Читать книгу Hineni – Hier bin ich! - Ruthmarie Moldenhauer - Страница 6
Die Stimme
ОглавлениеUnd sie hörten die Stimme Gottes, des Herrn, der im Garten wandelte bei der Kühle des Tages (1 Mo 3,8).
Jüdische Rabbiner beschreiben das Studieren der Bibel mit einem Garten, denn eines der hebräischen Wörter für Garten ist das Wort pardes. Es beinhaltet vier unterschiedliche Arten, wie man die Bibel lesen kann. Zum einen das normale Verstehen, während man das Wort liest. Dann gibt es weiter ein Verstehen, das über die wörtliche Bedeutung hinausgeht. Es liest und versteht auch die Symbolik dahinter. In der dritten Bedeutung geht es um ein tieferes Verstehen. Es ist das, was wir im Zusammenhang mit anderen Geschichten sehen können. Und zuletzt das Verstehen, das Gott gibt und welches immer über das natürliche Verstehen hinausgeht. Die vier Anfangsbuchstaben der hebräischen Worte dafür ergeben das Wort PRDS bzw. pardes, da im Hebräischen die Selbstlaute nicht geschrieben werden. Damit sprechen sie dem Studieren der Schrift die Bedeutung eines Gartens zu.2
Wenn du das Wort Gottes liest, ist es, als gingest du mit Gott durch einen Garten. So wie er damals in Eden war, so spazierst du mit ihm durch den Garten, während er in seinem Wort nach dir ruft.
Als ich das las, hat es mich sehr berührt, da es meinem Erleben entspricht, wenn ich die Bibel lese. Tatsächlich fühlt es sich oft an wie ein Spaziergang mit Gott, mit Jesus, mit dem Heiligen Geist. Und es ist meine Lieblingsstimme (wie eine Freundin es dieser Tage beschrieb), die ich auf diesen Spaziergängen hören kann.
Während ich mein Buch Weites Land schrieb, kam es mir vor, als wäre ich auf einem Spaziergang durch meine Geschichte. Dabei ging es gar nicht so sehr um das Erzählen meiner Vergangenheit als vielmehr darum, die Leser mit hineinzunehmen in die Geschichte Gottes mit den Menschen – in diesem Fall mit mir. Das Buch sollte von der Güte des Vaters erzählen. Es sollte einen Raum schaffen für eine Begegnung mit Gott. Meine eigene Vertrautheit, Innigkeit, Freundschaft mit Gott war die Basis dafür. Gottes Geschichte mit mir sollte ein Zeugnis seiner Liebe sein. Meine Sehnsucht, Menschen an dieser Vertrautheit und Innigkeit teilhaben zu lassen, ist nach wie vor groß.
Ich selbst liebe Herzensbücher. Damit meine ich nicht Romane, sondern Bücher, die am Herzen Gottes entstanden sind und dadurch Offenbarungen und Erkenntnisse hervorbringen, die der Heilige Geist, der gesandt ist, uns in allem zu lehren, in unsere Herzen hineingelegt hat. Herzensbücher, weil sie vom Herzen Gottes erzählen. Und so werden sie Herzen berühren, die die Sehnsucht nach seinem Herzen kennen. Sie stoßen dort auf Resonanz, wo Sehnsucht in Menschen ist, denn es sind Bücher für die Hungrigen, und sie sollen in Menschen den Hunger nach Gott entfachen.
Bei meiner ersten Lesung kam die Frage auf, wie man in die Innigkeit, die Intimität mit Gott hineinkommt. Was es gewesen sei, das mich dorthin gebracht habe. Meine Antwort damals war: Sehnsucht. Die Sehnsucht hatte mich dorthin gebracht. Meine Sehnsucht nach mehr von Gott. Nach Unmittelbarkeit mit Gott. Meine Sehnsucht danach, seine Stimme zu hören und als die Lieblingsstimme zu entdecken. In meinem Herzen gab es eine Ahnung von dem Mehr, das es gibt.
In einem meiner Lieblingsverse der Bibel heißt es: Denn die Augen des Herrn durchstreifen die ganze Erde, um sich mächtig zu erweisen an denen, deren Herz ungeteilt auf ihn gerichtet ist (2 Chr 16,9 SLT).
Dort, wo Gottes Sehnsucht und die meine aufeinandertreffen, ist der Ort der Innigkeit, der Intimität. Dort ist der Ort, wo mein Herz zur Ruhe kommen kann, weil es Ruhe findet in ihm. Das ist der Ort, um den David bittet:
Eines erbitte ich von dem Herrn, nach diesem will ich trachten: dass ich bleiben darf im Hause des Herrn mein ganzes Leben lang, um die Lieblichkeit des Herrn zu schauen und ihn zu suchen in seinem Tempel (Ps 27,4 SLT).
Debora Sommer schreibt: „Unsere tiefsten Sehnsüchte können zum Ort einer heiligen und intimen Verbindung mit dem lebendigen Gott werden!“3
Unsere Sehnsucht ist eines der stärksten Gefühle. Sie hat so viel Kraft – doch es ist immer die Frage, wohin lenken wir sie, und wohin lassen wir uns ziehen. Kann sie dort auf Gottes Sehnsucht treffen?
Im Weiten Land schrieb ich davon, dass Gottes Sehnsucht nach Freundschaft und Intimität wie ein Wind über diese Erde weht und uns hungrig macht, ihn zu finden. So sprechen wir auch davon, dass wir Hunger oder Durst nach Gott haben. Und die Antwort Gottes darauf ist Jesus, der sagt: Ich bin das Brot des Lebens. Ich bin das lebendige Wasser. Und wenn du dorthin kommst, gesättigt wirst, dein Durst gestillt wird, dann wirst du selbst zu einer Quelle für andere.