Читать книгу Auf ihren Spuren - Sabine von der Wellen - Страница 4
Marco
ОглавлениеIch brauche einige Tage, in denen ich mich entweder Zuhause verkrieche oder mich außerhalb der Wohnung aufhalte, solange es geht. Aber nichts kann mich vor meinen Gedanken schützen, die mich nicht nur in meinem Zimmer, wo all diese Sachen meiner Mutter sind, überfallen, sondern auch, wann immer ich ein wenig zur Ruhe komme und nicht von Eindrücken von außerhalb erschlagen werde.
Doch allmählich wird es besser. Was bleibt einem auch anderes übrig, als die Tatsachen anzuerkennen?
Manuel hatte noch zwei-dreimal versucht, mit mir über das alles zu sprechen. Er versteht meine Zurückhaltung nicht.
Für ihn mag das Ganze cool und total interessant sein und seine Fantasie scheint schon Purzelbäume zu schlagen, bei der Vorstellung, was so ein Jeannie alles erfüllen kann. Dabei scheint ihm einfach nur das gedankliche Spiel, was man sich wünschen würde - wenn … schon völlig auszureichen.
Natürlich unterlag ich auch schon diesem Gedankenspiel. Aber wohl anders als Manuel. Ich hätte gerne meine Mutter wieder. Schon allein, um sie von dem abzubringen, was sie sich da angetan hatte. Aber zugleich sprang mich die Frage an, ob da mehr dahintersteckt. Was veranlasste sie dazu, sich auf irgendwelche Spielchen einzulassen? Gefährliche Spielchen?
In meinem Kopf fasste nur noch Fuß, was ich in diesem Heft und auf den ausgedruckten Seiten gelesen hatte, und wurde für mich zu dem, was Jennie erfüllen wollte. Wie kam man auf so etwas und wie war das zu bewerkstelligen, ohne ein Verbrechen zu begehen oder strafrechtlich verfolgt zu werden? Fand man wirklich für jede kranke Wunschvorstellung den passenden Menschen, der das gerne mit sich machen ließ?
Ich konnte mir das nicht vorstellen. Überhaupt nicht.
Aber irgendwie lässt mich das Ganze nicht mehr zur Ruhe kommen. Ich will immer noch Mamas Geheimnisse aufdecken, auch wenn sie mittlerweile eine Facette angenommen haben, die mich wirklich erschüttern und ängstigen.
Manuel wird es freuen, wenn ich erneut mit ihm auf Recherche gehe. Er brennt darauf, mehr von der Tätigkeit dieser Jeannie zu erfahren. Aber von dem, was ich jetzt vorhabe, weiß er nichts.
Ich atme tief durch und versuche meine Unruhe, und vielleicht auch Angst, unter Kontrolle zu bringen. Aber mittlerweile ist alles, was ich in Richtung „Mamas Leben“ unternehme, beunruhigend und löst leichte Panikattacken aus.
Während ich mit leicht zittriger Hand das Handy an mein Ohr halte und warte, versuche ich auszublenden, was um mich herum los ist.
Ich stehe im Stadtpark, mitten im Getümmel von Spaziergängern, Joggern, Fahrradfahrern, spielenden Kindern, schreienden Müttern und Hundebesitzern, die ihre Hunde hinter einem Stock herjagen lassen. Auf einer Parkbank hocken Jugendlichen, die sich wegen irgendetwas aufspielen und ich sehe einen Gärtner, der mit einem riesigen Gerät einen Abschnitt des Rasens mäht.
Mir ist irgendwie wohler bei dem Gedanken, das Gespräch in Mitten vieler Menschen zu führen, als würde mich das schützen. Dabei ist das nur ein Telefongespräch!
„Ja?“, höre ich eine dumpfe, dunkle Stimme unfreundlich Brummen.
„Hier ist Joel Kammlagen.“
Vielleicht weiß der Typ nicht, wer ich bin oder ich bin sogar völlig falsch verbunden, weil Michelle mir eine falsche Nummer gab.
„Joel.“ Der Typ scheint völlig perplex zu sein.
„Ich bin der Sohn von Cecilia“, erkläre ich schnell.
„Ich weiß!“, raunt es aus dem Handy. Einen Augenblick höre ich nichts mehr, dann fragt der Mann am anderen Ende der Leitung zurückhaltend: „Wie kann ich dir helfen?“
Dass er das fragt, gibt mir Hoffnung. Er blockt zumindest nicht gleich ab, auch wenn seine Stimme eher abweisend klingt. Aber was soll ich ihm sagen, was ihn fragen?
„Michelle sagte, Sie kennen sich mich PCs aus. Ich habe den von meiner Mutter und kann ihn nicht gebrauchen, weil er kennwortgeschützt ist“, stelle ich mein Anliegen so hin, als wäre ich nur ein armer, verlassener Junge, dem nur der Laptop seiner Mutter geblieben ist. „Und ich möchte gerne wissen, was da drauf ist. So als Erinnerung.“
Der Typ am anderen Ende schockt mich kurz, als er murrt: „Nichts ist da drauf.“ Doch dann besinnt er sich wohl und sagt sehr viel freundlicher: „Und du glaubst, ich kann ihn hacken?“
„Ich kenne niemanden, den ich sonst fragen kann“, lüge ich und hoffe, er springt darauf an, auch wenn ich ansonsten noch nicht weiß, was ich mir von dem Gespräch überhaupt erhoffe. Schließlich ist der Laptop meiner Mutter schon längst gehackt.
Einen Augenblick ist die Leitung wie tot. Dann höre ich ein Seufzen und die brummige Stimme wieder, die antwortet: „Okay. Ich schau mal, was ich für dich tun kann. Wo wollen wir uns treffen? Oder soll ich zu dir in die Wohnung kommen?“
Ich erstarre. „In welche Wohnung?“, frage ich dümmlich, weil ich nicht weiß, ob er die Mietwohnung meint oder tatsächlich unsere WG.
„Die in der Stadt.“
Ich schlucke. Der Typ kennt also Mamas Zufluchtsort. Jetzt will ich ihn erst recht kennenlernen. Er hat sich gerade auf meiner Liste nach ganz oben gespielt.
Schnell überlegend, wende ich dann aber doch ein: „Ich will keine Umstände machen. Ich kann auch zu Ihnen kommen, wenn Sie mir ihre Adresse geben.“
Ich höre ein seltsames, leises Lachen. Dann höre ich ihn sagen: „Soll mir recht sein. Ich habe deine Nummer. Also, wenn ich in der Stadt bin, melde ich mich und schreibe dir, wo du mich findest.“
„Okay“, raune ich.
„Bis dann!“
„Bis dann!“, beeile ich mich zu antworten und höre nur noch das Besetztzeichen.
Mein Herz schlägt mir bis zum Hals und meine Gedanken überschlagen sich. Sofort listet sich alles auf, was ich falsch machte. Ich muss die Nummer unterdrücken, wenn ich irgendwelche Leute anrufe. Aber dass ich zu ihm fahre ist gut. So erfahre ich, wo er wohnt.
Blödsinn! Dummbeutel! Du erfährst nur, wo er absteigt, wenn er in der Stadt ist.
Aber immerhin weiß ich jetzt, dass er nicht hier wohnt.
Doch der Umstand, dass ich zu diesem Typ fahre, von dem ich nichts weiß, lässt meinen Magen dumpf poltern. Wenn das nun irgend so ein durchgeknalltes Arschloch von denen ist, mit denen meine Mutter zu tun hatte?
Mir wird klar, dass er auf alle Fäll einer von denen ist, mit denen meine Mutter zu tun hatte. Es muss sich bloß noch herausstellen, ob er ein durchgeknalltes Arschloch ist.
Und ich fahre zu ihm!
Ich beruhige mich damit, dass er sich vielleicht auch nicht mehr meldet. Aber das wäre auch schade, weil er bestimmt etwas weiß, was mich interessiert. Und er kennt diese Wohnung!
In meinem Kopf spinnen sich schon Geschichten zurecht. Ich sehe meine Mutter lachend in mein Zimmer stolpern, während ein ekliger Typ sie langsam aus den heißen Dessous schält …
Poor, da kommt mir sogar mein Frühstück wieder hoch.
Früher haben mich solche Gedanken nicht so aufgeregt. Da hatte ich sie auch nicht. Sicher war mir klar, dass meine Mutter mal mit Männern ausging. Dafür gab es ja schließlich die Kondome in ihrer Handtasche. Aber das produzierte kaum Gedankengut, weil sie auch nie jemanden mit nach Hause brachte. Darum musste ich mich nie wirklich mit dem Thema auseinandersetzen. Aber nun ist das anders. Nun ist das alles beherrschend in meinem Kopf und jedes bisschen neue Nahrung erschüttert meine Welt ein bisschen mehr. Schrecklich und seltsam aufreibend, weil es dabei nicht um das normale Mann und Frau Zusammentreffen geht, sondern in meinem Kopf sich sofort die Geschichten und Mamas Wäscheauswahl mit hineindrängen.
Ich gehe durch den Park nach Hause und überlege, ob dieser Marco mir vielleicht etwas sagen kann, dass mich den Tresor knacken lässt. Vielleicht kennt er sogar die Kombination?
Ich habe begonnen, nun mit System vorzugehen und Nummern durchzuprobieren. Aber bei den vielen Möglichkeiten kann das ewig dauern.
Als ich in die Wohnung komme, ist niemand da. Ich gehe direkt in mein Zimmer und werfe meine Schultasche an der Tür auf den Boden. Die Schuhe trete ich auch aus und stehe dann einfach nur da, aus dem Fenster auf die Stadt starrend. Irgendwie drängt es mich, mehr über diesen Marco herauszufinden. Aber wie, wenn ich nichts von ihm weiß. Nicht mal den Nachnamen.
Mir fällt Mamas altes Adressbuch ein, das Michelle mitgebracht hatte. Ich gehe an den Schrank und schließe ihn auf. Im Inneren finde ich die Kiste, die Michelle vorbeigebracht hatte und nehme sie mit zum Schreibtisch. Vielleicht steht auch der ganze Name von dem Typ auf einem der vielen Zettel?
Es scheint fast so, als hätte Michelle eine Pinnwand geplündert.
Ob sie wohl froh ist, das ganze Reich jetzt für sich zu haben, ohne dass ihr jemand hineinredet? Naja, außer diesem Marco vielleicht. Sie scheint ihn nicht sonderlich zu mögen. Obwohl … es muss mal anders gewesen sein. Schließlich ist er ihr Exfreund.
Ich bin wirklich gespannt auf den Typ.
Auf den Zetteln finde ich erneut nichts, womit ich etwas anfangen kann. Aber alle mit irgendwelchen Nummern lege ich beiseite, um sie am Tresor auszuprobieren. Das war mir so geschossen, als ich sie durchsah.
Und Mamas Adressbuch scheint noch aus grauen Vorzeiten zu stammen. Oma und Opas Nummer steht da noch drin, obwohl die schon seit Jahren tot sind. Außerdem meine aller erste Handynummer. Also alles alter Kaffee. Und einen Marco gibt es gar nicht. Auch keine Michelle.
Ich werfe alles in die Kiste zurück und nehme einen der Kugelschreiber in die Hand. Die hatte Mama bestimmt schon zum Schreiben benutzt.
„Ich habe Kuchen!“
Ich schrecke so heftig zusammen, dass mir fast die Kiste herunterfällt.
Katja grinst mich an und hält ein unförmiges Paket in der Hand. „Ist bestimmt noch lecker.“
Noch lecker? Hat sie die aus irgendeiner Mülltonne geholt?
Aber ihrem Lächeln kann ich natürlich nicht wiederstehen … und auch nicht dem Gefühl, etwas gegen den rumorenden Hunger in meinem Bauch tun zu können. Darum stelle ich die Kiste in den Schrank zurück und folge ihr.
Während sie den Tisch deckt, fragt sie: „Was hast du da eigentlich Wichtiges in dem Schrank, dass er immer abgeschlossen ist.“
Ich starre sie fassungslos an. „Warst du in meinem Zimmer und hast herumspioniert?“
„Ach nein. Ich habe nur unsere Haarbürste gesucht.“
Unsere Haarbürste? Das ist meine Haarbürste, die ich von Mama geschenkt bekam, weil ich nur damit meine vollen, welligen Haare etwas gebändigt bekomme. Und die ist bestimmt nicht in meinem Schrank zu finden, sondern liegt in meinem Regalteil im Badezimmer.
Ich will Katja gerade wütend zusammenstauchen, als sie mit der Hand über meine Wange streicht. „Ich würde nie etwas tun, was dich verärgert.“ Ihr Augenaufschlag dazu ist mittlerweile legendär und das nimmt mir die Möglichkeit, sie richtig zusammenzufalten. Vielleicht, wenn Timo und Manuel da wären, dann würde ich jetzt ausrasten. Aber mit Katja allein … da fehlt mir die Motivation, um den grimmigen und sie verachtenden WG Mitbewohner zu mimen, den ich da gerne raushängen lasse.
Katja geht in die Küche und holt für uns Milch. Der Saft ist alle und der Tee auch. Kaffee gibt es auch schon länger nicht mehr. Ich war einfach in der letzten Zeit zu aufgedreht und ruhelos, um ans Einkaufen zu denken. Und scheinbar tut das auch kein anderer hier, oder eine andere, obwohl jeder dafür zu sorgen hat, dass wir versorgt sind.
Katja schüttet uns die Gläser voll Milch, was heißt, dass es nun auch keine Milch mehr gibt. Dabei lächelt sie versonnen. Dann setzt sie sich endlich und reißt das Papier auf, das den Kuchen umspannt. „Oh, schön. Plundergebäck mit Pudding und Pfirsichen“, sagt sie, als wäre sie darüber überrascht. „Ich hoffe, du magst Pfirsiche. Die sind so schön süß und saftig“, säuselt sie den letzten Satz und beugt sich zu mir rüber, was mir ihre Oberweite näherbringt, die sich aus ihrem tiefgeschnittenen T-Shirt drängt.
Ich lege meinen Zeigefinger an ihre Stirn und drücke sie zurück auf ihren Platz.
