Читать книгу Seewölfe - Piraten der Weltmeere 359 - Roy Palmer - Страница 6

2.

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In der Todesbucht von Gran Cayman fand eine Lagebesprechung statt. Öllampen waren in der Kapitänskammer der „Le Vengeur III.“ entfacht worden. Hier trafen sich Jean Ribault, Siri-Tong, Thorfin Njal und Carlos Rivero. Der Wikinger fluchte am heftigsten, weil er es noch nicht verarbeitet hatte, daß die Black Queen ihnen entgangen war. Aber Siri-Tong gelang es, ihn zu besänftigen.

„Daß der Kampf gegen die Black Queen hier nicht sein Ende findet, habe ich mir gleich gedacht“, sagte sie. „Sie ist zu gerissen, Thorfin. Es wird noch einige Zeit dauern, bis wir sie endgültig stellen und ganz besiegen.“

„Wir bringen sie zur Strecke“, sagte Ribault. „Sie und ihre Bande. Verlaßt euch drauf.“

Der Wikinger schnaufte wütend. „So! Und kannst du mir vielleicht verraten, wohin sie sich verholt hat?“

Es entstand Schweigen, und sie dachten noch einmal an die Ereignisse, die hinter ihnen lagen. Es war eine heiße Schlacht gewesen. Jean Ribault und die Rote Korsarin hatten sich vor Little Cayman auf die Lauer gelegt und eine Galeone und eine Karacke der Black Queen in die Windward Passage gelockt. Dort hatte es ein Zusammentreffen mit dem Schwarzen Segler gegeben. Die Galeone und die Karacke der Piraten waren versenkt worden – wieder war es gelungen, einen empfindlichen Schlag gegen die Black Queen zu führen.

Anschließend hatten die „Le Vengeur III.“ und „Eiliger Drache“ Kurs auf Gran Cayman genommen. Dort hatte sich mittlerweile jedoch etwas abgespielt, mit dem keiner gerechnet hatte: Eine Gruppe von Meuterern hatte auf der spanischen Kriegsgaleone „Aguila“ kurzerhand das Kommando übernommen und segelte unter der Führung von Carlos Rivero nach Gran Cayman.

Rivero war gegen Mord und Totschlag, auch der Kapitän, die Offiziere und die Seesoldaten der „Aguila“ waren gegen seinen Willen umgebracht worden. Mit der Black Queen, die seine Gefolgschaft und er auf Gran Cayman antrafen, wollte er schon gar nichts zu tun haben. So glitten ihm die Fäden aus der Hand und in einem Zweikampf wurde er von der Queen besiegt.

An eine Felsnadel hoch über der See hatten sie ihn gefesselt, Seevögel sollten ihn zerhacken, wenn er vor Schwäche bewußtlos wurde und starb. Der neue Anführer der Meuterer hieß Jaime Cerrana, ein verschlagener Kerl, der keine Skrupel kannte.

Jean Ribault und seine Gefährten waren jedoch bei Nacht auf Gran Cayman gelandet und hatten den gefesselten Rivero entdeckt. Sie befreiten ihn und brachten ihn an Bord der „Le Vengeur III.“. Hier hatten sie seine Geschichte vernommen und auch die Zusammenhänge erfahren, die zwischen der Reise der „Aguila“ und der französisch-englischen Siedlung El Triunfo an der Golfküste von Honduras bestanden.

Die „Vengeur“ und das Schwarze Schiff waren zur Todesbucht gesegelt, doch Ribault, Siri-Tong und der Wikinger hatten hier nichts mehr vorgefunden. Die „Caribian Queen“ und die „Aguila“ waren ankerauf gegangen und spurlos verschwunden.

„Die Queen ist unterwegs nach El Triunfo“, sagte Jean Ribault. „Ich habe da keinen Zweifel mehr.“

„Das ist nur eine Vermutung“, sagte der Wikinger. „Darauf würde ich meinen Helm nicht verwetten.“

„Den will auch keiner haben, wie oft soll ich dir das noch sagen?“ Ribault war immer noch erregt, das Jagdfieber hatte ihn gepackt. Sein Entschluß stand bereits fest – er wollte der Black Queen folgen. Er würde nicht eher Ruhe geben, bis er sie besiegt hatte – und mit ihr zusammen Caligula, der ihn seinerzeit ausgepeitscht und ihm somit die größte Schmach seines Lebens zugefügt hatte.

