Читать книгу Spieleinsatz - mein halbes Leben - Sabine J. - Страница 4
Zufall oder Fügung?
ОглавлениеDann kam der Tag, als mein abendliches Unterhaltungsprogramm unterbrochen wurde, da mein „Flirtpartner“ für zwei Wochen in den Urlaub flog. Ich wusste, dass mir etwas fehlen wird.
Später musste ich einsehen, dass es gut war, dass er in den nächsten Wochen nicht jeden Abend auf meinem Computer erschien.
Natürlich spielte ich weiter, es war schon zum täglichen Abendprogramm geworden.
Zu diesem Zeitpunkt merkte ich bereits, angeregt durch das harmlose Flirten, dass sich etwas in mir tat. Eine Distanz zu meinem Mann tat sich auf. Ich musste mich arg zusammen reißen, um einen normalen Tagesablauf zu absolvieren.
Der ganze Tag war geprägt von der Vorfreude, abends wieder in meine Welt abzutauchen.
Meinen Mann interessierte es herzlich wenig. Er verbrachte Abend für Abend auf seiner geliebten Couch und schaute, mehr als oft, die 99. Wiederholung von irgendwelchen Filmen.
So spielte ich wiedermal Blasen zerschießen, als sich ein neuer Mitspieler einloggte. Brav begrüßte er mich und es folgte ein nettes, aber belangloses Gespräch. In den nächsten Tagen wiederholte sich diese Prozedur. Inzwischen hatten wir uns Freundschaftsanfragen geschickt, so dass man gleich sehen konnte, ob der andere gerade online ist. Es war vergnüglich und wir schrieben immer mehr über uns.
Die Gespräche wurden immer intensiver, so dass wir tatsächlich manchmal das Spielen vergaßen.
So vergingen zwei Wochen. Wir wussten inzwischen schon fast alles voneinander. Und durch diesen intensiven Gedankenaustausch bauten wir eine gewisse Nähe auf. Er erzählte mir, wie seine letzten Jahre so verlaufen sind und ich schüttete ihm mein Herz aus. Ich spürte Verständnis und er wurde mir immer vertrauter. Der Wunsch seine Stimme zu hören wurde in mir immer stärker.
Ich witzelte darüber und er gab mir prompt seine Telefonnummer. Seine Anmerkung dazu, ich habe nichts zu verbergen.
Dann packte ich den Stier bei den Hörnern.
Obwohl mein Herz bald aus meiner Brust hüpfte, wählte ich in einem günstigen Moment seine Nummer. Er meldete sich und ich war überwältigt, wie seine Stimme auf mich wirkte. Er hörte sich so jung an. Nach dem er begriff, wer an der anderen Seite war, fuhr die Nervosität auch in ihn. Er lief im Zimmer auf und ab, während er mit mir sprach. Auch wenn erst wenig Zeit vergangen war, seit dem wir uns kennengelernt hatten, spürte ich in diesem Augenblick, dass da etwas entstanden war, was mich beunruhigte, denn ich war schließlich verheiratet.
Er, etwas über zwei Jahre jünger als ich, lebte in Scheidung und hatte eine eigene kleine Wohnung, in Berlin, nur 1 ½ Stunde von mir entfernt. Dieser Tatbestand war sehr gefährlich, aber auch verlockend. Ab diesem Tag telefonierten wir regelmäßig. Kaum war mein Mann außer Haus, flog förmlich eine SMS in seine Richtung und er rief an, wo auch immer er gerade war.
Meine Gefühle verstärkten sich immer mehr. Eines Tages beschlossen wir, uns zu treffen. Für ihn kein Problem, aber was mache ich? In meiner Stadt, unmöglich! Zu ihm fahren wollte ich noch nicht und auch die Entfernung machte mir Bauchschmerzen.
Ich musste mir für eine längere Abwesenheit über einige Stunden ja auch schließlich was plausibles einfallen lassen. Auch wenn es sich vielleicht gemein anhört, aber ich wollte erst mal sehen, wie der Mann in Natur ist, bevor ich die Pferde scheu mache und etwas zerstöre, wozu ich ohne diese Zufallsbekanntschaft nie fähig gewesen wäre.
Es waren schließlich über dreißig Jahre, die ich mit meinem Mann verbracht hatte. Es hängt ja auch viel mehr daran, ein Sohn, eine Wohnung, die Familie. Aber die Gefühle waren meinerseits schon zu weit fortgeschritten, um zu kneifen. Die Neugierde siegte.
Also einigten wir uns nach einigem Hin und Her, uns genau in der Mitte zu treffen.
Ort, Datum und Zeit waren festgelegt, nun fehlte nur noch meine Erklärung, warum ich um 12.00 Uhr das Haus verlasse und erst später abends wieder nach Hause komme. Not macht erfinderisch und ein jährliches Treffen von einer ehemaligen Weiterbildungsklasse musste herhalten. Aber das Vertrauen meines Mannes war unerschütterlich, er machte es mir leicht.
Eine Woche später war es soweit.