Grinsend zieht Katja ihren Arm unter ihren Brüsten weg, was alles wieder in Normalposition bringt und zieht den Pappteller mit dem Kuchen zu sicher heran.
Ich kann nicht umhin mir diesen Wechsel von super wow Brüsten zu immer noch wow Brüsten anzusehen. Es fällt auch schwer, den Blick von diesem Dekolleté zu nehmen, als mir ein Teller mit einem der Kuchenteile vor die Nase geschoben wird.
„Ich weiß gar nicht, wie man sowas unbeachtet in einem Fahrradkorb liegenlassen kann?“, fragt sich Katja gerade, als ich herzhaft in das Puddingteil beiße. Ich verschlucke mich fast.
„Hast du die geklaut?“, rufe ich entrüstet und mit vollem Mund.
„Hat dir deine Mutter nicht beigebracht, dass man mit vollem Mund nicht spricht!“, murrt Katja, weil ihr wohl klar wird, dass ich ihren Ausspruch richtig interpretiere.
Ich funkele sie wütend an und sie mich. „Lass meine Mama da raus!“, zische ich.
„Und du mach mich nicht immer so blöde an, wenn ich schon dafür sorge, dass es etwas Essbares im Haus gibt.“
„Wie wäre es mal mit normalem Einkaufen?“, fauche ich zurück und springe auf, dass es den Stuhl kreischend verschiebt.
„Dann gib mir Geld!“, zischt Katja entrüstet zurück und ihre schönen, braunen Augen bekommen einen Raubkatzenblick.
Ich starre sie fassungslos an. Jetzt will sie auch noch Geld von mir! Ihr reicht nicht, dass ich ihren Wohnanteil zahle, ganz zu schweigen von ihrem Unkostenbeitrag. Jetzt will sie tatsächlich auch noch Bares von mir!
Ich greife mir den Teller mit dem Kuchen, weil er einfach zu lecker schmeckt und ich Hunger habe, und gehe in mein Zimmer. Die Tür laut zuknallend, will ich einfach nur meiner eigenen Fassungslosigkeit und Katjas Wut entfliehen. Letzteres verstört mich etwas. Ich will eigentlich nicht, dass sie wütend auf mich ist. Aber sie muss doch einsehen, dass ich im Recht bin.
Aber ich beschließe, wenn ich mich etwas beruhigt habe und der Kuchen in meinem hungrigen Magen für Ruhe sorgt, wirklich loszugehen, um etwas einzukaufen.
Als ich keine zehn Minuten später aus meinem Zimmer trete, hockt Katja immer noch am Tisch. Sie sieht auf und mich direkt an. Dabei wischt sie sich schnell die Wangen trocken.
Mich trifft das, wie der Tritt eines Pferdes. Weint sie etwa?
„Ich will nicht, dass du immer wütend auf mich bist“, höre ich sie in dem Moment leise murmeln. „Ich versuche doch alles richtig zu machen.“
Ihre Worte machen mich erneut fassungslos und sofort regt sich etwas in mir und will ihr sagen, dass alles in Ordnung ist und sie nicht weinen muss … und ich gar nicht mehr wütend bin. Irgendwie will ich ihr diese Traurigkeit aus dem Gesicht nehmen. Ich will, dass sie glücklich ist und lächelt.
Aber ich murmele nur unbeholfen: „Ich gehe eben etwas einkaufen.“
Erneut putzt Katja sich die Tränen von der Wange und erwidert mit einem leichten Anflug eines Leuchtens in den Augen: „Das ist gut. Es tut mir wirklich leid, dass ich so wenig beitragen kann.“
Timo und Manuel schätzen ihren Beitrag bestimmt nicht als gering ein.
Ich winke ab.
„Aber ich könnte tragen helfen“, ruft Katja mit neuer Kraft in der Stimme und ich bin einen Augenblick verdutzt. Was soll das heißen? Will sie etwa mitgehen?
Etwas in meinem Inneren beginnt einen Heizstrahler anzuwerfen und dessen Wärme breitet sich schnell überall aus. Das verunsichert mich.
„Bitte“, säuselt Katja und schiebt sich von ihrem Stuhl, mich mit einem flehenden Blick ansehend, der auch bei mir schnell Einiges zu erflehen droht.
Schnell laufe ich an ihr vorbei zur Tür und brumme nur: „Wenn du unbedingt willst!“ Damit sprinte ich aus der Tür und zum Fahrstuhl.
Ich höre Katja die Tür zuwerfen und dann schlüpft sie hinter mir in den Fahrstuhl. Das macht mir klar, dass sie wirklich mit mir zusammen einkaufen geht.
Ich will es nicht. Aber mich überkommt ein seltsames Hochgefühl, dass ich aber auf keinen Fall zeigen will. Als wir aus dem Fahrstuhl aussteigen, bin ich froh, der Enge zu entkommen und marschiere durch das Portal zum Ausgang.
Da ich kein Geld habe, muss ich erst zum Automaten. Der ist nur drei Häuser entfernt. Da ist auch meine Bank. Die steuere ich an, während ich Katja möglichst versuche zu ignorieren und meine Karte zücke. Ich checke erst meinen Kontostand.
Offensichtlich haben Timo und Manuel ihren monatlichen Obolus gezahlt. Jeder hat für sein Zimmer eigentlich 300 Euro einzuzahlen. Durch Katjas Einzug wurden daraus 225 Euro und jeder muss für ca. 100 Euro einmal im Monat einkaufen.
Ich ziehe zweihundert Euro. Ich kann mir das leisten. Ich habe zwar nicht das Geld meiner Mutter auf dem Konto, weil das Onkel Andreas bis zu meinem achtzehnten Geburtstag verwaltet, aber ich bekomme das Geld der anderen und 300 Euro von Onkel Andreas von meinem Geld. Dafür gehen unsere Unkosten davon ab und ich muss mich selbst finanzieren. Bisher klappte das einigermaßen. Es würde besser klappen, wenn Katja ihren Obolus beitragen würde. Aber natürlich sage ich nichts, obwohl sie hinter mir steht und von einem Fuß auf den anderen trippelt. Ich höre das nervöse Gezappel hinter mir und ziehe das Geld aus dem Schlitz und schiebe es in meine Geldbörse.
„Okay. Gehen wir“, sage ich und klinge freundlich, dabei wollte ich sie doch eigentlich ignorieren.
„Ja, gehen wir“, sagt sie und hakt sich lächelnd bei mir ein, als wären wir ein Paar … oder zumindest befreundet.
Während wir die Straße hinunterlaufen, spüre ich ihren Körper an meinem. Ich versuche das auszublenden. Am liebsten würde ich sie abschütteln oder von mir schieben. Wenn Timo uns sieht … oder Manuel! Oh Mann.
Endlich kann ich mich von ihr befreien, um beim Laden, an dem wir wenig später ankommen, einen Einkaufswagen zu ergattern. Das ist nicht leicht bei den vielen Feierabendeinkäufern.
Als ich den Einkaufswagen durch den automatischen Türöffner fahre, steht Katja schon beim Gemüsestand und schenkt mir ein Lächeln, als wolle sie mich für meinen Erfolg, einen Wagen ergattert zu haben, belohnen.
Ich fahre zu ihr und werfe selbst einen Beutel Äpfel in den Wagen. Weil Katja immer noch die Paprika in der Hand hält, raune ich: „Leg in den Wagen, was du meinst, was wir brauchen.“ Das bringt mir ein erneutes Lächeln ein, dass mich seltsamerweise selbst lächeln lässt.
Ich schiebe den Wagen und Katja beginnt einzupacken. Ich bin froh, dass ich so viel Geld abgehoben habe, sonst hätte ich gleich an der Kasse ein Problem. Außerdem scheint Katja zu vergessen, dass wir das auch noch nach Hause tragen müssen.
Aber sie blüht richtig auf und ich fühle mich damit eigentlich ganz wohl. Und jedes Mal, wenn sie an etwas nicht heranreicht, weil es zu hoch im Regal steht, und sie sich vergeblich danach reckt und ihre schlanke Taille zeigt, bin ich natürlich bereit, ihr zu helfen. Und nicht selten berühren wir uns dabei oder sie schenkt mir ein Lächeln oder einen Blick, der es in meinem Bauch seltsam summen lässt.
Als wir mit schweren Tüten bepackt nach Hause gehen, ist Katja gut gelaunt und ich bin es auch.
„Es macht so Spaß, mit dir einzukaufen“, ruft sie und ich nicke nur, statt ihr das Kompliment zurückzugeben. Aber ich habe das Gefühl, wenn ich den Mund aufmache, dann kommt irgend so ein säuselnder Unfug heraus. Darum sage ich nichts dazu. Ich hatte die ganze Zeit nicht viel gesagt. Aber das brauchte ich auch nicht, weil Katja viel sagte. Sie erklärte mir, wie froh sie ist, auf uns gestoßen zu sein und dass ihr Leben endlich etwas geordnet ist und sie eigentlich ganz glücklich bei uns ist.
Das „eigentlich“ beziehe ich auf mich. Ich bin wahrscheinlich der Unruhepol in ihrem ansonsten glücklichen WG Dasein, der es ihr immer wieder schwer macht. Ich beschließe, mich etwas mehr zusammenzureißen.
Beim Fahrstuhl sind wir beide froh, die schweren Tüten abstellen zu können. Katja prustet genauso, wie ich, obwohl sie nur leichte Sachen in ihren Tüten hat. Ich schleppe die Getränke, Äpfel, Möhren, Gurken, Dosen mit Ravioli, ein Riesenglas Nutella, Kartoffeln und Zuckertüten. Außerdem habe ich die Seife, Schampon und das Waschmittel, dass unter meinem Arm klemmt.
„Du bist echt stark!“, murmelt Katja mit einem Blick, der mich warm durchflutet, als wir mit dem Fahrstuhl hochfahren, für den wir einen Pin eingeben müssen, um in unser Stockwerk gelangen zu können. „Und du bist unglaublich süß“, lässt sie noch folgen, bevor die Tür aufgeht und Timo uns erblickt. Er sieht, mit was wir gerade kämpfen und nimmt Katja schnell ihre Tüten ab, statt mir das Waschmittel, das unter meinem Arm klemmt und mittlerweile abzustürzen droht. „Hey, ich wollte auch gerade los!“, ruft er dabei.
Wer es glaubt.
Wir bringen alles in die Wohnung und ich bin erst mal abgeschrieben. Katja versorgt die Waren und Timo textet sie zu, was sie damit kochen können. Bei dem Noire Duschgel säuselt er: „Heute Abend? Gemeinsame Dusche?“ und Katja nickt mit leuchtenden Augen.
Ich gehe kopfschüttelnd in mein Zimmer.
Ich will mir gar nicht vorstellen, wie es wäre, mit Katja zusammen zu duschen. Das übersteigt meinen Horizont und lässt mich auch kaum Luft bekommen.
Aber das Timo so locker bei Katja seine Wünsche anzubringen wagt, haut mich um. Er ist so unglaublich mutig! Ich bin mit meinem gemeinsamen Einkauf mit ihr schon voll zufrieden. Das war ja schon eine Glanzleistung.
Aber dass Timo sie in die Dusche ziehen will und sie mit dem extra von ihr ausgesuchten Duschgel einreiben wird, dass macht mich doch ziemlich fertig und mein Kopf will einfach nicht aufhören, diesen Aspekt immer wieder auszuloten. Und zwar mit mir an Timos Stelle.
Ich werfe mich auf meinen Schreibtischstuhl und stelle schnell und fast schon panisch den PC an. Ich kann es kaum erwarten, dass sich endlich das Spiel hochlädt. Wenn ich spiele, vergesse ich alles. Auch Katja.
Endlich ist wieder Wochenende.
Es ist über eine Woche vergangen und ich habe von diesem Marco nichts gehört, Manuel hat nichts Neues herausgefunden, ich immer noch nicht die Kombination des Tresors geknackt und das Noire Duschgel ist schon wieder leer.
Es duftet wirklich toll. Ich liebe diesen Duft. Aber ich hasse den Gedanken, dass es ziemlich freizügig verwendet wurde.
Manuel mag den Duft auch, hat er gesagt. „Wow, was für ein Zeug!“, hatte er begeistert einmal ausgerufen, obwohl er all die Tage zuvor nichts gesagt hat. Das ließ mich skeptisch von meinem Brot aufsehen, dass ich gerade schmierte und Manuels hingerissenes Grinsen ließ mich schwer schlucken.
Sofort glitt mein Blick zu Katja, die auf dem Sofa lümmelte, die Füße auf dem Tisch und sich irgend so eine Soap ansah. Sie sah nicht zu uns. Aber ich sah ihr Profil und ich sah, dass sie lächelte.
„Willst du auch ein Brot?“, rief ich ihr zu.
Ich bin in letzter Zeit wirklich bemüht, nett zu sein. Aber das fällt mir nicht leicht, wenn alles um mich herum im Duschvergnügen schwelgt. Nicht dass mich stört, dass ich davon verschont bleibe. Gott bewahre! Aber ich hasse es, dass ich behandelt werde, als wäre ich kein vollwertiges Mitglied dieser WG, bloß weil ich noch nicht volljährig bin.
Katja sah mich überrascht an. Dann säuselte sie: „Gerne. Mit Käse bitte … und vielleicht ein paar Gurkenscheiben.“
Ich nahm eine Scheibe Brot, belegte es großzügig mit Käse und holte die Gurke aus dem Kühlschrank, wusch sie ab und schnitt einige Scheiben ab, um sie auf dem Käse zu verteilen. Als ich es auch noch halbierte und viertelte, sah Manuel mich mit gerunzelter Stirn an. Ich weiß, er kennt das nicht, dass ich jemanden bediene. Ich habe da auch eigentlich ein Problem mit.
Ich rief brummig, weil mir Manuels Blick natürlich bewusst war: „Kannst es abholen!“
Katja sah mich an. Sie hatte diesen bittenden Blick drauf, der im nächsten Moment zu Manuel lief, der sofort Anstalt machte, sich vom Stuhl zu schieben. Aber ich war schneller, griff den Teller und brachte ihn zu Katja.
