Читать книгу Seewölfe - Piraten der Weltmeere 181 - Roy Palmer - Страница 5
2.
ОглавлениеAlewa hatte in dem Moment, in dem sie das Gleichgewicht verloren hatte und rücklings den Hang hinuntergestürzt war, ihren Körper zusammengekrümmt und die Arme schützend über den Kopf gelegt. Sie überrollte sich zweimal wie eine Katze, gewann dann mehr Stabilität, streckte die Beine aus, hob den Oberkörper an und legte in beinah sitzender Haltung den Rest ihrer Rutschpartie zurück.
Der Rock aus dunkelrotem Tuch, den sie sich um die Hüften geschlungen hatte, verschob sich dabei. Sie war fast völlig nackt, als sie auf der nächsten Terrasse landete. Ihre Knie knickten ein, sie atmete schwer und kauerte einen Augenblick lang da, rappelte sich dann aber schnell wieder auf, weil sie über sich einen Fluch in der fremden Sprache vernommen hatte.
Sie blickte auf – und stieß einen Schrei des Entsetzens aus. Richard, Marcel und Louis – die drei Kerle hatten sich am Rand des Plateaus auf ihren Hosenboden gesetzt und trafen gerade Anstalten, ebenfalls die Abwärtsfahrt anzutreten.
„Los, wir kriegen sie doch noch!“ rief Louis. „Beeilen wir uns!“
„Gnade dir Gott, wenn wir dich packen!“ brüllte Marcel und schüttelte die Faust zu Alewa hinunter.
Alewa begann zu laufen, zupfte mit fahrigen Bewegungen ihren Rock zurecht, schluchzte vor Panik auf, stolperte fast, fing sich wieder und hetzte quer über einen Acker voller Bataten. Ihr vor Angst flakkernder Blick suchte nach einem schützenden Dickicht, aber ausgerechnet hier gab es kein Gesträuch, in dem sie untertauchen und sich den Augen ihrer Verfolger entziehen konnte.
Pele, Pele, dachte sie immer wieder, warum stehst du mir nicht mehr bei? Was habe ich getan, daß du mich so strafst?
Louis war als erster der drei Männer den Hang hinunter, zückte seine mit Perlmutteinlagen verzierte Schnapphahnschloß-Pistole, spannte den Hahn und legte auf das flüchtende Mädchen an. „Na warte, du Miststück“, murmelte er. „Dich erwische ich schon. Und wenn wir dich richtig ’rangenommen haben, wirst du uns schon verraten, in welche Richtung die anderen geflohen sind.“
Er visierte ihre Gestalt über den Lauf der Waffe an, hielt die Pistole ganz still und krümmte den Zeigefinger um den Abzug. Der Sperrmechanismus gab den Hahn frei, der Funken sprühte, die Ladung zündete. Donnernd brach der Schuß. Eine weißliche Qualmwolke puffte hoch, und vor der Mündung seiner Pistole konnte Louis die rotgelbe Feuerzunge blitzen sehen.
Alewa schrie und stürzte.
Heiß war etwas an ihrer linken Wade vorbeigestrichen. Die Kugel hatte sie nicht getroffen, sondern war in den Batatenacker geschlagen, aber im ersten Entsetzen hatte sie wirklich angenommen, es habe ihr Bein aufgerissen. Sie fiel vornüber, schlug hart auf und wälzte sich auf dem Erdboden. Sie weinte und sah durch einen Schleier von Tränen Louis, der vor Richard und Marcel auf sie zustürmte, das Grinsen des Siegers schon im Gesicht.
Benommen erhob sie sich wieder, rannte nach links, dann nach rechts und schlug Haken wie ein verstörtes Tier. Louis lachte. Er hob die leergeschossene Schnapphahnschloß-Pistole und warf sie nach Alewa. Die Waffe prallte Alewa gegen die linke Hüftseite. Alewa stöhnte auf, mehr vor Panik und Todesangst als vor Schmerz.
Wieder taumelte sie und drohte hinzufallen.