„Bleiben wir bei der Logik“, sagte die Rote Korsarin. „Auch mir erscheint es einleuchtend, daß die Queen und Caligula gemeinsam mit ihren neuen Verbündeten von der ‚Aguila‘ nach El Triunfo ausgelaufen sind. Es zieht sie mit aller Macht dorthin, und sie haben ihre triftigen Gründe dafür.“

„Der Teufel soll dieses Nest El Triunfo holen“, sagte der Wikinger mit grantiger Miene. „Ich weiß nicht mal, wo es genau liegt.“

Rivero musterte den Nordmann mit einem Blick, in dem Furcht und Verwunderung lagen. Wer war dieser behelmte Riese? Ein wandelnder Anachronismus – er schien geradewegs der Vergangenheit entstiegen zu sein, ein Relikt aus der Frühzeit, im ewigen Eis des Nordpols für spätere Jahrhunderte eingefroren und jetzt wieder freigegeben. Welchen Platz hatte er in dieser erstaunlichen Gruppe von Korsaren, wie war er einzuordnen? Und dieses unheimliche schwarze Schiff – woher kam es, aus welchem sonderbaren Holz war es erbaut? Alles das waren Fragen, die auf Carlos Rivero einstürmten und nach einer Antwort verlangten.

„Ich kann die genaue Position von El Triunfo erklären“, sagte er. „Ich könnte sie sogar auf einer Karte einzeichnen.“

„Das nutzt uns nichts“, sagte der Wikinger, dann fügte er mit einem Blick auf Ribault hinzu: „Vorläufig jedenfalls nicht. Wir können nicht auf blauen Dunst nach Honduras segeln und einen Monat wegbleiben, ohne den Seewolf zu unterrichten. Bei Odin und seinen Raben – es ist unsere Pflicht, ihm Bescheid zu geben über diese neue Riesenschweinerei, die die schwarze Höllenwalküre da offenbar ausheckt.“

„Na gut.“ Jean Ribault sah Thorfin Njal offen an. „Dann segelst du eben zur Schlangen-Insel, und Siri-Tong und ich übernehmen es, die Galgenstricke zu verfolgen.“

„Das kommt überhaupt nicht in Frage!“

Carlos Rivero zuckte unter dem Klang der Donnerstimme des Wikingers unwillkürlich zusammen. Er war sonst nicht ängstlich, das hatte er bewiesen, aber er wußte wirklich nicht, wie er den grollenden Riesen mit dem merkwürdigen Kupferhelm einschätzen sollte.

Jean Ribault klopfte Carlos aufmunternd mit der Hand auf die Schulter. „Keine Sorge, der Weltuntergang steht noch nicht bevor. Thorfin ist immer so. Das darf man ihm nicht übelnehmen.“

„Ich verstehe“, sagte der Spanier. Er war mittelgroß und athletisch gebaut. Sein Gesicht war bartlos und wies als einprägsamste Merkmale ein kantiges Kinn und blaue Augen auf. Geboren war er im nordspanischen Aragón, und von Kind auf war die Seefahrt sein Traum gewesen. Daß die Realität nicht seinen Idealen entsprach, war für ihn ein schwerer Schlag. Dennoch war er nicht bereit, seinen Kampf für eine menschlichere Welt aufzugeben. „Die Black Queen hat schon fast leuchtende Augen gekriegt, als die Leute unseres Schiffes ihr die Umstände in der Siedlung El Triunfo geschildert haben“, fuhr er fort. „Deshalb habe ich keine Zweifel, daß sie zur Küste von Honduras segelt. Ich möchte aber nicht, daß sich daraus für euch Schwierigkeiten ergeben. Ich meine – es darf nicht sein, daß ihr von euren ursprünglichen Plänen ablaßt.“

„Meine Pläne sind auf die Black Queen ausgerichtet“, sagte Jean Ribault grimmig. „Du brauchst dir keine Sorgen zu bereiten, Carlos. Du hast mich in keiner Weise beeinflußt, ich hätte ohnehin versucht, der Queen zu folgen. Mit anderen Worten – du brauchst dich für unser Handeln nicht mitverantwortlich zu fühlen.“

„Sehr richtig“, pflichtete die Rote Korsarin ihm sofort bei. „Und was El Triunfo betrifft, liegt die Motivation der Black Queen nahe: Sie könnte dort im Handumdrehen ganze Hundertschaften von neuen Gefolgsleuten gewinnen, indem sie nämlich die Siedler vor der spanischen Bedrohung rettet.“

