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Historische Hintergründe: Leben im Mittelalter

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Historische Hintergründe: Leben im Mittelalter

Das Mittelalter umfasst einen großen Zeitraum der europäischen Geschichte, der vom 6. Jahrhundert bis zum 15. Jahrhundert reicht. In diesen 1.000 Jahren haben sich die Technik und die Gesellschaft natürlich weiter entwickelt. Es gab weder eine einheitliche Küche noch einen einheitlichen Wohnstil in dieser Zeit. Einheitlich war eine große Feuerstelle, Herde waren unbekannt. In der Regel dienten Regale zur Aufbewahrung von Lebensmitteln. Auf großen Tischen wurden die Lebensmittel zubereitet und hier wurde auch gegessen, üblicherweise saß man auf Bänken davor. Hatte man Personal, aßen die Herrschaften in anderen Räumen. In den meisten Häusern war die Küche der einzige beheizte Raum, er wurde daher intensiv genutzt. Zum Teil wurde auch Kleinvieh in der Küche gehalten. Da man damals kaum Kamine einbaute, diente die Küche oft als Rauchabzug für alle Feuerstellen im Haus. Sie waren daher hoch und verjüngten sich meist nach oben. In Städten gab es auch schon so etwas wie einen Rauchfang.Die gesamte Zeit war durch einige historische und klimatische Besonderheiten geprägt. Bedingt durch den Niedergang des Römischen Reichs und die Wirren der Völkerwanderung, ging einiges Wissen verloren. Da sich viele Völker aus den angestammten Gebieten entfernt hatten und nach Europa eingedrungen waren, fanden verheerende Kriege statt. Zu Beginn des Mittelalters war Europa sehr dünn besiedelt. Die Menschen ernährten sich überwiegend von Getreideprodukten, auch Milchprodukte und Gemüse waren verbreitet. Als Grundnahrungsmittel dienten Rüben und Kohl. Die meisten Menschen lebten in Dörfern. Einige wenige Städte gingen auf römische Gründungen zurück. Sie waren Regierungssitze und/oder Bischofssitze. Ein typisches städtisches Bürgertum hatte sich noch nicht richtig entwickelt. Die Landbevölkerung war für die Ernährung der Menschen wichtig, sie musste an den Boden gebunden werden. Den Bauern war daher Freizügigkeit untersagt, allerdings gab es die Regel, dass jeder frei wurde, der es schaffte, ein Jahr in einer Stadt zu verweilen. Es gab Freie, Unfreie und den Adel. Auch die Freien waren vom adligen Herrn abhängig.

Ab 900 wurde das Klima deutlich wärmer. Zusätzlich machten die Menschen technische Fortschritte beim Ackerbau. Diese günstigen Umstände führten zu einem raschen Anstieg der Bevölkerung. Während die Menschen bisher ihre Werkzeuge meist selbst herstellten, übernahmen dies nun nach und nach Fachleute. Ab dem 12. Jahrhundert begannen sich in den Städten, Handwerkszünfte zu etablieren. Ein überwiegend reiches Bürgertum aus Handwerkern und Kaufleuten entstand.

In einem typischen Handwerksbetrieb lebten die Lehrlinge, Gesellen und der Meister mit seiner Familie in einem Haus. Die Ernährung der Menschen änderte sich, es wurde mehr Fleisch verzehrt. Bis zu diesem Zeitpunkt gab es über oder auf den Herden meist nur einen großen Topf in dem Brei gekocht wurde. In vielen Märchen wird heute noch von Brei erzählt. Bratspieße dürften ungefähr ab dem Jahr 1.000 auch in den Küchen der ärmeren Leute eingezogen sein. Während in den Küchen des Adels ganze Rinder auf dem Spieß landeten, waren es wohl bei den Bauern eher Hühner und Gänse. Da man oft nur die Tiere schlachtete, die keine Eier oder Milch mehr gaben, wurde das Fleisch meist mit Gemüse gekocht, bis es weich war. Das Fleisch alter Tiere wird beim Braten ungenießbar. Der Adel aß übrigens besonders gerne Schwäne.

Gegen Ende des Mittelalters setzte wieder eine kühlere Zeit ein, was bedingt durch die größere Bevölkerungsdichte zu Hungersnöten führte. Dieser Umstand löste die Bauernkriege aus, die wiederum die Gesellschaft total veränderten.

Die Menschen im Mittelalter bezeichneten Ihr Zeitalter als das überlegene aetas christiana (“christliches Zeitalter“), das mit der Geburt Christi begann und erst mit dem Jüngsten Tag enden sollte. Die Gesellschaft war stark von der Kirche geprägt, technischer Fortschritt wurde unter dem Gesichtspunkt des Glaubens betrachtet. Die zahlreichen Kirchen, die in dieser Zeit entstanden, beweisen, dass die Menschen auf keinen Fall ungebildet waren. Zurück zum Projekt: Für uns war es zunächst schwierig, sich den Alltag im Mittelalter vorzustellen. In Museen erkennt man zwar, wie die Küchen aufgebaut waren, auch dass diese entsetzlich verrußt waren, aber wie die Menschen kochten, war kaum nachvollziehbar.

Die Herde des frühen Mittelalters waren kniehohe gemauerte Platten, auf denen das Feuer vermutlich ständig brannte. Das Feuer diente der Beleuchtung, denn die Räume hatten nur kleine Fenster. Sicher wurden viele Speisen zumindest im Sommer im Freien zubereitet. Über den Herden gab es Bratspieße und Töpfe, die an Ketten aufgehängt waren. Diese waren aus Eisen, Bronze oder Kupfer. Auch Keramiktöpfe waren im Einsatz. Vermutlich standen auch hölzerne Fässer in den Räumen und Körbe. Teilweise kochte man auch in Töpfen, die neben dem Feuer standen und regelmäßig gedreht wurden. Die Küchen in den Museen wirken immer eigentümlich leer. Im Mittelalter waren zahlreiche Menschen darin beschäftigt. Auch dürften Ställe mit Kleinvieh und Becken mit Fischen darin gewesen sein. Man weiß von abschließbaren Schränken und Truhen, in denen Mehl und Brot gelagert wurden. Gewürze waren meist in einem separaten Raum unter Verschluss. In vielen Küchen gab es Hunde, die in einer Art großem Hamsterrad für den Antrieb des Bratspießes sorgten. Auch die heiße Luft, die über dem Herd aufstieg, wurde, zum Teil für den Antrieb des Spießes verwendet. In der Regel mussten aber Dienstboten der unteren Ränge diesen Spieß drehen. Hunde und Katzen waren in den Küchen keine Seltenheit, sie hielten Ratten und Mäuse fern, dienten also dem Schutz der Lebensmittel. Der über der Feuerstelle aufsteigende Rauch wurde genutzt, um darin Würste und Fleisch zu räuchern. So bewahrte man diese Lebensmittel vor dem Verderben, denn Kühlungen gab es noch nicht.

Typische Gegenstände in der mittelalterlichen Küche waren Spieße, Bratroste, Töpfe, Mörser mit Stößel, Reiben, Fässer, Körbe, Lederbeutel und ein Blasebalg um das Feuer anzufachen. Wenn es nach unserer Fantasie gegangen wäre, hätten wir alles in unseren Küchennachbau gepackt, was es in den Küchen gab. Aber wir haben uns für eine Art Schaukasten entschieden. Eine Szene, die in der Nähe des Herdes stattfindet. Die Ställe und das Fischbecken sind nicht zu sehen. Der Betrachter der Szene steht also mitten in der Küche und schaut zum Herd.

Wir bauen eine Mittelalterküche

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