Читать книгу Tage der Wahrheit - Sabine Dittrich - Страница 8

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Anne Lischka zog die Tür hinter sich zu. Ohne Licht zu machen, schlüpfte sie in die Nische zwischen Kopiergerät und dem Regal mit den Sandspielsachen. In der kleinen Abstellkammer roch es muffig. Durch das winzige Fenster fiel nur ein schmaler milchiger Lichtstrahl, auf dem man den Staub tanzen sehen konnte.

Sie hatte diesen Moment kommen sehen. Seit mehreren Wochen schon. Trotzdem war sie genauso wenig darauf vorbereitet, als wenn alles aus heiterem Himmel über sie hereingebrochen wäre. Auf die Begegnung mit Sven Kittel konnte sie sich nicht vorbereiten. Wie auch?

»Anne, Anne, wo bist du?«

Fröhliche Kinderstimmen, Getrappel draußen auf dem Flur. Offenbar hatte ihre Kollegin Renate die Kleinen auf die Suche nach ihr geschickt.

Atmen, dachte sie, ganz ruhig atmen. Da draußen ist nichts weiter als ein Mann, der seinen Nachwuchs anmelden will. Und du bist hier die Chefin.

Sie holte noch zweimal tief Luft, langsam ein – Pause – und aus, strich dann mit zitternden Fingern eine Haarsträhne aus der Stirn. Sie lauschte. Auf dem Gang waren näherkommende Schritte zu hören. Die Tür flog auf und rumpelte gegen das Regal. Ben und Katinka stürmten herein, die beiden Vierjährigen.

»Ich hab dich defunden«, krähte Ben begeistert, »wir haben die Anne defunden.«

Gut, dass sich Ben und Katinka nicht darüber wunderten, was sie im Dunkel der Abstellkammer gemacht hatte. Die Kinder zogen sie am Arm auf den Flur, wo sich die ganze elfköpfige Rasselbande um sie herum versammelte.

»Gefunden heißt das, Ben. Gefunden. Was gibt es denn so Wichtiges, Kinder?« Sie erschrak über ihre eigene Stimme. Gepresst und viel zu hoch, um echte Überraschung auszudrücken. Sie war eine schlechte Schauspielerin.

Im Flur, ihnen gegenüber, stand ein Mann mit einem größeren dunkelhaarigen Buben an der linken und einem kleineren blondlockigen an der rechten Hand. Sven.

»Grüß dich, Anneli. Lang nicht gesehen.«

Auch mit Anfang Dreißig hatte er dieses jungenhafte Grinsen noch nicht abgelegt. Die blonden Haare waren deutlich weniger geworden. Genaugenommen war kaum noch etwas davon zu sehen, so kurz trug er sie jetzt. Sven sah aus wie der soeben einem Actionthriller entsprungene Held. Durchtrainiert, braungebrannt, lässig, selbstbewusst. Wie früher. Genau, wie es Anne befürchtet hatte.

Renate kam aus dem Gruppenraum in den Flur.

»Los, Kinder, kommt wieder rein. Vielleicht wollen die beiden Jungs ja mit euch spielen, so lange ihr Papa und Anne die Anmeldung machen?«

»Na, los, schaut mal, was es hier für tolle Spielsachen gibt.« Sven schob seine Söhne in Renates Richtung. Sie verschwanden mit der ganzen Horde im Zimmer.

Anne hatte immer noch nichts gesagt. Sie wandte sich zur Bürotür, schloss auf und ließ Sven an ihr vorbei eintreten. Dann ging sie um den Schreibtisch herum, setzte sich und zeigte auf den Besucherstuhl ihr gegenüber.

»Hallo, Sven. Du willst deine Jungs hier anmelden?«

»Ja, klar. Wir wohnen jetzt in Eichberg. Hast du doch sicher schon mitgekriegt?«

Natürlich, das hatte sie. Es zu leugnen, wäre eine zu offensichtliche Lüge. In diesem Dorf gab es keine Geheimnisse. Jedenfalls nicht darüber, dass ein Ex-Dorfbewohner nach etlichen Jahren wieder zurückkehrte, um im Haus der inzwischen verstorbenen Mutter zu wohnen. Anne öffnete die Schreibtischschublade und nahm ein Formular heraus.

»So, dann wollen wir mal.«

»He, Anneli, so einen kühlen Empfang habe ich wirklich nicht verdient, oder?«

»Was hast du denn erwartet? Dass ich dir um den Hals falle?«

»Na klar, mindestens. Jetzt mal ernsthaft: Können wir nicht wie normale Leute miteinander umgehen?«

»Ich muss mich erst daran gewöhnen, dass du wieder da bist. Du weißt ja: Ich bin ein wenig hysterisch.«

»Ach, Anneli! Vergiss das doch endlich, es war nicht so gemeint damals.«

»Doch, das war es. Du weißt das ganz genau.«

»Anneli, hör mal … «, Sven langte über den Schreibtisch und fasste nach ihrer Hand. Sie wollte sich losreißen, aber er hielt sie nachdrücklich fest.

