 schloss man Frieden; Nordalbingien wurde dem Frankenreich eingegliedert und die Grenze bis zur Eider vorgeschoben. Nördlich von ihr hatte der Dänenkönig einen großen Verteidigungswall errichten lassen, das „Danewerk“28.
Mit einer schwerer zu fassenden Konstellation sehen wir uns im Osten und Südosten des Reichs konfrontiert29. Verbindungen der Franken zu den Slawen lassen sich seit dem 7. Jahrhundert nachweisen, als mit Samo ein Kaufmann wahrscheinlich fränkischer Abstammung als Fürst im böhmischmährischen Raum herrschte. Karl Martell schloss mit slawischen Verbänden Abkommen, die sie zu militärischer Unterstützung verpflichteten, und auch Karl der Große wies ihnen in seinen politischen Konzeptionen eine wichtige Rolle zu. Die engen Beziehungen, die in jener Zeit bestanden, erklären auch, dass sich in allen west- und südslawischen Sprachen das Wort für „König“ von seinem Namen herleitet, so im Tschechischen „korl“ und im Polnischen „król“30. Für sie war er der Herrscher par excellence. Die Reichsgrenze verlief, grob gezeichnet, von der Ostsee landeinwärts, dann entlang der Elbe und Saale bis nach Oberfranken und von dort der Donau, später der Enns folgend nach Süden. Sie kontrollierte einen Saum, den mehrere in Abhängigkeit gehaltene westslawische Kleinstämme bildeten, zu denen wir die Abodriten, Sorben, die böhmischen und mährischen Stämme zählen. Es ist nach wie vor unklar, wie weit die fränkische Oberhoheit nach Osten reichte. Von Karantanien über Pannonien bis zur Adria waren slowenische und kroatische Fürstentümer dem Reich lose angegliedert; dies gilt auch für eine Gruppe von Awaren, die man im Raab-Donau-Winkel angesiedelt hatte.
Der weiten Ausdehnung des Karlsreiches entspricht eine naturräumliche Gliederung, die durch unterschiedliche klimatische, geologische und landschaftliche Räume geprägt ist. Der Flusslauf der Loire und die Alpen trennen die nördliche von der südlichen Klimazone31. Eine breite Tieflandzone von der Garonne bis zur Elbe und über sie hinaus verleiht dem Raum ein relativ einheitliches geologisches Bild32. Er wird durchzogen vom Kohlenwald in Nordfrankreich, den Ardennen sowie den Vogesen, die nach mittelalterlicher Vorstellung bis zur Eifel reichten, an sie schließt weiter südlich der Jura an, der wiederum die Verbindung zu den Alpen herstellt. Im Südwesten liegt das Zentralmassiv, von den Alpen durch das trichterförmige Rhônetal getrennt.
Westlich des Rheins stehen zwei Hochgebirge (Pyrenäen und Alpen) vier Mittelgebirgen gegenüber (Zentralmassiv, Jura, Vogesen und Ardennen)33. Waldzonen waren der Kohlenwald, die Ardennen und die Eifel, das Tal der unteren Seine, das westliche Aquitanien, die Ebenen nördlich der Garonne sowie das Vorland der Pyrenäen. Die drei großen Flusssysteme von Seine, Loire und Garonne münden in den Atlantik, die Rhône in das Mittelmeer. Im Westen und im Norden des Zentralmassivs haben wir zwei große Beckenlandschaften, das Aquitanische und das Pariser Becken, die maritimem Einfluss ausgesetzt sind. Durch ihr gemäßigtes Klima und ihre fruchtbaren Böden boten sie sich als Siedlungsland an. Von besonderer Bedeutung ist das zentral gelegene Pariser Becken, das nicht nur den Großraum Paris erfasst, sondern eine weitläufige Landschaft bildet, die im Norden vom Artois, im Osten dem lothringischen Plateau und im Westen dem normannischen Hügelland begrenzt wird, während sie zur Loire hin offen ist und Touraine sowie Berry umschließt. Zwischen Zentralmassiv und Pyrenäen gewährt der Südhang des Lauragais die kürzeste Verbindung vom Atlantik zum Mittelmeer, von dort aus zu Rhône und Saône und über die Burgundische Pforte zum Rheintal. Die Burgundische Pforte, eine 28 km breite Senke zwischen Vogesen und Schweizer Jura, verbindet Mittel- und Südeuropa miteinander und war schon in der Antike von immenser strategischer Bedeutung. Noch im Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 sollte Belfort als Sperrfeste eine wichtige Rolle spielen.
Für die Gebiete östlich des Rheins lassen sich sechs naturgeographische Großräume ausmachen34: das Küstenland an Nord- und Ostsee, das nördliche Tiefland, die Mittelgebirge, die vom Rheinischen Schiefergebirge über den Harz bis zu den Sudeten reichen, das süddeutsche Stufenland, das Alpenvorland und die Alpen. Während die Alpen den Zugang zum Süden, nach Italien und dem Mittelmeer, erschweren, sind der Westen, der Osten und der Südosten des Gebiets, das später Deutschland bilden sollte, relativ offen strukturiert. Das nördliche Tiefland zeichnet sich durch eine einheitliche Struktur aus, seine Tieflandbuchten schieben sich weit nach Süden vor, zugleich öffnet es sich nach Osten. Der Süden hingegen ist durch Thüringer und Böhmerwald sowie die Alpen dem Lauf der Donau folgend nach Südosten hin orientiert. Stärker als im Norden lässt sich hier eine Gliederung ausmachen mit den Beckenlandschaften an Neckar und Main, die Oberrheinische Tiefebene, die einen 30 km breiten und 300 km langen Graben bildet, der auf beiden Seiten von Gebirgsland eingeschlossen wird, das Alpenvorland und die Hügellandschaft zwischen Regensburg und Passau, während dem Bodenseegebiet eine Sonderstellung zukommt. Rhein, Weser und Elbe fließen von Süden nach Norden; von ihnen besaß aber nur der Rhein als eine der wichtigsten Verkehrsstraßen überhaupt die Funktion einer Nord-Süd-Achse. Main und Donau weisen nach Osten. Einer Verbindung der Flusssysteme von Rhein und Donau sollte die Fossa Carolina dienen. Dabei handelte es sich um einen Kanal oder schiffbaren Graben zwischen Rednitz und Altmühl. Dieses von Karl dem Großen wohl 793 in Angriff genommene Unternehmen scheiterte jedoch an den technischen Möglichkeiten der Zeit. Große Teile der östlichen Reichshälfte waren bewaldet. Dies galt vor allem für die Alpenfront, die schwäbische und bayerische Hochebene sowie für Teile Thüringens und Sachsens.