Читать книгу Ab in die Karibik! - S. in der Heiden - Страница 6
Echte Fründe ston zesamme …
ОглавлениеJedes Jahr zur Weihnachtsfeier der Roten Husaren gibt es eine Tombola, zu der jedes einzelne Mitglied liebevoll etwas beisteuert. Der Hauptpreis waren bisher meistens Haushaltsartikel oder lustige Gimmicks.
Doch dieses Mal war der Hauptpreis kein dreiteiliges Pfannenset oder eine Mikrowelle, nein, es war ein Briefumschlag, beschriftet mit
„Überraschung“
Alle seine Freunde hatten hinter Peters Rücken gesammelt und so kam eine dreiwöchige Reise in die Dominikanische Republik für ihn zusammen. Peters Freund und Sitzungspräsident der Roten Husaren – Karl – hatte sogar bei Peters anderen Vereinen Geld für seine Überraschung gesammelt. Alle beteiligten sich gern, sie fühlten sich sogar geehrt.
Nun musste Karl nur noch dafür sorgen, dass Peter diesen Hauptgewinn auch bekommt. Er hat drei Heftchen Doppel-Bons in gleicher Farbe mit fortlaufenden Nummern besorgt. Die eine Hälfte des Zahlen-Bons wird auf einen der Gewinne geklebt und die andere Hälfte – mit gleicher Zahl natürlich – wird an die Vereinsmitglieder verkauft. Für die Anzahl der Mitglieder werden zwei Heftchen benötigt. Aus dem dritten Heftchen wird ein halber Bon auf den Umschlag geklebt und an Peter die andere Hälfte verkauft. Jeder im Saal weiß Bescheid und alle haben dichtgehalten. Nichts ist durchgesickert.
Peter weiß von alldem nichts. So können sie ihrem Peter, der immer freundlich und allen gut gesonnen war, endlich etwas zurückgeben, und alle freuen sich und sind auf seine Reaktion gespannt. Die Stimmung im Saal empfindet Peter in diesem Jahr eher kindisch, albern.
Die Weihnachtsfeier verläuft wie in jedem anderen Jahr im großen Saal des Vereinsheims. Sie sitzen alle festlich gekleidet, die Männer in Gardeuniform, an einer langen, festlich gedeckten Tafel. Cremefarbene Tischdecken, cremefarbene Stoffservietten, zu Bischofsmützen gefaltet. An jeder Bischofsmütze ein gehäkeltes rotes kleines Stiefelchen, gefüllt mit einem kleinen Tannenzweig. Der Frauenkreis der Roten Husaren traf sich wöchentlich zum Häkeln der Stiefelchen. Ansonsten ist die lange Tafel geschmückt mit cremefarbenen und roten leuchtenden Kugeln und Blumengestecken aus weißen Christrosen mit Tannengrün. Im Raum eine sehr große, wunderschön gewachsene und herrlich duftende frischgeschlagene Blautanne mit ebenfalls roten und cremefarbenen Kugeln und vielen Strohsternen daran, die der Frauenkreis der Roten Husaren im letzten Jahr gemeinsam bastelte.
Vereinskollege Andre, der Koch aus der Laterne, einem Feinschmeckerrestaurant, hat sich auch in diesem Jahr wieder um das Weihnachts-Menü gekümmert. Ein umfangreiches wunderbares Buffet hat er für seine Vereinsmitglieder gezaubert. Wofür man Andre aus der Bütt mit entsprechendem Spaß und Dank huldigt.
Das Buffet besteht aus einer große Auswahl leckerster Speisen. Platten mit verschiedenen Sorten geräuchertem Fisch, verschiedene Salate, Fleischplatten und Gemüseplatten. Alles wunderbar fürs Auge und den Gaumen. Neben diesen kalten Gerichten stehen in mehreren Thermophoren auch warme Köstlichkeiten. In einem großen Kessel eine köstliche und herrlich duftende Doppelte Kraftbrühe mit ganz viel Einlage. Wildschweingulasch und Hirschbraten. Kartoffelgratin, Spätzle und Kartoffelklöße. Verschiedene Desserts. Ein wunderbarer Anblick und Gaumengenuss.
Unter der Tanne stehen die Geschenke. Jeder hat etwas beigesteuert. Alle Geschenke sind liebevoll verpackt, und zwar so verpackt, dass man möglichst nicht erraten kann, um welchen Inhalt es sich handelt. Denn so kommt Geld in die Vereinskasse. Peter hat eine Flasche Chanel N°19 beigesteuert. Dieses Parfüm hat ihm seine langjährige Arbeitskollegin in einem Holzkästchen sehr dekorativ verpackt und Peter hat das Kästchen, nachdem er es mit einer Nummer hat versehen lassen, unter den Baum gestellt und in die Runde geschaut und überlegt, wem er es gönnen würde.
Nach dem Essen wird es gesellig. Lachen erfüllt den Saal. Es gibt die eine oder andere Rede aus der Bütt. Eine Live-Band spielt Weihnachtslieder und Oldies, die zum Tanzen animieren. Hier sind die Frauen ordentlich gefordert, da dieser Verein einen gewaltigen Männerüberschuss verzeichnen kann. Alle Mitglieder sind zusammengekommen. Fünfzig mehr oder wenig Aktive nutzen den Abend, um gemeinsam zu speisen, zu trinken und das Tanzbein zu schwingen.
Wie in jedem Jahr wird ein Gast nach dem anderen in alphabetischer Reihenfolge von Gardeoffizier Thomas aufgerufen und gebeten, sich sein Geschenk unter dem Baum zu suchen. Anschließend hat der Beschenkte eine bestimmte Zeit zur Verfügung, um den Inhalt seines Geschenks zu erraten. Eine Sanduhr taktet das Geschehen. Errät derjenige den Inhalt nicht, so kostet ihn sein Fehler 20,– €, die er zu der Vereinskasse beisteuern muss. Natürlich werden die Geschenke jedes Jahr so verpackt, dass deren Inhalt nur schwer zu erraten ist.
Als Peter an die Reihe kommt ist, er überzeugt, einen Gutschein in der Hand zu halten.
Er tippt auf Essensgutschein.
„Nein!“ ruft Karl.
Tankgutschein?
„Es wird schon wärmer“, ruft Karl.
Kinogutschein?
Und abermals verneint Karl.
„Nää – ihr wollt mich doch nicht in die Sauna schicken?“ Erschrocken schaut Peter in die Runde.
Lautes Lachen im Saal. Vor einem solchen Gutschein graut es ihm und genau damit rechnet er fest.
Als er den Umschlag öffnet, traut er seinen Augen nicht. Immer wieder schaut er auf den Reisegutschein und liest die lange Liste der Spender und deren herzliche Wünsche und Grüße. Tränen der Rührung stehen in seinen Augen. Er greift nach seinem Portemonnaie und holt einen 100 €-Schein heraus, hält ihn hoch und ruft: „Für die Vereinskasse!“ Als Antwort erhält er aus dem Saal eine hinreißende La-Ola.
Den ganzen Abend fühlt sich Peter wie in einem Traum. Immer wieder kneift er sich heimlich, um zu prüfen, ob er nicht eventuell träumt. Immer wieder schüttelt er irgendwem die Hand und bedankt sich herzlich. Jetzt, wo er unabhängig ist, kann er ja reisen, wohin er will. Mit ein paar Gläsern Bier und Wein intus erscheint ihm sein Leben plötzlich so leicht und frei. Er fühlt sich von seinen Kameraden bestätigt und badet in ihren Glückwünschen und den Schulterklopfern.