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Auch der nächste Tag folgte dem gleichen Schema. Nach zahlreichen wachen Stunden in der Nacht stand ich so früh wie möglich auf und machte mich mechanisch fertig. Sam und ich fuhren ins Krankenhaus. Ich saß bereits eine halbe Stunde bei Shawn und beobachtete ihn, bis mir fast die Augen zufielen. Diese schlaflosen Nächte taten mir eindeutig nicht gut. Genauso wenig wie das wenige Essen, das ich schaffte, bei mir zu behalten. Aber es gab etwas viel Wichtigeres als Essen und Schlaf. Jede mögliche Sekunde bei Shawn zu verbringen. Also saß ich auf dem Stuhl neben seinem Bett und machte nichts anderes, als ihn anzustarren.

Wie jeden Vormittag ging die Zimmertür auf, und Dr. Hills betrat den Raum. Er stellte sich vor das Krankenbett, und ich krallte die Fingernägel in meine Oberschenkel. Ich wappnete mich gegen den Satz, den ich nicht mehr hören wollte. Heute waren es vier Tage seit dem Kampf. Sechsundneunzig Stunden. Fünftausendsiebenhundertundsechzig Minuten. Unendliche Sekunden.

Dr. Hills räusperte sich. »Wie geht es Ihnen heute, Miss?«

Ich sah ihn gequält an, und er nickte wissend. Es brachte ja doch nichts, ihn anzulügen. Er überprüfte die Maschinen, checkte Shawns äußerliche Kampfverletzungen, die jeden Tag mehr verblassten, und überprüfte den Tropf, an dem er hing. Ich dachte schon, er wandte sich ab, aber stattdessen blieb er zögerlich im Raum stehen. Fragend sah ich ihn an. Was war los? Wollte er die Maschinen abstellen? Wo war der Satz? Ich musste den Satz hören! Hatte selbst er die Hoffnung aufgegeben? Großer Gott, meine Finger krallten sich noch tiefer in mein Fleisch, und ich unterdrückte ein Schluchzen, bis er endlich den Mund aufmachte: »Auch wenn ich Ihnen dies eigentlich nicht sagen dürfte, weil Sie keine direkte Angehörige sind …« Er senkte die Stimme, und Panik kroch in mir hoch. Das war es. Der Tag des Abschieds war gekommen. So schnell. Wir hatten so wenig Zeit! »Der Verdacht auf eine Hirnblutung hat sich nicht bestätigt, und die Schwellung des Hirns ist zurückgegangen.« Überrascht blinzelte ich einige Male und sah zu Shawn zurück. Was hatte er eben gesagt?

»Wie bitte?«, krächzte ich und strich mir eine Träne von der Wange, die bereits hinuntergelaufen war. Dr. Hills sah mich lächelnd an. Aber es war kein erleichtertes Lächeln, eher ein mitleidiges. »Heißt das, er kann jetzt wieder aufwachen?«, fragte ich.

Er nickte, und ich atmete laut aus. »Es waren nur vier Tage. Er wird ganz bestimmt wieder aufwachen.«

»Danke«, flüsterte ich, und schon wieder stiegen mir Tränen in die Augen. Genervt strich ich sie mit dem Handrücken weg. Ich wollte nicht mehr weinen! Schon gar nicht bei Shawn. Er könnte bald aufwachen! Also hatte er nun mehr verdient als Trauer.

Der Arzt lächelte freundlich, nickte einmal und verließ den Raum.

Sam betrat kurz hinter ihm das Krankenzimmer und bemerkte sofort, dass etwas anders war. Einen so feinfühligen Menschen hatte ich selten erlebt.

»Lauren? Was ist?« Seine braunen Augen funkelten beunruhigt und er fuhr sich nervös durch die dunklen Haare.

»Der Arzt …« Meine Stimme zitterte, als ich begann. Ich musste mich einen Moment sammeln. »Dr. Hills hat gesagt, Shawn könnte bald aufwachen. Er hat keine Hirnblutung.«

Sam atmete erleichtert aus, schloss kurz die Augen und fuhr sich mit den Handflächen über das Gesicht. »Das ist großartig«, erwiderte er und zog ein wenig den Mundwinkel nach oben. Sein Lächeln wirkte immer noch nicht entspannt, aber bisher hatten wir auch noch keinen wirklichen Grund, um zu lachen oder aufzuatmen. Shawn lag immer noch hier und hatte die Augen geschlossen. Selbst der Arzt konnte nicht sagen, wie lange es noch dauern würde. Und was, wenn er mich gar nicht mehr erkannte?

