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Brief 2

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Fürwahr, allein IM (!) Menschen liegt sein Glück. Doch frag’ ich dich: Was soll dann aus dem Menschenkinde werden, das dieses Glück nicht in sich trägt und es auch außerhalb nicht finden kann?

Ein paar Tage sind seit meiner Ankunft verstrichen. Was sich bisher berichten lässt, ist wenig genug. Unterbringung und Verpflegung sind gut, wenn auch nicht übertrieben, was wiederum gut ist, kommt es doch vorrangig nicht auf die äußeren Verhältnisse an. Ringsum aber eine paradiesische Landschaft, so du noch keine gesehen hast. Das Gut im ausgehauenen Walde gelegen, umgeben von herrlichem Grün und blühenden Wiesen und reifenden Feldern und so abgeschnitten von aller Zivilisation, scheint mir. An menschlichen Seelen sind mir bisher der Hausherr und ein paar Bediente begegnet und für diese alleine scheint mir dann doch das Anwesen etwas zu groß geraten zu sein. Es gilt aber abzuwarten. Die Tage verbringe ich weithin in meiner Stube oder auf der Holzbank, die so einsam und beschattet unter dem großen Lindenbaume in der Mitte des Hofes steht, und trage denn so manches Sätzchen in mein Tagebuch ein, damit gerne der Empfehlung des Hausherrn folgend. Sie haben sich in eine neue Gegend geworfen, hatte er mich bei unserer ersten Begegnung angesprochen. Lassen Sie Ihr Herz zur Ruhe kommen. Genießen Sie Luft und Land und den freien Lauf Ihrer Gedanken. Was ich auch tue. Einen Spaziergang habe ich noch nicht unternommen, auch nicht danach gefragt. Eines nach dem anderen. Ich habe Zeit.

Nochmals zu dem Hausherrn. Es wird dich interessieren (und beruhigen) zu erfahren, welcher Person ich mich überlassen habe, wenn’s auch zur Stund’ nicht mehr als die Schilderung des ersten Eindrucks werden kann, doch der war gut! Ein Herr von an die sechzig Jahr’, doch rüstig an Körper und Geist, mit mildem Gesicht und gewinnendem Lächeln. Seine sonore Stimme spricht in klaren Sätzen, nichts scheint aufgesetzt an seiner Natur. Die Körpergröße ist die meinige, doch trotz der Jahre, die er mir voraushat, ist seine Statur kräftiger gebaut, auch starke Hände hat er und diese sehr gepflegt. Im Ganzen eine angenehme Erscheinung, die gleichermaßen Autorität und Sympathie ausstrahlt. Am meisten aber hat mich sein Humor eingenommen, von trockener Art und keinesfalls lästig. Halt von der Sorte, wie ihn nur Leute haben können, die ihren Wert zwar kennen, sich aber nicht wichtiger zu nehmen scheinen, als es ihnen zuzustehen ist. Und wie seine blauen Augen strahlen, wenn er bescheiden genug lacht. Lachen ist die Sprache der Seele. Könnt’ doch auch ich diese Lektion lernen! – Genug. Ich will keine Phantome jagen ...

... Verzeih’ mir, Bester. Das Herz wurd’ mir schwer. Besser kein Brief als einer mit diesem Ende. Ich nehme das Blatt wieder auf, das ich gestern zur Seite legte. Soll mich denn der Mut verlassen, bevor er überhaupt gefordert ward? Bin ich so schwach, wie ich es meine? Das darf nicht sein, weil ... Hans, mein Hans, sprich ein Gebet für meine arme Seele. Ich bete nicht.

Lass uns vom Lachen wieder sprechen. Der Gesslov kann’s. So heißt der Kerl. Professor seines Standes. Was heißt’s! Er ist ein Mensch. Damit genügt’s. Und auch für heut’ die frohe Kunde.

Wantlek - Die Briefe

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