»Das ist damals dumm gelaufen mit uns, aber inzwischen sind zwölf lange Jahre vergangen. Bitte lass uns wieder gut miteinander sein.«

Sie sah ihm zum ersten Mal direkt ins Gesicht. Diese blaugrauen Augen. Früher hatte er es nicht lange ausgehalten, wenn sie ihn so angesehen hatte. Doch heute hielt er ihrem Blick stand. Da war etwas Neues in seinem Gesichtsausdruck, eine ungewohnte Entschlossenheit. Diesmal war sie es, die die Augenlider senkte.

Anne schnaubte unwillig und versuchte noch einmal, ihre Hand aus Svens Griff zu winden. Jetzt ließ er sie los.

»Also gut, Sven, für den Anfang lass uns wie ganz normale Leute miteinander reden. Zuerst die Daten deiner Jungs.«

»Max Kittel, geboren 10.2.11, der Kleine heißt Luis, 30.8.12.«

»Allergien? Besonderheiten? Probleme, über die wir hier Bescheid wissen sollten?«

»Nicht, dass ich wüsste. In der letzten Kita gab es keine Probleme mit den beiden.«

»Okay. Gut zu wissen. Welche Betreuungszeiten möchtest du buchen? Es gibt zwei Möglichkeiten: vormittags zwischen sieben und dreizehn Uhr und ganztags zwischen sieben und siebzehn Uhr. Mittagessen kochen wir selber. Zusammen mit den Kindern – wir achten auf gesunde Ernährung.«

»Länger als bis siebzehn Uhr geht es bei euch nicht?«

»Nein, der Bedarf ist nicht da. Die meisten Kinder werden schon eher abgeholt. Wir haben ja nur elf im Kindergarten und zwei, die nach Schulende kommen. Wenn das ein Problem für euch ist, müsst ihr in der Stadt nach Plätzen schauen.«

Sven überlegte kurz.

»Wenn wir unsere Tochter nicht in den Schulhort geben, sondern auch zu dir, könnte sie die Jungs nachmittags mit nach Hause nehmen. Dann wären sie maximal zwei Stunden alleine, bis ich von der Arbeit komme. Das gilt aber nur für Tage, an denen Jutta Spätschicht hat. Falls sie den Job in der Klinik überhaupt bekommt. Sie ist gerade beim Vorstellungsgespräch.«

»Wie alt ist deine Tochter?«

»Sina wird – zwölf?«

»Natürlich, dumme Frage. Fünfte oder sechste Klasse?«

»Fünfte, Gymnasium. Keine Allergien, keine Besonderheiten.«

»Das genaue Geburtsdatum bitte.«

»18.6.2004.«

Anne trug alle Daten langsam und sorgfältig ein. Ihre Hand mit dem Stift zitterte. Also war Sina tatsächlich schon im Juni geboren worden. Dann schob sie den Bogen zu Sven hinüber.

»Den Rest bitte zusammen mit deiner Frau ausfüllen. Auf der Rückseite steht, was es kostet und wohin man die Beiträge überweisen soll. Die Impfbücher würde ich gerne mal sehen. Es reicht, wenn ihr sie mit dem Formular zusammen am ersten Tag mitbringt.«

»Geht es gleich ab morgen?«

»Natürlich.«

»Dann kommt Jutta früh mit den Jungs und mittags mit Sina her?«

»Gerne. Wäre gut, wenn sie bis 8 Uhr da sind. Wir fangen immer gemeinsam mit einem Morgenkreis an.«

Anne stand auf, auch Sven erhob sich langsam.

»Du bist nicht mehr bei der Bundeswehr?«

»Nein, ich arbeite jetzt wieder bei BMW Müller. Als Werkstattleiter. Hab’ beim Bund die Meisterprüfung gemacht.«

»Klingt gut.«

»Ja. Na dann – danke, Anneli.«

»Bitte sag nicht mehr Anneli zu mir. Kein Mensch in Eichberg nennt mich noch so. Die alte Stracke ist gestorben und Anne Moosmann weggezogen.«

Anneli und Annemo waren Frau Strackes Erfindung, um die beiden Annes in ihrer Grundschulklasse auseinander zu halten.

Bevor Sven die Bürotür öffnete, drehte er sich unvermittelt noch einmal um. Er stand jetzt ganz nahe vor ihr. Gefährlich nahe.

»Für mich wirst du immer das Anneli bleiben. Nur dass du das weißt«, sagte er leise.

Sie spürte, wie ihr die Röte ins Gesicht stieg. Schnell drängte sie sich an Sven vorbei hinaus auf den Flur.

»Geh bitte schon mal rüber in die Gruppe. Ich komme gleich«, rief sie ihm über die Schulter zu.

