Читать книгу Seewölfe - Piraten der Weltmeere 211 - Roy Palmer - Страница 4

1.

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Narayan beobachtete, wie das feinmaschige Netz im Wasser versank, als löse es sich im Nichts auf. Er kontrollierte die Position der kleinen Korkschwimmer, die in der Dunkelheit gerade noch zu erkennen waren, und dann gab er seinem Sohn Chakra durch einen Wink zu verstehen, er solle anrudern, damit sich die Leinen etwas strafften.

Als er sich davon überzeugt hatte, daß sich Netz und Leinen nicht miteinander vertörnen konnten, schaute er in den Himmel.

Der Nachthimmel spannte sich pechschwarz über der See, der Koromandelküste und den Ghats des Dekkans im Landesinneren. Weder die Sichel des Mondes noch ein einziger Stern waren zu sehen. In den gigantischen Wolken, die sich schon am Tag zusammengeballt hatten, schien sich eine Drohung zu verbergen.

Narayan kauerte im Heck seines geräumigen Fischerbootes. Er drehte sich jetzt langsam um und wandte sein hartes, etwas zerknittertes Gesicht, das ihn älter erscheinen ließ, als er in Wirklichkeit war, seinem Sohn Chakra zu.

Chakra saß auf der mittleren der drei Duchten und bewegte mit spielerisch leichtem Schlag die wuchtigen Riemen. Er war ein kräftiger junger Mann mit gut ausgebildeten Muskeln und breiten Schultern, arbeitsam und hilfsbereit, jedoch manchmal etwas zu forsch und draufgängerisch.

„Wir haben noch genug Zeit, bis der Regen einsetzt“, sagte Narayan. „Die Luft ist schwül und gewittergeladen. Die Fische drängen zur Oberfläche des Wassers. Es wird ein guter Fang werden.“

„Wir müssen nur Geduld haben“, meinte Chakra.

„Geduld und Ausdauer“, sagte sein Vater. „Daran soll es uns nicht mangeln.“

„Aber die Wellen werden bald heftiger gehen.“

Narayan lächelte. „Bald, aber nicht sofort. Bis es soweit ist und wir uns in die Bucht des Dorfes zurückziehen müssen, haben wir unsere Fische im Netz, verlaß dich darauf.“

„Vater“, sagte der junge Mann. „Die anderen Männer hätten gut daran getan, sich uns anzuschließen. Warum sind sie unserem Beispiel nicht gefolgt? Sie hören doch sonst auf dich, da du zum Rat der Ältesten zählst.“

„Sie haben Angst. Die Nacht ist voller Gefahren.“

„Aber der Brahmane – was hat er ihnen gesagt, bevor wir ablegten und die Bucht verließen?“ fragte Chakra.

„Der Brahmane sagt, man solle Shiva nicht reizen. Shivas Launen seien unberechenbar in einer Nacht wie dieser.“

Chakra hob die Augenbrauen. „Und diese Ermahnungen schlägst du in den Wind?“

Wieder lächelte Narayan. „Keine Sorge, mein Sohn. Der Brahmane ist klug und weitsichtig, aber nicht allwissend. Vergiß nicht, daß ich ein Panda, ein Schriftgelehrter, bin und die Götter mir ebenso nah sind wie ihm. Ich versichere dir, Vishnu, der Erhaltende, wird Shiva jederzeit zurückhalten, solange wir auf See sind, und auch Rudra, der Gott des Sturmes, wird keine Macht über uns haben.“

Chakra bediente wieder die Riemen, dann sagte er: „Ich habe keine Angst und vertraue dir. Aber ich glaube, die Männer des Dorfes werden uns unseren Fang neiden.“

„Wir werden ihnen davon abgeben.“

„Aber – das haben sie nicht verdient!“ stieß der junge Mann empört aus.