„Ich hab sie!“ rief Louis triumphierend. „Jetzt geht sie uns nicht mehr durch die Lappen!“
Er tat zwei wahre Panthersätze, brachte sich neben das Mädchen und hielt sie am linken Arm fest. Er riß sie zu sich heran, und sie strauchelte und stürzte, klammerte sich aber an ihm fest und zerrte ihn so mit sich zu Boden. Louis stieß eine ganze Reihe von üblen Verwünschungen aus. Er wollte Alewas langes schwarzes Haar packen und ihr Gesicht auf diese Weise dicht zu sich heranziehen, aber sie ließ ihn plötzlich los, spreizte die Finger und zog ihm die Fingernägel quer durchs Gesicht.
Entsetzt fuhr er zurück. Er hatte nicht mehr mit einer Attacke gerechnet, deshalb war er um so überraschter und lockerte für einen Moment seinen Griff um ihren linken Arm. Alewa wußte die Chance zu nutzen. Sie befreite sich mit einem Ruck und war sehr schnell wieder auf den Beinen.
Noch ehe Louis aufspringen konnte und bevor Marcel und Richard heran waren, war Alewa über das langgestreckte, bebaute Plateau gelaufen und brachte sich über die grasbewachsene Umrandung hinweg. Sie kugelte sich wieder wie eine Katze zusammen und rollte den Hang hinab. Ihre Drehungen wurden immer schneller. Sie war schmutzig, ihr Rock war halb zerfetzt, es brauste und toste in ihrem Kopf, während sich die Welt wie verrückt um sie zu drehen schien. Sie glaubte, jeden Augenblick den Verstand zu verlieren, aber sie wußte, daß sie trotzdem mit ihren Händen und Füßen und mit den Zähnen weiter gegen diese grausamen Kerle kämpfen würde – bis sie sie umbrachten.
Natürlich hatte der Seewolf auf die Entdeckung des braunhäutigen, halbnackten Mädchens hin sofort sein Spektiv ans Auge gehoben und hatte sowohl die drei weißen Verfolger als auch die Pistole in der Faust des einen erspäht.
„Zeug wegnehmen! Jolle abfieren! Fünf Mann mit mir! Wir müssen dem Mädchen helfen!“ Seine Befehle schallten über Deck. Carberry hatte sich bereits umgedreht, um auf die Kuhl hinunterzuhasten und die Männer anzutreiben. Ben Brighton leitete die erforderlichen Manöver. Ferris Tucker, Shane, die beiden O’Flynns und Smoky folgten als erste dem Profos, dann eilten auch die anderen los, und plötzlich schien auf der „Isabella“ der Teufel los zu sein.
Während die Galeone mit aufgegeiten Segeln beidrehte und rasch an Fahrt verlor, hatten Dan O’Flynn, Stenmark und Batuti bereits die Persenning von der einen Jolle heruntergezerrt, lösten jetzt die Zurrings und hievten das Boot mit Hilfe von Jeff Bowie und Matt Davies ein Stück hoch, um es dann außenbords zu schwenken und in Lee abzufieren.
„Ed, Ferris, Shane, Dan und Batuti – ihr setzt mit mir an Land über!“ rief der Seewolf.
Siri-Tong war neben ihm und sagte ziemlich laut: „Damit bin ich aber nicht ganz einverstanden. Ich …“
„Nein, du bleibst hier“, schnitt er ihr das Wort ab, wandte sich um, war mit zwei Sätzen den Steuerbordniedergang hinunter, der die Back mit der Kuhl verband, und eilte zur Jakobsleiter, die von Bob Grey und Sam Roskill mit routinierten Bewegungen am Schanzkleid belegt und dann abgefiert worden war. Der Profos, Ferris Tucker, Big Old Shane, Dan O’Flynn und der Gambia-Mann schickten sich schon an, in das inzwischen längsseits der „Isabella“ dümpelnde Boot abzuentern.
Die Rote Korsarin gab so leicht aber nun doch nicht auf. Sie jumpte ebenfalls auf die Kuhl hinunter, brachte sich neben Hasard und versuchte, ihn zurückzuhalten. „Das ist nicht fair von dir. Ich bin dir ebenbürtig und habe das gleiche Recht wie du, auf Hawaii zu landen. Das kannst du mir nicht verbieten. Ich werde also …“
„… das tun, was ich dir sage!“ Er war stehengeblieben und blickte sie aus seinen eisblauen Augen an.
„Hasard …“
„Du hast dich meinem Kommando zu fügen wie alle anderen an Bord dieses Schiffes“, sagte er scharf.
