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II. Fehlgeschlagener Versuch
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Ein „Aufgeben der Tat“ oder eine „Verhinderung der Vollendung“ ist nur dann möglich, wenn aus Sicht des Täters der Erfolg noch herbeigeführt werden kann. Geht der Täter hingegen davon aus, dass das Delikt nicht mehr verwirklicht werden kann, ist kein Raum für eine Strafbefreiung.
Beispiel
A steigt nachts in das Juweliergeschäft des J ein, um aus dessen Safe wertvolle Diamanten zu rauben. Nachdem er den Safe mühevoll geöffnet hat, muss er feststellen, dass dieser an diesem Abend wider Erwarten leer ist.
Im vorliegenden Fall kommt ein Rücktritt zu Gunsten des A nicht in Betracht, da der Erfolg nicht hätte eintreten können und A dies auch erkannt hat. Nach keiner der oben dargestellten Begründungstheorien gibt es einen Grund dafür, das Strafbedürfnis entfallen zu lassen.
Nach überwiegender Auffassung liegt in Fällen dieser Art ein fehlgeschlagener Versuch vor, der von § 24 nicht erfasst wird und von welchem dementsprechend ein Rücktritt nicht möglich ist. Begründet wird dies mit der Unmöglichkeit, bei einem solchen Versuch eine Tatausführung „aufzugeben“ bzw. den Erfolgseintritt „zu verhindern“.[6]
Fehlgeschlagen ist ein Versuch dann, wenn der Täter entweder tatsächlich erkennt oder nur irrig annimmt, dass die Vollendung der geplanten Tat mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln und ohne zeitliche Zäsur nicht mehr möglich ist.[7]
Nach gegenteiliger Auffassung[8] unterfällt auch dieser Versuch dem § 24, da die obige Auffassung mit dem Wortlaut des § 24 nicht vereinbar sei, verneint wird jedoch anschließend die Freiwilligkeit des Rücktritts, so dass der Täter sich ebenfalls wegen Versuchs strafbar gemacht hat.
JURIQ-Klausurtipp
Da beide Auffassungen zur Strafbarkeit des Täters gelangen, ist es nicht erforderlich, die unterschiedlichen Meinungen abzugrenzen. Gehen Sie in der Klausur nach dem obigen Aufbauschema vor und fangen Sie mit der Frage an, ob ein fehlgeschlagener Versuch vorliegt, von welchem ein Rücktritt nicht möglich ist. Sofern Sie den Fehlschlag bejahen, können Sie der Vollständigkeit halber noch ausführen, dass zum selbigen Ergebnis die Vertreter gelängen, die die Freiwilligkeit verneinten.
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Beachten Sie, dass auch hier ausschließlich auf die Vorstellung des Täters abgestellt wird. Ein fehlgeschlagener Versuch liegt mithin vor,
• | wenn der Versuch von vornherein untauglich war und der Täter dies schließlich erkennt (erkennt er die Untauglichkeit nicht, so bleibt ein Rücktritt möglich!) |
• | wenn der Versuch tauglich war, der Täter aber irrig annimmt, er sei untauglich |
• | wenn der Versuch zunächst tauglich war, die Handlung aber nicht zum Erfolg führte und dem Täter nach seiner Auffassung keine anderen Möglichkeiten zur Verfügung stehen, den Erfolg noch herbeizuführen. |
Beispiel
Im obigen Beispiel (Rn. 33) war der Versuch von vornherein untauglich, da das Tatobjekt nicht vorhanden war. Diese Untauglichkeit hat A schließlich nach dem Öffnen des Safes erkannt.
Beispiel
A steigt wiederum in das Juweliergeschäft des J ein, um dessen Safe zu knacken und die dort vermuteten Juwelen zu stehlen. Als er sich jedoch dem Safe nähert, erkennt er, dass J noch anwesend ist und aus dem Safe einen großen schwarzen Samtbeutel an sich nimmt und damit verschwindet. Enttäuscht geht A davon aus, dass in diesem Beutel die Diamanten enthalten sind und verlässt das Geschäftslokal. In Wahrheit hat J lediglich wertvolle Unterlagen aus dem Safe entnommen, die Diamanten lagerten dort nach wie vor.