„Danke, Joel. Das ist wirklich süß.“ Sie belohnte mich mit einem Lächeln und ich ging wieder zu meinem Platz und konnte mich nicht verstehen. Ich verstehe in letzter Zeit sowieso nichts mehr.
Ich kann Timo nicht verstehen, der alles Mögliche mit Katja anstellt und doch klar äußert, dass sie nur eine WG Mitbewohnerin ist. Letzte Woche hat er mir von einem Mädel erzählt, dass er total toll findet und hat sie für heute Abend ins Kino eingeladen. Ich weiß nicht, ob Katja das weiß.
Ich kann auch Manuel nicht verstehen, der alles für Katja tut, obwohl sie ihm immer wieder klar zu verstehen gibt, dass er ihr nichts bedeutet.
Ich verstehe mich auch nicht. Ich will nichts von Katja. Ganz bestimmt nicht. Und doch passieren in ihrer Gegenwart seltsame Dinge, wie das mit dem Brot.
Gut, damit kann ich leben. Aber es passieren auch andere, die machen mich fertig.
Ich denke, sie werden davon ausgelöst, dass meine Mitbewohner keine Rücksicht nehmen. Überhaupt keine.
Letzten Samstag musste ich mir nachts die Kopfhörer aufsetzen, um Timo und Katja nicht zu hören. Timo hat sein Zimmer neben meinem und ich bin fast ausgeraste.
Aber ich konnte nichts tun. Die anderen stempeln mich sowieso schon als verklemmtes Kind ab. Dabei habe ich nur darum gebeten, dass unsere Regeln eingehalten werden. Aber an denen liegt wohl nur mir etwas.
Und einmal musste ich spät abends pinkeln. Auf dem Weg zum Badezimmer habe ich Manuel flüstern gehört. Er war in seinem Zimmer und seine Tür war offen, weil wohl die andere Person hinauswollte. Ich gehe davon aus, dass sie hinauswollte, denn Manuel flehte: „Einmal! Komm! Mein Schwanz wirds dir ewig danken.“
Ich war nicht überrascht, als ich Katja leise erwidern hörte: „Heute nicht.“
Ich weiß jetzt, dass Manuel auf Frauen steht und nicht auf Männer, wie ich anfangs dachte. Oder auf beides.
Zumindest rächte sich dieses Erlebnis in der letzten Nacht.
Ich hatte einen Traum, der mich jetzt noch zutiefst erschreckt. Nein, erschrecken ist nicht das richtige Wort. Er entsetzt mich. Und ich bin mir nicht mehr sicher, ob ich nicht doch mehr von Cecilia Hyde in mir habe, als ich bisher ahnte.
Schon der Traum, aus dem ich erwachte, als ich mich auszog, statt Katja zu helfen, die mit Schokolade von Timo und Manuel auf dem Tisch drangsaliert wurde, hatte mich entsetzt. Aber dieser entsetzte mich noch viel mehr.
Ich war darin mitten in der Nacht durstig aufgewacht. Als ich meine Zimmertür öffnete, hörte ich leises Murmeln und Stöhnen aus dem Wohnzimmer. Deshalb blieb ich erschrocken stehen und sah mich um. Es war dunkel um mich herum und nur das wenige Licht der Stadt drang durch die großen Fenster. Und dann sah ich die beiden Silhouetten. Ich erkannte sofort Manuel, der den Kopf in den Nacken warf, als wolle er den Mond anheulen. Und ich sah jemanden vor ihm hocken.
Erst begriff ich nichts und ging auf die beiden zu. Doch dann sah ich, dass Manuels Hose auf seine Füße gefallen war und der blonde Pagenschopf von Katja im Mondlicht leuchtete, und zwar dort, wo sonst eigentlich Manuels Hose sitzt.
Plötzlich sah Manuel mich an und grinste. Er winkte mich heran und statt abzudrehen und ins Zimmer zurückzukehren, näherte ich mich ihnen langsam.
Manuel stöhnte und Katja gab seltsam schmatzende Geräusche von sich, und in dem wenigen Licht sah ich Manuels Freund weit ins Zimmer ragen und immer wieder in Katjas Mund tauchen.
Erst war ich entsetzt. Doch es regte sich bei mir auch etwas.
Manuel griff nach meinem Arm und zog mich neben sich.
Ich sah zu Katja hinunter, die von Manuel abließ, mich anlächelte und mir meine Boxershort über meinen Freund zog, der ihr genauso entgegensprang wie Manuels Freund. Und dann kam die erste Berührung. Ich bin fast durchgedreht, als ich eine feuchte Zunge spürte und eine warme Hand, die meinen Freund festhielt. Ihre andere umfasste Manuels Freund, der aussah, als hätte man ihn in Blut getaucht.
Ich konnte nur fassungslos zusehen, was Katja mit ihrer Zunge und ihren Lippen anstellte und mein Freund drängte bald genauso prall und blutrot ihr entgegen.
Manuel legte eine Hand auf ihren Hinterkopf, drehte ihn zu sich und schob sich in ihren Mund.
Aber Katja wollte mich. Sie zog mich an meinem Schwanz näher und ließ ihn an Manuels prallen. Dann leckte sie über beide und rieb sie aneinander. Das hätte mir unendlich peinlich sein sollen und unangenehm. Aber ich verschwendete darauf keinen Gedanken.
Ich hörte Manuel aufstöhnen und konnte nicht verhindern, dass mein Körper vor Erregung zitterte. Und dann schob sie beide in den Mund und ich legte meine Hand über Manuels auf ihren Hinterkopf und wir stießen beide zu. Dabei rieben sich unsere Schwänze aneinander und wurden von Katjas warmem Mund und ihrer Zunge weiter gereizt.
Ich explodierte mit einem Aufschrei, der mich erschrocken wach werden ließ. Mir war sofort klar, ich hatte nicht nur geträumt, sondern auch Mamas Bettbezug zugesaut.
Ich zog ihn am nächsten Morgen ab und wusch ihn zum ersten Mal. Aber ich zog keinen neuen drauf, bis er endlich trocken war und ich erneut in ihm schlafen konnte. Dabei tat es mir unendlich leid, dass mir das in diesem Bett passiert war. Ich kam mir schäbig vor und hatte ein schlechtes Gewissen. Und ich brauchte fast einen ganzen Tag, bis ich Manuel und Katja in die Augen sehen konnte. Ich schämte mich für meinen Traum und ich schämte mich dafür, dass mein Freund sich sofort regt, wenn ich Katja sehe. Einmal erwischte ich mich dabei, wie ich ihr auf den Mund starrte, während sie eine Möhre knabberte.
Manchmal glaube ich, ich bin echt durch. Oder es wird Zeit, selbst mal Sex zu haben, statt immer nur anderen dabei zuzuhören. Aber ich werde bestimmt nicht Katja anbetteln.
Mein Telefon meldet eine Nachricht und ich gehe zu meinem Schreibtisch und schaue, wer mir geschrieben hat. Mein Herz beginnt nervös schneller zu schlagen, als ich sehe, dass sie von diesem Marco ist.
Bin im Maritim Hotel abgestiegen. Zimmer 203. Komm heute um 22 Uhr vorbei. Marco
Ich starre fassungslos auf die Nachricht. Er will sich heute mit mir treffen. Aber so spät?
Ich goggle, wo das Hotel ist. Seltsamerweise ganz in der Nähe. Das macht mich stutzig. Hat Mama deshalb diese Wohnung haben wollen, weil Marco immer in dieses Hotel kam?
Ich kann es kaum erwarten, diesem Typ zu begegnen. Aber nachmittags im Park wäre mir lieber. Aber er will, dass ich abends in sein Hotel komme.
Meine Schultern durchdrückend, um mir etwas mehr Haltung zu geben, schreibe ich zurück: Okay, werde da sein. Joel
Es ist entschieden. Ich werde heute Abend einen Mann treffen, der Mama kannte. Nein stimmt nicht. Er kannte Cecilia Hyde und das macht ihn für mich überhaupt erst interessant.
Es klopft und Manuel sieht ins Zimmer. „Hey, was machen wir heute Abend? Timo hat wohl ein Rendezvous und Katja möchte hier einen Mädelabend veranstalten und fragt, ob wir ihr die Bude bis Mitternacht überlassen können.
Ich starre Manuel perplex an. Soweit sind wir also schon, dass Katja die Wohnung für sich und irgendwelche Leute braucht.
Manuel sieht mir meinen Unmut darüber wohl an und ich gehe davon aus, dass er den Auftrag hat, mich aus der Wohnung zu locken. Nun bereue ich, dass ich Marco zugesagt habe. Aber das kann und will ich nicht rückgängig machen.
„Ich bin verabredet“, murre ich nur und sehe Manuels enttäuschtest Gesicht. Darum füge ich ein: „Leider!“, hinzu. „Und ich wäre froh, wenn du hierbleiben und einen Blick auf alles haben könntest.“
Manuel scheint einen Augenblick verunsichert zu sein. „Aber Katja …“
„Ich kläre das mit ihr. Wenn sie hier Party machen will, dann nur mit dir als Aufpasser. Sonst kann sie das vergessen.“
Bevor Manuel etwas erwidern kann, stürme ich an ihm vorbei. Katja ist nicht im Wohnzimmer. Aber ich finde sie in ihrem Zimmer. Sie zieht sich gerade ein wirklich süßes Kleid an.
„Joel, du kommst passend. Kannst du bitte den Reißverschluss zu machen?“ Sie dreht mir den Rücken zu und sieht mich über die Schulter hinweg bittend an.
Ich atme einmal tief durch und gehe zu ihr, pule den Reisverschlusshaken aus dem Stoff und ziehe ihn hoch. Dabei kann ich nicht umhin zu bemerken, dass Katja keinen BH darunter trägt.
„Wie findest du das?“, fragt sie und dreht sich vor mir kokett hin und her.
„Ist das neu?“, knurre ich und denke mir, dass sie das bestimmt geklaut hat.
„Fast!“, sagt sie lächelnd.
Ich weiß nicht, was das heißen soll. Lag das auch in einem Fahrradkorb?
Ich atme einmal tief ein und brumme: „Du willst heute Freunde hierhin einladen?“
„Ja! Ein paar Mädels aus meiner Berufsschulklasse.“
„Ich bin heute Abend nicht zu Hause. Darum wird Manuel hier ein Auge auf alles halten“, erkläre ich. Mir behagt gar nicht, dass irgendwelche Leute sich in meiner Wohnung breitmachen und mein Zimmer unbeaufsichtigt ist.
„Warum?“ Katja scheint wirklich überrascht zu sein. „Und warum ausgerechnet Manuel?“
Sie scheint gerade ihn nicht hier haben zu wollen. Das wird mir klar. Deshalb hatte sie ihn wohl gebeten, das Feld zu räumen. Und damit er nicht gekränkt ist, hatte sie ihn wahrscheinlich damit geködert, dass sie mich auch nicht hier haben will.
„Weil ich und Timo keine Zeit haben.“
„Warum? Wo bist du denn?“, bestätigt Katja meinen Verdacht, dass sie wohl eher die Wohnung präsentieren will und ein Manuel nicht als Michelangelos David taugt.
„Das ist doch egal. Ich habe halt was vor und möchte nicht, dass die Wohnung unbeaufsichtigt ist.“
„Ich bin doch da!“, faucht Katja, nun langsam wirklich aufgebracht.
„Eben“, zische ich zurück. „Mit irgendwelchen fremden Leuten, die wer weiß was hier veranstalten.“
Katja stemmt ihre Hände in die Hüfte und sieht mich wütend an. „Ich weiß gar nicht, warum du dich hier immer so aufplusterst!“
„Weil ich hier auch wohne!“ Dass sie mich so runtermacht, setzt mir zu und zeigt mir, dass ich vielleicht als präsentierbarer David reiche, aber nicht als vollwertiges Mitglied dieser Gemeinschaft.
Mir ist das alles zu viel. Katja, ihre bevorstehende Party und mein Treffen mit Marco sind wirklich viel an Aufregung für einen einzelnen Samstagabend. Und die ständigen Diskussionen mit Katja auch … und ihre ablehnende Haltung mir gegenüber, weil sie meint, ich bin hier nur der Kurzschwanz der WG.
Ich atme tief durch und spüre die Hitze in meinem Gesicht. „Und du willst wissen, warum ich mich hier so aufplustere?“, zische ich. „Weil das meine Wohnung ist und ihr nur meine Mitbewohner seid.“
Katja sieht mich an, als hätte ich nicht alle Tassen im Schrank und ein herablassendes Lächeln zeigt mir, dass sie mir kein Wort glaubt. Und sie will gerade etwas bestimmt sehr Niederträchtiges antworten, als ich schon aus dem Zimmer stürme und rufe: „Entweder Manuel ist bei deiner Party dabei oder du sitzt ab morgen auf der Straße.“
Ich stürme in mein Zimmer, wo Manuel mir von meinem Lederschreibtischstuhl entgegenstarrt.
„Und du hast die volle Verantwortung für den Haufen. Ist nur irgendetwas kaputt, jemand in mein Zimmer gelaufen oder mir kommen irgendwelche Klagen, dann war das Katjas letzter Tag hier.“ Irgendwie fühle ich mich plötzlich stärker, jetzt wo ich klarstellte, wem die Wohnung wirklich gehört. Ich habe das Gefühl damit meine Schwanzlänge in die richtige Größe gebracht zu haben und das scheint mir längst überfällig.
Manuel sieht mich erschrocken an. Doch ich beachte ihn nicht und greife mir ein paar Klamotten und stürme hinaus und ins Badezimmer, dass auch gerade Katja ansteuern wollte, mich mit einem herablassenden Blick bedenkend, der wohl heißen soll: „Red du nur, Kleiner. Ich habe alle, die etwas zu sagen haben, auf meiner Seite.“ Dass ich an ihr vorbeistürme und hinter mir die Badezimmertür zuschmeiße und abschließe, lässt sie wütend gegen die Tür schlagen. „Joel, mach auf. Ich muss mich fertigmachen!“
„Ich mich auch!“, schreie ich zurück und stelle schon mal das Wasser der Dusche an. Ich habe zwar noch Zeit, werde aber so lange hier verbringen, wie ich kann.