Philip und Hasard, die Zwillinge, beobachteten die Szene von der Back aus. Sie wären auch gern mit in die Jolle abgeentert, aber sie hatten lieber gar nicht erst danach gefragt, weil sie die Antwort ihres Vaters ohnehin im voraus kannten. Er behandelte sie durchaus wie vollwertige Besatzungsmitglieder, aber wenn besondere Gefahren drohten, trug er lieber selbst das größte Risiko – er mit seinen besten Männern, falls es nötig war. Eben das war der Fall; dort, an Land, schien eine ganze Reihe von tückischen Gefahren zu lauern.
„Warum willst du mich nicht mithaben?“ fragte die Rote Korsarin.
Eben krachte drüben am Hang der Schuß aus der Pistole des einen Verfolgers, und Hasard wies mit der rechten Hand zum Ufer und entgegnete: „Darum. Ich habe keinen Zweifel daran, daß die Insel von Piraten besetzt ist. Im Uferdickicht, bei den Hütten, überall können weitere Feinde lauern. Ich habe vor, weder dich noch die Jungen, noch sonst jemanden über den Haufen schießen zu lassen.“
„Ach! Und wenn es euch sechs erwischt?“
„Wir haben die härtere Haut, das dickere Fell“, erwiderte er. Damit drehte er sich um und kletterte über das Schanzkleid auf die Sprossen der Jakobsleiter. Batuti war gerade eben als letzter der fünf Ausgewählten hinter der Bordwand verschwunden.
„Ben, du übernimmst während meiner Abwesenheit das Kommando!“ rief Hasard seinem Ersten und Bootsmann noch zu. „Geht gefechtsklar und heizt jedem gehörig ein, der versucht, uns den Weg zu den Hügeln abzuschneiden.“
„Aye, Sir!“ rief Ben Brighton zurück.
„Aye, Sir“, sagte auch Siri-Tong mit einem letzten, mißbilligen Blick auf den Seewolf. „Dann eben nicht, du Dickschädel.“ Es hätte nicht viel gefehlt, und sie hätte dazu auch noch wütend mit dem Fuß aufgestampft. Die Fäuste hatte sie ohnehin schon in die Seiten gestemmt.
Hasard junior stieß Philip junior mit dem Ellbogen an. „Siehst du, Dad ist doch wieder der Stärkere geblieben.“
„Was denn wohl sonst?“ sagte Philip junior richtig empört. „Er ist schließlich der Kapitän und läßt sich von keinem in seine Entscheidung ’reinreden. Das wäre ja noch schöner!“
„Aber sie hätte ihm fast ’ne Backpfeife gegeben.“
„Das glaubst aber auch bloß du.“
„Wollen wir wetten?“
„Mit dir wette ich nicht.“
Hasard junior kicherte hinter der vorgehaltenen Hand. „Weißt du was? Ich glaube, Madam ist eifersüchtig auf die Inselmädchen. Deswegen wollte sie unbedingt mit …“
„He, ihr zwei!“ rief die Rote Korsarin plötzlich zur Back hinauf. „Kommt herunter und schnappt euch zwei Holzkübel. Wir brauchen Seewasser für die Wischer der Geschütze, und außerdem muß sofort Sand auf den Decks ausgestreut werden. Wird’s bald?“
Sie hatte den Zwillingen gegenüber eine fast mütterliche Rolle eingenommen, aber wenn es um die Einhaltung der Borddisziplin ging, dann kannte auch sie keinen Pardon.
„Schnell“, zischte Hasard junior daher seinem Bruder zu. „Sonst kriegen wir am Ende noch die Backpfeifen.“
Die Jolle hatte sich von der Bordwand der „Isabella“ gelöst. Hasard saß auf der achteren Ducht und hielt als Bootsführer die Ruderpinne, während seine fünf Männer im Gleichtakt pullten. Die Jolle glitt aus dem Windschatten heraus, der Seewolf drückte die Ruderpinne etwas herum, und das Fahrzeug glitt mit Direktkurs auf das von der Riesenwelle zerstörte Pfahlbautendorf zu.