Sam trat ans Bett und setzte sich wie jeden Tag auf den Stuhl mir gegenüber.

»Er ist ein Kämpfer. Schon immer gewesen. Du denkst doch nicht, dass er dieses Mal nicht gewinnt. Seine Siege können wir kaum zählen.«

Ich nickte, denn ich wollte genauso zuversichtlich sein wie Sam.

»Gini wartet draußen auf dich, sie wollte dir etwas sagen.« Sam wirkte unruhig.

»Wieso? Was möchte sie mir sagen?«

»Frag sie das am besten selbst.«

Angespannt sah ich zu Shawn und wieder zurück zu Sam. »Ich kann jetzt nicht gehen«, erwiderte ich heiser. »Was, wenn er aufwacht!«

»Gini ist direkt vor der Tür. Es dauert nur zwei Minuten, und ich bin hier. Wenn er sich regt, sag ich dir sofort Bescheid.«

Ich schluckte, doch es schien wirklich dringend zu sein, also erhob ich mich langsam und ging in Zeitlupe aus dem Raum. Es war schließlich meine kleine Schwester. Sie durfte ich nicht vergessen, auf keinen Fall. Ich sah Gini, die auf einer etwas entfernten Stuhlreihe saß. Ihr Bein wackelte nervös, und sie kaute auf ihrer Unterlippe, als ich auf sie zulief.

»Gini, was ist los?« Ich setzte mich neben sie.

»Darren …«

Ich presste die Lippen fest aufeinander, um die aufkommende Wut zu unterdrücken.

»Er und Junus wurden angeklagt. Gerade eben, kurz nachdem ihr vorhin weg wart, kam ein Polizeibeamter im Hotel vorbei und hat ein Schreiben vorbeigebracht. Es gibt noch keinen genauen Termin für die Verhandlung, aber ihnen wird vorgeworfen …« Sie verstummte, und ich nahm ihre Hände in meine.

»Was haben sie getan?«

»Sie haben Junus’ Handschuhe verstärkt. Mit Sand.« Ich blinzelte einige Male und versuchte Ginis Aussage zu verarbeiten. Es dauerte eine Weile, bis ihre Worte tatsächlich in meinem Hirn ankamen.

»Deshalb waren seine Treffer heftiger als Shawns«, bemerkte ich leise.

Gini nickte. »Sie haben den Typen, der die technischen Kontrollen vor den Kämpfen macht, bestochen. Deshalb hat er nichts gesagt und deshalb konnte Junus so antreten. Aber er hat ein schlechtes Gewissen bekommen und sich selbst mit angezeigt. Sie wurden auf Malones Anwesen gefasst, weil die Kommission gegen sie Anzeige wegen Körperverletzung erstattet hat.«

Übelkeit stieg in mir hoch, und ich schnappte nach Luft. Der Kampf wäre anders ausgegangen, wenn sie mit fairen Mitteln gekämpft hätten. Shawn hätte Sawyer fertiggemacht! Daran bestand überhaupt kein Zweifel.

»Es tut mir so leid«, schluchzte Gini. »Hätte ich mehr mitbekommen damals, hätte ich euch sagen können, was er plant, aber ich …«

Schnell drückte ich sie an mich und strich ihr übers Haar. »Bist du wahnsinnig? Dir hat er doch auch etwas angetan! Es war doch nicht deine Schuld! Sie wollten zuerst dich benutzen, Gini!« Dass sie überhaupt so etwas dachte, machte mich unfassbar wütend. Noch wütender, als ich ohnehin schon war.

Sie löste sich von mir und sah mich durch ihre grünen Augen bedauernd an. »Der Polizeibeamte hat gesagt, dass wir damit rechnen können, dass alle drei mehrere Jahre im Knast landen. Außerdem werden sie vom Sport ausgeschlossen.«

»Das ist auch das Mindeste! Und denk ja nicht, dass du etwas dafür kannst! Die beiden sind die Schweine!«

Gini nickte traurig, und ich drückte sie fest an mich. Ich konnte kaum ertragen, wie gebrochen sie immer noch wirkte. Und es würde noch eine ganze Weile dauern, bis sie wieder die Alte war. Glücklichweise hatte meine Mum darauf bestanden, dass sie sich zur Hilfe einem Psychologen anvertraute, und ich hoffte, dass wir gemeinsam mit ihm Gini wieder aufbauen konnten. Wenn ich nur an Malone dachte, spannte sich alles in mir vor Wut an.

»Lauren!« Sams Rufe klangen über den Flur. Ruckartig drehte ich mich um und sah, wie er aus dem Zimmer gestürzt kam.

»Lauren! Er wacht auf!«

Rage

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