Diesmal rettete sie sich nicht in den Abstellraum, sondern in die Mitarbeiter-Toilette. Sie drehte den Wasserhahn auf kalt, machte einige Papierhandtücher nass und drückte sie sich auf das Gesicht.

Gut, dass sie in der Arbeit nie Make-up trug, das wäre jetzt gehörig verschmiert. Nachdem die erfrischende Wirkung nachgelassen hatte, warf sie den nassen Papierklumpen in den Abfallkorb. Dann schaute sie in den Spiegel. Die Röte war bis auf zwei Stellen an den Wangen verschwunden. Sie zog den Zopfgummi von ihrem Pferdeschwanz, strich die Haare nach hinten und band sie wieder straff zusammen.

»Du bist Anne!«, sagte sie entschlossen zu ihrem Spiegelbild, bevor sie sich auf den Weg in den Gruppenraum machte.

Renate und die Praktikantin sangen gerade mit den Kindern das neue Frühlingslied. Sie standen alle im Kreis und machten begeistert die dazugehörigen Bewegungen und Geräusche mit. Luis hatte offensichtlich großen Spaß daran, wie ein Frosch zu quaken oder wie eine Ziege zu meckern. Max stand mit gesenktem Blick still da. Vielleicht war er ja nur schüchtern.

Sven hatte sich mit dem Rücken zum Fenster gestellt, die Arme verschränkt. Sein Gesicht war im Gegenlicht nicht zu erkennen.

Nach der letzten Liedstrophe sagte er: »Max, Luis, jetzt gehen wir nach Hause und schauen mal, ob die Mama schon wieder da ist.«

»Nein, will dableiben«, quengelte Luis und setzte sich demonstrativ auf einen Stuhl.

Anne ging vor Luis in die Hocke. »Morgen darfst du wiederkommen und den ganzen Tag mit uns spielen. Weißt du, wir gehen auch alle bald nach Hause.«

Sven kam mit Luis’ Jacke in der Hand zu ihnen. Max stand bereits fertig angezogen neben der Tür vor einem Lernposter mit Buchstaben und Tieren, das dort an der Wand hing.

Inzwischen betraten noch zwei andere Mütter den Raum, um ihre Kinder abzuholen. Daraufhin ließ sich auch Luis widerstandslos in die Jacke helfen und fasste nach der Hand seines Vaters.

»Tschüss, bis zum nächsten Mal – Anne.«

Sie nickte Sven zu.

Spätestens in einer Stunde würden alle Kinder abgeholt sein.

Dann war endlich Feierabend.

»Luis und Max kommen schon ab morgen? Ganztags?«, fragte Renate.

»Ja. Nachmittags kommt dann noch ihre Schwester. Sina. Fünfte Klasse.«

»Toll, drei Neue. Da wird der Lohmann Gift und Galle spucken«, lachte Renate und rieb sich die Hände.

Anne schmunzelte in sich hinein. Bürgermeister Lohmann mit seiner sauertöpfischen Miene. Er spekulierte schon seit Längerem darauf, die Kita wegen Unterschreitung der Mindestzahl schließen zu können. Diesen Klotz am Bein, der die Gemeindefinanzen unverhältnismäßig in den Abgrund zieht, wie er regelmäßig betonte. Bisher waren ihre Arbeitsplätze immer haarscharf gerettet worden. Renate hatte nicht mehr lange bis zur Rente. Aber für sie selbst war es nicht gerade eine lustige Vorstellung, sich einen anderen Arbeitsplatz suchen zu müssen.

»Renate, wenn du magst, kannst du schon gehen. Den Rest schaffe ich alleine.«

»Du bist ein Schatz. Ich muss heute noch in den Megakauf fahren. Hab nichts mehr zum Essen daheim, aber zwei hungrige Männer. Also, mach’s gut, bis morgen.«

Wenig später waren alle Kinder abgeholt und die Putzfrau eingetroffen. Endlich Feierabend.

Anne fuhr, so oft es ging, mit dem Fahrrad in die Arbeit. Ein großer Vorteil, wenn man den Arbeitsplatz am Wohnort hatte. Etliche Eichberger mussten jeden Tag weite Strecken zurücklegen. In die nächste Stadt waren es 21 Kilometer. Wer einen Facharzt brauchte, eine höhere Schule besuchen oder im Discounter einkaufen wollte, hatte keine andere Möglichkeit. Grund- und Regelschule, ein kleiner Nahkauf sowie eine Landarztpraxis befanden sich im nächsten Ort. Aber auch dorthin musste man acht Kilometer fahren. Der Linienverkehr war auf drei Verbindungen an Werktagen eingedampft worden. Eigentlich nutzten nur noch Schüler den Bus. In Eichberg leben ohne Auto? Schwierig.

