Читать книгу Sankt Georgs Stellvertreter: Legende - Rudolf G. Binding - Страница 5
ОглавлениеAlso hielt er Umschau nach seinesgleichen; zuerst unter den Heiligen, auf die er seine Hoffnung wohl setzen durfte, denn keiner von ihnen war als Sünder in den Himmel eingelassen worden. Aber so viele ihrer waren — und Sankt Georg sah bei dieser Gelegenheit einige, die er noch nie gesehen zu haben glaubte —, so war doch kein einziger Ritter unter ihnen. Da waren weiter die Erzengel, die wohl mit den Waffen umzugehen wußten; aber weder Gott noch er selbst hatte sie jemals als wirkliche Ritter gelten lassen, obgleich er mit ihnen wegen ihres ritterlichen Wesens auf gutem Fuße stand. Die anderen Engel kamen insoweit noch weniger in Frage, und die übrigen Himmelsbewohner waren allesamt arme Sünder. Als er diese Erfahrung gemacht hatte, beschied sich der heilige Georg, daß er vielleicht noch manchen Tag an seinem Platz würde ausharren müssen, ehe er seinen Urlaub antreten könnte. Denn es war wenig Aussicht vorhanden, daß durch die Himmelstür etwas anderes eingehen würde als arme Sünder und ab und zu ein neuer Heiliger, der aber dann sicher kein Ritter war. Nichtsdestoweniger begab er sich in den nächsten Tagen, so oft es seine Dienstobliegenheiten erlaubten, nach dem Himmelstor in der unbestimmten Hoffnung, daß er seinen Stellvertreter durch dasselbe eingehen sehn würde.
Aber nichts dergleichen. Einen armen Sünder nach dem andern lieferte der Tod an der Pforte ab, und der heilige Petrus, welcher es wissen mußte, sagte seinem Mitheiligen auf die Beschreibung von der Persönlichkeit, die er suchte, so etwas gäbe es heutzutage nicht mehr. Aber das wollte der heilige Georg nicht glauben, daß auf Erden alle Ritter ohne Furcht und Tadel ausgestorben seien und es von diesen keiner zuwege bringen sollte, ohne zum Sünder geworden zu sein, von der Erde zu scheiden. „Mag schon solche Ritter geben, die keine Sünder sind,“ sagte der heilige Petrus; „aber wenn sie es nicht zu ihren Lebzeiten waren, so machen sie die Pfaffen noch in ihrem letzten Stündlein dazu, indem sie’s ihnen so lange einreden und ihnen so lange zusetzen, sich als arme Sünder zu bekennen, bis sie sich in ihrer Todesangst dazu verstehen; und dann kommen sie eben an das Himmelstor, demütig gesenkten Hauptes, wie die andern, und gehen als arme Sünder bei mir ein. Siehst du einen,“ fuhr der heilige Peter fort, indem er die endlose Straße hinab wies, die zur Erde führte, und auf der in Abständen viele, viele Pilger zum Himmel heranzogen, „siehst du einen, der erhobenen Hauptes daherkäme? Auf den könntest du deine Hoffnung setzen.“ Aber Sankt Georg sah hinab und erblickte keinen.