Auch hier liegt ein fehlgeschlagener Versuch vor. Zwar bestand objektiv noch die Möglichkeit der Tatvollendung. A ging jedoch irrig davon aus, dass diese Tatvollendung für ihn unter den gegebenen Umständen nicht mehr möglich sei.
Beispiel
A möchte seinen ihm körperlich überlegenen Nebenbuhler B mit einem Schuss aus der Waffe seines Großvaters töten. Der erste Schuss verfehlte B jedoch, weil A infolge seiner Nervosität nicht richtig zielte. Einen weiteren Schuss kann A nicht mehr abgeben, da die Waffe plötzlich Ladehemmung hatte. Das in der Nähe liegende, 30 cm lange Messer sieht A nicht, so dass er die Flucht ergreift.
Hier ist A nach der Abgabe des Schusses davon ausgegangen, dass er B, der ihm körperlich überlegen ist, nicht mehr töten kann.
Richtet sich die Tathandlung gegen mehrere Tatopfer, so ist auch beim Rücktritt die Frage nach einem fehlgeschlagenen Versuch im Hinblick auf jedes Opfer einzeln zu prüfen.
Beispiel
A gibt aus einem Auto heraus mehrere Schüsse auf X, Y und Z ab. Während es Z gelingt, in einem unbeobachteten Moment in einem Kellereingang zu verschwinden, ducken sich X und Y hinter einem PKW und hoffen, dass die Schüsse sie verfehlen. A, der zu Recht annimmt, dass bislang noch niemanden verletzt wurde, gibt sein Tötungsvorhaben auf und entkommt mit dem Auto.
Hier hat der BGH[9] darauf hingewiesen, dass bezüglich Z ein fehlgeschlagener Versuch vorliegen könne, da dieser sich vor den Schüssen in Sicherheit gebracht habe und eine Tötung seiner Person ohne wesentliche Zäsur nicht mehr möglich gewesen sei. Bezüglich X und Y hingegen sei von eine unbeendeten Versuch auszugehen, von welchem A durch das Wegfahren zurück getreten sei. Voraussetzung für die Annahme eines fehlgeschlagenen Versuchs wäre natürlich, dass A erkannte, dass Z sich vom Tatort entfernt hatte.
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Streitig ist, ob man auch bei sog. psychischer Unmöglichkeit von einem fehlgeschlagenen Versuch ausgehen kann.
Beispiel
A überfällt auf dem Nachhauseweg von hinten eine Frau, um sie zu vergewaltigen. Unmittelbar nachdem er sie ins Gebüsch gezerrt hat, erkennt er jedoch, dass es sich um eine gute Bekannte von ihm handelt, woraufhin er Hemmungen bekommt und von ihr ablässt.
In der Literatur wird teilweise der Fehlschlag bejaht.[10] Der BGH hat in obigem Fall einen unbeendeten Versuch angenommen, von welchem der Täter allerdings dann nicht freiwillig zurückgetreten sein könnte, sofern die Angst davor, angezeigt und bestraft zu werden das bestimmende Motiv gewesen sei.[11]
Hinweis
Unterscheiden Sie den obigen Fall von der Situation, bei welcher der Täter aufgrund zwingender psychischer Einschränkungen nicht mehr in der Lage ist, den Erfolg herbeizuführen, z.B. wenn der Täter, nachdem er das erste Mal auf das Opfer eingestochen hat, in einen Schockzustand gerät, weil er kein Blut sehen kann. In einem solchen Fall muss ein fehlgeschlagener Versuch bejaht werden.
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Die sukzessive Tatbegehung wird auch bei den Konkurrenzen wichtig, so dass Sie an dieser Stelle die Gelegenheit nutzen und das am Ende des Skripts behandelte Kapitel durchlesen können.
Problematisch und klausurrelevant ist der Fall, bei welchem der Täter bereits Handlungen vorgenommen hat, welche erfolgsgeeignet aber nicht erfolgreich waren und er von weiteren Handlungen ablässt, die den Erfolg nach seiner Auffassung ohne zeitliche Zäsur noch hätten herbei führen können. Man spricht in diesen Fällen von sukzessiver Tatbegehung, deren Handhabung zwischen Literatur und Rechtsprechung umstritten ist.