Früher war hier alles anders, dachte sie, als sie die Hauptstraße mit den krummen Fachwerkhäusern entlangradelte. Im Schaufenster des Bäckerladens hingen jetzt normale Gardinen, davor stand eine Milchkanne mit angestaubten Sonnenblumen aus Kunststoff. Wie hatte sie diesen Laden geliebt! Dort roch es so lecker nach frischem Brot und je nachdem, vor welchem Regal man sich in dem kleinen Verkaufsraum befand, zusätzlich nach Waschpulver oder Sauerkraut. Sie hatte diese seltsamen Düfte noch in der Nase, auch wenn das Geschäft schon seit vielen Jahren geschlossen war. Den Roten Ochsen gegenüber gab es noch; ihre Metzgerei hatten die Wirtsleute aber schon längst aufgegeben und den Ladenraum vermietet. Dort brannte Licht. Ivi war noch da.

Anne bremste, stieg ab und lehnte das Fahrrad gegen die Hauswand. Ein neuer Haarschnitt war längst überfällig. Ihre Freundin kam gerade aus der Tür, das Licht war jetzt aus.

»Hallo, Anne, du hast Glück, dass du mich noch erwischst.«

»Ich will dich nicht lange aufhalten. Hast du morgen mal Zeit für mich? Da ist mein freier Nachmittag.«

»Nur schnell nachschneiden?«

»Nein, ich dachte eigentlich an eine komplette Runderneuerung.«

»Also, schneiden, Farbe, Fingernägel – das volle Programm?«

Ivi zog ihren Terminkalender aus der Handtasche. Er war in rotes Kuhfellimitat eingebunden.

»Um halb eins muss ich dem kompletten Clan vom Berglerhof die Harre schneiden. Komm doch einfach so kurz nach drei. Bis dahin bin ich auf jeden Fall wieder zurück. Endlich können wir uns mal wieder richtig ausquatschen.«

Ivi schloss die Salontür mit der knallroten Aufschrift »Ivonnes Lockenladen« ab. Anne fasste den Lenker ihres Fahrrades.

»Kommst du ein Stück mit?«, fragte ihre Freundin, »mein Auto steht an der Kirche. Vorhin hat der Bierlaster hier alle Parkmöglichkeiten blockiert.«

»Klar.« Sie schob ihr Fahrrad und lief neben Ivi her.

»Sven ist wieder da.«

»Ich weiß. Er war heute bei mir in der Kita.«

»Und?«

»Er hat seine Kinder angemeldet.«

»Hast du seine Frau schon gesehen?«

»Nein, nur die zwei Jungs.«

»Bin gespannt, was das für eine Tussi ist.«

»Ich nicht.«

»Das soll ich dir jetzt glauben?«

»Die Jungs sind jedenfalls putzig. Max, der ältere, ist ein ganz Stiller, Luis ein aufgeweckter Kerl. Der sieht Sven auch ziemlich ähnlich.«

»Du lenkst ab.«

Sie waren vor Ivis Auto angekommen.

»Morgen sag ich dir, wie sie aussieht, falls du ihr nicht sowieso über den Weg läufst, okay? Sie bringt die Kinder in die Kita.«

Ivis roter Fiat 500 stand direkt vor dem Pfarrhaustor. Hinter dem Wischerblatt klemmte ein Zettel. Sie nahm ihn ab und las vor:

»Bitte parken Sie ab morgen nicht hier vor dem Eingang. Wir haben Bauarbeiten. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Die Unterschrift kann ich nicht lesen. Guck mal, Anne.«

»Pfarrer – irgendwas.«

»Weißt du nicht, wie der neue Pfarrer heißt?«

»Ich habe es vergessen. Heute Abend frag ich Opa Willi. Auch, was das mit der Baustelle soll. Er müsste es ja wissen.«

»Okay, dann bis morgen. Ich freu mich auf dich.« Ivi stieg in ihr Auto.

Anne schwang sich wieder auf das Rad und trat kräftig in die Pedale. Die Abenddämmerung hatte schon eingesetzt. Zeit, endlich nach Hause zu kommen.

Die letzten zweihundert Meter ging es steil bergauf. Sie schaltete in den ersten Gang, aber auch das nützte nichts. Keine Puste mehr. Über den Winter hatte sich ihre Kondition verflüchtigt. Also absteigen und schieben. Gott sei Dank kam hier auf der schmalen Allee nur selten ein Auto. Die Eichen am Straßenrand reckten ihre nackten schwarzen Äste gegen den samtblauen Abendhimmel, der mit lila- und rosafarbenen Streifen durchwirkt war. Es duftete herrlich nach frisch gepflügter Erde. Sie ging einige Meter ganz langsam mit geschlossenen Augen.

Vor ihrem Elternhaus oben auf dem Berg machte die schnurgerade Straße eine Neunzig-Grad-Kurve. Wenn man weiterfuhr, erreichte man nach etwa zweihundert Metern nur noch einen Wanderparkplatz am Waldrand.

