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Jeder Mensch lernt anders.

Das vorliegende Buch basiert auf zwei Grundgedanken. Der eine ist die Metapher des Fliegens. Sie zieht sich wie ein roter Faden durch alle Kapitel. Dabei steht das Fliegen sinnbildlich für das Lernen. Der Leser wird sozusagen zum Lernpiloten ausgebildet. Das Ziel ist ein ruhiger Flug, das heißt, eine angenehme Prüfungsvorbereitung und eine sichere Landung. Sie entspricht der bestandenen Prüfung. Zur Ausbildung gehören auch die Streckenplanung, eine Einführung ins Funken und der Umgang mit Flugangst.

Metapher des Fliegens

Mit dieser Metapher arbeite ich seit einigen Jahren in meinen Seminaren und staune immer wieder, wie viel besser sich die Teilnehmer die Tipps und Techniken seither merken. Das geht soweit, dass sie den Flug-Wortschatz automatisch übernehmen. So werden mir häufig Fragen gestellt wie diese: „Ich komme leicht vom Kurs ab, obwohl ich einen genauen Streckenplan habe. Was kann ich dagegen tun?“ Die Flugmetapher hat sich außerdem bei Menschen mit Lernschwierigkeiten bewährt. Schon die Wörter Lernen, Prüfung, Lernplan und Lerntechniken verursachen manch einem Bauchweh. Mit der Flugmetapher kann man sich diesen Themen auf neue Art nähern und alte Traumata elegant umgehen.

Die individuelle Lernerpersönlichkeit

Der zweite Grundgedanke ist das Konzept der Lernerpersönlichkeit. In einem Eingangstest ermittelt der Leser seine individuelle Lernerpersönlichkeit. Dabei wird unter anderem erfasst, wie er Informationen aufnimmt, Dinge versteht und Entscheidungen fällt. Den Begriff der Lernerpersönlichkeit habe ich gewählt, da dieser Test nur die Wesenszüge ermittelt, die beim Lernen gezeigt werden. Also nicht die Eigenschaften als Sohn, Abteilungsleiterin, Computerexperte, Patentante, Fußballer oder Chormitglied.

Dieses Konzept bildete schon früh die Grundlage meiner Seminare. Bei meinen Tätigkeiten als Sprachlehrerin, Tutorin, Trainerin und Lehrerin bemerkte ich, dass jeder Mensch anders lernt. Einige Tipps führten bei dem einen Teilnehmer zum Erfolg, bei dem anderen jedoch zum Gegenteil. Aus diesem Grund bekommt jeder Leser in diesem Buch individuelle Hilfe. Wer sich seiner Lernerpersönlichkeit bewusst ist, kann seine Stärken besser nutzen und wird in Zukunft jede Prüfung erfolgreich meistern. Misserfolge sowie Lernfrust werden der Vergangenheit angehören.

Andere Lernerpersönlichkeiten kennenlernen

Ein Nebeneffekt ist, dass der Leser auch andere Lernerpersönlichkeiten kennenlernt. Dadurch wird er das Verhalten von Mitlernern, seinen eigenen Kindern oder Schülern besser verstehen und angemessen darauf reagieren können. Das Buch ist daher auch für Lehrende und Eltern geeignet. Es enthält zahlreiche Anekdoten, Erfahrungsbeispiele, Übungen, Checklisten, Buchtipps, wissenschaftliche Hintergründe, Zusammenfassungen, Übersichten, Merksätze und Illustrationen, die allen Lernerpersönlichkeiten gerecht werden.

Hintergründe zur Lernerpersönlichkeit

Das Konzept der Lernerpersönlichkeit steht in einer langen Tradition. Begonnen hat die Erfassung unterschiedlicher Persönlichkeitstypen bereits im 6. Jahrhundert v. Chr.

Die Säftelehre des Abendlandes

Sie wurde von Alkmaion von Kroton ca. 530 v. Chr. in Griechenland begründet. Die damals entwickelte Vier-Säfte-Lehre diente in erster Linie medizinischen Zwecken. Sie führte in der ärztlichen Praxis zu so guten Erfolgen, dass sie auch in der mittelalterlichen Medizintheorie eine wesentliche Grundlage darstellte und noch bis ins 19. Jahrhundert von Ärzten geschätzt wurde.

Die vier Körpersäfte

Eine zentrale Rolle spielen in diesem Konzept die vier Körpersäfte: Blut, Schleim, schwarze Galle und gelbe Galle. Der Kerngedanke ist, dass die Ursachen für Krankheiten auf dem gestörten Gleichgewicht dieser Säfte basieren und die Therapie an den vier Säften ansetzen muss. Mit dem Überwiegen einzelner Bestandteile wurden die vier Grundtypen des Menschen begründet:

Typ Überwiegender Saft Grundtyp
Sanguiniker wallendes Blut heiter, aber leicht erreg- und reizbar
Phlegmatiker zäher Schleim oberflächlich, zögernd, vorsichtig
Choleriker gelbe Galle aufbrausend und jähzornig
Melancholiker schwarze Galle gehemmt, traurig und meist verstimmt

Die Fünf-Elemente-Lehre aus Fernost

Auch diese Lehre dient medizinischen Zwecken und ist die Grundlage der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM). Sie ist mehr als 2000 Jahre alt, erlebte wie die Vier-Säfte-Lehre ihren Höhepunkt in der Zeit des europäischen Mittelalters und wurde ebenfalls im 19. Jahrhundert von Technik und Wissenschaft ins Abseits gedrängt. In der Fünf-Elemente-Lehre werden Elemente auf Charakterzüge übertragen. Der wesentliche Unterschied zur Vier-Säfte-Lehre besteht darin, dass von fünf statt von vier Grundelementen ausgegangen wird – Holz, Feuer, Erde, Metall und Wasser.