„Sie werden uns die Geste danken, und Vishnu wird dabei auf uns niederblicken“, sagte Narayan. „Vishnu wird uns auch weiterhin wohlgesonnen sein, und das ist gut für unser Karma.“

Chakras Miene wurde starr und trotzig. „Wir mühen uns hier ab, und dann sollen wir einen Teil unseres Fanges verschenken, statt ihn zu verkaufen. Das sehe ich nicht ein und …“

„Schweig!“ unterbrach sein Vater ihn scharf. „Du bist zu jung und zu unerfahren, um dir ein solches Urteil erlauben zu können! Du mußt noch sehr viel lernen in diesem irdischen Dasein, damit du eines Tages einen Platz im Nirwana, im Paradies der unendlichen Glückseligkeit erlangst!“

„Verzeih mir“, sagte Chakra und senkte den Kopf. „Ich wollte dich nicht verärgern.“

Narayans Züge nahmen einen etwas milderen Ausdruck an. Er wollte die Gelegenheit jetzt nutzen, um seinem Sohn einen Vortrag über die Bedeutung und Wirkung des richtigen menschlichen Tuns zu halten, aber plötzlich versteifte sich seine Gestalt, und sein Blick glitt von Chakras Gesicht ab und richtete sich auf die See.

Das Fischerboot lag beigedreht mit seiner Steuerbordseite zu dem aus Nordosten einfallenden Wind gewandt, sein Bug richtete sich also zur im Westen befindlichen Küste, während das Heck auf das offene Meer zeigte.

Narayan vermochte die Erscheinung, die sich zwischen ihrem Boot und der Küste dahinbewegte, deutlich genug zu erkennen, um eine Täuschung auszuschließen.

Der Schatten war groß und bizarr und ganz plötzlich aus der Schwärze der Nacht hervorgewachsen wie Mulayaka, der böse Dämon, vor dem sich alle Hindus fürchteten.

Chakra wartete vergeblich auf die nächsten Worte seines Vaters. Da er jedoch fest damit gerechnet hatte, eine halbe Predigt über die rechte Sittlichkeit und Moral der Menschheit zu hören, hob er den Kopf wieder ein wenig und sah seinen Vater verwundert an.

An dem Blick Narayans, der direkt an seiner rechten Schulter vorbeiging, erkannte Chakra sofort, daß etwas nicht stimmte.

Er drehte sich um und spähte selbst in die Nacht hinaus – und jetzt konnte auch er das düstere Schiff sehen, vor dessen zwei Masten sich dreieckige Segel blähten. Mit südlichem Kurs glitt es dicht unter Land dahin, aber im nächsten Augenblick hatte die Dunkelheit seine Konturen wieder verschluckt.

Chakra fuhr auf der Ducht zu seinem Vater herum und wollte etwas sagen, doch Narayan preßte den Zeigefinger auf die Lippen. Er blickte unausgesetzt zur Küste hinüber und bedeutete seinem Sohn durch eine Gebärde, noch einmal den Kopf zu wenden.

Chakra befolgte die stumme Aufforderung – und fuhr unwillkürlich zusammen.

Das fremde Schiff war wieder da! Wie ein Spuk war es zurückgekehrt, segelte nun wieder von rechts nach links, von Norden nach Süden also, und tauchte kurz darauf in den schweren schwarzen Schleiern der Nacht unter.

„Vishnu“, flüsterte der junge Mann entsetzt. „Steh uns bei, bitte, steh uns bei.“

„Schweig!“ zischte Narayan.

Chakra bemerkte einen dritten Schatten in der Dunkelheit. Dieser schien weiter entfernt zu sein, denn er war nur als eine Art Schemen zu erkennen, für wenige Augenblicke, dann war er wieder fort, als hätte es ihn nie gegeben.

„Jetzt begreife ich“, murmelte Chakra. „Das sind drei Schiffe.“

„Sehr gut“, raunte sein Vater, und seine Stimme war nicht ohne Ironie. „Drei – mehr scheinen es wirklich nicht zu sein. Aber drei sind schon genug, um unserem Dorf Unheil zu bringen.“

„Unheil?“ wiederholte Chakra verblüfft. Er sah sich wieder nach seinem Vater um und registrierte erstaunt, daß dieser mit flinken Händen das Netz einholte.

„Hilf mir!“ wisperte Narayan. „Schnell!“

Chakra barg die Riemen, kletterte über die Duchten und packte mit zu.