Das allein stehende Fachwerkhaus winkte ihr zu. Sie lächelte. Die Haustür lag genau in der Mitte und bildete mit den beiden von hellbraunen Läden eingerahmten Fenstern im ersten Stock ein Gesicht mit Mund und Augen. Der Lattenzaun war die Halskette, der Dachgiebel ein Hut. Als Kind hatte sie sich immer vorgestellt, dass das alte Haus mit den Augen zwinkern, lachen oder sein Gesicht trotzig verschließen konnte.

Noch bevor sie Opa Willi hinter der Hecke am Zaun stehen sah, stieg ihr der angenehme Duft seines Pfeifentabaks in die Nase. Er hielt ihr das Gartentor auf.

»Na, Mädel, schöner Abend heute. Wird langsam Frühling.«

»Ist dir nicht kalt – so ohne Jacke? Komm, wir gehen rein. Ich habe einen Bärenhunger.«

Sie stellte das Fahrrad in den Flur.

Opa Willi lachte und kam hinter ihr her. Er hatte sein blaukariertes Flanellhemd bis zu den Ellenbogen hochgekrempelt. Die graue Arbeitshose spannte ein wenig über seinem Bäuchlein. Er hätte sie auch ohne die breiten angeknöpften Hosenträger nicht verloren.

»Es gibt heute Bauernkäse. Trinken wir ein Bier dazu?«

Opa Willi hatte das Abendessen schon vorbereitet.

»Ich geh nur schnell mal hoch und wasche meine Hände. Du kannst das Bier schon eingießen. Bis gleich.« Sie nahm zwei Stufen auf einmal die alte ausgetretene Holztreppe hoch, welche vom Flur in ihre Wohnung im ersten Stock führte.

Opa Willi bereitete oft das Abendessen für sie beide vor. Es gab immer belegte Brote. Dazu im Sommer Tomaten, Gurken oder was sonst noch im Garten wuchs. Ein warmes Mittagessen hatte sie ja schon in der Kita gehabt. Opa ging jeden Tag in den Roten Ochsen. Der Wirt kochte mittags ein günstiges Tagesessen für seine Stammkunden: Handwerker und etliche meist alleinstehende Eichberger.

Anne schlüpfte in ihre kuscheligen rosa Plüschpantoffel, Ivis letztes Geburtstagsgeschenk, und eilte die Treppe hinunter in die Wohnküche.

Auf dem Esstisch lag schon die rotkarierte Decke, darauf zwei Holzbrettchen und Besteck, in der Mitte ein Teller mit kleinen weiß-gelblichen Bauernkäsen, von Zwiebelringen umgeben, außerdem Butter und das Brotbrett mit einem runden frischen Laib. Opa Willi saß auf seinem Stuhl und schenkte gerade das Bier in ihr Glas. Ihr lief das Wasser im Mund zusammen. Bauernkäse mit frischem Brot, lecker. Sie rutschte auf die lange Seite der Eckbank. Oma Hildes Platz an der Stirnseite blieb seit letztem Frühjahr leer.

Sie faltete die Hände. Opa Willi betete wie jeden Tag:

»Vater, segne diese Speise. Uns zur Kraft und dir zum Preise. Amen.«

Dann zog er das Brotbrett zu sich, machte andächtig drei Kreuzeszeichen über dem frischen Laib. Erst danach schnitt er einige Scheiben ab.

Sie nahm sich den Kanten, strich Butter darauf und biss hinein.

»Was gab es denn beim Wirt heute zum Mittagessen?«

»Pellkartoffeln mit Quark und Leinöl. Hinterher noch Kaffee und ein kleines Stück Streuselkuchen. Den hatten sie vom Sonntag übrig. War gut.«

Während der nächsten Minuten aßen sie in der Stille. Der Bauernkäse war genau richtig durchgezogen. Innen schön gelb, aber noch nicht überreif.

»Sven Kittel ist mit seiner Familie am Wochenende eingezogen.«

»Ich weiß. Er war heute bei mir. Wegen der Anmeldung.«

Opa Willi schaute kauend zu ihr herüber. Hoffentlich fing er jetzt nicht auch noch an, dieses Thema auszuwalzen. Sie kam ihm zuvor.

»Wie heißt eigentlich nochmal der neue Pfarrer? Ich habe es leider vergessen.«

»Martin von Stein.«

»Von Stein? Ist das ein echter Adliger?«

»Das musst du ihn am besten selbst fragen.«

«Und sag mal: Was gibt es denn im alten Pfarrhaus für Bauarbeiten? Ivi hatte einen Zettel am Auto, dass sie nicht mehr davor parken darf.«

»Sie soll sich nur nicht mehr ausgerechnet vor die Hofeinfahrt stellen. Pfarrer von Stein wird demnächst einziehen. Im Haus sind ein paar Renovierungen notwendig. Es stand ja viele Jahre leer.«

»Hat er eine Familie? Kinder?«

»Nein, er ist ledig.«

Also war vorerst keine Kundschaft für die Kita in Sicht.

