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Sabine Fenner

Nichts Weltbewegendes

oder… wo ich mich in den Wind stelle


Rückschau

Einmal noch

Werde ich nordwärts ziehen

In der kleinen Bucht, am Muschelstrand

Die Holzplanken unter meinen Füßen spüren

Kopfüber in die Fluten stürzen

Das Boot zu Wasser lassen

Weißt du noch…

Vielleicht liegt es noch da

Vielleicht nahm es der Wind

Und vielleicht wirst du da sein

Auf mich warten, wie damals

Als wir gemeinsam im Dünengras lagen

Unseren Träumen Namen gaben

© Sabine Fenner


Impressum

Copyright © 2012 Sabine Fenner

Herstellung und Verlag: epubli GmbH, Berlin

www.epubli.de

ISBN: 978-3-7375-7306-1

Fotos/Texte: © Sabine Fenner

Coverbild (Das Leben findet dich): © Rainer Rübenach

Ölgemälde (Emil Nolde nachempfunden):

© Margarete Pagenstecher

Ich habe in diesem Buch Links zu Webseiten gelegt. Hierfür gilt: Auf die von mir in diesem Buch verlinkten Seiten habe ich keinen Einfluss, was Gestaltung und Inhalte anbelangt. Deshalb distanziere ich mich hiermit ausdrücklich von allen Inhalten dieser verlinkten Seiten.

Vorwort

Als sich dieser Gedanke in meinen Kopf festsetzte, habe ich mich selbst belächelt, doch irgendwie ließ er mich nicht mehr los. So sitze ich nun hier und lasse einfach den Worten freien Lauf, die schon lange in mir wachsen - auf dessen Spuren ich nun wandeln werde. Es ist nichts Weltbewegendes, aber es ist ein Teil von mir und von denen, die mich bis jetzt durch mein Leben begleitet haben. Viele sitzen schon oben auf einer Wolke oder schüren das Feuer unter Tage, wo auch immer sie sein mögen...

Andere verstehen meine Sprache nicht und gehören doch zu mir. So wie das Land zwischen den Meeren, das mir Heimat und gleichzeitig auch Zuflucht war und ist. Das Land, wo ich mich in den Wind stelle, meinen Blick übers Land schweifen lasse, wo ich Menschen Freunde nennen kann.

Gedanken am Meer

Wir bogen links in eine kleine Landstraße ein. Noch 5 km bis Norgaardholz. Ich empfand so etwas wie Vorfreude, Wehmut, Trauer... alle Emotionen, die man so kennt, stiegen in mir hoch. Während Kornfelder, Knicks und kleine Reetdachhäuser an uns vorbeiflogen, gab mein Hirn Bilder frei, die ich so lange nicht mehr wahrgenommen hatte. Diese erinnerten mich an meinen Lieblingsmaler „van Gogh“.

Und da war sie, meine Ostsee. Hier hatte ich nun meine Sommerferien vom Kleinkindalter bis zum Teenager verbracht. Wir parkten das Auto auf einem nahen Parkplatz. Schnell griff ich nach meiner Kamera, denn ich hatte mir fest vorgenommen, diese Zeitreise bildlich festzuhalten.

Wie freute ich mich, als ich den so geliebten Strandweg sah. Es gab ihn noch. Nur standen rechts am Wegesrand nicht die Boote des Fischers Lietzow, sondern dort parkte ein Mercedes mit einem Bootsanhänger, was aber meiner Freude keinen Abbruch tat. Mein Mann begleitete mich, hielt sich aber hinter mir, damit ich das Panorama in Ruhe genießen konnte.


Wir liefen den Weg hinunter bis zum Sandstrand. Er lag verwaist da.


Norgaardholz in der Geltinger Bucht an der Ostsee


Hier hatte ich nun Jahr um Jahr Meer und Sonne genossen, meinen ersten Schwimmunterricht absolviert, und hier entstand wohl auch meine Vorliebe für Fossilien, denn meine ersten Funde, Donnerkeile (Belemniten) in verschiedenen Längen und Farben, fand ich auf diesem Strandabschnitt. Wie traurig war ich damals (1958), als mein geliebter Wasserball bei ablandigem Wind aufs Meer hinausgetrieben wurde. Ich war einen Moment unachtsam.


Am Wildstrand in Norgaardholz (1958)


Dieser Strandabschnitt im Juli 2011


Und wie habe ich es gehasst, wenn meine Mutter mich mit dem Öl aus der braunen Flasche eincremte, weil der Sand so unangenehm daran haftete. Da ich die Sonne nicht so gut vertragen konnte, setzte man mir immer einen entzückenden Strohhut aufs Haupt, den ich natürlich sofort entfernte, sobald meine Eltern außer Sichtweite waren.

Mein Bruder versah seinen Dienst in der Badeanstalt bei der DLRG, aber dort musste man Eintritt zahlen. So nutzten meine Familie und ich den Wildstrand, da waren wir frei und unabhängig.


Aber wenn er zwischendurch mal Freizeit hatte, durfte ich mich auf so ein… ja, heute sagt man wohl… Surfbrett setzen. Er lag dann nur mit der Hälfte seines Körpers auf dem Brett und setze seine Hände als Paddel ein.