Während sie in aller Hast das Netz über die Bordwand zerrten, sagte Narayan: „Wir müssen den Mast richten, das Segel setzen und so schnell wie möglich zurück zum Dorf segeln, denn jene, die an Bord der Schiffe mit den zwei Masten sind, werden die kleinen Feuer bemerken, die unsere Leute vor den Hütten angezündet haben, um uns die Orientierung zu erleichtern.“

„Du meinst – diese Fremden wollen uns überfallen?“

„Ja, denn ich glaube erkannt zu haben, wem diese drei Schiffe gehören, und ich kann nur hoffen, daß er uns nicht entdeckt hat. Vielleicht hält sein Ausguck den Blick zur Küste gerichtet. Dann haben wir noch eine Chance, unser Dorf zu warnen, denn ehe der Verband Kurs auf unsere Bucht genommen hat, sind wir an ihm vorbei“, sagte Narayan.

„Die Fremden sind – Piraten?“

„Ja. Und ihr Anführer ist Raghubir.“

„Raghubir, der schon seit langer Zeit in den nördlicheren Küstengewässern räubert?“

„Ja.“

„Vishnu stehe uns bei“, sagte Chakra, und seine Miene wurde so hart wie Stein. „Damit wir diesen Teufel töten können.“

Es war ein Wettlauf mit der Zeit.

Chakra hatte den Mast, den sie unter den Duchten des Bootes verstaut hatten, aufgerichtet und in die Öffnung der vorderen Ducht gerammt. Er hatte das grob gewebte, dunkel gelohte Segel gesetzt, und jetzt lag das Boot vor dem Nordostwind und rauschte geradewegs auf die beiden glimmenden Punkte zu, die verschwindend klein in der Ferne standen und ein wenig zu vibrieren schienen.

Das Netz lag zu Narayans Füßen wie ein unförmiger Klumpen. Narayan hielt die Ruderpinne und steuerte auf die Feuer zu. Kein einziger Fisch befand sich im Netz, aber weder Narayan noch sein Sohn dachten jetzt noch an den glücklichen Fang, auf den sie gehofft hatten.

Ihre Gedanken bewegten sich nur noch in der einen Richtung. Ihre Sorge um die Bewohner des Dorfes stieg ins Unerträgliche.

Nur wenige Männer hielten im Dorf Wache, wie Narayan wußte. Falls Raghubir und seine Bande einen Überraschungsangriff auf die Hütten unternahmen, waren diese Posten schnell überrumpelt und getötet, denn die Seeräuber hatten Feuerrohre, die Eisenkugeln ausspuckten, wie Narayan aus Berichten über die Bande vernommen hatte.

Wenn das Unglück das Dorf heimsuchte, dann war es seine, Narayans Schuld, denn seinetwegen waren ja die Feuer angezündet worden.

Er schimpfte sich jetzt einen elenden Narren, aber jede Erkenntnis erfolgte zu spät.

Shiva schien Vishnu einen grausamen Streich zu spielen und ihn zu übertrumpfen. Die Klauen der Dämonen streckten sich nach den ahnungslosen Fischern und deren Familien aus.

Chakra stand hochaufgerichtet in der Plicht des Bootes, es konnte ihm nicht schnell genug gehen. Am liebsten wäre er ins Wasser gesprungen, um an Land zu schwimmen, aber selbstverständlich wußte er, daß ihm das auch nichts eingebracht hätte.

Er dachte an Kankar, seine Mutter, und an Shandra und Ginesh, seine Schwestern, die jetzt friedlich schlafend in ihrer Hütte lagen. Wenn sie sich in ihren Träumen um etwas sorgten, so mochte dies allenfalls mit der Fangfahrt ihrer beiden Männer zu tun zu haben. Sie würden sich wünschen, daß Narayan und Chakra mit Bergen von Fisch und strahlenden Gesichtern heimkehrten, aber um die eigene Sicherheit bereiteten sie sich keine Sorgen.