»Ist das Pfarrhaus nicht ein bisschen groß für eine einzige Person?«

»Er wird nur im Dachgeschoss wohnen. Das sind drei kleine Zimmer.«

»Und unten bleibt es dann leer?«

»Nein.«

»Wird vermietet?«

»Sozusagen.«

»Ach Opa, lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen!«

»Mädel, mehr darf ich dir nicht verraten. Morgen oder übermorgen wirst du eine Einladung von Lohmann bekommen: nicht öffentliche Gemeinderatsitzung.«

»Warum bin ich dann dabei, wenn sie nicht öffentlich ist?«

»Es betrifft auch deinen Kindergarten. Bitte frag nicht weiter und sprich auch vorerst mit niemandem darüber. Die Eichberger Buschtrommeln sollten besser nicht mit wilden Spekulationen in Gang gesetzt werden.«

»Muss ich mir deshalb Sorgen machen?«

»Nein, im Gegenteil. Du wirst schon sehen. Übrigens kannst du bei der Sitzung gleich den neuen Pfarrer kennenlernen. Ist ein patenter Kerl.«

Immerhin hatte sie es geschafft, Opa Willi an diesem Abend von weiteren Fragen nach Sven Kittel abzulenken. In ihrem Kopf lief jedoch die ganze Zeit ein Hintergrundprogramm von Bildern und Erinnerungen ab.

Sie auf dem Rücksitz von Svens Motorrad, die Arme um seinen Bauch geschlungen, das Gesicht seitlich an seinen Rücken geschmiegt. Fahrtwind, der nach Heu duftete. Ihr geheimes Plätzchen, unten am Teich. Svens warme Hand auf ihrem Rücken unter dem Pullover. Näher, immer näher, bis es nicht mehr näher ging.

Wo war nur die Stopp-Taste?

Später kuschelte sie sich unter ihre Bettdecke und nahm das oberste Buch von dem Stapel auf ihrem Nachttisch. Lesen half ihr eigentlich immer, um abzuschalten. Sie vertiefte sich in Work and Travel in Australien und Neuseeland. Verschwinden, einfach verschwinden. Mal eine Zeitlang ganz woanders leben und was anderes machen. Äpfel oder Weintrauben pflücken statt verklebte Kindermünder abwischen. Am besten einfach nur am Ende der Welt im warmen Sand sitzen und dem Meeresrauschen zuhören.

Sie war irgendwann in einen tiefen Schlaf hinübergeglitten. Das Licht ging um elf von selbst aus. Opa Willi hatte eine Zeitschaltuhr eingebaut, damit die Lampe nicht mehr die ganze Nacht brannte, wenn sie beim Lesen oder Musikhören einschlief.

Morgens saß Anne auf dem Bettrand. Das Buch lag aufgeschlagen auf dem Boden. Sie hob es auf und strich sorgfältig die zerknitterten Seiten glatt. Heute war so ein Tag, an dem sie sich am liebsten wieder unter die warme Decke verkriechen würde. Sie war spät dran.

»Los, raff dich endlich auf«, feuerte sie sich an. Schließlich gelang es ihr doch noch, pünktlich aus dem Haus zu gehen.

Drei Kinder standen schon um kurz vor sieben mit einer Oma vor dem Eingang. Ihre Mütter waren längst auf dem Weg in die Arbeit. Sie beneidete diese Frauen nicht. Die jonglierten jeden Tag Beruf, Haushalt und Kinder – das waren in Annes Augen echte Heldinnen des Alltags.

Der Vormittag verging erfreulich schnell. Um kurz nach drei saß sie auf einem Korbstuhl in Ivis Lockenladen.

»Willst du einen Cappuccino oder lieber Latte macchiato caramel?«

Ivi besaß seit neuestem eine Kapsel-Kaffeemaschine, mit der man allerlei Heißgetränke zaubern konnte.

»Eine Latte, bitte.«

»Nehm ich auch. Die schmeckt sündhaft gut. Wenn nur die Kapseln nicht so teuer wären. Überleg mal: eine Packung kostet 5,39 Euro. Um das nach allen Kosten zusätzlich übrig zu haben, muss ich zweimal Waschen und Legen machen. Oder drei Maschinenhaarschnitte.«

»Hast du schon mal überlegt, deine Preise ein wenig zu erhöhen?«

»Geht nicht. Dann verliere ich meine Hausbesuche an die Rasende Schere.« Das war eine mobile Friseurin aus dem Nachbarort, die keinen Salon betrieb und nur auf den Dörfern herumfuhr. Ernsthafte Konkurrenz für Ivi, wenn es mehr auf den Preis als auf die Frisur ankam.

»Also dann: hoch die Gläser. Auf uns.«

Sie nippten vorsichtig, die Latte war höllisch heiß.