Hinter seinem Rücken konnte Hasard noch vernehmen, wie die 17-pfünder der „Isabella“ mit beeindruckendem Gerumpel ausgerannt wurden. Binnen weniger Minuten würde das Schiff gefechtsklar sein, jeder Handgriff saß. Auch die Drehbassen auf dem Vor- und Achterdeck würden geladen und gerichtet werden. Und Al Conroy würde natürlich einen Satz Flaschenbomben bereitlegen, für alle Fälle. Die Galeone lag jetzt nur noch etwa eine Kabellänge vom Sandstrand der Insel entfernt und wiegte sich in den rhythmisch schwingenden Wogen. Dies war keine zu große Entfernung, um ein paar gezielte Schüsse anzubringen. Rükkendeckung für die sechs Männer der Jolle – genau darauf richtete sich Ben Brighton in diesem Moment ein.
Die Wellen unter dem Beiboot hoben und senkten sich stärker, Hasard und seine fünf Kameraden gerieten jetzt in die heftige Brandung der Insel. Auch bei sonst ruhiger See ging diese Brandung stets steil und rauschend vor der Küste von Hawaii, das wußten sie schon von ihrem ersten Besuch.
Hasard zog die doppelläufige sächsische Reiterpistole aus dem Gurt, spannte die beiden Hähne und legte die Waffe neben sich auf die Ducht.
Das Boot erklomm einen Wellenkamm, wurde von der Strömung mitgenommen, neigte den Bug etwas nach unten, streckte das Heck dem Himmel entgegen und ritt auf der Woge. Hasard spähte zum Ufer und versuchte wieder etwas von dem Mädchen zu entdecken, hatte dabei aber keinen Erfolg. Wo immer sie jetzt auch stecken mochte, sie hatte sich seinem Sichtfeld entzogen.
Und die drei Kerle? Hatten sie sie gestellt? Er wagte nicht, daran zu denken.
Irgendwie war Hasard das braunhäutige Mädchen bekannt erschienen, und diese Empfindung verstärkte seine dumpfen Ahnungen noch.
Die Insel Hawaii von Piraten besetzt – und was hatten diese Kerle mit den rechtmäßigen Bewohnern gemacht? Hatten sie sie bis auf wenige Leute umgebracht? Hatte es ein Gemetzel gegeben? Wie hatten sich die Polynesier denn wohl verteidigen sollen? Sie waren friedfertig und kannten kaum Waffen, und auch das damalige Ereignis mit de Galantes und die Eroberung der Manila-Galeone „Santa Ana“ konnten daran kaum etwas geändert haben. Sicher, Zegú, Federmann und alle die anderen hätten die Möglichkeit gehabt, die Waffen der „Santa Ana“ zu bergen und an Land zu schaffen, aber so, wie Hasard sie kannte, hatten sie dies nicht getan. Eher hatten sie wohl die „Nao de China“ samt ihren Geschützen und Musketen, Degen, Säbeln, Entermessern und Pistolen auf den Grund der See geschickt.
Je intensiver Hasard darüber nachdachte, was der Inselbevölkerung zugestoßen sein konnte, desto mehr krampfte es ihm das Herz zusammen. Dieses beklemmende Gefühl wollte nicht mehr weichen.
„Sir!“ rief Carberry gegen das Donnern der Brandung an. „Glaubst du wirklich, daß wir aus einem Hinterhalt überfallen werden?“
„Was ich glaube, spielt keine große Rolle“, rief Hasard nicht weniger laut zurück. „Wir müssen mit allem rechnen, vor allem damit, daß wir seit unserem Aufkreuzen beobachtet worden sind.“
„Ja, aber …“
„Ed!“ brüllte Shane seinem Nebenmann Carberry direkt ins Ohr. „Du weißt doch, was für nette Überraschungen wir auf Inseln schon erlebt haben. Was fragst du da noch groß?“
„Ich will nur wissen, wie wir uns verhalten sollen!“ schrie der Profos dem ehemaligen Schmied und Waffenmeister von Arwenack Castle mitten ins Gesicht.
Shane wischte sich mit dem Handrücken durchs Gesicht und zerdrückte einen Fluch auf den Lippen. War das nun der Gischt der Brandung oder Carberrys feuchte Aussprache gewesen, die ihm entgegengesprüht war?