Mit einem seltsamen Gefühl der Überlegenheit stelle ich mich ewig lange unter das heiße Wasser. Das muss Katja wirklich auf die Palme bringen. Sie klopft immer wieder wütend an die Tür. „Mensch, beeil dich mal!“
Ich ignoriere sie und hoffe, sie heult sich bei Manuel aus. Vielleicht fragt sie ihn, wem die Wohnung wirklich gehört. Ich höre ihn schon antworten: „Joel!“
Wie gerne würde ich dann ihr Gesicht sehen. Denn mir glaubt sie das offensichtlich nicht und befürchtet nicht, dass sie einen Rauswurf riskiert.
Natürlich ist mir klar, dass ich sie sowieso nicht vor die Tür setze. Ihre Tränen vom letzten Streit reichen für Wochen. Das will ich nicht noch mal ertragen. Aber es ist gut, dass sie endlich weiß, welche Rolle ich hier spiele.
In meinem Kopf kriecht doch tatsächlich ein Bild hoch. Ich sehe mich in meinem Zimmer und Katja vor mir auf dem Boden knieend …
Okay. Das ist verrückt.
Ich rasiere mich gründlich und trockne mir vorsichtig mit dem Fön die Haare, damit ich nicht gleich aussehe wie ein Löwe. Mein enges schwarzes T-Shirt zeigt, dass ich mich langsam zum Vorteil entwickele und ich frage mich unweigerlich, was Mama wohl dazu sagen würde. Ob sie stolz auf mich und mein Aussehen wäre? Ich bin im letzten halben Jahr bestimmt fünfzehn Zentimeter gewachsen. Wie gerne würde ich sie das wissen lassen. Aber vielleicht sieht sie mich ja auch?
Dieser Gedanke verursacht ein seltsames Gefühl in meinem Bauch. Denn dann würde sie auch alles andere sehen und da ist einiges, dass mir wirklich peinlich wäre.
Als ich die Badezimmertür aufschließe, reißt jemand sie auf und eine aufgebrachte Katja stürmt an mir vorbei. „Scheiße, was stinkt das hier nach Testosteron!“ keift sie.
Ich starre ihr nur verwirrt hinterher. Aber sie knallt die Tür schon zu.
Manuel sitzt im Sofa und schaut Fernsehen. Er grinst mich an, als ich bei ihm ankomme und frage: „Häh? Was meint sie?“
„Männerschweiß“, antwortet er grinsend.
Ich bekomme den Mund kaum zu. Was soll das denn heißen?
„Katja steht eigentlich drauf“, meint Manuel mit einem Augenzwinkern.
Das klang aber anders und ich habe mich extra ausgiebig geduscht, um gut zu riechen. Aber dass ich das vielleicht vorher nicht tat, war mir nicht in den Sinn gekommen. Das ist sowieso ein Aspekt, der mir nie richtig bewusst war. Ich ahnte ja auch nicht, dass andere das so riechen.
„Komm, lass sie labern. Erzähl mir lieber, warum du dich heute so aufbrezelst. Hast du ein Date?“
Ich weiß nicht, was ich Manuel sagen soll. Aber vielleicht ist es besser, einer weiß, wo ich hingehe. Nur für den Fall, dass ich nicht mehr wiederkommen.
Ich lasse mich neben ihn in das Sofa sinken.
Leise erkläre ich ihm: „Ich treffe mich heute mit einem Typ, der Mama kannte.“
Manuel rückt erschrocken von mir ab und zischt: „Einer von den Geschichtenschreibern?“
„Nein, eher ein Freund von ihr. Hoffe ich zumindest. Ich denke, er hat Mama die Sicherungen auf dem Handy und Laptop eingebaut und alles nach ihrem Tod gelöscht.“
Manuel sieht mich mit offenem Mund an. Dann raunt er: „Ey, das ist gefährlich. Weiß er, wer du bist?“
Ich nicke, bin aber über Manuels Bedenken erschrocken. Darum raune ich: „Unter meiner Tastatur liegt die Adresse, wo ich hingehe. Falls ich nicht mehr wiederkomme.“
„Soll ich nicht besser mitgehen?“, bietet er an und klingt wirklich wie ein echter Freund.
Ich kann ihn nur bitten: „Nein, achte du darauf, dass niemand mein Zimmer betritt und Katja keinen Blödsinn macht. Sonst sind unsere Zeiten als WG gezählt.“
Manuel weiß das und nickt. Aber ich sehe ihm an, dass er größte Bedenken hat, was mich angeht und auch … wie sein Abend verlaufen wird. Leise raunt er: „Katja wird aber nicht erfreut sein.“
„Das ist egal. Ich habe ihr gesagt, entweder die Party findet mit dir statt oder gar nicht.“
Manuels Augen leuchten auf. „Danke, Alter! Dann kann mein Abend ja nur gut werden.“
Nah, wir werden sehen.
Eine Stunde später trudeln die Mädchen ein. Ich begegne ihnen unten vor der Eingangstür des Einkaufscenters, wo sie aufgeregt wie Hühner den Klingelknopf drücken, der mit einem neuen Aufkleber bestückt ist, wie ich feststelle, als sie kichernd und aufgedreht durch die Tür ins Innere drängen.
Ich schaue genauer hin.
Wir hatten damals unsere drei Nachnamen auf das winzige Zettelchen gequetscht, das in dem Klingelplastik steckt. Nun klebt oben auf nur ein Name … und zwar der von Katja.
Ich habe keine Zeit mich darum zu kümmern. Aber ich bin schon wieder so wütend auf sie, dass ich am liebsten nach oben stürmen möchte und die Party gleich beenden will. Aber es kommen schon wieder zwei weitere Mädchen und schauen sich verunsichert um. Ich kann nicht umhin festzustellen, dass Manuel ein wirklich netter Abend bevorsteht, wenn er all diese Schönheiten heute beaufsichtigen darf. Hoffentlich ist er damit nicht völlig überfordert. Ich wäre es bestimmt.
Ich mache mich auf den Weg zum Hotel, meine schwarze Schultasche unterm Arm, in der Mamas Laptop steckt. Es ist noch etwas zu früh, aber ich will pünktlich sein und muss erst mal die Zimmernummer 203 finden.
Mein Weg führt mich durch den Park, hinter dem das Hotel sich dem Himmel emporreckt. Als ich das opulente Foyer betrete, weiß ich nicht, was ich machen soll. Meldet man sich an oder sucht man sich selbst seinen Weg?
Zumindest falle ich in meinem schwarzen T-Shirt und meiner schwarzen Jeans nicht auf. Es nimmt auch keiner Notiz von mir. Darum gehe ich mit einem Pulk Leuten, die einen der Fahrstühle ansteuern, mit. Aufgeregt redend, beachten sie mich nicht und wir steigen ein. Zu meinem Glück steht bei jedem Stockwerk, welche Zimmernummern dort zu finden sind. Ich muss in den sechsten Stock und denke mir, dass meine Wohnung mit dem Zimmer von diesem Marco auf einer Höhe liegen muss.
Meine Mitfahrer steigen ein Stockwerk unter mir aus und ich fahre allein weiter. Das Hotel hat nur sechs Stockwerke und als die Tür aufgeht, sehe ich verunsichert hinaus. Mein Herz pocht bis in meine Schläfen und mir ist etwas Übel. Aber ich reiße mich zusammen. Ich hatte mich so über Katja geärgert, dass ich vorher gar nicht groß Zeit gehabt hatte, nervös zu werden. Das ändert sich jetzt.
Ich brauche einige Zeit, bis ich die Nummer finde. Sie ist die letzte in einer der hintersten Ecken. Unschlüssig stehe ich davor und frage mich, ob ich einfach klopfen darf. Hätte ich vielleicht doch besser vorher Bescheid sagen sollen oder zumindest anrufen? Kurz frage ich mich, ob ich wieder zum Fahrstuhl gehen soll und diesen Marco anrufe, um ihm zu sagen, dass ich im Hotel bin und gleich vor seiner Tür stehe. Aber dann verwerfe ich den Gedanken und klopfe an die Tür.
Es tut sich nichts und ich klopfe lauter.
In dem Moment wird sie aufgerissen und ich starre in ein dunkelhäutiges Gesicht mit unerwartet grünen Augen, einem dunklen, kurzgehaltenen Bart und schwarzen, schulterlangen Korkenzieherlocken.
Einen Moment bin ich irritiert. Dann wird mir klar, dass natürlich zu der dunklen Michelle auch der passende Mann gehörte.
„Hi Joel. Ich bin Marco.“ Der Typ schenkt mir ein kurzes Lächeln mit unglaublich weißen Zähnen.
„Ja … ähm ja. Ich bin Joel“, stottere ich und schüttele die hingehaltene, kräftige Hand.
Die grünen Augen wandern von meinem Gesicht über meinen Körper und ich höre ein anerkennendes: „Cecilia hat nicht übertrieben. Sie sagte immer, ihr Sohn ist eines der wenigen schönen Geschöpfe auf diesem Planeten.“
Ich werde bestimmt rot und finde, Mama hat maßlos übertrieben. Aber ich weiß ja, dass sie Mutterliebe trieb, die nie unvoreingenommen ist.
„Komm herein.“
Ich werde in eine Suite eingeladen, die wirklich atemberaubend ist. Absolut passend zu dem Mann, der vor mir geht. Er ist groß und unverkennbar gut gebaut. Seine Muskeln spannen sich unter dem weißen Hemd und seine schwarze Anzughose sitzt tadellos. Ich komme mir in meinem T-Shirt und meiner Jeans plötzlich underdressed vor.
Marco dreht sich zu mir um und erneut bekommt sein Blick diesen abschätzenden Ausdruck. „Setz dich“, weist er mich an und zeigt zu einer opulenten weißen Sitzgarnitur. „Magst du ein Bier?“
Ich setze mich auf das Sofa und nicke.
Um nicht völlig fehl am Platz zu wirken, ziehe ich Mamas Laptop aus meiner Schultasche und lege ihn demonstrativ auf den Tisch. Marco soll ja denken, dass ich deswegen da bin.
Er kommt zum Sofa und reicht mir das Bier. Dann setzt er sich auf einen der Sessel und starrt Mamas Laptop an, als erwarte er, dass er explodiert.
Ich besehe mir den Mann genauer. Er sieht wirklich gut aus und ich kann Mama nicht verübeln, dass sie ihn gerne als Freund hatte. Etwas anderes will ich mir zwischen den beiden nicht vorstellen.
„Joel“, sagt Marco und sieht mich an. „Ich weiß, dass du selbst fit am Computer bist und ich glaube, du weißt längst, was noch auf dem Laptop ist und was nicht.“
Nun werde ich auf alle Fälle rot und fühle mich durchschaut.
„Also, warum bist du wirklich hier?“
Was soll ich sagen?
Weil ich gar nichts sage, erklärt Marco leise: „Deine Mutter hat viel von dir erzählt. Immer und ständig. Joel hier, Joel da, Joel ist das Wichtigste. Ich wollte dich aufsuchen, als das mit ihr passierte. Aber ich war selbst zu geschockt.“ Er sieht auf seine Hände.
Ich weiß immer noch nicht, was ich sagen soll.
Er sieht auf. „Und nun bist du hier und sitzt auf meinem Sofa.“
Ich trinke einen Schluck Bier, weil ich einfach nicht weiß, was ich dazu sagen kann.
Marco erhebt sich ruckartig und sieht auf mich hinunter. Dann trinkt auch er einen Schluck aus seiner Flasche und raunt leise, als er zum Fenster geht: „Cecilia hat sich immer Sorgen gemacht, was passiert, wenn ihr mal etwas zustößt. Das war eine ihrer Hauptsorgen.“
Er sieht aus dem Fenster und ich starre auf seinen breiten Rücken.
„Sie hat aber nie gesagt, dass ich mich kümmern soll. Niemals.“
Ich bin von seinen Worten überrascht und frage mich, ob er meint, dass ich deshalb hergekommen bin.
Plötzlich dreht er sich um und in seinem Blick liegt etwas, das mich erschreckt. „Wer war für dich da, als das mit deiner Mutter passierte? Wer hat sich um dich gekümmert?“ Er klingt aufgebracht und wütend.
Ich erwidere verunsichert: „Onkel Andreas.“
Seine ganze Gestalt, die wie zum Angriff gespannt war, scheint zusammenzusinken. „Cecilias Bruder“, raunt er nur und klingt seltsam niedergeschlagen.
Ich bin überrascht, dass Marco ihn kennt. Scheinbar weiß er eine Menge über unsere Familie. Ich nicke.
„Sonst niemand? Kam niemand sonst?“, brummt er plötzlich, als glaube er mir nicht.
Ich bin über seine Frage verwirrt und schüttele den Kopf.
Marco geht zu seinem Sessel zurück und lässt sich hineinfallen. Leise und mehr zu sich selbst murmelt er: „Dann gab es wirklich niemand anderen?“
Ich bin verwirrt. Aber ich sage, weil ich denke, es ist wichtig. „Nur Onkel Andreas.“
Marco nickt und seine dunklen Korkenzieherlocken fallen über sein Gesicht, wie ein Vorhang, als er sich vornüberbeugt und die Arme auf seinen Beinen abstützt.
„Verdammt!“ Er klingt wirklich aufgebracht. „Ich hätte mich bei dir melden müssen. Das war ich ihr schuldig!“ Er sieht auf und diese unglaublich grünen Augen treffen meinen Blick. „Ich war mir sicher, es gibt andere, die sie darum gebeten hat, sich um dich zu kümmern, wenn ihr mal etwas passiert.“
Ich sehe ihn nur an und verstehe nichts.
Marco setzt sich in dem Sessel zurück und trinkt sein Bier leer. „Du hast keinen Plan, von was ich rede, oder?“, fragt er.
Ich schüttele den Kopf und er nickt verstehend. Dann raunt er: „Egal. Also, was treibt dich wirklich hier her? Hat Cecilia dir gesagt, dass du mich aufsuchen sollst, wenn was ist?“ Es scheint fast, als wäre das eine Hoffnung für ihn.