War das ein Vergnügen, obwohl mir bei starkem Wellengang auch manchmal etwas mulmig in der Magengegend war. Damals gab es noch keine „Strandmuscheln“ oder einen „Windschutz“. Um uns vor starkem Ostwind zu schützen, wurde eine Sandburg aufgeschaufelt, die wir Kinder dann mit Muscheln und allerlei Strandgut verzierten.

Duschen gab es in unserem Urlaubsdomizil nicht. So durfte ich nur mit einer Badekappe ins Wasser, damit meine Haare nicht nass wurden. Es war halt zweckmäßig, aber ich hatte mit dieser Kopfbedeckung immer meine Probleme. Auch mein Badeanzug wollte einfach nicht an der Haut haften bleiben.


Sobald ich ins Meer tauchte, füllte er sich mit Wasser, und ich kam mir vor wie eine dicke Boje, von denen es um mich herum viele gab. Die modernen Fasern, die man heute kennt, gab es leider in den 60er Jahren noch nicht.

Da es an der Ostsee im Flachwasser viele Steine gibt, trug ich an den Füßen sogenannte Badeschuhe, die mich sicher über die Steine laufen ließen. Aber die fand ich scheußlich, denn ich war im Sommer daran gewöhnt, barfuß zu laufen, woran sich bis heute nichts geändert hat.

Wenn der Wellengang es zuließ, lieh ich mir von einer kleinen Freundin, die mit ihren Eltern auf dem Campingplatz Urlaub machte, eine Luftmatratze aus. Ich legte mich rücklings auf dieses Luftpolster - vergaß die Zeit, schaute den Wolken nach, sah dort oben Gesichter und träumte von Wolkenschlössern und Engeln.

Ein besonderes Highlight war wohl das Fischen auf der Ostsee, wenn ich mit dem Fischer Lietzow und meinem Vater frühmorgens mit rausfahren durfte. Der gefangene Fisch wurde dann nach unserer Rückkehr vom Fischer in einem kleinen Ofen am Strand geräuchert. Abends freute sich die ganze Familie auf diese Leckerbissen.


Im LANDSCHAFTS-MUSEUM ANGELN/UNEWATT

(www.museum-unewatt.de) gibt es heute eine Ausstellung vom Leben und Wirken des Fischers Lietzow


Der Weg runter zum Strand wurde nach ihm benannt

Heute kennt man kleine Plastikeimer und Plastikformen, um Kinder am Strand zu beschäftigen. Meine Strandutensilien waren noch aus Blech. Ich hütete sie wie meinen Augapfel, denn viel gab es nicht zu dieser Zeit. Ich wurde ungnädig, wenn meine Mutter mich aufforderte, sie mit anderen Kindern zu teilen, die noch weniger hatten. Musste mir jedoch eingestehen, dass das Spielen zu zweit viel mehr Spaß machte, denn meine kleine Spielgefährtin bot mir ihre Sandkuchen an und ich die meinen.

An einem besonders heißen Tag - ich hatte gerade meinen Freischwimmer geschafft und war sehr stolz auf das Abzeichen, das meine große Schwester mir auf meinen Badeanzug genäht hatte - schwamm ich im bauchtiefen Wasser über eine große Brandqualle hinweg. Wen schon einmal die langen Fäden so einer Qualle gestreift haben, der weiß, wie viel Schmerzen die verursachen können. Ich lief aus dem Wasser und brüllte, was das Zeug hielt. Der ganze Bauch war schon krebsrot. Mein Vater, der sich immer sehr um seine jüngste Tochter sorgte, holte einen Arzt, der Gott sei Dank auch als Feriengast vor Ort war. Der verordnete mir Ruhe, keine Sonne mehr und tränkte große Wattebäusche in Buttermilch, um die Rötungen damit zu kühlen.

Es half tatsächlich. Am Abend ging es mir schon wieder besser. Den nächsten Tag verbrachte ich am Strand in gewohnter Weise.

Die ersten Jahre verpflegten wir uns selbst. Als es meinen Eltern finanziell besser ging - mein Vater konnte sich mittlerweile Amtmann nennen - musste ich mittags meinen geliebten Strand verlassen, mir ein Kleid anziehen, und dann gingen wir zu Fuß in ein Dorfrestaurant. Dort wurde noch auf einem Kohleofen gekocht. Schon damals liebte ich Spargelcremesuppe mit Fleischklößchen über alles. Damit kann man mich auch heute noch nachts aus dem Bett locken. Die gab es dort oft als Vorsuppe, Rouladen mit grünen Bohnen, neue Kartoffeln, Erdbeeren mit Schlagsahne und weitere Menüs standen auf dem Speiseplan. Zu damaliger Zeit war das der reinste Luxus.

Wenn ich daran denke, läuft mir auch heute noch das Wasser im Mund zusammen. Vom Essen zurück, musste ich immer eine Stunde ruhen, denn mit vollem Magen soll man ja bekanntlich nicht ins Wasser springen. Ich schaute während dieser Auszeit ungeduldig auf die Uhr und hatte das Gefühl, die Zeit würde schleichen. Wenn es geschafft war, brauste ich los, um mich erneut in die Fluten zu stürzen.



Nichts Weltbewegendes

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