„Wenn man uns angreift, dann feuern wir zurück!“ rief der Seewolf. „Und zwar schießen wir nicht nur zur Warnung in die Luft, verstanden? Wir haben es mindestens mit einem ebenbürtigen, wahrscheinlich aber mit einem haushoch überlegenen Gegner zu tun, der gnadenlos seinen Vorteil ausnutzt. Wir werden uns nicht wie die Hasen abknallen lassen.“
Er sprach nicht weiter, denn eine neue Woge bemächtigte sich der Jolle, hob sie hoch, brachte sie fast zum Kentern und trug sie in pfeilschneller Fahrt dem hellgelben Sandstrand entgegen. Die Männer setzten mit dem Pullen aus, hielten sich fest und achteten darauf, daß ihre Waffen nicht naß wurden.
Das Boot wackelte bedrohlich. Carberry und Ferris Tucker fluchten fast gleichzeitig. Ein Ruck lief durch die Jolle, dann saß sie auf dem Strand fest, und ein rauschender Gischtregen ging auf den Duchten und dem Dollbord nieder.
Hasard war als erster mit einem Satz aus dem Boot, lief durch schäumendes Flachwasser an Land und sicherte mit der Doppelläufigen zum Dorf hinüber. Sie waren keine zwanzig Schritte von dem am weitesten südlich gelegenen Pfahlbau entfernt gelandet.
Als er glaubte, daß zwischen den Hütten kein Gegner auf sie lauerte, winkte er seinen Männern zu. Sie hatten die Jolle ebenfalls verlassen, packten jetzt an und schoben sie weiter auf den Strand, so daß sie von der Brandung nicht fortgespült und abgetrieben werden konnte.
Carberry, Ferris, Shane, Dan und Batuti hatten sich mit Tromblons und Pistolen bewaffnet. Shane und der Gambia-Mann trugen zusätzlich Pfeil und Bogen bei sich, und der Schiffszimmermann hatte zwei Flaschenbomben aus dem umfangreichen Arsenal der „Isabella“ in die Taschen seiner Hosen gestopft. Der Seewolf hingegen hatte nur seine Reiterpistole und einen schweren Cutlass mit vergoldetem Handkorb mitgenommen.
Wieder gab der Seewolf seinen Männern einen Wink, dann rückte er an der Spitze des kleinen Trupps auf die Palmen und das Uferdickicht zu. Gut dreißig, vierzig Yards Sandstrand waren zu überqueren, ehe sie unter den fächerartigen Wipfeln der Palmen in das Gebüsch tauchen konnten. Auf dieser Strekke, die es nun zu überbrücken galt, befanden sie sich für eventuell im Gebüsch verborgene Heckenschützen wie auf einem Präsentierteller.
Dan O’Flynn drehte sich kurz zur „Isabella“ hin um. Ben hatte sie näher an den Strand herandümpeln lassen, indem er nur die Fock und die Blinde hatte setzen lassen. Er war dem Strand somit nahe genug, um auch „einer Mücke ein Auge ausschießen zu können“, wie Al Conroy zu sagen pflegte, aber jede Schützenhilfe der Kameraden auf dem Schiff erfolgte zu spät, wenn plötzlich vom Dickicht aus das Feuer auf die Landgänger eröffnet wurde.
Hasard strebte voran. Er begann leicht zu schwitzen. Dies war der gefährlichste Moment in dem Unternehmen, auf das er sich eingelassen hatte. Sie riskierten alle sechs, dabei draufzugehen.
Wo war das Mädchen? Er konnte sie nicht mehr schreien hören. Auch das Fluchen und Brüllen der drei Verfolger, die er nur allzu deutlich durch sein Spektiv beobachtet hatte, war verstummt und geschossen wurde nicht mehr. Was hatte das zu bedeuten? Hatten sie das Mädchen gefangen? Fielen sie in diesem Augenblick wie die Wölfe über sie her?
Er zwang sich, nicht daran zu denken.
Konzentriert richtete er seinen Blick auf das Dickicht, das jetzt näher und näher rückte.
Plötzlich sah er zwischen den Blättern etwas blinken, etwas Mattes, Metallenes.
„Hinlegen“, stieß er heiser aus, „’runter mit euch!“ Dann ließ er sich selbst fallen und streckte die Rechte mit der Doppelläufigen vor.
Im Gebüsch blitzte es grellgelb auf, dann war das Krachen zu vernehmen, das so typisch für eine Schußwaffe war, und die Kugel raste heran.