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Gemeinheiten

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Harry war zusammen mit seinen beiden Freunden Tom und Fred bei ihrer gemeinsamen Jagd erfolgreich gewesen. Nun, da sie satt und mit sich zufrieden waren, stand ihnen der Sinn nach einem Abenteuer.

Übermütig, wie Kater, sich eben verhielten, die dem Kindesalter gerade entsprungen, aber gleichzeitig noch weit entfernt von erwachsener Vernunft waren, hatten sie vor allem Dummheiten im Kopf. Sie trieben sich gern auf dem Gelände der alten Dorfwirtschaft herum. Denn dort fiel immer wieder der ein oder andere Essensrest für sie ab. Außerdem lebte dort die stotternde Elsa.

Das Katzenmädchen war etwa gleichaltrig mit den jungen Katern. Harry fand, dass sie ganz gut aussah mit ihrem grau getigerten Fell. Wenn sie nur nicht so sehr stottern würde. Sobald sie etwas sagte, musste er unwillkürlich zu lachen anfangen.

Fred und Tom zogen sie deswegen gern auf. Außerdem machte es ihnen ein höllisches Vergnügen, ihr aufzulauern und schlechte Scherze mit ihr zu treiben. Harry ging das manchmal zu weit. Aber er wollte vor seinen Freunden nicht als Schwächling dastehen. Im Gegenteil. Er nutzte jede Gelegenheit, um ihnen zu zeigen, dass er nicht so schwach und ängstlich war wie sein eigener Vater. Harry schämte sich für ihn. Er wollte auf keinen Fall so werden, wie er.

Gerade hatte es sie wieder einmal zum Wirtshaus gezogen. Fred und Tom hatten gesagt, sie wollten nur mal nachsehen, ob Elsa zu Hause war. Und tatsächlich trabte das Katzenmädchen gerade nichtsahnend über den Hof.

„Na, wen haben wir denn da?“ Fred stellte sich ihr breitbeinig in den Weg. Sofort gesellte sich Tom zu ihm. Die beiden schwarzfelligen Brüder, die einander fast zum Verwechseln ähnlich sahen, drängten sie ein Stück zurück. „Wo willst du denn hin?“

Erschreckt drehte Elsa sich um und versuchte, wieder in die Richtung zu entkommen, aus der sie gekommen war. Doch das ließ Harry nicht zu. Er sprang hinter sie, so dass die drei Kater sie regelrecht einkreisten. „Ha-hast du denn nicht einen kleinen Leckerbissen für deine Freunde?“, verspottete sie Tom.

„L-laßt mich in Ruhe!“ Elsa suchte verzweifelt nach einer Lücke, durch die sie ihnen entwischen konnte. Aber die Kater rückten immer enger zusammen.

„Du wirst doch nicht weglaufen wollen.“

Fred lachte böse. Er schubste die Kätzin, und sie fiel hin. Verzweifelt kauerte sie sich zusammen. Sie versteckte ihren Kopf zwischen ihren Vorderpfoten.

„Also, wie ist das mit dem Leckerbissen?“ Fred boxte sie grob in die Seite und Tom, der ihrem Kopf am nächsten war, zog sie am Ohr. „Hol uns etwas aus der Küche, sonst müssen wir dich auffressen. Und das willst du doch nicht, oder? Was meinst du, Harry?“

Der rot getigerte Kater fühlte sich bei dem, was sie gerade taten, überhaupt nicht wohl. Aber was blieb ihm übrig?

„Hast du etwa selbst schon alles vertilgt?“, fragte er, und es klang nicht halb so scharf, wie es seine Freunde gern gehört hätten.

„A-also g-gut.“ Elsas Stimme war kaum zu hören. „I-ich werd s-sehen, w-was ich finde.“

„J-ja!“, äffte Fred sie nach. Er machte einen Schritt zur Seite und gab ihr einen Tritt. „W-worauf wartest du?“

Sie kroch ein Stück in Richtung der Abfalltonnen. Da sprang Fred ihr wieder in den Weg. „Nein, diesmal nehmen wir keinen Abfall. Du wirst uns etwas aus der Küche holen! Feinstes Menschenfutter wollen wir, kein weggeworfenes Zeug.“

„D-das geht nicht.“

Sofort war Tom an Freds Seite. „Was geht nicht? Natürlich wirst du uns jetzt etwas aus der Küche holen!“

Elsa versteckte in Erwartung des nächsten Remplers wieder ihren Kopf zwischen den Pfoten. „D-der Koch i-ist gerade d-da. E-er duldet k-keine K-katzen in d-der Küche.“

„Na, erwischen lassen sollst du dich dabei natürlich nicht, du dummes Ding.“ Tom zog sie am Schwanz, dass sie aufschrie. „Los jetzt, du tust, was wir dir gesagt haben!“

Harry tat das Katzenmädchen leid. Und Hunger hatte er auch noch keinen. Er wusste, dass die beiden Brüder nur ihren Spaß mit ihr treiben wollten.