Denn dieser Streifen der Koromandelküste, der sich südlich von Kakinada und Bandar, südlich der Godavari- und Krishna-Mündungen an die stufenförmig ansteigenden Hänge des Dekkan schmiegte, war bislang friedlich gewesen. Keine Piraten und Strandräuber hatten ihn heimgesucht, und die Fischer hatten sich gegen plündernde Horden aus dem Binnenland sehr wohl zu verteidigen gewußt.

Wenn Narayan sich nicht getäuscht hatte und es sich bei dem Dreier-Verband tatsächlich um die Schiffe Raghubirs handelte, war es mit dem Frieden und der Beschaulichkeit in den Fischerdörfern vorbei. Dann würden die wilden Kerle rauben und brandschatzen, töten und vergewaltigen, und keiner konnte ihnen Einhalt gebieten, denn sie hatten ja die furchterregenden Waffen, die knallten und Feuer spuckten. Sie hatten sie weißen Seefahrern abgenommen, die sie überfallen hatten. Je mehr Feuerrohre sie in ihren Besitz gebracht hatten, desto gewagter waren ihre Beutezüge geworden.

Dies alles hatten Narayan, Chakra und die anderen Männer des Dorfes von Fischern aus einem der nördlichen Nachbardörfer vernommen, die ihrerseits vor nicht allzu langer Zeit Besuch von Händlern aus Kakinada gehabt hatten.

So eilte die Kunde über ihre Grausamkeit den Piraten voraus, und jeder, der diese Berichte vernahm, erschauerte insgeheim, selbst wenn er noch so mutig war.

Schneller, dachte Chakra, fliege, Boot, trag uns nach Hause, damit wir unsere Familie und unsere Freunde retten können!

Er blickte nach links, weil er glaubte, eine schwache Bewegung bemerkt zu haben.

Er hatte sich nicht getäuscht.

An Backbord des Bootes schälte sich wieder dieser unheimliche Schatten aus der Nacht – einem Gespenst gleich, das aus finsteren Schleiern zu einer greifbaren Wesenheit wurde.

Dieses Mal war das Schiff mit den zwei Masten dem Fischerboot sehr viel näher als bei der ersten Begegnung. Auf Rufweite schob es sich heran und lief mit Parallelkurs auf gleicher Höhe von Narayan und Chakra.

Chakra drehte sich zu seinem Vater um, seine Miene war verzerrt. Er wollte ein Zeichen geben, doch Narayan hatte das Schiff ebenfalls entdeckt und drückte die Ruderpinne herum, um sein Boot aus der unmittelbaren Nähe des Zweimasters zu bringen.

Um welches der drei Piratenschiffe es sich handelte – diese Frage stellten Vater und Sohn sich nicht, denn sie waren sicher, daß es das erste Schiff im Verband war, Raghubirs Schiff.

Chakra braßte das Segel ein wenig an, das Boot krängte etwas und lief auf dem Backbordbug mit unveränderter Geschwindigkeit weiter.

Narayan und Chakra vermochten mit dem Schiff der Piraten das Rennen zu halten, denn das Boot war so schlank und schnittig gebaut, daß es trotz seiner geringen Segelfläche bei günstigem Wind sehr schnell fuhr.

Die Brise aus Nordosten trug beide Parteien ihrem Ziel entgegen. Was Narayan befürchtet hatte, war eingetreten: Der Feind hatte die Feuer erspäht und nahm nun Kurs darauf, weil die kleinen Lichter in der Nacht auf die Anwesenheit von Menschen schließen ließen. Wo wiederum Menschen waren, konnte auch Beute sein: Brokat oder Perlen, die einzigen wertvollen Besitztümer der Bewohner der Küstengegend, oder zumindest ein paar Waffen.

Ein Ruf wehte von Bord des Schiffes zu dem Boot hinüber.

„Jetzt haben sie uns gesichtet“, sagte Narayan.

„Sie werden auf uns schießen“, stieß sein Sohn entsetzt hervor.