»So, und jetzt erzähl mal. Ich bin Svens Angetrauter nämlich noch nicht persönlich begegnet und platze vor Neugier.«

»Sie heißt Jutta und spricht schwäbisch. Hört sich lustig an. Auch wenn sie hochdeutsch redet, klingt der Dialekt deutlich heraus. Ich finde sie auf den ersten Blick ganz sympathisch.«

»Wie sieht sie denn aus?«

»Dunkler Typ, schwarze, kurze Haare, Brille. Jeans, Pulli. Nicht besonders modisch. Sie ist größer als ich und ein wenig … fülliger.«

»Also mit einem Satz: langweilig, aber nett.«

»Sie ist OP-Schwester. Momentan auf Abruf, wenn im Klinikum Personalengpass ist. Die haben ihr eine feste Stelle versprochen, irgendwann, wenn was frei wird.«

»Und wie geht es dir damit, Sven und Jutta im trauten Familienglück zu sehen, Anne?«

Sie konnte sich darauf verlassen, dass Ivi ihre Antwort verstehen und streng vertraulich behandeln würde.

»Gar nicht, Ivi. Irgendwie geht es mir – gar nicht.«

»Wie meinst du das?«

»Die Sache mit Sven ist in meinem Kopf längst abgehakt. Trotzdem muss ich jetzt immer an die alten Zeiten denken. Komischerweise nur an die schönen Momente. Schmetterlinge im Bauch und so. Und wenn er in meine Nähe kommt, dann …«

Sie überlegte, wie dieses seltsame Gefühl zu beschreiben war.

»… wird es dir um den Bauchnabel herum ganz anders?«

»Ja, blöd.«

»Ich kenn das. Deswegen bin ich damals von Harald nicht losgekommen. Bei jedem Treffen wollte ich mit ihm Schluss machen, nachdem ich begriffen hatte, dass er sich wegen mir niemals scheiden lässt. Immer wieder hat er mich rumgekriegt. Wegen diesem blöden Bauchnabelschmetterlingsgefühl.«

»Aber irgendwann hast du ihn ja doch in die Wüste geschickt.«

Sie waren seit Kindertagen befreundet und hatten schon viele Höhen und Tiefen miteinander durchgestanden. Die Monate, bis Ivi diesem schleimigen Kerl endlich den Laufpass gab, zählten definitiv zu den Tiefen.

»Anne, eines habe ich dadurch gelernt: Man muss wissen, was einem guttut und was nicht. Langfristig, meine ich. Entweder erkämpft man sich den EhefrauenStatus oder man geht gleich auf Distanz. Dazwischen gibt es nichts Akzeptables. Das habe ich inzwischen begriffen.«

»Sehe ich genauso.«

»Also denk an mich, wenn Großwildjäger Sven wieder auf der Pirsch ist und leichte Beute wittert. Zum Beispiel dich.«

»Ich glaube nicht, dass er noch so ist. Er hat sich verändert.«

»Für mich wäre das Weltwunder Nummer acht. Du, ich will nicht, dass der Kerl dir wieder weh tut!«

Die Latte war inzwischen auf angenehme Trinktemperatur abgekühlt. Sie nahm einen großen Schluck und ließ den karamelligen Nachgeschmack auf der Zunge zergehen.

»Übrigens – der neue Pfarrer heißt Martin von Stein.«

»Der ist aber nicht aus der Gegend. Von Stein? Klingt nach alter Knacker, oder?«

»Keine Ahnung. Vielleicht sieht man ihn mal bei den Bauarbeiten. Opa Willi hat gemeint, du sollst nur nicht direkt vor dem Tor parken.«

»Was bauen die denn dort?«

»Sie renovieren ein bisschen. Der Pfarrer zieht her.«

»Echt? Nach Eichberg?«

»Mehr weiß ich leider auch nicht.«

Ihre Freundin stand auf.

»Na gut, dann lass uns schauen, was wir mit deinen Haaren machen.«

Sie legte einige Frisurenmagazine und Farbkarten auf den kleinen Tisch zwischen die leeren Latte-Gläser.

Anne blätterte in einem der Magazine.

»Du weißt ja, ein Zopf muss möglich sein. Wegen der Arbeit. Vielleicht so?« Sie zeigte auf ein Schwarz-weiß-Foto im Retro-Stil.

Ivi warf den Kopf in den Nacken und brach in lautes Lachen aus. »Die ewige Sophie Scholl. Da kannst du gleich so wieder heimgehen. Das ist im Grunde deine jetzige Frisur mit extremem Seitenscheitel und etwas Föhnschaum drin.«

Als sie vor Jahren miteinander den Kinofilm über die Weiße Rose gesehen hatten, war Ivi sofort Annes Ähnlichkeit mit der Hauptdarstellerin aufgefallen. Seither neckte Ivi sie ab und zu damit.