„Na, wenn es aber gerade nicht geht“, begann er. Doch sofort erntete er von Fred einen Rüffel. „Gerade jetzt möchte ich etwas aus der Küche. Unsere Stotter-Elsa muss sich eben etwas einfallen lassen!“

Das Katzenmädchen hockte wie erstarrt da und traute sich kaum, zu atmen. Harry wusste nicht, was er tun sollte. Er blickte von Elsa zu seinen Freunden. Da stutzte er.

„Schaut mal dort hinüber“, forderte er die beiden Brüder auf und deutete mit einer Pfote auf das Kühlhaus, das sich ein Stück entfernt in ihrem Rücken befand.

Anerkennend pfiff Fred zwischen seinen Zähnen hindurch. „Das Vorratshaus! Ich hab noch nie gesehen, dass dort mal die Tür offenstand.“

Tom sprang aufgeregt ein paar Sätze darauf zu. Dann winkte er seine Freunde heran. Sie folgten seiner Aufforderung, und Fred schubste Elsa vor sich her.

„Tja“, meinte er in einem betont gnädigen Tonfall zu dem Katzenmädchen. „Nun, ich will mal nicht so sein. Wenn du das mit der Küche heute nicht hinbekommst, dann nehmen wir eben das Vorratshaus. Los, du gehst als Erste hinein und warnst uns, falls sich dort grad ein Mensch aufhält.“ Er schob Elsa in den Türspalt und pflanzte sich so hinter ihr hin, dass sie keine Chance hatte, wegzulaufen.

„I-ich“, begann die Kätzin, aber Fred stieß sie unbarmherzig noch ein Stück vorwärts.

„Ich d-darf da n-nicht rein!“

Tom lachte. „Deshalb macht es ja umso mehr Spaß! Los, rein mit dir!“

Sie keuchte angstvoll. Aber dann fügte sie sich in ihr Schicksal und setzte eine Pfote in den Kühlraum hinein. Fred gab ihr einen Tritt, und sie stolperte. „O Elsa!“, rief er höhnisch. „Du kannst weder flüssig reden noch gehen.“ Die beiden Brüder lachten laut, und Harry stimmte mit ein. Auch wenn diese Feststellung nicht schön war, traf sie im Moment doch zu.

„Und, wie sieht es da drinnen aus?“, wollte Tom wissen. „Können wir gefahrlos reinkommen?“

Ein verschüchtertes „J-ja“ erklang im Innern. Das ließen sich die drei Rabauken nicht zweimal sagen. Sie sprangen in das Häuschen und machten sich sofort über die Leckereien her. Auch Harry verschmähte diesen Festschmaus nicht. Er hatte zwar keinen Hunger, das hielt ihn jedoch nicht davon ab, sich den Bauch noch ein wenig voller zu schlagen.

Während sie schlemmten, achtete keiner der Kater mehr auf Elsa. Das nutzte das Katzenmädchen aus, um sich klammheimlich aus dem Staub zu machen.

Harry hatte das Gefühl, gleich zu platzen. Trotzdem konnte er nicht aufhören, immer mehr zu fressen. Fred und Tom schien es ähnlich zu gehen. Doch plötzlich wurde er grob von einem Hühnerbein weggerissen, in das er gerade hineinbeißen wollte. Tom stieß einen entsetzten Schrei aus. Verwirrt versuchte Harry zu erfassen, was geschehen war. Da erkannte er, dass es zwei bullige graue Kater gewesen waren, die ihr Festmahl so ruppig beendet hatten. Elsas Brüder.

Obwohl sie zu dritt waren und die Angreifer nur zu zweit, hatten sie keine Chance. Die grauen Kater waren älter als sie selbst, außerdem waren sie wütend - sehr wütend. Noch bevor Harry und seine Freunde so recht begriffen, was geschah, hatten Elsas Brüder die drei vor die Tür gezerrt. Draußen auf dem Hof begann eine lautstarke Keilerei, bei der die beiden grauen Kater als Sieger hervorgingen. Ohne allzu viel dabei einzustecken.

„Laßt euch das eine Lehre sein!“, rief einer der beiden und gab Harry einen Stoß. „Wehe, ihr belästigt unsere Schwester noch einmal! Dann kommt ihr nicht so glimpflich davon wie heute. Und laßt euch hier nie wieder blicken!“

Tom und Fred protestierten. Aber nur einen Augenblick später fanden sich alle auf der Straße vor dem Wirtshaus wieder. Fauchend jagten Elsas Brüder die drei Jungkater noch ein gutes Stück weiter weg. Danach kehrten sie ihnen den Rücken und gingen.

Dionysos und der schlimme Winter

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