Ich verstehe immer weniger. Aber ich schüttele den Kopf und erkläre: „Michelle brachte mir ein paar Sachen von Mama und erwähnte dich als irgendwie mitbeteiligt bei dem Internetcafe.“
„Michelle? Das ausgerechnet sie uns beide zusammenbringt!“
Das klingt nun wieder wütend und ich beeile mich zu erklären: „Nein, sie erwähnte, dass du der PC Spezialist bist und ich dachte mir, dass du dann vielleicht auch …“ Mir fällt ein, dass er meine Lüge schon durchschaute und wahrscheinlich beim ersten Blick auf den Laptop herausfinden wird, dass wir ihn schon nach Mamas Tod in der Mangel hatten. Darum schwenke ich um. Das bringt so auch nichts. Entweder Marco hilft mir oder nicht. Ich muss es aber zumindest versuchen. „Naja, ich sagte ihr, dass ich Probleme mit meinem PC habe und deine Nummer haben möchte. Da gab sie sie mir.“
Die grünen Augen mustern mich nur und ich fühle mich genötigt zu erklären: „Ich hoffte, dass du mir etwas über Mama erzählen kannst.“
„Ob ich dir was?“, braust er auf. „Joel, wenn ich eins weiß, dann, dass Cecilia nicht wollte, dass du von mir irgendwelche Belehrungen bekommst, über was auch immer. Oder warum glaubst du, hat sie mich nie gebeten, mich um dich zu kümmern?“
Ich verstehe seine „Kümmer-Geschichte“ nicht. Irgendwie klingt es, als wenn er wütend ist, weil meine Mutter ihn nicht als meinen Babysitter eingespannt hat.
„Sie wusste doch nicht, dass das nötig werden wird. Und ich brauche auch niemanden. Ich will nur mehr über Mama erfahren. Was sie so machte und so …“
Marco starrt mich an. Dann raunt er leise: „Was glaubst du, was sie machte. Sie hatte ihre Anteile im Cafe und arbeitete auch dort.“
Ich schnaube verächtlich, was sich seinen Blick ändern lässt. Er kneift die Augen seltsam zusammen, als wolle er mir eine reinhauen. Doch dann steht er auf und geht zur Zimmerbar und nimmt sich noch ein Bier. Er kappt den Deckel und ich erstarre, weil er ihn wegschnippt und keinen Flaschenöffner in der Hand hat. Mir war vorher nicht aufgefallen, wie er unsere ersten Biere geöffnet hatte. Dann geht er zum Fenster zurück und trinkt fast die halbe Flasche leer. Ich spüre regelrecht die Anspannung zwischen uns.
Plötzlich sagt er und seine Stimme klingt unendlich traurig: „Ich habe sie geliebt. Nur sie. Niemanden sonst auf dieser beschissenen Erde und ausgerechnet sie hat es erwischt. Sie war ein guter Mensch, der das nicht verdient hat. Sie hat so ein Leben nicht verdient und dennoch glaubte sie, dass es für sie so und nicht anders richtig ist. Nur du verschissener kleiner Scheißer warst das einzige, was sie auf Plan halten konnte. Sie war so krank, so durchgeknallt und doch so genial. Und ich wollte ihr alles geben, aber sie wollte von mir nichts, außer ihre Freiheit.“ Er dreht sich zu mir um. „Und was bleibt mir? Der kleine verschissene Scheißer.“
Ich starre den Mann am Fenster an. Meint er mich?
„Ich komme allein klar“, sage ich und klinge selber auch nicht mehr freundlich. Das der Typ mich kleiner, verschissener Scheißer nennt, ärgert mich maßlos. Ich bin kaum einen halben Kopf kleiner als er und kann auch so aussehen, wenn ich unsere Geräte mehr beutele.
„Das weiß ich. Du bist wie Cecilia. Bist ja auch ihr Fleisch und Blut.“ Mit wenigen Schritten ist er bei mir und beugt sich zu mir herunter. Sein Blick scheint mich durchbohren zu wollen. „Aber wie weit reichen ihre Gene? Was schlummert in dir? Was? Sag es mir!“, die letzten Worte brüllt er mir entgegen, dass ich in dem Sofa immer kleiner werde.
„Ni… nichts“, stottere ich erschrocken. „Ich wollte nur herausfinden, ob Mama Jeannie ist und von was sie sich die Wohnung leisten konnte.“
Marco richtet sich auf, als hätte ich ihm Pfefferspray ins Gesicht gesprüht und seine hellbraune Haut wird aschfahl. „Scheiße Joel!“, stammelt er. „Scheiße, scheiße, scheiße!“ Er geht zum Fenster und trinkt sein Bier leer. Dann knallt er es auf die Fensterbank. „Scheiße, scheiße, scheiße!“
Langsam dreht er sich zu mir um und sieht mich an, als hätte ich ihm eine reingehauen. „Joel, woher weißt du das?“ Er klingt völlig geschockt.
Ich starre ihn nur an und mag gar nichts mehr sagen. Seine Reaktion erschreckt mich zu sehr, als das ich auch nur noch ein Wort sagen will.
Marco sieht mir wohl an, dass ich mich ziemlich unwohl fühle und wirft sich wieder in seinen Sessel. Dann springt er allerdings wieder auf und holt aus der Bar eine Flasche und zwei Gläser. Sich wieder in den Sessel werfend, schüttet er die braune Flüssigkeit in die Gläser und schiebt mir ein Glas hin. Er greift nach seinem und trinkt es in einem Zug leer, verzieht das Gesicht und schüttet sich noch einen ein. Dann nickt er. „Jetzt weiß ich, warum du hier bist. Du willst Antworten!“
Ich nicke und trinke mein Bier aus. Da Marco mir schon wieder etwas Neues hingestellt hat, halte ich das für angebracht. Aber ich rühre das Glas nicht an.
Erneut nickt Marco und sieht mich nur an. Dann murmelt er: „Verdammt Joel. Ist dir klar, dass Cecilia dich genau davor bewahren wollte?“
„Wovor?“, frage ich.
„Vor dem, was sie tat und was sie war.“
Ich schüttele verständnislos den Kopf. „Aber wieso? Was tat sie denn und was war sie?“ Meine Stimme klingt, als hätte man mich gerade kastriert.
Es dauert, bis Marco endlich erklärt: „Sie hatte immer Angst, dich zu versauen. Sie wollte, dass du ein Mädchen triffst, dich verliebst, Sex mit ihr hast, Kinder zeugst und eine Familie gründest, mit ihr alt wirst und stirbst.“
Ich starre den Mann an und weiß, dass er recht hat. Aber ich verstehe nicht, warum meine Mutter das offenbar allen und jedem erzählt hat. Warum war sie so erpicht darauf, dass ich so ende?
„Sie dachte, das ist alles, was glücklich macht. Dabei hat sie selbst nie so leben können. Niemals. Sie hatte dich, ja! Aber alles andere war für sie nicht machbar. Sie brauchte selbst so viel mehr. Und dennoch glaubte sie, dass du nur glücklich wirst, wenn du mit dem großen „Erste Liebe und forever“ Scheiß lebst. Sie glaubte, wenn man auf diese Art sein Leben beginnt, dann bleibt man rein und unversehrt.“
„Aber Mama war doch auch nicht so!“, sage ich entrüstet, weil sie offensichtlich etwas für mich wollte, was sie für sich für inakzeptabel hielt.
Marco schüttelt resigniert den Kopf. „Nein, sie war nicht so. Aber sie haderte deshalb auch ständig mit ihrem Schicksal. Sie meinte, sie hätte so sein müssen. Aber in ihrem Innersten war etwas, dass wollte keinen Sex unter der Decke, im Dunkeln und dreißig Jahre mit dem einen Mann. Vielleicht sehnte sie sich tief in ihrem Inneren nach der einen großen Liebe und war nur traurig, weil sie sie nie fand. Nicht mal bei mir!“ Den letzten Satz spuckte Marco regelrecht in den Raum und mir wird klar, er muss meiner Mutter wirklich gemocht haben.
Er sieht mich wieder an, wohl von seinem Ausbruch selbst erschrocken und stößt grinsend an mein Glas.
Ich nehme es und trinke einen Schluck. Es ist Whiskey pur. Ich trinke den höchstens mit Cola. Nun brennt mir das Zeug unverfälscht durch meine Speiseröhre.
Als ich mich erholt habe, bestätige ich ihm: „Ja, Mama wollte die Liebe für alle und vor allem für mich. Aber sie glaubte, dass es sie für sie nicht gibt. Das Thema hatten wir oft. Sie sagte immer: Joel, verlieb dich in ein ganz tolles Mädchen und habe erst Sex, wenn die Liebe gegenseitig und echt ist.“ Ich schaffe, etwas Spott in meine Ausführung zu legen und Marco lächelt versonnen. „Ja, so war sie. Alle Liebe für Joel. Nur für Joel. Soll der Rest der Welt doch lieblos zugrunde gehen.“
Ich bin etwas irritiert über seine Worte. Irgendwie klingen sie, als würde er mich dafür verurteilen. Doch er nickt versonnen, trinkt einen großen Schluck und fragt: „Und? Hast du das Mädchen gefunden? Hat Cecilia sie noch kennengelernt?“
Ich sehe ihn verunsichert an. Warum fragt er das? Dann schüttele ich den Kopf.
„Nein?“ Ein lautes Lachen setzt ein und erfüllt den Raum. „Du hast selbst auch nicht so begonnen? Was für eine Enttäuschung für Cecilia. Und dennoch scheinst du ganz normal geworden zu sein.“
Ich trinke noch einen großen Schluck und muss mit der brennenden Flüssigkeit in meiner Kehle kämpfen.
Marco schlägt sich auf die Beine und ruft: „Naja. Cecilia konnte viel bestimmen, aber halt nicht alles. Aber jetzt erklär mir, warum du Jeannie kennst. Das ist erschreckend und nicht gut. Wenn sogar du das herausfinden konntest, haben wir ein Problem.“
Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Darum sage ich erst noch nichts und trinke lieber mein Glas leer. Mittlerweile brennt das Zeug nicht mehr so und alles in mir fühlt sich angenehm warm an.
„Ist noch etwas auf dem Laptop?“ Marco zeigt auf das Gerät auf dem Tisch.
Ich nicke und er wird ernst. „Was? Das kann nicht sein!“
„Der Tor Browser.“
Marco sieht mich überrascht an. „Nur der Tor Browser? Mehr nicht. Aber damit hast du doch nicht Jeannie gefunden. Das kann nicht!“, murrt er entrüstet.
„Ich habe auch noch Mamas alten Laptop aus dem Cafe. Da habe ich ihren Lycos Account gefunden.“ Ich schlucke schwer, weil ich mir wirklich nicht sicher bin, was passiert, wenn ich Marco sage, wie ich von Jeannie erfuhr. Wird er mich dann an die Wand stellen und lunchen?
„Ja und? Den kenne ich auch. Aber da ist doch nichts drinnen, was Jeannie verrät. Gar nichts.“ Marco scheint wirklich langsam wütend zu werden. „Also sag, wie hast du es herausgefunden? Ich muss das wissen. Unbedingt!“
Ich schlucke schwer und spüre, dass das Bier und der Whiskey langsam in meinem Kopf Wellen schlagen. „Mich sprach ein Typ an, der Mama wohl kannte und der hat etwas von dunkler Seite und so geschrieben und dass er seine Antwort auf seine Probleme gefunden hat. Dann gab er mir die Adresse einer Internetseite …“
„Er gab dir die Seite von Jeannie?“
Ich glaube, Marco muss erst überzeugt werden, dass es sich so abgespielt hat. „Ja. Ich schwöre.“
„Das ist alles?“ Er scheint wirklich völlig perplex zu sein. „Manoman. Cecilia muss recht haben. Geister leiten uns.“ Seine Worte klingen aufgebracht und wütend und ich erkläre verdrossen: „Nein, das war zumindest nicht Mamas Geist. Sie wollte auf keinen Fall, dass ich davon erfuhr.“
„Vielleicht doch. Sie war doch der Meinung, dass alles einen Sinn hat und wir von etwas geleitet werden. Hat sie dir je erzählt, dass sie glaubt, wie das mit uns und dem abläuft, was uns in unserem Leben passiert? Sie war da ja ganz speziell. Sie meinte, wir bringen Probleme aus anderen Leben mit in das jetzige und leiden unter ihnen. Sie glaubte deshalb auch, dass es keine Liebe für sie gibt. Sie war davon überzeugt, dass ihr das alles zugemutet wird, weil sie für etwas büßen muss. Ich hoffe, dass sie fertig gebüßt hat.“ Er trinkt sein Glas leer und schüttet sich und mir noch einmal ein. „Und ich glaube jetzt wirklich, sie lenkt uns. Joel, deine Mutter lenkt das alles. Sie war schon immer der Lenker von allem. Und jetzt lenkt sie uns.“ Er lässt sich mit dem Glas in der Hand an die Rückenlehne plumpsen und setzt die Füße über Kreuz auf der Tischplatte ab. „Oh Mann, Cecilia. So warst du und so bist du!“
Ich will ihm gerade wiedersprechen und ihm von Mamas Brief erzählen, als er ruft: „Und dass du hier bist ist auch kein Zufall. Sie wollte, dass wir aufeinandertreffen. Ich weiß nur noch nicht, warum.“ Er hebt sein Glas in die Luft und prostet irgendwem Unsichtbaren zu. „Auf dich, meine Liebe. Und auf das, was du mit uns vorhast.“
Ich starre Marco an, der mich plötzlich angrinst. Aber in seinen grünen Augen liegt Frust und Resignation. „Also, so ein Typ bei Lycos steckte dir ihre Seite, du bist über den Tor Browser ins Darknet und hast sie dort gefunden. Unglaublich. Was bist du für ein schlaues Bürschchen!“
Mir widerstrebt es, die Lorbeeren allein einzuheimsen. Darum raune ich verunsichert, ob ich das sagen soll: „Ich hatte Hilfe. Ein Kumpel von mir …“
„Was?“ Marco reißt die Füße vom Tisch und starrt mich an. „Was weiß er?“
„Nichts. Er hat keine Ahnung, dass das Mamas Seite ist. Ich habe es auch nur daran gesehen, dass Jeannie wie Mama aussieht und ihre Kette trägt.“
„Ihre Kette?“ Marco scheint einen Augenblick zu brauchen, bis er begreift. „Scheiße, die muss weg!“
Ich weiß nicht, was er meint und greife nach dem Anhänger mit den Ringen um meinem Hals. „Auf keinen Fall. Die gebe ich nicht her!“
Marco scheint nicht sofort zu begreifen. Dann sieht er, was ich schnell in meinem T-Shirt versenke und schüttelt den Kopf. „Ich muss das von Jeannie nehmen. Keiner darf sie mit dir oder Cecilia in Verbindung bringen.“
Nun wird mir alles klar. „Du hast die Seite gemacht?“ Ich bin geschockt. Mir wird plötzlich bewusst, Marco weiß alles. Wirklich alles. Er weiß, was meine Mutter mit der Seite bezweckte und was sie damit tat.
