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ОглавлениеKapitel 2
Von Kultur und Charaktereigenschaften
Menschen sind durch Kultur geprägt. Die Kultur definiert uns, unsere Epoche, unsere Generation. Sie ist es, die uns von den Tieren zu unterscheiden vermag. Aber wie manifestiert sich die Kultur bei uns Menschen? Eine spannende Frage mit vielen Antworten. Und die meisten Antworten, die ich in den letzten 30 Jahren gehört habe, haben diese Gemeinsamkeit: die Kultur der Menschen ist erlernt. Sie wird uns zumeist von unseren Eltern oder Erziehungsberechtigten vermittelt und ist kaum angeboren. "Die Füße kommen nicht auf den Tisch!" Die Kinder auf unserer Welt probieren alles aus, was sie nur können. Das gehört zu unserem Dasein dazu. Man könnte es auch ein immer wiederkehrendes Lernen nennen. Wir probieren etwas aus und schauen mal was passiert. Passiert es immer wieder auf die gleiche Weise, werden wir uns "sicherer", dass es auch wieder so passieren wird. Wir fangen an die Geschehnisse vorherzusagen. Das geschieht bereits, wenn wir etwas eigentlich noch gar nicht so oft getestet oder probiert haben. Fasst man als Kind an die heiße Heizung und es entsteht ein Schmerz, so wird dies sehr schnell zur Sicherheit führen, dass mit dieser Handlung ein Schmerz verbunden sein wird, wenn wir es denn wieder tun würden. Und die Häufigkeit der Versuche wird bei jedem Menschen unterschiedlich sein. Nun frage ich Sie nach einer komplizierten Handlung: Können Sie bitte dieses Wissen auf alle Erfahrungen abstrahieren, die Sie als Kind gemacht haben? Ich will erklären was ich meine. Es geht nicht nur darum, sich an die heiße Heizung zu erinnern und damit "zu verstehen" was das Konzept "heiß" bedeutet. Es geht darum alle ihre erlernten Konzepte zu aktivieren und sich kurz in Erinnerung zu rufen, dass in jeder Sekunde die erlernten Muster zu Entscheidungen führen. Legen Sie das Konzept "Backofen" auf den Tisch, und das Konzept "Kühlschrank". Wie viele Male haben wir als Kind eine Tür "auf" und "zu" gemacht? So oft, bis sich ein Konzept daraus entwickelt hat. Eine Sicherheit, die uns dazu in die Lage versetzt zu sagen: "Ja, die Tür ist gerade offen! Da bin ich mir sicher." Oder auch: "Wenn du mit der Hand an die Heizung fasst, so wirst du dir wehtun!" Tatsächlich tragen wir alle sehr viele Konzepte mit uns herum. Die haben wir gelernt, um zu überleben, weil unsere Eltern oder Dorfältesten sie uns auferlegt haben oder weil wir uns für etwas interessiert haben. Viele davon konnten wir uns nicht aussuchen, denn die ersten 10-20 Jahre unseres Lebens sind wir eigentlich noch nicht mündig gewesen - dumm gelaufen. Ich kenne bisher keine Literatur, die belegt wie viele gemeinsame Konzepte notwendig sind, bis wir von einer "Kultur" sprechen können oder dürfen. Aber es lässt sich ableiten, dass wir in einer kulturellen Gemeinschaft auch gleiche Konzepte erlernt haben. In der Religion mögen Sie "Glauben" heißen, in der Staatenlehre "Gesetze". In der Wertegemeinschaft sprechen wir von "Normen". In jedem Fachbereich gibt es Gemeinsamkeiten, manchmal auch "Paradigmen" genannt. In der Wissenschaft werden sie auch schon mal abgelöst oder weiterentwickelt. Der Begriff "Manifest" sagt es direkt aus, denn hier werden gemeinsame Werte "festgehalten" ("manifestiert"). Und weil das Leben zu vielseitig ist um alle erlernten Muster zu analysieren, konzentrieren wir uns im Folgenden auf Konzepte, die uns alle angehen. Diese wurden in der Psychologie definiert und untersucht. Im Laufe der letzten 100 Jahre wurden in der Psychologie erstaunliche Konzepte entwickelt. Sie beschreiben die typischen Ausprägungen von menschlichen Persönlichkeiten. Es geht also um Charakterzüge; es geht um menschliche Eigenschaften, die entweder stark oder schwach ausgeprägt sein können. Und gleichzeitig wiederum nicht um alle Eigenschaften auf einmal. Mit der Zeit haben sich Konzepte entwickelt, die so allgemeingültig sind, dass sie auch außerhalb des Fachbereichs der Psychologie Anwendung finden. Es geht also um eine Methode, mit der es möglich ist, allgemein zu beschreiben welche Charakterzüge jemand besitzt. Hiervon profitiert das moderne Marketing in erheblichem Maße, da herausgefunden wurde, dass die durch die Psychologie beschriebenen Eigenschaften sich prima zur Einteilung (Segmentierung) von Nachrichten-Empfängern eignen. Das ist vor allem dadurch begründet, dass die Eigenschaften so allgemein gehalten sind, dass man Gruppen / Segmente daraus ableiten kann und gleichzeitig ebenso individuell, dass die Maßnahmen auf die Einzelperson einwirken können, wodurch wiederum eine Personalisierung stattfinden kann. Im folgenden Kapitel sehen wir uns die tief ergründeten Eigenschaften oder auch Persönlichkeitsmerkmale an und schauen anschließend im Detail, welche Schlussfolgerungen aus den einzelnen Ausprägungen abgeleitet werden können. Zuvor muss jedoch noch ein grundsätzlicher Aspekt adressiert werden: die Persönlichkeiten der Menschen sollten unbedingt geschützt werden. Es handelt sich dabei um etwas höchst Subjektives. Menschen anhand der Persönlichkeit einzuordnen grenzt an Perfidität. Der schmale Grat verläuft hier zwischen Profit und Moral. Will sagen: die nachstehend aufgezeigten Methoden sollen der Aufklärung und dem Verständnis dienen. Sie wurden niedergeschrieben, um Botschaften genauer analysieren zu können. Ob wir anhand von Charakterzügen einsegmentiert werden, ist gleichzeitig auch eine Frage der Informationen, die wir zur Verfügung stellen. Es sollte immer unser Bestreben sein, die eigene Privatsphäre und die der Mitbürger*innen zu schützen. In diesem Sinne sind Werbetreibende und Konsumierende gleichermaßen dazu aufgerufen, mit den folgenden Heuristiken sorgsam umzugehen. Unmoralische Kreaturen werden weiterhin nicht davor zurückschrecken, die Methoden für politische Ziele auszubeuten. Durch die Niederschrift der Methodik ist jedoch auch der Mündigkeit der Menschen ein Stück weit Sorge getragen.
Bleiben Sie kritisch...