„Nein, das werden sie nicht wagen, denn dadurch warnen sie unsere Leute, die sich verstecken und ihnen eine Falle zu stellen versuchen würden, sobald sie an Land gehen.“

Chakra entgegnete darauf nichts, aber er duckte sich doch vorsorglich, um den eisernen Kugeln der Freibeuter zu entgehen, gegen die er sich nicht hätte wehren können. Instinktiv spürte er, daß sein Vater sich in diesem einen Punkt doch irrte – daß nämlich die Piraten zumindest in Betracht zogen, das für sie so unvermittelt aufgetauchte Fischerboot außer Gefecht zu setzen, ehe es ihnen in die Quere geraten konnte.

Kadiri – so hieß das Dorf der Fischer – hatte nur zwei- oder dreimal in weiter Ferne die großen Segler der weißen, dunkelbärtigen Männer vorbeziehen sehen, eine Invasion spanischer oder portugiesischer Seefahrer hatte es nie erlebt. Die Besatzungsunternehmen der größten europäischen Macht waren spurlos an diesem nur spärlich besiedelten Gebiet vorbeigegangen. Deshalb kannte man die Wunderwaffen der Fremden auch nur vom Hörensagen.

Über die verschiedenen Größen und Kaliber der „Feuerrohre“ wußten die indischen Fischer nichts, ihnen waren weder die Bezeichnungen „Muskete“, „Arkebuse“ und „Tromblon“ noch „Culverine“, „Demi-Culverine“ oder „Drehbasse“ geläufig. Daß man mit einem einzigen Kanonenschuß das Boot von Narayan und Chakra hätte versenken können, ahnten Vater und Sohn in diesem Moment nicht.

Raghubir, der Anführer der Piraten, war nach der Meldung seines Ausgucks auf die Kuhl seines Schiffes hinuntergestiegen, um das Fischerboot vom Schanzkleid der Steuerbordseite aus zu betrachten. Er verzog seinen Mund zu einem boshaften Grinsen, aber er legte dem Kanonier, der soeben die Lunte einer Demi-Culverine in die Holzkohlenglut halten wollte, um sie zu entfachen, die Hand auf die Schulter.

„Nicht doch“, sagte er mit seiner tiefen, heiseren Stimme. „Ein Schuß nur, und das Gesindel in der Siedlung, deren Feuer wir entdeckt haben, würde seine sämtlichen Habseligkeiten zusammenraffen und im Busch verschwinden. Und das wollen wir doch nicht, oder?“

„Nein, Herr“, erwiderte der Mann und ließ die Zündschnur wieder sinken.

„Wir würden sie im Dschungel nicht finden“, sagte Raghubir. „Folglich wäre all unsere Mühe umsonst.“

„Aber die Kerle im Boot segeln bestimmt direkt auf das Dorf zu, um die Leute zu warnen“, gab Baudh, der Bengale, zu bedenken. Er stand schräg links hinter seinem Anführer, nicht weit vom Großmast entfernt.

Raghubir warf ihm einen Blick über die Schulter zu. „Daran werden wir sie eben hindern. Baudh, du Lump, laß höher an den Wind gehen! Wir drängen sie nach Norden hin ab, verstanden?“

„Ja“, erwiderte Baudh, der als bester Vertrauter und als rechte Hand von Raghubir galt. Rasch drehte er sich um und gab die Order in gedämpftem Tonfall an die bunt und wild gekleideten, abenteuerlich und furchterregend zugleich wirkenden Gestalten weiter.

Raghubir verschränkte die Arme vor der Brust und hielt wieder nach Steuerbord Ausschau, um die Reaktion der Männer in dem Boot auf sein Manöver verfolgen zu können. Er war ein Riese von Mann – geboren in Madras und aufgewachsen in Elend und Schmutz, ein Paria, ein Ausgestoßener, ein Klassenloser, in dem der Haß sich schon im frühen Kindesalter entwickelt hatte – ein Riese mit schulterlangem dunklem Haar und schwarzen Augen in einem großflächigen Gesicht, der ohne jedes Erbarmen tötete, wenn er dadurch nur in den Besitz von ein paar Rupien, Perlen, Seiden- oder Brokatgewändern gelangte.

Der Angriff auf das Fischerdorf Kadiri mußte völlig überraschend erfolgen, nichts durfte die Bande in ihrem Vorhaben stören.

Wir werden dieses verdammte Boot rammen und versenken, dachte Raghubir.

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 211

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