„Ja, ich habe Cecilia geholfen, sie zu erstellen.“
Ich trinke einen großen Schluck Whiskey und brumme: „Dann weißt du auch, was diese Jeannie bisher für Wünsche erfüllte?“
Marco scheint zu erstarren. Dann raunt er leise: „Sie hat nicht wahllos alles erfüllt. Das ging auch nicht. Da kam wirklich viel kranker Scheiß rein und nicht für alles waren passende Gegenparts zu finden. Aber es ist schon unglaublich, für was die Leute alles einen Haufen Geld bezahlen. Cecilia erkannte das. Sie war wirklich ein Genie.“
Ich schlucke schwer. „Hat sie selbst Wünsche erfüllt? Ich meine …“ Weiter komme ich nicht, weil mir meine Stimme versagt.
Marco sieht mich einen Moment unschlüssig an, bevor er endlich antwortet: „Ja. Ich sagte doch, sie war ein Genie.“
Ich pfeffere das Glas auf den Tisch, greife Mamas Laptop und meine Tasche und brülle aufgebracht: „Warum hast du das zugelassen?“ Damit laufe ich zur Tür. Ich will weg von diesem Kerl, der meint, meine Mutter geliebt zu haben und doch zuließ, dass sie wer weiß was tat.
„Joel! Warte!“
Als ich die Tür erreiche, reißt er mich herum. „Warte! Ich wollte das nicht. Aber sie brauchte das. Ich sagte doch, für sie klappte das mit Familie und ein Mann fürs Leben bei konventionellem Sex nicht. Sie brauchte diese Freiheit. Ich konnte da tun, was ich wollte.“
Ich starre ihn an.
„Ich habe alles versucht!“ Marco klingt schrecklich resigniert und ich lasse mich von ihm wieder ins Zimmer ziehen, während er mir niedergeschlagen erklärt: „Ich habe mich auf den ersten Blick in sie verliebt. Damals war ich mit Michelle zusammen. Aber nachdem ich Cecilia kennenlernte, ging sie mir nicht mehr aus dem Kopf. Und sie war so anders. Immer auf der Suche, immer voller Ideen und hinter einem Leben her, dass alles bot. Ich war nur eine ihrer Stationen. Und glaube mir, als ich erfuhr, dass es dich gibt, war ich wirklich platt, weil ein Kind nicht in dieses Leben passte.“
Ich bin von seiner Erklärung wie erschlagen. Er spricht von Cecilia Hyde, von der ich weiß, dass es sie gibt, aber die einfach in meinem Kopf nicht Fuß fassen will. Und was er über sie und den Umstand sagt, dass es mich gibt, lässt sich meinen Magen zusammenziehen. Es bestätigt, dass sie mich eigentlich als Cecilia Hyde nicht gebrauchen konnte und bestimmt auch nicht wollte. Aber bei mir war sie nicht Cecilia Hyde. Bei mir war sie Cecilia Jekyll. Da war sie die Gute!
„Wie alt war ich, als du und meine Mutter …?“
„Zwölf oder dreizehn. Keine Ahnung. So um den Dreh herum. Und sie sagte immer: Das ist meine einzige Liebe. Sie machte gar keinen Hehl daraus, dass sie mich nicht liebte. Sie versprach mir auch nie etwas. Aber sie gab mir viel. Sehr viel. Und ich musste feststellen, dass sie die Gabe hat, in einem die tiefsten Wünsche frei zu kitzeln und dann zeigt sie dir, wie du sie dir erfüllen kannst. Bloß meinen einen Wunsch erfüllte sie mir nie, weil es einfach nicht ihr Wunsch war. Sie war der Meinung, ein Wunsch darf nur erfüllt werden, wenn er sich mit dem Wunsch des Gegenübers deckt. Und das wurde dann auch ihre Erfolgsmasche. Wo kein Kläger, da kein Richter.“
Ich verstehe nicht, was er meint. Aber ich muss an die Geschichten denken und glaube Zusammenhänge zu erkennen. Wenn jemand jemanden vergewaltigen will, dann suchte meine Mutter jemanden, der vergewaltigt werden wollte.
Ich erschauere. „Ihr seid krank!“
Marco lächelt wehmütig und nickt. „Wahrscheinlich. Aber wer ist das nicht. Hat nicht jeder etwas, dass ihn krank aussehen lässt - außer dir vielleicht? Du bist wahrscheinlich völlig unbescholten.“ Den letzten Satz wirft er mir verächtlich entgegen. Aber er schiebt mich zum Sofa zurück, als wäre ihm wichtig, dass ich ihm nicht abhandenkomme. Er zieht mir die Tasche aus dem Arm. „Oder irre ich mich? Joel, erzähl mir doch mal, wie dein erstes Mal ablief. Wenn es nicht die von deiner Mutter gewünschte große Liebe war, was dann?“ Seine grünen Augen mustern mich interessiert und seine dunklen Korkenzieherlocken fallen ihm ins Gesicht, als er sich von dem gegenüberliegenden Sessel zu mir herüberbeugt.
Ich starre ihn entsetzt an.
„Sag schon. Wie sieht dein Liebesleben aus. Komm, pack aus. Das sagt viel über einen aus und nachdem du unsere geheime Jeannie geknackt hast, bist du mir das schuldig.“
Ich greife nervös nach meinem Glas, das aber leer ist.
Als ich Marco ansehe, sieht er mich verdutzt an. Seine Augen verengen sich zu Schlitzen und sein ganzer Gesichtsausdruck verhärtet sich zu einer entsetzten Maske. „Sag nicht, es gab bisher noch kein Liebesleben?“ Er klingt völlig fassungslos und als wäre das unerklärlich.
Poor. Was soll ich sagen?
„Du hast noch nie …?“ Er scheint vollkommen perplex zu sein. „Verdammt Joel. Das gibt es doch gar nicht! Du musst ja schon kurz vor dem Durchglühen sein!“
Ich bin von seinen Worten wirklich aufgebracht und spüre die Hitze auf meinen Wangen.
„Du bist doch mittlerweile bestimmt schon siebzehn!“ Marco ist völlig außer sich. „Mein Gott, Jeannie hätte mal die Wünsche ihres Sohnes checken und erfüllen sollen.“ Er greift zur Flasche und schüttet uns noch mal gehörig ein. Ich weiß, wenn ich den auch noch trinke, dann krabbele ich nach Hause.
„Ne, lass mal. Ich glaube, ich sollte jetzt besser gehen“, erkläre ich schnell und will einfach nur noch weg.
Sofort legen sich Marcos großen, dunklen Hände auf die Armlehnen des weißen Sesselbezugs und er scheint zum Sprung bereit zu sein, wenn ich mich erhebe. Dabei raunt er eindringlich: „Nene. Joel. Weißt du eigentlich, dass du den großartigsten Jeannie dein Eigen nennen kannst. Jeannie ist nicht gestorben. Sie lebt. Und sie kommt zu dir und erfüllt dir jeden Wunsch!“
Ich schüttele den Kopf. Meine Mutter ist nicht mehr da und ich kann sie mir so viel wünschen, wie ich will. Sie wird nicht kommen.
Aber Marco scheint etwas anzutreiben. Er trinkt einen Schluck und erklärt: „Gibt es kein einziges Wesen, dass da unten etwas zum Kochen bringt?“ Er zeigt auf meine Hose und ich befürchte, dass nur der Alkohol mich davor rettet, nicht erneut rot anzulaufen.
Ich muss an Katja denken und meinen Traum mit ihr.
Marco springt plötzlich auf, bevor ich etwas sagen kann und murmelt: „Das gibt es doch gar nicht. Cecilia, was hast du dir dabei gedacht?“ Dann geht er zu seinem Handy, wählt und spricht leise mit jemandem. Dabei sieht er mich seltsam an. Er nickt und legt das Handy weg. Dann ruft er mir zu: „Joel. Heute kommt Jeannie zu dir. Du willst wissen, was deine Mutter tat. Ich mache es dir vor und erkläre dir dabei ihre Geschäftsidee. Sie ist ganz simpel und doch unglaublich erfolgreich. Komm, trink dein Glas in Ruhe leer und lehn dich zurück. Dann denk an das Mädchen, dass dich schon mal in deinem Inneren berührte und wünsch sie dir. Und wünsch dir, wie dein Zusammentreffen mit ihr sein soll. Und dann schreibst du deinen Wunschzettel. Es reichen kurze Sätze oder auch nur ein paar Schlagworte. Versuch es.“
Ich starre Marco entsetzt an. Das kann ich unmöglich. Ich kann doch meine geheimsten Geheimnisse nicht offenbaren.
Marco sieht mir an, dass ich zögere und raunt: „Komm Junge, dass ist deine Chance. Ich biete sie dir heute kostenlos. Lass Jeannie für dich deine Wünsche erfüllen und schau, ob es klappt. Komm, versuch es. Es ist ein Test.“ Damit schiebt er mir einen kleinen Zettel und einen Stift hin.
Ein Test? Und Jeannie erfüllt mir meine Wünsche?
Marco glaubt, sie ist da und lenkt uns. Ein schöner Gedanke. Ich wünsche mir, dass sie wirklich da ist. Vielleicht hat Marco ja recht und sie hat mir Michelle geschickt, damit ich von ihm erfahre und dieses Zusammentreffen stattfindet. Vielleicht soll alles so kommen, wie es kommt und vielleicht sollte ich wirklich von ihrer Jeannie-Vergangenheit erfahren.
Ich trinke einen großen Schluck Whiskey, der mir durch die Speiseröhre brennt … und noch einen. Dabei denke ich: Mama! Bestimm mein Leben. Zeig mir meinen Weg.
Als ich nur die Augen schließe und nichts aufschreibe, murrt Marco: „So funktioniert das nicht. Es gibt auch für Jeannie Richtlinien, die sie braucht, um Wünsche erfüllen zu können.“ Er klingt ungeduldig. „Okay. Cecilia hatte sogar für so einen Fall eine Lösung parat. Ich sagte ja, sie war genial. Warte eben. Du hattest noch keinen Sex, aber du kennst ein Mädchen, dass du willst?“
Marco hat seinen herablassenden Ton abgelegt und klingt nun eher wie ein fürsorglicher Vater, der erfragt, ob man schon gefrühstückt hat.
Ich schaffe ein Nicken.
„Okay. Jeannie Part zwei. Ich sagte ja, sie hatte für alle Fälle etwas parat. Ich zeige dir was. Ich brauche nur kurz. Ich bin nicht so gut darin …“
Marco greift sich meinen Kugelschreiber und meinen Zettel und geht an den kleinen Esstisch. Es dauert und ich trinke nervös meinen Whiskey leer, der langsam in meinem Inneren einen Orkan entstehen lässt. Aber ich könnte die ganze Flasche vor Nervosität austrinken. Mir ist klar, Marco hat etwas vor, aber ich kann einfach nicht einschätzen, was es sein soll und ob er wirklich Jeannie damit heraufbeschwören kann. Mein Verstand sagt mir, dass dies unmöglich ist.
„Ja! Okay! Versuchen wir es.“ Marco klingt nun auch nicht mehr besonders zuversichtlich. „Das war wirklich schwer. Ich musste mich in dich versetzten … einem Siebzehnjährigen mit keinerlei Erfahrung.“
Ich sehe ihn aufgebracht an. Der tut ja so, als käme ich aus einer Klosterschule und habe von gar nichts eine Ahnung. Er kennt nicht meine WG und Katja!
Er schiebt mir einen Zettel über den Tisch, nachdem er sich in seinen Sessel fallen ließ. Ich sehe drei Kästchen und in jedem Wörter, die mich schwer schlucken lassen. In einem steht: Küsse, streicheln, Ficken. Im Nächsten: Küsse, Schwanz im Mund. Im dritten: Muschi lecken, Schanz im Mund.
Ich starre auf die Kästchen und dann verdattert in Marcos Gesicht, dem das Grinsen vergeht. „Liege ich falsch? Wünschst du dir nichts davon? Ist das nicht, was jeder Siebzehnjährige sich wünscht, der noch keinen Sex hatte?“
Dass er das immer wieder erwähnt, finde ich wirklich unangebracht. Aber ich möchte mir nicht die Blöße geben und vollkommen verklemmt wirken. Daher sage ich und tue genervt: „Doch. Das eine oder andere geht schon.“
„Was? Mach einen Kreis darum. Warte, ich hole dir einen roten Stift.“ Marco springt auf und ich sehe ihn durch den Raum laufen. Er scheint von etwas völlig gefangen zu sein.
Ich greife lieber noch einmal zur Flasche und schütte mir noch etwas Whiskey ein. Der Typ macht mich nervös und was er da tut auch. Er gräbt in meinen tiefsten Vorstellungen und kratzt meine Wünsche auf wie eitrige Pickel.
Marco kommt kurz darauf mit einem neuen Stift und sieht mich herausfordernd an. „Komm, das ist ein Test. Wir arbeiten jetzt zusammen.“ Er scheint wie elektrisiert und seine Worte lassen mich ihn verunsichert ansehen. Dieser Typ hält mich anscheinend für wichtig und will mich als Partner. Aber als Partner für was?
Ich sehe auf den Zettel und weiß eigentlich genau, was ich mir von Katja wünsche. Von der Katja, die alle liebt, nur nicht mich.
Von der Katja, der ich alles bezahle und die mit allen anderen dafür schläft.