»Was ist daran so schlimm, wie Sophie Scholl auszusehen?«

»Nichts, wenn man 1943 lebt – ich stelle mir unter Runderneuerung nur etwas Großartigeres vor: rote Strähnen, Raspelschnitt, Undercut, Platinblond.«

Sie prusteten beide los. Mit platinblondem Raspelschnitt würden ihre Kita-Kinder sie vermutlich gar nicht mehr erkennen.

Schließlich tippte sie mit dem Finger auf ein anderes Frisurenfoto.

»Wie wäre es mit einer Tönung, vielleicht in so einem Kastanienrot? Und ungefähr drei Zentimeter abschneiden?«

»Konstruktive Idee. Allerdings würde ich dir lieber hellere Strähnchen in deiner natürlichen Braunnuance verpassen. Das lässt deinen sanften Bambi-Blick strahlen und macht dich nicht so käsig.«

»Du bist hier die Expertin.«

Ivi war wirklich eine Meisterin ihres Fachs. Zusammen bestaunten sie zwei Stunden später die Runderneuerung im Spiegel.

»Schade, dass dich heute nur noch dein Opa zu sehen bekommt. Wir sollten mal zusammen zu einer Singleparty gehen und dir endlich einen Mann aussuchen«, schlug ihre Freundin kichernd vor.

»Was sagt denn Torsten dazu, wenn du mit mir auf eine Singleparty gehst?«

»Ach, der hätte vollstes Verständnis, dass ich dich endlich unter die Haube bringen muss.«

Ivi war seit zwei Jahren glücklich verheiratet. Mit Torsten Lohmann, dem ältesten Sohn des Bürgermeisters, der von der Art her genau das Gegenteil seines Vaters war.

»Irgendwann läuft mir auch ohne Singleparty einer über den Weg.«

»Hier in Eichberg? Das glaubst du doch selbst nicht. Die sind alle vergeben oder ätzend.«

»Ich finde mein Leben ohne Mann derzeit eigentlich gar nicht so übel.«

Sie meinte das in diesem Moment wirklich ernst.

Die Straßenlampen verbreiteten auf der Heimfahrt schon ihr gelbes, tranfunzeliges Licht. Lohmann hatte auf energiesparende Modelle umstellen lassen. Das kam auf die Dauer billiger für die Gemeinde. Aber die Beleuchtung war schrecklich. Während sie keuchend ihr Rad den Berg hinaufschob, nahm sie sich fest vor, ab sofort an ihrer Kondition zu arbeiten.

Tatsächlich lag eine Ladung zur Gemeinderatssitzung auf der Anrichte. Genau, wie Opa Willi es prophezeit hatte. Ausgerechnet an einem Samstag um dreizehn Uhr im Pfarrhaus. Was für eine blöde Uhrzeit. Das würde knapp werden.

Endlich zog der Frühling ins Land. Fast jeden Tag schien die Sonne. Die wenigen warmen Regenschauer ließen das Grün in der Natur geradezu explodieren. Anne schien es, dass die Menschen viel fröhlicher und umgänglicher waren als während der Wintermonate. Sogar die Kinder quengelten weniger und tobten mit Riesenspaß draußen auf dem Spielplatz. Luis hatte sich in der kurzen Zeit schon prima eingelebt. Auch Max machte jetzt mit. Wenn man ihn ansprach, gab er Antwort. Von selbst sagte er allerdings so gut wie nie etwas. Anne hatte beobachtet, dass er besonders gerne Bilderbücher anschaute. Am liebsten holte er sich in der Mittagsruhe die Bände von Wieso? Weshalb? Warum?.

Nachmittags, als die Kinder im Sandkasten spielten, meinte Renate leise zu ihr: »Stille Wasser sind tief. Wusstest du, dass unser Max lesen kann?«

»Was, mit fünf? Wie hast du das gemerkt?«

»Sina hat es mir verraten. Max hat sie nach den Buchstaben gefragt und sich das Lesen im Grunde selbst beigebracht.«

»Ach du große Schande, der kleine Bursche ist …?«

»Ziemlich intelligent, Anne. Und ein kleines bisschen autistisch veranlagt, wenn du mich fragst.«

»Seine Eltern haben noch nichts gemerkt?«

»Sieht nicht so aus. Sina betrachtet es als ihr Geheimnis, dass ihr Bruder lesen kann. Wir sollten mal einen Test mit Max machen. Wer weiß, was er sonst noch für Fähigkeiten hat. Vielleicht wäre er in der Schule besser aufgehoben. Wenn du einverstanden bist, gehe ich mal die üblichen Bögen mit ihm durch.«

»Gut, ich bin gespannt, was dabei herauskommt.«

»Ich auch.«

Renates langjährige Erfahrung als Kinderpflegerin waren von unschätzbarem Wert. Besonders, wenn ein Kind nicht in die gängigen Normen von Entwicklungskurven und Schulreife einzuordnen war. Das kam in den letzten Jahren ein paarmal vor. Aber diese Kinder hatten sich nicht selbst das Lesen beigebracht, sondern besonderer Förderung bedurft.

Tage der Wahrheit

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