„Sie braucht Männer und Schiffe“, sagte Ribault. „Sie will die Schlangen-Insel erobern und sich zur Herrin der Karibik erheben. Wenn es ihr gelingt, ihre Meute zu vergrößern, wird sie unverzüglich an die Verwirklichung dieses Größenwahns gehen. Wir müssen sie daran hindern.“ Er blickte zu Siri-Tong und zu Carlos Rivero. „Ich laufe noch heute nacht aus – mit Kurs auf El Triunfo.“

„Ich bin mit dabei“, sagte Siri-Tong.

„Ich auch“, sagte Carlos, nicht ohne dieser faszinierenden Frau einen bewundernden Blick zuzusenden.

„Verrückt“, sagte der Wikinger.

Unbeirrt fuhr Jean Ribault fort: „Ich habe zwei Gründe dafür, nach Honduras zu segeln. Erstens muß ein Erfolg der Black Queen im Ansatz erstickt werden. Zweitens handle ich auch aus patriotischen Gründen, denn ich denke daran, daß in El Triunfo französische Siedler von den Spaniern niedergemetzelt werden.“

„Bei allen Nordgeistern, du bist nicht mehr zu retten!“ stieß der Wikinger hervor. „Dein Schädel ist hart wie ein Klotz Eisen!“

„Aber Thorfin“, sagte die Rote Korsarin beschwichtigend. „Bist du denn anderer Meinung? Es liegt doch auf der Hand, daß die Black Queen ihre Chance nutzt und in der Siedlung nach Anhängern sucht.“

„Na schön, ich sehe es ein“, sagte Thorfin Njal. „Aber wenn ihr schon so verbohrt seid, dann begleite ich euch lieber. Einen ganzen Monat wird es ja wohl doch nicht dauern.“

Siri-Tong schüttelte den Kopf. „Hasard würde sich die größten Sorgen bereiten. Du hast ganz recht, er muß eine Nachricht von uns erhalten, so schnell wie möglich. Deshalb schließe ich mich dem Vorschlag von Jean an. Segle du zurück zur Schlangen-Insel, Thorfin.“

Der Wikinger kratzte sich sorgenvoll am Helm. „Es paßt mir gar nicht, daß ihr so mutterseelenallein losziehen wollt. Wir haben ja erfahren, was dabei rauskommt.“

„Wir müssen nicht immer Pech haben“, sagte Ribault. „Und aus den Kinderschuhen sind wir auch längst raus. Es wäre nicht ratsam, die Mission El Triunfo durchzuführen, ohne Hasard zu informieren.“

„Ja, ja.“ Finster brütete der Wikinger vor sich hin. Die Sache wollte ihm gar nicht gefallen. Plötzlich hellte sich seine Miene auf, er hob den Kopf. „Ich habe eine bessere Idee! Ich segle der Höllen-Queen nach, und ihr kehrt zur Schlangen-Insel zurück!“

„Das kommt auf keinen Fall in Frage“, sagte Jean Ribault. „Ich habe noch ein Hühnchen mit der Queen zu rupfen – nicht du, Thorfin. Wenn es jemand mit ihr aufnimmt, dann bin ich es.“

„Ihr seid eine verfluchte Bande von Dickschädeln!“ stieß der Nordmann entrüstet hervor.

So diskutierten sie noch eine Weile herum, aber dann wurde der unvermeidliche Entschluß gefaßt. Sie trennten sich. Thorfin Njal verabschiedete sich von den Gefährten, enterte von der „Le Vengeur III.“ ab und ließ sich von Oleg und dem Stör zurück zum Schwarzen Segler pullen, der nur knapp dreißig Yards von der „Vengeur“ entfernt in der Bucht ankerte.

„Also“, sagte er brummig. „Es geht zurück zur Schlangen-Insel.“

„Schlangen-Insel, aha“, sagte der Stör.

„Wir gehen gleich ankerauf, laufen aus“, fuhr der Wikinger mit einem wilden Blick auf den Stör fort, „und segeln mit allem Zeug, es ist keine Zeit zu verlieren. Die ‚Vengeur‘ läuft nach El Triunfo aus.“

„El Triunfo – wo ist das?“ fragte der Stör.