C.G. Jungs „Psychologische Typen“

Der Schweizer Tiefenpsychologe Carl Gustav Jung (1875–1961), direkter Schüler von Sigmund Freud (1856–1939), entwickelte 1921 ebenfalls ein Modell, das die verschiedenen psychologischen Typen erfasst. Während die Säfte- und die Elemente-Lehre den Medizinern dienen, hilft Jungs Modell den Psychologen dabei, ihre Patienten besser einzuschätzen und sie typgerecht zu behandeln.

Die vier Grundfunktionen

Nach Jung lässt sich die Persönlichkeit eines Menschen beschreiben, wenn man die Art und Weise kennt, wie er Ereignisse beurteilt und wahrnimmt. Dabei geht Jung wiederum von vier Grundfunktionen aus: Denken, Fühlen, Empfinden und Intuition. Das Denken bezeichnet ihm zufolge eine analytische und objektive Art des Beurteilens, das Fühlen eine subjektive und gefühlsmäßige. Das Empfinden bezeichnet die Wahrnehmung über die Sinnesorgane, die Intuition die intuitive Wahrnehmung.

Neu hinzu kommt sein Ansatz, dass jede Eigenschaft entweder extravertiert oder introvertiert ausgeprägt ist. Extravertiertes Verhalten ist laut Jung auf die äußere Welt ausgerichtet, wohingegen introvertiertes Verhalten sich an der Innenwelt orientiert. So kommt er auf acht verschiedene Persönlichkeitstypen.

Praktische Anwendungen von Jungs Theorie

Der Myers-Briggs-Typenindikator (MBTI)

Jungs Theorie diente Isabel Myers (1897–1980) und Katharine Briggs (1875–1968) als Grundlage für die Entwicklung des kommerziellen Myers-Briggs-Typenindikators (MBTI). Dieser psychologische Test wird bevorzugt in der Wirtschaft eingesetzt. Einzelpersonen benutzen ihn vor allem im anglo-amerikanischen Raum als Hilfe bei der Karriereplanung. Dank der genauen Bestimmung der eigenen Persönlichkeit finden sie leichter den passenden Job. Ziel ist es, eine möglichst hohe Übereinstimmung von beruflichen Anforderungen und persönlicher Neigung zu erreichen. Damit steigt schließlich auch die Zufriedenheit bei der Arbeit. Noch häufiger wird der MBTI jedoch von Unternehmen durchgeführt, insbesondere in der Personalentwicklung und bei der Zusammenstellung von Arbeitsteams.

Lernstile nach Richard M. Felder

Felder lehrte als Professor an einer amerikanischen Universität im Bereich der Ingenieurswissenschaften. In seiner Praxis stellte er fest, dass viele potenziell exzellente Ingenieure das Studium abbrachen oder nicht schafften. Mittels Jungs Persönlichkeitsmodell fand er heraus, dass die Persönlichkeiten dieser Studenten nicht mit den Lehrmethoden des Faches zusammenpassten. Er übertrug Jungs Modell mit einigen Veränderungen auf die Lernsituation und kam so zu dem Konzept der verschiedenen Lernstile (1987). Aus den ermittelten Lernstilen leitete Felder Tipps für Professoren und Dozenten ab, die seine Zielgruppe darstellten. In seinem bekannten Aufsatz: „Learning and Teaching Styles in Engineering Education“ gibt er ihnen Hinweise, wie sie den verschiedenen Lernstilen in ihren Lehrveranstaltungen gerecht werden können. Sein Test ist im Internet für jeden zugänglich unter der Abkürzung „ILS Test“ (http://www.engr.ncsu.edu/learningstyles/ilsweb.html).

Selbsttest Lernerpersönlichkeiten

Der im vorliegenden Buch angebotene Test richtet sich direkt an den Lernenden in der Universität, Fortbildung, Weiterbildung und im privaten Bereich. Zugrunde liegen die Kategorien von C. G. Jung: Extraversion und Introversion, Empfinden und Intuition, Denken und Fühlen. Aus dem Ansatz von Myers-Briggs stammt der Aspekt des Judging und Perceiving. Bei Interesse am wissenschaftlichen Hintergrund lesen Sie in den im Anhang aufgeführten Büchern weiter. Wichtig ist auch der Spaß am Test selbst. Deshalb unterscheiden sich die Testfragen von den herkömmlichen Tests, denn sie sollen bei der Testperson bereits eine positive Einstellung zum Thema Lernen herbeiführen.

Anmerkungen zur Begrifflichkeit

Aus Gründen der Lesbarkeit wird jeweils nur die männliche Form angegeben. Sollte also von Kursteilnehmern oder Studenten die Rede sein, mögen sich bitte immer auch die Studentinnen und Teilnehmerinnen angesprochen fühlen! Da sich das Buch an verschiedene Lerner richtet, werden die Bezeichnungen Student, Studierender, Lerner usw. abgewechselt.

Der Prüfungserfolg

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