Beispiel
A übergießt im Zuge eines eskalierenden Streits seine Frau F mit Benzin, um sie in Brand zu setzen und dadurch zu töten. Allerdings gelingt es ihm nicht, die Streichhölzer zu entflammen, so dass F in den Garten fliehen kann. Dort holt A sie ein, wirft sie zu Boden und würgt sie bis zur Bewusstlosigkeit, lässt dann jedoch von ihr ab, weshalb F den Angriff überlebt.[12]
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Nach der teilweise in der Literatur vertretenen Einzelakttheorie wird jede Tathandlung, die der Täter bei Tatbeginn für erfolgsgeeignet gehalten hat, gesondert erfasst, so dass ein fehlgeschlagener Versuch schon dann vorliegt, wenn der Täter diese Handlung vorgenommen hat und alsdann von ihrem Scheitern ausgeht.[13]
Gegen die Einzelakttheorie wird eingewendet, dass sie zu einer unangemessenen Rücktrittsbeschränkung führe. Einem Täter, der ggf. noch gar keine ernsthafte Gefährdung für sein Opfer herbeigeführt habe, bliebe der Rücktritt versperrt, wohingegen einem Täter, der bereits einen beendeten Versuch unternommen hat, bei dem eine konkrete Gefährdung des Opfers tatsächlich eingetreten sein kann, der Rücktritt durch Ergreifen von Rettungsmaßnahmen möglich bleibt. Darüber hinaus wird der Theorie entgegengehalten, dass man einem Täter damit den Anreiz nehme, von seinem Vorhaben abzulassen. Ein Täter, der sich ohne Rücktrittsmöglichkeit schon strafbar gemacht habe, könne auf die Idee kommen, nunmehr seinen Tatplan auch auszuführen und eventuell das Opfer als Tatzeugen zu beseitigen.
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Überwiegend vertreten wird von daher die Gesamtbetrachtungslehre. Mehrere zeitlich aufeinander folgende Einzelakte, die sich bei natürlicher Betrachtungsweise als ein einheitlicher Lebensvorgang darstellen, werden zusammengefasst. Wesentlich dabei ist aber, dass die Einzelakte auf einem durchgängigen, die verbindenden Vorsatz beruhen. Bei dieser sukzessiven Tatbegehung wird auf den Rücktrittshorizont des Täters nach der letzten Ausführungshandlung abgestellt. Geht der Täter davon aus, dass er die Tat in unmittelbarem Fortgang entweder mit dem bereits eingesetzten oder neuen, bereitstehenden Mittel noch vollenden kann, so liegt kein fehlgeschlagener Versuch vor. Einen Fehlschlag kann man nur dann annehmen, wenn der Täter erkennt oder subjektiv annimmt, dass er seinen Tatplan nur noch mit einer zeitlichen Verzögerung und mit dem Ingangsetzen einer neuen Kausalkette verwirklichen kann. In diesem Fall ist das Geschehen abgeschlossen und jeder neue Angriff stellt eine neue selbstständige Tat dar.[14]
Beispiel
Im obigen Fall (Rn. 36) hat der BGH demnach einen Rücktritt vom versuchten Mord für möglich erachtet, da zum Zeitpunkt der letzten Ausführungshandlung (Würgen) der Täter noch in der Lage war, den Erfolg herbeizuführen. Nach der Einzelaktbetrachtung hätte sich der Täter wegen versuchten Mordes durch Übergießen mit Benzin strafbar gemacht, von welchem er nicht zurücktreten könnte, da der Versuch fehlgeschlagen war. Zudem hat er einen weiteren versuchten Mord durch Würgen begangen, von welchem er allerdings strafbefreiend zurückgetreten ist.
JURIQ-Klausurtipp
Sofern Sie in Fällen der oben beschriebenen Art der Gesamtbetrachtungslehre folgen wollen, müssen Sie das bereits im Obersatz deutlich machen, indem Sie die Handlungen zusammenfassen. Der Obersatz könnte also wie folgt lauten: „A könnte sich des versuchten Mordes an F gem. §§ 211, 212, 22, 23 strafbar gemacht haben, indem er F zunächst mit Benzin übergoss und danach würgte.“ Beim Rücktritt müssen Sie anschließend bei der Frage, ob nicht ein fehlgeschlagener Versuch vorliegt, die Einzelakttheorie darstellen und ablehnen.
2. Teil Versuch und Rücktritt des Alleintäters › D. Rücktritt vom Versuch › III. Außertatbestandliche Zielerreichung