„Du Stockfisch!“ brüllte Thorfin ihn an. „Ich schmeiß dich gleich mit einem Steinchen am Bein in den Teich, dann vergeht dir das dämliche Nachplappern!“

„Es war kein Nachplappern“, erklärte Oleg. „Er will nur wissen, wo dieser Ort liegt.“

„Das weiß ich selber nicht“, brummte der Wikinger – und dann sprach er kein Wort mehr. Er kehrte auf seinen Schwarzen Segler zurück, nahm auf seinem Sesselchen Platz und schüttelte traurig den Kopf, als er kurz darauf die „Le Vengeur III.“ als erste auslaufen sah. Dann ging auch „Eiliger Drache“ in See – mit Kurs auf die Schlangen-Insel.

Mürrisch und verbiestert verfolgte der Wikinger von seinem Lieblingsplatz aus die Manöver. Er gestand es vor sich selbst ein: Richtig wütend war er vor allem, weil er nicht sein „Messerchen“ zu einem neuen Kampf Seite an Seite mit Jean Ribault und Siri-Tong wetzen konnte. Der „läppische Kurierdienst“, wie er den Törn zur Schlangen-Insel nannte, behagte ihm nicht, lieber schlug er sich mit einer Hundertschaft von Gegnern herum.

Er war schon ein kauziger Geselle, dieser Thorfin Njal – einzig in seiner Art.

Georges Buisson kämpfte mit dem Mut der Verzweiflung gegen Caligula. Einige Male gelang es ihm, den Kerl durch Finten zu täuschen und dann einen blitzschnellen Ausfall zu unternehmen, und bei einer seiner heftigen Paraden brachte er den Gegner beinah aus dem Gleichgewicht.

Doch Caligula hatte sich immer wieder rasch in der Gewalt. Was ihm an Technik fehlte, glich er durch Härte und Wucht in dem Duell aus. Unbeirrt drang er gegen den Mann vor, der es gewagt hatte, die „Caribian Queen“ anzugreifen.

Buisson war kurz davor, die Nerven zu verlieren. Caligula erkannte es mit geschärftem Blick und drosch sofort zweimal mit dem Säbel auf ihn ein. Das Entermesser Buissons klirrte und krachte, als müsse es zerspringen, aber wie durch ein Wunder hielt die Klinge dem enormen Aufprall der gegnerischen Waffe stand.

Caligulas Säbel glitt von dem Entermesser ab wie von einem Wetzstahl, es gab ein scharfes, metallisches Geräusch. Buisson taumelte, Caligula setzte nach. Wieder knallte der Säbel gegen das Messer, und diesmal wankte Buisson zurück und prallte mit dem Rücken gegen die Querwand des Achterkastells. Caligula bewegte sich wie in einem exotischen Tanz, die Waffe in seiner Hand wurde zu einem wirbelnden Zauberstab. Hin und her zuckte die Klinge, auf und ab – und ein letzter verzweifelter Ausfall Buissons wurde im Ansatz niedergesenst.

Buisson vollführte eine unglückliche Bewegung, sein Handgelenk verdrehte sich, er stöhnte vor Schmerzen auf. Das Entermesser entglitt seiner Hand, als Caligula noch einmal mit dem Säbel zuhieb. Entwaffnet stand Buisson mit dem Rücken zum Schott, und die Klinge des Gegners richtete sich auf seine Kehle.

„Queen“, sagte Caligula. „Jetzt stirbt er.“

„Warte.“ Die Black Queen verließ das Achterdeck, sie wollte sich ihren Feind genauer ansehen.

Georges Buissons Männer hatten mit tödlicher Entschlossenheit gekämpft. Jetzt war das Gefecht entschieden. Sie waren tot – Buisson war der letzte Überlebende. Aber auch in der Crew der Black Queen hatte es Tote gegeben.

Sie kochte vor Wut über diesen dreisten Angriff fast über und spuckte vor Buisson aus.

„Ratte!“ zischte sie. „Du wirst mit deinem Leben bezahlen, aber der Tod durch die Klinge geht mir zu schnell. Langsam sollst du verrecken.“ Sie gab Caligula einen Wink. „Binde ihn an den Großmast!“

Caligula beeilte sich, den Befehl ausführen zu lassen. Buisson wurde von zwei Kerlen gepackt und zum Mast geschleppt. Mit Tauen fesselten sie ihn so, daß er sich nicht mehr rühren konnte. Tief schnitten die Fesseln in seine Haut, er preßte die Lippen zusammen und biß die Zähne aufeinander.