Von der Katja, die mich herablassend behandelt und so tut, als wäre meine Wohnung eigentlich ihre.
Von der Katja, die mein gekauftes Duschgel für alle anderen benutzt.
Ich weiß, der Alkohol setzt mir mittlerweile mächtig zu. Aber ich nehme den Stift und kreise mit zittriger Hand ein: Küssen.
Ja, ich möchte sie küssen. Ich habe noch nie ein Mädchen richtig geküsst. So mit Zunge und so.
Ich kreise ein: Schwanz in Mund.
Aber schon der Gedanke, dass ich diesen Wunsch nun preisgebe, lässt wieder die Hitze in meinem Gesicht aufsteigen. Ich sehe schnell auf und Marco an, der mich mit einem Blick mustert, als könne er meine Zurückhaltung und Verlegenheit nicht verstehen.
Verdammt. Mir wird klar, ich benehme mich wie ein kleines Kind.
Ich atme tief ein und umkreise mit dem roten Stift: Ficken.
Oh mein Gott. Mir wird schon bei dem Gedanken angst und bange … aber auch seltsam schwindelig vor Aufregung. Mich einmal wirklich in dem zu versenken, was in den Pornos bis zur Gänze getrieben wird und scheinbar die Welt beherrscht, lässt es in meinem Körper seltsam kribbeln.
Ich lehne mich benommen zurück. Warum mache ich so etwas überhaupt. Das ist doch Schwachsinn und voll peinlich!
„Fertig? Klasse.“ Marco zieht den Zettel weg und besieht ihn sich. „Wow. Gute Wahl für einen Anfänger. Du imponierst mir.“
Ich kann ihn nur ungläubig anstarren.
Er seufzt und schaut auf die Uhr.
Ich sehe auch auf meine Armbanduhr und habe einige Schwierigkeiten, das Zifferblatt deutlich zu sehen. Es ist kurz vor Mitternacht. „Gut. Also. Komm her. Wir machen heute mit dir ein kleines Ritual zur Einführung. Zu deiner und meiner. Schließlich bin ich heute Jeannies Handlanger.“ Marco grinst und er streicht sich über den Bart. „Ich bin sogar etwas aufgeregt.“ Er zwinkert mir zu.
Fast muss ich lachen, bin aber selbst so nervös, dass mir übel ist, weil ich nicht weiß, was Marco vorhat. Jeannie wird nicht kommen und mir einen meiner Wünsche erfüllen, weil Katja sich nicht um mich schert.
„Stell dich hier her. Ich mache schöne Musik.“
Ich lasse mich von ihm mitten in den Raum schieben und höre wenig später Musik.
Dann taucht Marco wieder auf. „Also jetzt gibt es erst Mal das hier!“ Er legt mir eine Schlafbinde um und ich bin einen Moment wegen der Dunkelheit um mich herum beunruhigt.
„So kannst du dich besser auf deinen Wunsch konzentrieren.“
Ich soll was?
„Okay, Joel. Konzentriere dich auf das Mädchen, dass es für dich sein soll und bitte Jeannie, dir deine Wünsche zu erfüllen. Genauso, wie du ihn ihr schriftlich schon mitgeteilt hast. Und das ganz aus tiefem Herzen. Kann es losgehen?“
Das ist zwar völliger Unsinn, aber es fühlt sich aufregend an. Der Alkohol beginnt noch heftigere Wellen in meinem Inneren zu schlagen und ich seufze auf. Mich in meine Wohnung versetzend, stelle ich mir vor, wie ich mitten in der Nacht aus meinem Zimmer trete und durch das Wohnzimmer gehe. Plötzlich kommt Katja aus der Dunkelheit auf mich zu …
Ja, dass ist, was ich mir wünsche. Bitte Jeannie, lass es passieren. Lass Katja mich als Mann sehen und mich wollen. Sie soll zu mir kommen und mich mit diesem Lächeln ansehen, dass mich wohlig erschauern lässt. Ich will sie küssen, sie soll meinen Freund in ihrem Mund versenken und ich möchte richtigen Sex haben. Ich will das alles endlich auch mal erleben!
Ich zucke zusammen, als sich warme Hände in meinen Nacken schieben und kann nicht fassen, dass tatsächlich etwas passiert. Erschrocken will ich meine Hände hochreißen und die Schlafbinde herunterreißen, als sich warme Lippen auf meine legen.
Hände greifen nach meinen und halten sie auf. Ich höre Marco murmeln: „Joel, ein Wunsch, der dir erfüllt wird, sollte einfach nur genossen werden. Vergiss alles andere. Denk nur daran, was du dir gewünscht hast und lass es geschehen.“
Ich lasse meine Hände sinken und spüre die weichen Lippen und eine Zunge, die sich in meinen Mund schiebt und mich elektrisiert, als sie meine Zunge berührt. Die Hände um meinen Hinterkopf halten mich fest und ziehen mich etwas herunter und ich spüre einen Körper an meinem, warm und verstörend. Dabei drängen sich feste Brüste an meine Brust.
Der Kuss macht mich schwindelig und schmeckt verheißungsvoll. Ich will mehr und plötzlich fallen alle meine Bedenken. Ich habe wirklich das Gefühl, Katja küsst mich und ich schlinge meine Arme um ihren Körper und ziehe ihn ganz an mich heran. Ich höre ein leises Stöhnen und eine Stimme leise raunen: „Joel!“
Ich will nichts hören. Ich will sie nur küssen. Das ist überirdisch und verursacht so viel Gefühl, dass es in meiner Hose eng wird. Und der Körper reibt sich an ihm und bringt ihn noch mehr auf Touren. Es ist unglaublich.
Die Hände lassen mich los und schieben sich an meiner Taille unter mein T-Shirt. Der Kuss wird beendet und ich höre: „Komm, mein schöner Joel. Zieh das aus.“
Ich mache einen schnellen Schritt zurück und reiße mir das T-Shirt hektisch aus. Sofort greifen meine Hände wieder nach Katjas Körper und ich ziehe sie zu einem erneuten süßen Kuss in meine Arme. Ich spüre ihre Hände auf meinem Rücken heiße Schneisen ziehen. Dann wandern sie nach unten und schieben sich zu meinem Hosenknopf, der aufgeht und mir etwas Erlösung bringt. Als der Reißverschluss folgt, wird es noch besser. Mein Freund lechzt nach Freiheit.
Meine Hose wird von meiner Hüfte geschoben, ohne das Zungenspiel zu beenden und ich erfasse das verunsichert.
Als ich Marco mir zurufen höre: „Ich gehe eben um die Häuser und hole Zigaretten“, weiß ich, dass es seine Anwesenheit ist, die mich zusätzlich verunsichert. Ich will mit diesem Traum allein sein. Dem Traum, den mir Jeannie auf magische Weise erfüllt.
Ich höre die Tür und zeitgleich wird der Kuss beendet und die Lippen laufen über mein Kinn, meinen Hals und meine Brust. Ich atme hektisch ein, weil ich glaube zu wissen, wohin sie laufen. Und schon der Gedanke daran, lässt mich erzittern.
Als sich die warmen Lippen um meinen Freund schließen und ich die feuchte Zunge spüre, werfe ich ergeben den Kopf in den Nacken und stöhne an die Decke. Das ist sogar besser als in meinem Traum. Ganz klar.
Ich schiebe meine Hände in die vollen Haare und registriere die Bewegungen meines Beckens und des Kopfes, wie ein eingespieltes Team. Es ist unglaublich. Und dann, bevor ich weiß, was geschieht, beginnt der Mund zu saugen und lässt damit einen Orkan in meinem Unterleib ausbrechen, der wie ein Tsunami aus mir herausschießt. Ich stöhne und keuche ungehalten und glaube umzukippen. Mir wird schwindelig und ich halte mich an den Schultern fest, die mir einen Augenblick Halt geben. Dann spüre ich Hände, die meine Arme wegziehen und registriere, dass der Körper sich vor mir erhebt. „Mein schöner, süßer Joel. Du bist unglaublich!“, höre ich die Stimme lieblich säuseln … und mein Verstand setzt ein.
Das ist nicht Katjas Stimme. Das wird mir plötzlich bewusst. Aber das ist mir egal. Was ich erlebte, kann Katja mir nicht besser geben. Da bin ich mir sicher.
Eine Hand schiebt sich in meine Haare und ich spüre warmen Atem an meinem Ohr. „Dein Wunschzettel ist noch nicht abgearbeitet. Du hast noch einen Punkt, den wir zwei uns noch erfüllen.“ Die Stimme klingt verheißungsvoll und ich bin froh, dass dies nicht Katja ist. Die würde gnadenlos sagen: „So fertig, mein Job ist getan. Ich habe wieder einen Monat frei wohnen“, …oder so. Hier ist das anders. Hier ist es mein Wunschzettel, der bestimmt, was geschieht. Ohne Wenn und Aber. Und dieses Geschöpf will das durchziehen.
Hände suchen meine Hände und legen sie auf den Körper vor mir.
Ich bin einen Augenblick irritiert von dem festen Fleisch, dass sie umspannen und von dem harten Kern. Erst langsam begreife ich, dass es Brüste sind, die meine Hände nicht ganz zu umschließen schaffen.
Ich ziehe eine Hand weg und reiße die Binde von den Augen. Ich will mir nicht mehr Katja vorstellen. Ich will sehen, mit wem ich es zu tun habe … und was ich da fühle.
Ich sehe blonde, lange Haare und wunderschöne dunkelblaue Augen, die mich mit einem Blick mustern, der mir durch und durch geht. Die Lippen sind rot und geschwollen, von unseren Küssen und ich starre dieses wunderschöne Mädchen nur an. Und sie erwidert meinen Blick, als hätte sie auch noch nie etwas Schöneres gesehen.
Ich sehe zu meiner Hand, die immer noch auf ihrer Brust liegt, die von einer gelben Bluse verdeckt wird. Ich ziehe sie von der warmen Masse und frage, meine Hände an ihren Blusenknopf legend: „Darf ich?“
„Mein wunderschöner Joel. Du darfst alles“, höre ich sie leise murmeln und sehe in ihre Augen, die mir das Gefühl geben, es wirklich so zu meinen. Dieses schöne Mädchen will mich wirklich.
Ich knöpfe die Bluse auf, während ihre Hände über meine Brust streicheln und ihre Augen ihnen folgen.
Aber ich habe nur noch Augen für das, was die Bluse freigibt.
Als ich sie ihr von den Armen ziehe, muss sie mich loslassen. Aber sie legt ihre Handflächen sofort wieder auf meine Brust und streichelt mich. Und ich streichele ihre Brüste, die in einem engen Spitzenbüstenhalter stecken.
Als sie ihre Hände in meine Haare schiebt und meinen Kopf zu sich herunterzieht, um mich zu küssen, bin ich schon wieder bereit für mehr. Als sie meinen Kopf noch tiefer schiebt und ich ihren Brustansatz küsse, zu sehr viel mehr.
Sie greift sich in den Rücken und der BH fällt weg. Einen Moment starre ich nur auf das, was er freigibt und spüre, wie ihre Hände sich um mein Gesicht legen und in die weiche Masse drücken.
Ich umschlinge diesen Körper, lasse meine Lippen die Rundungen erkunden und die harten Brustwarzen erforschen.
„Komm, mein schöner Joel. Steig aus deiner Hose. Wir machen es uns im Bett bequem.“
Ich richte mich auf und sehe dieses wunderschöne Mädchen an, dass mich mit einem hingebungsvollen Blick mustert. Dabei trete ich schnell meine Hose aus, als könne ich es kaum abwarten. Und so ist es auch. Ich will mehr von diesem Mädchen, dass mir alles geben will.
Ich lasse mich von ihr zum Bett ziehen und weiß jetzt schon, dass wird die Nacht aller Nächte.
Danke, Jeannie!
Ich werde von Marco geweckt, der leise lachend raunt: „Hey, Joel. Und, wie mache ich mich als Jeannie? War dein Wunsch mir Befehl genug?“
Ich jage hoch und sehe mich verwirrt um. Mein Schädel brummt und ich liege in dem großen Bett in Marcos Hotelzimmer unter der weißen Hoteldecke.
„Wo ist sie?“, rufe ich von meinen Erinnerungen hochgepuscht.
„Dein Wunschengel ist gegangen. Aber ich habe noch nie Augen so leuchten gesehen und sie hat sich auch noch nie bei mir bedankt.“ Marco lacht wieder. „Das war wohl eher ihre Wunscherfüllung!“ Er greift nach meiner Hand und hält sie hoch. Dabei raunt er seltsam ungehalten: „Das hat sie dir dagelassen. Das hat sie meines Wissens auch noch nie getan und ich muss wohl mal ein ernstes Wort mit ihr reden.“
Ich starre auf die Nummern auf meiner Hand.
Er schiebt sich von der Bettkante und ruft, diesmal wieder besser gelaunt: „Komm. Ich habe uns Frühstück bestellt.“
„Frühstück?“ Ich sehe mich entsetzt um. Dann läuft mein Blick zu meiner Armbanduhr. Es ist kurz nach sieben.
„Scheiße!“ Ich reiße die Decke weg und ziehe sie sofort wieder über mich, weil mir bewusstwird, dass ich nackt bin.
Marco lacht auf. „An deiner Schamhaftigkeit müssen wir aber noch arbeiten. Die ist echt über und in dieser Welt nur hinderlich. Vor allem, wenn man so aussieht wie du.“
Ich starre ihn an.
„Ich bin gestern gegangen, weil du echt etwas verklemmt gewirkt hast. Aber Lisa meinte, es hätte sich sofort gelegt, als ich weg war.“
LISA
Der Name rinnt wie Honig durch mein Innerstes.
„Also komm. Ab in die Dusche.“
Es sieht so aus, als wolle Marco mich herausfordern. Er bleibt einfach neben dem Bett stehen und ich muss wohl oder übel die Decke zur Seite schieben und aufstehen, wenn ich ihm zeigen will, dass ich keine Memme bin. Aber es fühlt sich seltsam an, nackt an jemandem vorbeizugehen. Aber ich schlucke meine Unsicherheit hinunter, gehe zu meiner Hose, die über einem der Sessel hängt und ziehe mein Handy heraus. Ich muss Manuel Bescheid geben, dass alles in Ordnung ist.