Beigedreht lagen die „Caribian Queen“ und die „Aguila“ inzwischen im Wind, die Segel waren aufgegeit worden. Die Black Queen befahl, die Toten ins Wasser zu werfen. Dann war es Jaime Cerrana, der sich vom Achterdeck der Kriegsgaleone meldete.

„Queen!“ schrie er. „Was ist los? Seid ihr unversehrt?“

„Wir haben ein paar Tote!“ rief die Queen zurück. „Aber wir haben diese Hurensöhne erledigt! Ihr Anführer lebt, alle anderen sind tot!“

„Es waren sieben Mann“, fügte Caligula hinzu, der die toten Gegner gezählt hatte.

„Vielleicht treiben sich hier noch mehr Schnapphähne herum!“ rief Cerrana. „Sollen wir die Laternen löschen?“

„Das ist nicht nötig!“ schrie die Black Queen. Sie hatte von Anfang an vorgehabt, sich nicht heimlich an El Triunfo heranzupirschen. Ihr Anerbieten den Siedlern gegenüber sollte frei von Überraschung oder Angriffsabsichten sein, es durfte kein falscher Eindruck entstehen, denn wenn erst Mißtrauen aufkeimte, war es schwer, die Positionen nachträglich zu klären.

Außerdem brauchte sie mit zwei hervorragend armierten Galeonen keine Angst vor Küstenhaien zu haben. Ihre Reaktion hatte bewiesen, daß sie es auch allein mit jedem Gegner aufnehmen konnte. Deshalb brannten die Hecklaternen auf beiden Schiffen auch weiterhin. El Triunfo konnte nicht mehr weit sein, sie hatte erst vor kurzem die eigene Position bestimmt und wußte, daß sie nur noch wenige Meilen von ihrem Ziel trennten.

Sie betrachtete ihren Gefangenen und verfiel in ein kurzes Nachdenken. Dann trat sie vor ihn hin, schlug ihm mit der flachen Hand ins Gesicht und fragte: „Gibt es noch mehr Piraten hier in der Umgebung?“

„Nein“, erwiderte Buisson gepreßt.

„Du lügst!“

„Es ist die Wahrheit“, sagte er und blickte ihr ins Gesicht. „Du kannst mich totschlagen oder an der Rah aufhängen. Ich werde dir stets nur dieselbe Antwort geben.“

„Wer bist du?“

„Mein Name spielt keine Rolle.“

„Caligula“, erklärte die Queen. „Ich will diesen Hund um jeden Preis zum Sprechen bringen. Er muß mir alles sagen, was er weiß. Und wir wollen uns den Rücken freihalten, sicher ist sicher. Was ich vorhabe, ist heikel, meine Pläne dürfen durch nichts durchkreuzt werden.“

„Wie lauten deine Befehle?“

„Wir lassen den Kerl noch eine Weile am Mast schmoren. In der Zwischenzeit laufen wir die Inseln an, die sich laut meiner Karte hier befinden. Wir suchen die Ufer ab und provozieren jeden Gegner, der im Hinterhalt lauern könnte. So erfahren wir, ob der Hund uns angelogen hat.“

Wenig später gingen die „Caribian Queen“ und die „Aguila“ auf neuen Kurs. Sie liefen die Insel Roatán an und gingen so dicht wie möglich unter Land. Sie rundeten sie einmal, dann ließ die Queen erneut beidrehen und vor dem Südufer vor Anker gehen.

Mit einer Gruppe von Männern setzte sie über und ging an Land. Ihre Nachforschungen nahmen einige Zeit in Anspruch, aber sie wollte nichts unversucht lassen. Dennoch zeigte sich kein neuer Gegner. Keine Pinasse wie die von Georges Buisson, die jetzt herrenlos im Golf von Honduras trieb, tauchte auf. Es gab nicht das geringste Anzeichen für die Anwesenheit weiterer Piraten.

Die Queen kehrte an Bord ihres Schiffes zurück, und wieder nahmen die „Caribian Queen“ und die „Aguila“ Fahrt auf. Sie steuerten die kleine Isla de Utila an, die einige Meilen entfernt im Südwesten lag, auf halber Strecke zwischen Roatán und El Triunfo an der Küste von Honduras.

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 359

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