Ich tickere eine schnelle Nachricht ein und schicke sie ihm. Fast augenblicklich bekomme ich eine Nachricht und lese: „Bist du eigentlich bescheuert. Wir sind vor Sorge fast durchgedreht.“
Als ich sie schließe, sehe ich die etlichen Anrufe. Vier von Manuel, zwei von Katja und dazwischen die von Timo. Sie haben sich offensichtlich wirklich Sorgen gemacht.
„Ich frühstücke schnell und komme dann“, tickere ich als Antwort in mein Handy und fühle mich seltsam erhaben. Mir ist klar, was ich damit andeute und es fühlt sich gut an.
Das Handy wieder wegsteckend, gehe ich mit einer schon größeren Portion an Selbstbewusstsein zum Badezimmer. Ich muss duschen. Ich stinke nach Testosteron.
Über mein Gesicht huscht ein Lächeln.
Als ich vom Duschen zurückkomme, sitzt Marco in seinem Sessel und schlurft genüsslich seinen Kaffee.
Als ich mich auf das Sofa werfe, verfolgt mich sein Blick. Ich kann ihn nicht deuten. Aber als er raunt: „So, nach einer harten Nacht ist ein gutes Frühstück immer wichtig“, sage ich gut gelaunt: „Ja, Boss!“
Das war keine harte, sondern unglaubliche Nacht. Nur der Alkohol setzt mir noch zu. Ich habe einen seltsamen Druck in den Schläfen.
Marco fragt: „Und, was sagt das Gefühlsleben? Ich bin der Meinung, es ist nicht zwingend erforderlich, dass man das alles mit der großen Liebe erlebt. Viel wichtiger ist immer die Inszenierung. Weißt du, was ich meine?“
Ich schütte mir Kaffee ein und nehme mir hungrig ein Brötchen. Eigentlich will ich nicht darüber diskutieren, was und wie es heute Nacht war. Aber Marco sieht das offensichtlich anders. Als ich nicht antworte, fügt er hinzu: „Das hat Cecilia auch erkannt. Es ist nicht nur das Erleben selbst, es ist vor allem die Vorfreude, der Überraschungsmoment oder die Genugtuung, etwas Derartiges erleben zu können. Und diese Wunschgeschichte … das ist, was die meisten wirklich anmacht. Du wünschst dir was und wartest gespannt, was und wie es sich erfüllt. Du hast deine Story mit all dem bespickt, was in deinen Tiefen auf Erfüllung wartet und weißt, es wird etwas geschehen. Aber was, dass weißt du nicht. Und das ist, was so unglaublich mitreißt. Und zwar alle Beteiligten. Das durfte ich heute Nacht selbst erfahren. Ich glaube, ich verstehe Cecilia jetzt. Ihr Kick bestand nicht in der Ausführung, die nach einem Auftrag erfolgte, sondern in der Umsetzung und der Vorstellung, was der Wunsch selbst und die Möglichkeit, ihn erfüllt zu bekommen, in den Auftraggebern freisetzt. Das habe ich heute Nacht selbst gespürt. Mit dir deinen Wunsch auszuloten, zu wissen, was es bedeutet, dir diesen Wunsch zu erfüllen – für dich und für dein ganzes Leben – das war ein wirklich sonderbares Gefühl von Macht.“
Ich beiße hungrig in mein Brötchen mit Käse und kann selbst noch nicht fassen, was ich in der vergangenen Nacht erlebte. Lisa war der Hammer. Im Bett haben wir uns ewig geküsst und gestreichelt. Überall. Es war wie das ausloten von Sinnen. Und als sie sich auf mich setzte, dachte ich, ich sterbe. Sie bewegte sich so sanft und brachte alles in mir dermaßen zum Kochen … Ihr dabei auch noch zuzusehen und ihren Körper und ihr Gesicht betrachten zu können, das lässt sogar jetzt noch alles in mir vibrieren.
Und ich wollte sie in dem Moment festhalten und nie wieder loslassen. Ich wollte sie nie wieder verlieren. Sie und dieses Gefühl. Darum zog ich sie auf mich, umschlang sie und drehte mich mit ihr. Ich glaube, sie war über meine Kraft überrascht. Und ich war überrascht, was das Gefühl in mir auslöste, sie unter mir festnageln zu können, mich zu bewegen, wie ich es wollte und auszuloten, was sich wie anfühlt. Wir schliefen in der Nacht noch zweimal miteinander. Und sie war so unglaublich beweglich und kannte keine Scheu. Sie war eine unglaubliche und unermüdliche Lehrmeisterin. Und all diese Gefühle lassen es dumpf in meinem Unterleib rumoren und ich drohe schon bei dem Gedanken daran hochzufahren.
Ich schmiere mir das zweite Brötchen, als Marco mit hochgezogenen Augenbrauen meinen Heißhunger registriert und weiter sinniert: „Ich wollte eigentlich Jeannies Portal niemals ohne deine Mutter weiterführen. Aber ich glaube, dass wäre nicht in ihrem Sinne. Cecilia möchte, dass wir weitermachen.“
Mein herzhafter Biss ins Brötchen gerät ins Stocken und ich starre Marco verunsichert an.
„Joel. Ich habe mich heute Nacht entschlossen, die Seite weiterzuführen und ich biete dir an, mich zu unterstützen.“ Er sieht mich herausfordernd an. „Wer weiß, was die Zukunft uns bringt. Aber eins ist klar, wir sollten aufeinandertreffen und ich möchte wissen, weshalb Cecilia dich in mein Leben schickte.“ Marco trinkt seinen Kaffee aus und schüttet sich einen neuen ein. „Was sagst du?“
Ich starre Marco weiter nur an. Ist das sein Ernst? Ich habe doch gerade erst einen neuen Teil des Lebens kennengelernt und er möchte, dass wir nun auch noch diese dubiose Wunschgeschichte weiterführen, deren Ausmaß ich nicht im geringsten überblicken kann?
Als ich nicht antworte, raunt Marco, seine Locken aus dem Gesicht streichend. „Hör zu. Ich kann das auch ohne dich machen. Aber ich will dich dabeihaben. Und du willst doch immer noch wissen, was Cecilia nachts tat und was sie so viel Kohle verdienen ließ, oder?“
Ich bin von meinem Erlebten der letzten Nacht viel zu überflutet, als dass ich noch klar definieren kann, was ich wirklich möchte. Aber ich nicke erst mal.
„Okay. Deal. Ich werde dir alles zeigen, was ich weiß. Cecilia hat sich nicht gerne in die Karten sehen lassen, aber das eine oder andere werden wir schon zusammen auf die Reihe bekommen. Vielleicht nicht heute und nicht morgen. Wir haben beide schließlich auch noch ein normales Leben und es ist wichtig, dies weiterhin wie ein Hauptleben zu präsentieren. Aber wir werden beide sehen, was sich mit Jeannies Seite machen lässt. Okay?“
Ich nicke wieder nur, eigentlich völlig überfordert. Darum esse ich nur mein Brötchen und Marco erklärt voller Enthusiasmus: „Samstags treffen wir uns hier. Das ist unser Treffpunkt.“
„Hier?“, bekomme ich endlich mal ein Wort heraus.
„Ja, Joel. Hier. Ich werde wieder regelmäßig kommen und das Zimmer wird unsere Station, wie es das auch zu Cecilias Zeiten war.“
Ich sehe ihn betroffen an. „Mama kannte dieses Hotelzimmer?“
Marco lächelt und schiebt sich aus dem Sessel. „Komm her. Ich zeige dir was.“
Ich folge ihm an eins der Fenster. „Schau da rüber. Das hat Cecilia sich immer angesehen und gesagt: „Marco, das da, das wird mal mein Domizil.“
Ich sehe über den Park und die Häuser hinweg direkt auf das, in dem die WG liegt.
„Was hat Mama hier gemacht?“, frage ich verunsichert und von seltsamen Gefühlen durchdrungen bei dem Gedanken, dass Mama auch schon mit Marco hier an diesem Fenster gestanden hat. Mein Blick fällt in die Suite zurück, zu dem Bett.
„Manchmal ihren Job, manchmal ihre eigene Wunscherfüllung und viel zu selten meine.“ Marco klingt einen Moment frustriert, grinst mich dann aber entschuldigend an. „Aber sie schickte dich zu mir und wir beide können ihr Lebenswerk weiter voranbringen.“
Ich sehe wieder zur WG hinüber. Marco glaubt offensichtlich, dass Cecilia uns wirklich führt. Aber ich denke immer noch, sie wollte alles, nur nicht das.
Aber auch meine Mutter hatte nicht in allem recht. Ich habe eine der wundervollsten Nächte mit dem wundervollsten Mädchen hinter mir. Und das, ohne sie vorher gekannt zu haben und in Liebe entbrannt zu sein.
Ich seufze auf.
Mir geht es gut damit, meine erste Nacht mit einem Mädchen verbracht zu haben, dass nicht meine Freundin war. Vielleicht bin ich doch nicht so anders als Cecilia. Im Moment kann ich nur daran denken, diese Gefühle der letzten Nacht weiter auszuloten.
„Also. Ich muss bis zum Abend in Stuttgart sein. Sehen wir uns nächstes Wochenende? Dann führe ich dich in Jeannies Underworld ein. Das Programm wird dich überraschen. Wir haben lange daran herumgefeilt, um es sicher zu machen.“
„Sicher zu machen?“
„Joel, vieles, was Cecilia tat, war grenzwertig. Und diese Seite … sie birgt Möglichkeiten weit über die Grenzen hinaus. Darum ist es wichtig, dass wir mit niemandem darüber reden. Sonst kann uns das ins Gefängnis bringen. Das muss dir klar sein!“
Ich kann nicht richtig denken. Marco verlangt wirklich zu viel von mir. In meinem Kopf brummt es und langsam fühlt sich mein Magen wie mit Steinen gefüllt an. Darum nicke ich nur.
Marcos grünen Augen verengen sich. „Ich glaube, du solltest erst mal nachdenken. Überlege dir bis nächste Woche, was du tun willst. Und dann schauen wir, ob du Mann genug bist, dich ins Abenteuer des Lebens zu stürzen.“
Ich starre ihn einen Moment aufgebracht an. Was glaubt er von mir? Natürlich bin ich Mann genug.
„Wir treffen uns nächsten Samstag hier“, sage ich überheblich und Marco grinst wissend. „Ja, nächsten Samstag. Ich mache das Zimmer heute gleich wieder für nächsten Samstag klar.“
Ich bin froh, dass ich bis dahin Zeit habe, um zu verdauen, was alles passiert ist und was alles passieren soll. Ich brauche wirklich Bedenkzeit, um das alles zu begreifen. Aber ich werde nicht abspringen. Bestimmt nicht. Marco biete mir einen Einblick in Mamas Wirken, wie es sonst keiner kann.
Mein Blick läuft zu der Nummer auf meiner Hand.
Marco seufzt auf. „Das war ein dummer Aussetzer.“
Ich sehe auf und verstehe nicht, was er meint.
„Lisa sollte sich nicht zu solchen Gefühlsduseleien herablassen. Das schadet ihr nur. Sie braucht immer einen klaren Kopf, sonst kann sie ihren Job nicht mehr gut machen und geht unter.“
Ich verstehe nicht, von was er redet und murmele: „Was meinst du damit?“
Marco geht zu seinem Sessel zurück und greift nach der Kaffeekanne, um sich erneut Kaffee einzuschenken. „Dir ist doch klar, dass sie sich die Nacht mit dir bezahlen ließ?“
Ich starre Marco fassungslos an. Seine Worte kommen erst langsam in meinem Kopf an und ich zische wütend, weil ich nicht weiß, was ich sonst dazu sagen soll: „Ich zahle dir das zurück!“
Marco dreht sich zu mir um und verzieht das Gesicht, als hätte ich ihm vor die Füße gekotzt. „Ich habe dir doch gesagt, das war eine Gratiswunscherfüllung von Jeannie, die schon lange überfällig war.“
Was soll ich dazu sagen?
Marco wartet keine Antwort ab, sondern raunt nur: „Joel. Ich will dir auch nur damit sagen, dass diese Welt alles bietet, was man sich wünschen kann. In hundertfacher Ausführung. Aber du darfst dich nicht von Gefühlen leiten lassen.“
„Tue ich nicht“, zische ich und mir wird langsam klar, was er mir da zu verstehen gibt. Meine letzte Nacht war eine gekaufte. Dennoch war sie viel zu schön, um sie deshalb unterzubewerten und das Gefühl, Lisa zu lieben, durchströmt mich wie heißes Wasser. Egal, was Marco faselt. Und sie hat mir ihre Nummer gegeben. Sie wird dasselbe für mich empfinden.
Als ich eine halbe Stunde später auf den Park zusteuere, wird mir endgültig klar, dass ich in der letzten Nacht mit einem Milieu Bekanntschaft machte, dass ich bisher nur aus dem Fernsehen kannte und dessen Existenz ich notgedrungen kurz in meine Gedanken ließ, wenn ich über den Sinn und Unsinn von Mamas seltsamer Kleiderauswahl nachdachte.
Heute weiß ich, Mama lebte darin ihre Träume aus und das in dem Zimmer, in dem ich letzte Nacht das erste Mal Sex hatte. Und sie hatte ihn dort auch. Wie und mit wem will ich lieber nicht hinterfragen. Aber es war nicht immer Marco.
Dass er immer noch an dem Zimmer festhält, verstört mich. Auch Marco hat ein paar Eigenheiten, die ich noch nicht ganz durchschaue. Er liebte meine Mutter und ertrug, dass sie andere hatte und erträgt noch, in dem Zimmer zu sein, dass dafür prädestiniert war, ihn zu betrügen.
Was für eine Form von Liebe kann so etwas ertragen? Und welcher Mensch kann einem schönen Menschen wie Marco so etwas antun?
Ich frage, wie zum hundertsten Mal in den letzten Monaten: „Cecilia, wer warst du?“
Und zum ersten Mal frage ich mich: „Und zu wem werde ich werden, wenn ich deinem Pfad folge?“